Samstagskolumne Peter J. König 30.09.2017

Wenn in Sachsen 27% der Menschen die AfD gewählt haben, noch vor der CDU mit 26,9% dann ist dies kein Ausrutscher mehr, das ist eine demokratische Krise größten Ausmaßes, die tatsächlich den Wahlen 1932 nahekommt. 

Die Bundestagswahl ist gelaufen, Überraschungen besonderer Art gab es eigentlich keine, zumindest für den Verfasser dieser Zeilen nicht. Das Einzige, was nicht so ganz auf dem Bildschirm war, ist das doch recht schlechte Abschneiden der beiden großen Volksparteien CDU und SPD. Sie sind die eigentlichen Verlierer dieser Wahl und natürlich nicht zu vergessen, das Demokratieverständnis von nahezu 13, exakt gesagt 12,6% der Wähler, die ihr Kreuz bei der AfD gemacht haben. Mag der Prozentsatz nummerisch auch relativ klein sein, die Auswirkungen sind enorm. 

Nicht nur, dass 94 Abgeordnete dieser rechtsradikalen Partei ins Plenum einziehen, wobei Frauke Petry, die bis vor ein paar Tagen noch Vorsitzende war, jetzt aus der Fraktion ausgetreten ist, und bald auch die Partei verlassen wird, es vorzieht als fraktionsloses, vielleicht bald auch parteiloses Mitglied des Bundestages den Einzelkämpfer zu geben. Diese "Neuen" im Bundestag stellen eine Zäsur im parlamentarischen Ablauf der Bundesrepublik Deutschland dar. Noch nie seit Gründung der BRD mit der ersten Regierung unter Konrad Adenauer als Bundeskanzler und Theodor Heuss als erster Bundespräsident im September 1949 hat es eine Partei im Parlament gegeben, die von rechtsradikalem, ja nationalistischem Gedankengut getragen wird. Wohl gab es immer wieder solche neonazistische Extreme, wie NPD oder Republikaner etwa, die in verschiedene Landesparlamente eingezogen sind, der Bundestag blieb bisher davon verschont. Dies hat sich nun mit der Wahl 2017 geändert und es ist zu befürchten, dass dabei nichts Gutes herauskommt. Hier etwa einen Vergleich mit der Zeit vor dem Ende der Weimarer Republik und dem rasanten Aufstieg der Nazis mit Hitler zu sehen ist durchaus zulässig. 

Dabei gilt es doch einige gravierende Unterschiede zu beachten, wobei der wesentlichste Unterschied die Festigung der Demokratie darstellt. Dazu schnell eine kleine geschichtliche Auffrischung: Am Ende der Weimarer Republik, also in dem Zeitraum von 1928 bis 1933 war der Reichstag quasi handlungsunfähig durch die vielen Splitterparteien, denn es gab bis zu 17 Parteien während der Weimarer Republik, da keine Sperrklausel existierte. Die kleinen Parteien haben sich gegenseitig blockiert, ebenso die großen Blöcke wie SPD und Zentrum. Die linken Parteien hatten die Republik im Auge, während die rechten Gruppierungen diese eigentlich wieder abschaffen wollten. Der Adel, der noch sehr viel Einfluss besaß, wünschte sich die absolute Herrschaft zurück und bekämpfte mit allen Mitteln den republikanischen Staat. Die wirtschaftlichen Auswirkungen durch die Weltwirtschaftskrise von 1929 (New Yorker Börsencrash) bis 1932 und darüber hinaus taten ihr Übriges. Die Auseinandersetzungen im Reichstag verlagerten sich dann auch auf die Straße, es gab blutige Kämpfe zwischen Kommunisten und den aufkommenden Nazis, die durch ihre Rollkommandos die Oberhand im öffentlichen Raum gewannen. Um die Blockade im Reichstag aufzulösen, wurden immer wieder Neuwahlen angesetzt. Dabei hat die NSDAP 1928 nur 2,6% erreicht, 1930 bereits 18,3%, 1932 im Juli 37,4%, im November 1932 33,1% und im März 1933 43,9%, worauf Hitler dann zum Reichskanzler ernannt wurde. 

