Samstagskolumne Peter J. König 08.09.2012

Wollen wir warten bis die Gier uns aufgefressen hat?


Jetzt ist sie da die Europäische Vereinigung, nach der sich so viele sehnen, die auch Sinn macht, da sie die einzige Chance ist, global auf Dauer wettbewerbsfähig zu bleiben, um gegen die aufstrebenden Wirtschaftsriesen, wie China, Indien oder aber auch Brasilien nicht ins Hintertreffen zu geraten, was zwangsläufig einen massiven Rückgang unseres Wohlstandes bedeuten würde. Aber anstatt diese Entwicklung eindeutig positiv zu sehen, bleibt bei dem aufmerksamen Betrachter überwiegend ein bitterer Nachgeschmack bei dieser Union zurück , die uns die Entscheidung der EZB am Donnerstag für unseren europäischen Einigungsplan serviert hat.


Nicht die ersten entscheidenden Schritte zu einer politischen Union sind uns hier kredenzt worden, nein Herr Draghi, der EZB-Chef hat uns als erstes eine Schuldenunion schmackhaft gemacht, deren Ausmaß überhaupt nicht mehr überblickt werden kann. Wir, die Bürger der Bundesrepublik Deutschland sind als größter Anteilseigner der EZB in einem erheblichen Maße, in einer Größenordnung von mehreren Hundert Milliarden Euro an dieser Schuldenunion beteiligt, ohne gefragt worden zu sein, ob wir dieses überhaupt wollen. Der EZB-Rat hat mit der Gegenstimme unseres Bundesbankpräsidenten Weidmann beschlossen, Staatsanleihen in unbegrenzter Höhe von allen Ländern der Währungsunion zu kaufen, ohne die Sicherheitsrisiken der Staatsfinanzen dieser Länder zu bewerten.


 De facto bedeutet das, die Druckmaschinen für den Euro anzuwerfen, den man jetzt glaubt gerettet zu haben, um die bekannten Krisenländer mit frischem Geld zu versorgen, und was vielleicht noch wichtiger ist, die Spekulation der internationalen Finanzmärkte gegen diese Länder einzudämmen, damit diese sich am freien Markt wieder mit auf Dauer zahlbaren Zinsen in einer Größenordnung von drei bis vier Prozent versorgen können. Die EZB sah in dieser Maßnahme die einzige Chance diese Länder, wie Griechenland, Spanien, Portugal, Irland aber vielleicht auch Italien und sogar Frankreich vor einem früheren oder späteren Kollaps zu bewahren.


Für die Finanzmärkte macht es keinen Sinn mehr mit hohen Zinsen gegen die wankenden Staatsfinanzen dieser bestimmten Staaten zu spekulieren, denn jetzt können diese Länder sich durch die EZB refinanzieren, auch wenn dieses mit ungedeckten Schecks, sprich mit maroden Staatsanleihen stattfindet. Letztendliche Haftung wird ja von allen Bürgern der Währungsunion geleistet. Bevor das weltweit, vagabundierende Geld überhaupt keine Anlagemöglichkeit mehr findet, gibt man sich nolens volens mit 3 oder 4% zufrieden und wartet bis man Wackelkandidaten sonst irgendwo auf dem Globus ausmacht.

Dies alles hört sich ja im ersten Moment sehr solidarisch und europaförderlich an. Die starken Länder sorgen dafür, dass die schwachen monetäre Rückendeckung bekommen, sich jetzt prächtig entwickeln, um bald ihre Kredite bei der EZB zurück zu zahlen, um dann kontinuierlich zu gesunden. Klingt wunderbar, geht aber leider an der Realität vorbei. Zwar hat es in der Bundesrepublik ein solches prachtvolles Beispiel schon gegeben, denn durch den Länderfinanzausgleich ist der Freistaat Bayern, einst ein armes subventionsbedürftiges Agrarland zu einem hochtechnologischen, finanzstarken Bundesland geworden, das seit vielen Jahren in den Topf einzahlt, aus dem es einst unterstützt worden ist.


Zur Ehre der Bayern muss außerdem gesagt werden, dass die alten Grandler mittlerweile ein Mehrfaches eingezahlt haben, als sie einst erhielten. Bayern ist quasi der Idealfall. Auf europäischer Ebene läuft das leider nicht so. In einigen Ländern in Südeuropa sind die Strukturen derart marode, dass viel tiefgreifendere Änderungen notwendig sind, als dies bei Bayern der Fall war. Kurze Stichworte dazu heißen: Verwaltungsstrukturen, Steuererfassung, Katasterwesen, staatliche Versorgung und, und, und. So glauben viele Wirtschaftswissenschaftler, dass durch die erneute Geldschwemme eine strikte Konsolidierungspolitik abgewürgt wird und eine Veränderung in diesen Volkswirtschaften ausbleibt und sie ewig am Tropf hängenbleiben müssen, wenn sie nicht kollabieren sollen.