Warum nun dieser Ausflug in die deutsche Geschichte? Der Grund liegt einfach darin, dass man sich der Gefahr bewusst werden soll, was es bedeuten kann, wenn eine nationalistische Partei ins Parlament einzieht und welche Folgen daraus entstehen können. Sie werden jetzt entgegenhalten, dass die Zeiten nicht vergleichbar sind. Damals die große wirtschaftliche Depression, heute bei uns wirtschaftliches Wachstum, damals ein überbordender Nationalismus in fast allen Staaten Europas, heute der Versuch ein gemeinsames Europa zu schaffen. Aber da beginnt das Gegenüber schon zu bröckeln. Mittlerweile gibt es in den meisten Staaten der europäischen Gemeinschaft erstarkte Rechtsparteien, und nicht nur mit Front National in Frankreich, den Freiheitlichen in Holland oder Ukib in Großbritannien, nicht zu vergessen, die starken nationalistischen Strömungen in Polen, Ungarn und Tschechien, ebenso in den skandinavischen Staaten, die eher für ihre liberalen Haltungen bekannt sind, überall ist ein starker Rechtsruck festzustellen. In Deutschland hat mit dem Einzug der AfD in den Bundestag eine Zeitenwende begonnen, eine Rolle rückwärts, wenn Sie so wollen. Der Vergleich mit dem Ende der Weimarer Republik scheint zumindest oberflächlich nicht ganz hinzuhauen, wenn man sich aber ansieht, wie diese Rechtsradikalen so viel Zulauf bekommen haben, trotz der vermeintlich völlig unterschiedlichen Bedingungen zu Weimar, so gibt es doch im Ansatz viele Parallelen. Da ist die soziale Frage, mit Arbeitslosigkeit und Hartz 4 in Verbindung mit überteuertem Wohnraum, was letztendlich zu Suppenküchen und Armenspeisung führt, trotz nie dagewesener Steuereinnahmen

Weiter sind da die Ängste und Sorgen bezüglich der Zukunft durch Immigration und ungesteuerter Zuwanderung, was es in den Zeiten zu Weimar ebenfalls gab. Des Weiteren sind da die Vorstellungen dieser Menschen, auch damals, einfach abgehängt zu sein, verraten von den elitären Eliten, die sich unendlich bereichern und sich nur noch um sich selbst kümmern. Damals Adel und Großindustrie, sind es heute die akademischen Führungsschichten, die mittels Geld und Beziehungen, die Schere immer weiter öffnen und die Durchlässigkeit in der Gesellschaft blockieren, so die Befürchtungen. 

Wenn in Sachsen 27% der Menschen die AfD gewählt haben, noch vor der CDU mit 26,9% dann ist dies kein Ausrutscher mehr, das ist eine demokratische Krise größten Ausmaßes, die tatsächlich den Wahlen 1932 nahekommt. 

Aber auch in Bayern, dem Bundesland mit den höchsten Einkommen, haben die Nationalisten 12,4% erreicht, ohne irgendein nennenswertes politisches Konzept, da muss doch einiges im Argen liegen. An den teueren Mieten in München allein kann es ja nicht liegen. Hier gibt es fundamentale Probleme, eine demokratische Krise, weil bereits ein noch relativ geringer Teil der Menschen diesem demokratischen System nicht mehr trauen und sich der radikalen Rechten zuwenden. Und damit sind wir exakt in Weimar. 

Wenn diese Tendenz anhält, ist dieser Prozess ein schleichender, wenn es allerdings zu schlechteren wirtschaftlichen Bedingungen in unserem Land kommt, sei es etwa durch die Globalisierung, der Verlust von Arbeitsplätzen durch das Versäumnis von flächendeckender Digitalisierung und der Ausbildung der Menschen mit diesem Phänomen nicht richtig umgehen zu können, dann wird ein Sturm der Radikalität durch unser Land gehen, der in einer Geschwindigkeit stattfindet, wie er in den 1930er Jahren gar nicht möglich war. Dann Demokratie ade, der stärkste aller Männer wird dann wieder gefragt sein, mit all seinen Folgen wie wir sie gerade in der Türkei erleben. Und glauben Sie nicht, dass die Deutschen dafür nicht mehr empfänglich sind. 

Wir sollten nicht die Probe aufs Exempel machen. Aber noch ist es nicht soweit, noch gibt es eine klare Chance, der parlamentarischen Demokratie zum Erfolg zu verhelfen. Gerade mit diesem Wahlergebnis lässt sich zeigen, dass die Parteien Verantwortung tragen können und nicht in selbstverliebte Machspielchen verfallen. Dabei ist die Tatsache, dass die SPD mit Martin Schulz, einem der großen Verlierer der Wahl, sofort jegliche Koalitionsabsichten mit Merkel verneint hat, zwar ein demokratischer Fauxpas, zumal dies ohne jegliche Sondierung geschehen ist, unmittelbar nach Bekanntwerden der Prognose wenige Minuten nach Wahlschluss, aber pragmatisch gesehen, ist der Gang der SPD in die Opposition für die parlamentarische Demokratie im Bundestag durchaus wünschenswert. 

Wie verheerend wäre doch die Botschaft ins In- und Ausland, wenn zukünftig "Rechtaußen" die Opposition anführen würde und hier im erbitterten Kampf mit der Linken und den Grünen. Der Reichstag um 1930 lässt grüßen, demokratische Opposition mit der AfD Fehlanzeige. CDU, CSU, FDP und Grüne müssen nun zeigen, dass sie regierungswillig und -fähig sind. Da mag es ja vorher harte Koalitonsgespräche geben, wo jeder versucht möglichst viel von seinem Programm unterzubringen, aber am Ende erwartet die überwiegende Mehrheit der Deutschen, dass es zu einer gemeinsamen Regierungsbildung kommt, mag es Seehofer auch noch so schmerzen, wenn er seinen Lieblingsbegriff der Obergrenze durch Vereinbarungen ersetzt bekommt, die das gleiche meinen, aber explizit nicht so genannt werden. Ansonsten sollte die demokratische Mitte mit durchaus neuen Schwerpunkten beim Klima, bei der Rente, bei der Digitalisierung und steuerlichen Erleichterungen und einiger anderer sozialpolitischer Erneuerungen gemeinsam an den Regierungs-Start gehen. Darin liegt auch wirklich eine Chance den Ultra-Rechten das Wasser abzugraben und viele Wähler, die sich für die AfD entschieden haben zurück zu holen. Die Nazis in unserem Land werden nicht dabei sein, sie bleiben der nationalistischen Gesinnung dieser Partei treu, aber es werden weitaus weniger sein. 

Zudem wird es spannend zuzusehen, wieweit die Extremrechten sich selbst im Bundestag zerlegen werden. Dies wird anders sein als im Weimarer Reichstag, wo die NSDAP nach Hitlers Pfeife tanzte. Schon jetzt fürchten Gauland und Weidel, dass sie ihren Haufen nicht im Zaum halten können, man erinnere sich nur an den Landtag in Baden-Württemberg oder an andere Landesparlamente. Ein weiteres Novum wird sein, dass sich die Leitung des Bundestages mit der Aufhebung der Immunität einiger Abgeordneter der AfD befassen muss, ein Umstand der bisher äußerst selten stattgefunden hat. Hier hätte Wolfgang Schäuble als Parlamentspräsident, neben den zu erwartenden Tumulten, die die Redner der AfD durch verbale nationalistische Entgleisungen auslösen werden, die Möglichkeit seine ganze Erfahrung, seine Autorität und seine Beharrlichkeit in den Plenarsaal zu bringen, damit den Menschen draußen klar wird, womit sie es wirklich mit einer solchen Partei zu tun haben, die keine Lösungen aber Macht sich auf die Fahnen geschrieben hat, ganz so wie einst zu Weimarer Zeiten. 

Sollten sich die vier in Frage kommenden Parteien allerdings nicht auf eine gemeinsame Regierung einigen und dadurch vielleicht Neuwahlen entstehen, dann wäre die Katastrophe perfekt. Der Rechtsruck im Land wird unausweichlich sein, die beiden Volksparteien werden weiter beträchtlich Federn lassen und wer garantiert, dass die AfD nicht stärkste Kraft im Bund wird oder keiner mehr an ihr vorbeikommt. Vielleicht ist ja gerade dieses Szenario der Garant dafür, dass die genannten Vier sich letztendlich zusammenraufen. 

Sollte Schäuble tatsächlich dann auch Bundestagspräsident sein, würde er ganz gewiss auch Andrea Nahles, die zukünftige Fraktionsführerin der SPD im Bundestag rügen, wenn sie sich zu einer ähnlichen Entgleisung hinreißen lassen würde, wie just geschehen, als sie auf die Frage, wie sie sich nach dem Ausscheiden aus der Regierung unter Angela Merkel fühle, antwortete: "Ein bisschen wehmütig. Und ab morgen kriegen sie in die Fresse".