Zudem würden wir alle in ein immer größer werdendes Haftungsrisiko hineingezogen, dessen Ende auch eigene schwerwiegende Folgen haben könnte. Inflationsgefahr kommt außerdem noch hinzu. Dieses alles ist jetzt auf den Weg gebracht worden, und für mich ist der entscheidende Punkt einer berechtigten Kritik, dass alles durchgeführt wurde, ohne dass wir als Bürger gefragt worden sind. Diese Schuldenunion ist durch die „kalte Küche“ gekommen, bei einer Sitzung des EZB-Präsidiums und mit dem Veto, übrigens dem einzigen, unseres Bundesbankpräsidenten.


 Meines Erachtens ist eine solche weitreichende Entscheidung nur mit dem Votum von uns allen möglich. Deshalb plädiere ich schon seit langem, schnellstens für die politische Union zu sorgen. Dann haben alle Bürger dieses Europäischen Staates die Möglichkeit ihre Entscheidungen in die gesamteuropäische Politik einfließen zu lassen und zwar direkt. Da wir in der jetzigen prekären Situation aber nicht auf die unsichere Zukunft warten können, müssen wir heute die Entscheidung der EZB akzeptieren, in der Hoffnung so unsere Position zu sichern, auch wenn es mit erheblichen Bauchschmerzen verbunden ist. Europa muss ein gemeinsamer Staat werden, unzweifelhaft. Dieses braucht Zeit, Geduld und guten Willen.


Durch die Entscheidung der EZB wird zumindest eine gewisse Zeitspanne gewonnen. Jetzt heißt es guten Willen zu entwickeln und zu organisieren, von jeglicher Seite her. Zu allem gehört aber Geduld und ich meine nicht Schlafmützigkeit sondern Geduld beim Zuhören, Geduld bei Ängstlichkeit durch tiefgreifende Veränderungen, Geduld bei unterschiedlichen Mentalitäten und nicht zuletzt Geduld bei weit auseinanderklaffenden Bildungsebenen und Wissensständen.


Wir müssen es wollen dieses gemeinsame Europa, und wir müssen bereit sein dafür Opfer zu bringen, jeder auf seine Weise. Wichtig ist dabei nur, dass die Menschen nicht überfahren werden, dass sie ein uneingeschränktes Mitspracherecht haben und dass sie durch entsprechende Bildungschancen erkennen, dass ihre Zukunft nur eine gemeinsame sein kann.

Jetzt aber genug von Deutschland und Europa, wollen wir doch einen Blick in die USA werfen, was letztendlich doch wieder mit uns zu tun hat, da alleine schon durch die wirtschaftliche Verknüpfung, man denke an amazon, google und facebook und viele andere amerikanische Weltkonzerne eine essentielle Bedeutung für uns auf der anderen Seite des großen Teichs ausmacht.


 Hochaktuell ist gerade eine Studie von GM, in der empfohlen wird Opel sofort abzustoßen, da dort in den letzten Jahren mehr als 14 Milliarden Dollar verbrannt worden seien. Diese Vereinigten Staaten stehen in der wichtigsten Phase ihres Wahlkampfs zur amerikanischen Präsidentschaft. Im November wird sich entscheiden, wer der nächste Inhaber des mächtigsten Amtes auf unserem Globus werden wird, Obama der aktuelle Inhaber oder Romney der Herausforderer. Alle politischen Beobachter sind sich einig, dass hier eine Richtungswahl stattfindet. Obama versucht den arg gebeutelten Mittelstand wieder aufzurichten, während der Republikaner Romney, ein Multimillionär, dessen politische Visionen bisher eher verschwommen und undefiniert sind, mit Steuersenkungen und sozialen Einsparungen die Amerikaner von sich überzeugen will. Alles klingt irgendwie dabei nach Bush Junior.


Für Obama wird dies alles viel schwieriger werden, als bei seiner ersten Kandidatur, als er mit dem berühmt gewordenen Begriff „change“ die meisten Amerikaner für sich gewinnen konnte. Jetzt hat er eine Wahlperiode hinter sich und dem Land geht es nicht gut. Die Menschen verarmen sichtlich, speziell im so wichtigen Mittelstand. Die Immobilienkrise fängt erst langsam an abzuebben. Die amerikanische Verwaltung steht einmal wieder vor der Zahlungsunfähigkeit und die Tatsache, dass China etwa 80% der amerikanischen Staatsanleihen besitzt, stärkt das nationale Selbstbewusstsein auch nicht besonders. Von Aufbruchsstimmung ist weit und breit keine Spur. Wie die Wahlen ausgehen werden ist zurzeit noch ziemlich ungewiss. Während Obama die Mehrzahl der Frauen aktuell auf seiner Seite hat, votieren nach letzten Umfragen die Mehrzahl der Männer für den Selfmademan Mick Romney.