Und da wundert sich noch jemand, warum die sprachliche Verrohung im Netz ständig fortschreitet. 

Peter J. König

Samstagskolumne Peter J. König 23.09.2017

Wir Bürger müssen uns gegen den Rechtsradikalismus zur Wehr setzen, jeder einzelne von uns und jeweils im eigenen Umfeld. Wegducken gilt da nicht, auch wenn es manchmal nicht besonders kommod ist und man Farbe bekennen muss. 

Am jetzigen Sonntag findet nun endgültig die Bundestagswahl 2017 statt. Es wird auch höchste Zeit, denn die vielen Phrasen, die in einem solchen Wahlkampf gedroschen werden, sind nervtötend und werden auch durch permanente Wiederholungen nicht besser. All diese Talk-Shows, die Fragerunden und persönlichen Vorstellungen der Spitzenkandidaten der Parteien, die eine reelle Chance haben ins Parlament zu kommen, sind in der Fülle absolut kontraproduktiv, zumal sie durch die mangelnde Zeit sich intensiv mit den drängenden Problemen in unserer Gesellschaft zu befassen, maximal diese nur streifen. 

Und immer wieder diese parteiliche Profilierung der einzelnen Kandidaten, die sich gefühlt zum Hundersten Mal schon im Fernsehen gegenüber gestanden haben, um innerhalb 20 Sekunden Teile ihres Wahlprogramms vorzustellen oder Antworten auf Fragen von Bürgern zu geben. Was soll da rauskommen? Weitestgehend nur Phrasen, die es gilt so oft wie möglich zu wiederholen, damit sie beim Zuschauer irgendwie hängenbleiben. Selbst bei den Spitzenkandidaten Angela Merkel(CDU) und Herausforderer Martin Schulz (SPD), was heißt dabei eigentlich Herausforderer, haben wir es mit einem Boxkampf um einen Weltmeisterschaftsgürtel zu tun, selbst in deren gemeinsamen Wahlauftritt im TV oder auch bei den Einzelauftritten, wurden keine wirklich erhellenden Antworten gegeben, mit denen der interessierte Bürger etwas anfangen konnte. Allein die Tatsache, dass ein junger Mann der zum Altenpfleger sich ausbilden lässt, die Kanzlerin derart ins Schwimmen bringen konnte, weil er einfach die Verhältnisse in den Alten- und Pflegeheimen schilderte, sodass er anschließend bei Lanz in seiner Talk-Show gefeiert wurde, zeigt auf welch dünnem Eis solche Fragestunden stattfinden, zeigt aber auch, welche grundsätzlichen Defizite in unserem Land vorhanden sind. 

Und da brauchen sich die beiden großen Parteien gar nicht gegenseitig vorzuführen,  sie beide sind an diesen Entwicklungen beteiligt. Zunächst soll es aber erst einmal um den Wahlkampf als solchen gehen, bevor später auf die innerparteilichen Defizite, wie z.B. klare Analysen und das problemorientierte Anpacken der Missstände eingegangen wird, was oftmals der Auslöser für die einzelnen Krisen in unserem Land ist.


Man muss wissen, Wahlkampf ist showlaufen, showlaufen das unter dem hären Motto stattfindet: "Wettbewerb für die bessere Idee  und das erfolgreichere Konzept", und wenn es ganz gruselig wird mit der Aussage  "für ein moderneres Land und das Wohl seiner Bürger". Tatsächlich aber geht es um Macht, um Mehrheiten und um Mandate für den Bundestag. Dafür machen die Parteien und ihre Kandidaten fast alles. 

Und je schwächer ihre Positionen sind, umso mehr wird versprochen, verunglimpft und ganz übel, sogar wieder die nationalsozialistische Blut und Boden-Ideologie herausgeholt und über die Ewig-Gestrigen ausgekübelt. Wie man sieht, keine schlechte Strategie um ohne Umschweife in Landesparlamente und jetzt in den Bundestag zu kommen. Diese ständige Fernsehpräsenz hat dieser rechtsradikalen Partei doch erst den nötigen Schub verpasst, weil, und dies ist auch der oberflächlichen Durchführung solcher Veranstaltungen geschuldet, ihre Vertreter, es gab davon letztendlich nur zwei, vielleicht gebrandmarkt werden konnten, aber nicht tatsächlich zu politischen Inhalten animiert wurden. Die Folge ist, dass die rechte Klientel nur noch enger zusammengerückt ist, anstatt dass man ihr vorgeführt hat, wie hohl und substanzlos all diese schlagwortartigen Merksätze eigentlich sind. Zudem wurde nicht von den anderen demokratischen Kandidaten nachgesetzt, auch von den jeweiligen Moderatoren(innen) nicht, wenn auf konkrete Fragen keine Antworten gegeben worden sind, sondern nur Partei-Kauderwelsch abgesondert wurde. Diese Methode gilt übrigens für alle Kandidaten, gleich welcher Couleur. 

Bei den demokratischen Parteien könnte man sagen "Schwamm drüber", nach der Wahl, wenn der politische Alltag wieder eingezogen ist, geht es in gewohnten Bahnen weiter. Dies gilt aber nicht für die Rechtsradikalen. Sie verfolgen andere Ziele. Noch im Schafspelz verhüllt, schüren sie eine gefährliche Glut, die, und wenn einige von ihnen dies auch zielgesetzt gar nicht beabsichtigen, Raum aufmachen für eine Entwicklung, die wir in Deutschland und in ganz Europa niemals mehr erleben möchten. 

Doch zurück zu der allgemeinen Untauglichkeit des Wahlkampfes. Aller Aktionismus, alle Beliebigkeit und aller Überdruss sind tödlich für einen informativen Wahlkampf. Es ist wie mit Kaviar, in vernünftigen Portionen, zeitlich angemessen und gut zubereitet und serviert, mag gefallen und Interesse wecken, aber zu viel, zu üppig und zu oft, ist fad und langweilig und macht überdrüssig. Davon will man nichts mehr haben. Und genauso ist es beim Wahlkampf, zu viel, zu häufig und  zu schlecht vermittelt, das schreckt den Bürger eher ab, als dass er sich interessiert zeigt, zuhört, sich seine Gedanken macht, um dann mit seinem gesunden Menschenverstand, die Allermeisten sind damit ausgestattet, die Partei oder den Kandidaten zu wählen, von dem er glaubt in seinen Belangen am besten vertreten zu sein. 

Wenn dies aber nicht in dieser verständlichen Form geboten wird, dann kommt die Stunde der Rattenfänger, der Scharlatane und der Verdreher, die dann mit eingängigen Phrasen, Erfindungen, Lügen und Verglitterungen glauben machen, alle Probleme seien ganz einfach zu lösen, man muss nur Stärke zeigen. Am Glaubwürdigsten ist doch letztendlich der Kandidat oder die Partei, die offen mit den Problemen umgeht und offen sagt, dass nicht alle Verwerfungen und Schwierigkeiten mit einem Federstrich gelöst werden, sondern dass es mühevolle Anstrengungen bedeutet mit den Problematiken fertig zu werden und sie auch gewillt sind, diese den Menschen zuzumuten

Die allermeisten Bürger verstehen und akzeptieren dies, aber nur dann, wenn sie merken es ist ehrlich gemeint und es gibt Fortschritte, auch wenn die manchmal eher klein sind. Um all dieses zu vermitteln, braucht es andere Formate in den Gesprächen in den Talkshows, aber auch im Gegenüber von Politikern mit den Bürgern. Weniger ist da mehr. 

Weniger Themen, ausgesucht nach ihrer Dringlichkeit und mehr Tiefe in den Antworten und hauptsächlich viel konkreter, ohne parteiliche Dauerberieselung. Dabei muss der Bürger wieder merken, dass es allein um ihn und seine Belange geht und nicht in erster Linie darum,  die politische Herrschaft im Land zu erringen, indem man zu viel verspricht, was anschließend doch nicht gehalten werden kann. Es soll hier nicht die eine oder andere Partei an den Pranger gestellt werden, ebenso soll keine Wahlempfehlung gegeben werden, es sei denn man versteht, dass hiermit das Wählen grundsätzlich gesponsert werden soll. Sinn dieser Kolumne ist, auf die allgemeinen Fehler des Wahlkampfs und seiner Durchführung aufmerksam zu machen, in der Hoffnung, dass man gewillt ist, diese abzustellen.