Jetzt beginnt aber für beide Kandidaten der zermürbende Wahlkampf durch die einzelnen Bundesstaaten, wahrlich kein Zuckerschlecken. Dabei gilt es so viele Wahlmännerstimmen wie möglich für sich zu gewinnen. Diese entscheiden, wer der nächste Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika wird. Gleichgültig wer zum Schluss die Nase vorne haben wird, über einen Punkt dürfen wir Deutschen und auch die anderen Europäer uns keinerlei Illusionen machen. Der nächste Präsident wird ausschließlich die Interessen seines Landes in den Augen haben, da geben sich beide nichts. Der einzige wirklich entscheidende Punkt der für Obama aus unserer Sicht spricht ist, dass er auf Grund der abgelaufenen Amtszeit eher eingeschätzt werden kann. Viele seiner angekündigten Wahlversprechen hat er bisher nicht umsetzen können. Dies hat natürlich zu spürbarem Verdruss und Enttäuschungen geführt.


Tatsache ist aber auch, dass viele amerikanische Präsidenten erst in ihrer zweiten Amtsperiode Entscheidendes geleistet haben, weil sie nicht mehr ihre Wiederwahl im Hinterkopf haben mussten und so radikaler reformieren konnten. Dies war auch bei Bill Clinton so. Seine Wirtschaftspolitik hat nicht nur dafür gesorgt, dass es den Amerikaner in dieser Zeit besonders gut ging. Die davon ausgehenden Impulse haben auch sehr positive Auswirkungen auf die gesamte Weltwirtschaft gehabt. Mit Freude erinnere ich mich an das wirtschaftliche Umfeld während der 1990iger Jahre, kein Vergleich mit den heutigen Zeiten. Zudem ist festzustellen, dass in diesen Jahren ein Phänomen noch bei weitem nicht so ausgeprägt war, wie es uns heute zu vernichten droht.


Die Gier als alles verschlingendes Monster hat die Menschen in den Würgegriff genommen.


Alle Krisen dieser Welt haben nur eine einzige Ursache, nämlich die aus unendlichem Egoismus gespeiste Gier nach Macht, Geld, Ruhm und Größenwahn. Daran zerbrechen unsere Familien, unsere Gemeinschaften, unsere Freundschaften, unsere Solidarität, unser humanes Denken, letztendlich die Gesellschaft und die Menschheit. Es ist mir ein Anliegen über diesen gesellschaftlichen Exodus tiefgründig nachzudenken und meine Gedanken und Analysen in einem Buch zusammen zu tragen. Seine Fertigstellung wird noch einige Wochen in Anspruch nehmen. Nichts hat die Welt im letzten Jahrzehnt so verändert, wie die Auswirkungen dieser gierigen Süchte. Sie hat aus Menschen seelenlose Wesen gemacht.  Ich denke dabei nicht nur an die überschaubare Zahl von Superreichen, die in obszönster Weise ihren oftmals auf kriminelle Weise ergaunerten Reichtum zur Schau stellen und dabei suggerieren wollen, dass Glück und Zufriedenheit käuflich sei, nach dem Motto, alles ist zu bezahlen, wenn ich nur genügend Geld habe.


Vordergründig mag dies ja so aussehen, aber ich habe persönlich selten so viele unzufriedene Menschen erlebt, wie in der Gruppe dieser Reichen, die nur noch von Geldgier getrieben, die besonderen Werte unseres Daseins nicht mehr wahrgenommen haben. Die Liebe zu den Menschen, die Liebe zur Natur, die Spontanität, die Geduld zum Zuhören, alles wird zerstört. Zurück bleibt ein Wrack, ähnlich eines Süchtigen, der nur noch nach seiner Droge giert und alles Menschliche hinter sich gelassen hat. Immer öfter habe ich den Eindruck die Gesellschaft befindet sich auf dem Weg in diesen Zustand und es wird höchste Zeit sich dieses Bewusst zu machen.


Wenn ich höre, dass in der Finanzindustrie, sprich durch die internationalen Großbanken verdeckte Transaktionen getätigt werden, deren Größenordnung ein Vielfaches an Volumen hat, als alle Börsen dieser Welt zusammen umsetzen, diese Geschäfte aber nicht irgendeiner Aufsicht unterliegen, sie aber ganze Volkswirtschaften in den Ruin treiben können, dann weiß ich, dass wir bald den Punkt erreicht haben, wo die Gier sich selbst auffressen wird. Damit wir aber nicht soweit kommen, müssen wir uns dieser Entwicklung widersetzen, alle und zwar sofort. Die heutigen Kommunikationsmittel geben uns dazu beste Möglichkeiten. Wir haben es selbst in der Hand, wie sich die Zukunft entwickelt, die Demokratie bietet uns dazu die nötige Plattform.

Peter J. König

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