Sinn ist aber auch für das Wählen unbedingt zu plädieren und dabei dem Leser zu vermitteln, welche Kriterien ihn persönlich dabei leiten sollten. Und Sinn ist es die demokratischen Kräfte in unserem Land wieder stärker zu mobilisieren, die allgemeine Wahlmüdigkeit zu überwinden und damit den extremen Rechten keinen breiteren Raum, sprich mehr Bundestagsmandate zu überlassen.  

Letztendlich spielt es keine wirkliche Rolle, welche demokratische Partei über das gesamte Parteienspektrum mehr oder weniger Mandate bekommt, dies soll der Wählerwille entscheiden.  Was wirklich zählt, ist der erschreckende Anstieg der Rechtsradikalen in unserem Land, aber der darf keine tragende politische Rolle spielen. Dies ist überhaupt die eigentliche Bedeutung dieser Bundestagswahl 2017. Rechtsradikalismus, der allein darauf ausgerichtet ist, immer mehr Macht in unserem Land zu gewinnen, hat eigentlich überhaupt keinen Platz in einem deutschen Parlament und schon gar nicht im Bundestag.

Dass dieses jetzt so wahrscheinlich kommen wird, sollte ein unüberhörbares Alarmsignal sein. Wir alle sollten diese Entwicklung sehr ernst nehmen, überlegen, was wir und die Politik falsch gemacht haben, daraus lernen und nachdenken, wie wir dem Rechtspopulismus den Boden entziehen können. 

Und anfangen müssen wir dabei bei uns selbst und nicht auf die Politik warten. Wir Bürger müssen uns gegen den Rechtsradikalismus zur Wehr setzen, jeder einzelne von uns und jeweils im eigenen Umfeld. Wegducken gilt da nicht, auch wenn es manchmal nicht besonders kommod ist und man Farbe bekennen muss. 

Wir leben in einem freien, liberalen Land, wo jeder die Möglichkeit hat, seine Meinung zu äußern, zu kritisieren, ja zu protestieren, friedlich natürlich und wo ein aufgeweckter, junger Mann mit sozialen Ambitionen die Kanzlerin im Fernsehen fragen kann, warum solche unzumutbaren Zustände in der Pflege überhaupt vorhanden sind. Dass Frau Merkel dies nicht gefallen hat, ist klar, aber sie musste es schlucken und ich bin überzeugt, das bleibt nicht ohne Wirkung. Nach der Wahl wird es Bewegung in dieser Thematik geben und alle Parteien werden mit ernst gemeinten Lösungen kommen. Dafür ist der Machtinstinkt gerade der Spitzenpolitiker besonders ausgeprägt, um zu erkennen, wo es auf der ganzen Linie brenzlig werden könnte. 

Aber das ist Demokratie und wenn wieder mehr Menschen sich einmischen, würden solche Missstände gar nicht mehr so lange verwaltet werden. Demokratie lebt von der Bereitschaft mitzumachen, lebt von der Bereitschaft Farbe zu bekennen und lebt von der Bereitschaft stets gegen alle radikale Kräfte zu kämpfen, ob von rechts oder links. Demokratie lebt von der Vielfalt, von Toleranz und Akzeptanz. Alles was dem zuwider läuft, ist undemokratisch und zerstört die demokratische Gesellschaft.

Zugegeben, dies ist wirklich nicht einfach, aber es gibt keine Alternative dazu, auch wenn immer wieder Kräfte kommen, die etwas anderes versprechen: einfache Lösungen, verordnete Glückseligkeit und Reichtum für alle. Dies funktioniert nicht, das führt zu Elend, Zerstörung und zum Untergang wie wir wissen oder zur Staatspleite und zu Stasi-Gefängnissen. Beides sollte in unserem Land endgültig überwunden sein. 

Deshalb der dringend gemeinte Aufruf: Gehen Sie zur Wahl, wenn sie auch glauben, sie würden nichts bewirken können, Sie bewirken doch etwas, jeder der von uns hingeht. Es mag ja nicht gleich der Sieg oder die Kanzlerschaft seines Favoriten sein, aber auf jeden Fall ist es ein Sieg der Demokratie und je mehr Menschen sich per Wahlzettel für diese Demokratie entscheiden, umso geringer haben die Rechtsradikalen eine Chance in größeren Zahlen in den Bundestag zu kommen und dies sollte doch der geringe Aufwand zum Wahllokal zu gehen wirklich wert sein. 

Ab Montag dann darf wieder geschimpft werden und man kann sich aufregen über das nicht genehme Wahlergebnis, allerdings in dem Bewusstsein der Demokratie den Rücken gestärkt zu haben, um dann in vier Jahren erneut zur Wahl zu gehen, ohne Angst, ohne Repressalien, aber voller Hoffnung, dass dieses Mal die eigenen Leute die freien Wahlen gewinnen.  

Peter J. König               

Samstagskolumne Peter J. König 16.09.2017

Wie lange bleibt es  noch bei den Drohungen, bevor der  atomare Schlag erfolgt?

Kim Jong-Un hat nicht viel Zeit vergeudet, um nach der unterirdischen Explosion einer Wasserstoffbombe nun erneut sein Raketenprogramm voran zu treiben. Dazu hat er am frühen Freitagmorgen Ortszeit auf der koreanischen Halbinsel in der Nähe von Pjöngjang, der nordkoreanischen Hauptstadt, eine Mittelstrecke abgefeuert, die wiederum über Japan hinweg geflogen ist, um nach über 3000 Kilometer im Pazifischen Ozean niederzugehen. 

Erst drei Tage zuvor, am Montag, hatte der Weltsicherheitsrat in New York nochmals verstärkte Sanktionen beschlossen, die einstimmig von allen Staaten, auch von China und Russland verabschiedet wurden. Zwar musste der ursprüngliche Antrag der USA auf ein vollständiges Embargo der Öllieferungen seitens Chinas und die Beendigung von nordkoreanischen Gastarbeitern in Russland abgemildert werden, man hat dies für zukünftige Maßnahmen vorgesehen und die Öllieferungen sollen gedeckelt werden und neue Verträge für Nordkoreaner die in Russland arbeiten wollen, soll es zukünftig nicht mehr geben, aber die Tatsache, dass China und Russland dem abgeschwächten Antrag der USA zugestimmt haben, zeigt, dass das Vorgehen Kim Jong-Un´s auch von diesen Regierungen als gefährlich und nicht akzeptabel angesehen wird.

Dennoch hat den Diktator in Pjöngjang diese verschärften Sanktionen absolut nicht beeindruckt, ganz im Gegenteil. Er hat nicht nur durch seine Medien wüste Drohungen gegen Japan und die USA aussprechen lassen, Japan will er mit seinen Atombomben ganz von der Landkarte verschwinden lassen und die USA würden im Herzen zerstört, dass nur noch Kälte und Dunkelheit herrscht, all dieses war die Reaktion auf die neuesten Sanktionen des Weltsicherheitsrates. 

Und nun ein erneuter Start einer Mittelstrecken-Rakete, und falls die mit Atomsprengköpfen bestückt wäre, tatsächlich zumindest Japan treffen und ausradieren könnte. Auch ist anzunehmen, dass der amerikanische Militär-Stützpunkt auf Guam, der etwa in ähnlich weiter Entfernung liegt, wie die Reichweite der jetzt abgeschossenen Rakete, tatsächlich hochgradig gefährdet ist. Bevor jetzt über die Reaktionen in allen betroffenen Staaten gesprochen wird und dazu gehören sowohl China als auch Russland, den Machthabern dort dürfte klar sein, welcher Psychopath in Nordkorea am Werk ist, soll zunächst hinterfragt werden, ob die Sanktionen von letzten Montag tatsächlich Kim Jong-Un bewegen könnte, sein nukleares Raketenangriffsprogramm zu beenden, einfach weil es ihm an den technischen und monetären Mitteln fehlt, weiterhin aufzurüsten. 

Fakt ist, dass die Raketentechnik und auch die Weiterentwicklung der Atom- und Wasserstoffbomben nicht ausschließlich durch Korea selbst möglich ist. Die Raketen stammen aus dem großen Arsenal der ehemaligen UDSSR und wurden wahrscheinlich über die Ukraine bezogen, wo zu Sowjet-Zeiten ein großer Teil der Raketen-Industrie etabliert war. Nach dem Zerfall der UDSSR haben geldgeile ehemalige Industriebosse, die sich nun die Firmen unter den Nagel gerissen haben, die veralteten Raketen für viel Geld an Nordkorea verscherbelt und so Kim-Jong-Un die Chance gegeben, einen eigenen Raketen-Betrieb aufzubauen. 

Dabei werden russische Fachleute mit von der Partie und dort noch heute federführend beschäftigt sein, gegen harte Dollars natürlich und davon nicht zu knapp. Ähnlich ist es mit der Weiterentwicklung des Atomprogramms. Auch hier werden russische Wissenschaftler, nachdem sie in Russland nach dem Ende der Sowjet-Union auf der Straße gestanden haben, sich mit ihrem Wissen und ihren Erfahrungen seitens Nordkorea gegen harte Devisen haben anheuern lassen, um die Träume von einer Atommacht der Familien-Diktatoren Kim zu erfüllen. 

Was tatsächlich nach dem Zerfall der UDSSR in Sachen nuklearer Technik, sowohl im zivilen als auch im militärischen Bereich gelaufen ist, weiß sowieso keiner. Es ist aber zu vermuten, dass viel Schindluder damit getrieben wurde und jeder der einen Verkäufer für diese Techniken gesucht hat, wurde auch in Russland fündig, auch die Despoten in Nordkorea. Die Frage ist nur: Haben die nordkoreanischen Raketen das Potential Atom- oder Wasserstoffbomben zu transportieren und sie auch noch zielgenau etwa bis nach Guam oder gar auf das Territorium des US-Festlandes zu schießen? 

Hier sind sich die Experten vorerst ziemlich sicher, dass dies noch nicht der Fall ist. Aber den praktischen Versuch will natürlich keiner erleben. Tatsache ist, dass die Mittelstrecken-Rakete vom Freitag etwa eine Distanz von 3700 Kilometer zurückgelegt hat, dabei in einer Höhe von etwa 700 km Japan überquerte, um dann in den Pazifik zu stürzen. Über eine Zielgenauigkeit ist dabei nichts in Erfahrung zu bringen gewesen und auch die Tatsache, wie eine solche Rakete funktioniert, wenn sie tatsächlich einen atomaren Sprengkopf befördert, darüber lässt sich aktuell auch noch nichts sagen. Sagen lässt sich allerdings etwas über die Reaktion in der restlichen Welt, zumal es am Freitagabend eine Dringlichkeits-Sitzung bei der UN in New York gab. 

Aber wieder einmal kam es zu keinem Ergebnis, etwa, dass die massiven Forderungen der USA auf ein totales Embargo von allen im Weltsicherheitsrat vertretenen Staaten einstimmig angenommen werden. Bevor es wieder einmal zu einem Veto seitens Russland oder China gekommen wäre, hat man es vorgezogen zu vertagen, damit wenigstens der Anschein gewahrt bleibt, man wolle Kim Jong-Un nun doch massiv in die Knie zwingen und ihn zur Beendigung seines atomaren Raketenprogramms nötigen. Bleibt die Frage: Funktioniert dies überhaupt und wen würden die Sanktionen eigentlich wirklich treffen. 

Der nordkoreanische Machthaber hat dann auch noch am Freitag, bevor es in New York zur Dringlichkeits-Sitzung kam, erklären lassen, dass Nordkorea sowohl genügend Kapital, als auch Technik-Reserven habe, um auch unter einem absoluten Embargo das atomare Raketenprogramm erfolgreich zum Abschluss zu bringen."Ziel sei es die kriegslüsternen Amerikaner, die sein Land bedrohen, davon abzuhalten, die Demokratie in Nordkorea zu stürzen. Dies sei nur möglich zu unterbinden, wenn Nordkorea seinerseits die USA atomar in Schutt und Asche legen könne", so der große Führer Kim Jong-Un in einer Botschaft an die Welt. 

Tatsächlich geht es dem Enkel des Staatsgründers Kim Il-sung um den reinen Machterhalt seiner Nomenklatura und zwar um jeden Preis. Der letzte stalinistische Staat auf der Welt soll erhalten bleiben, obwohl die Bevölkerung unter massiven Repressalien leidet, das Land sehr rückständig ist und die politischen und militärischen Eliten sich abgekoppelt im Bereich der Hauptstadt Pjöngjang allen westlichen Luxus leisten. Für die Seinen ist dem ehemaligen Schüler eines Schweizer Nobel-Internats in der Nähe von Bern nichts zu teuer. Er festigt seine Macht durch eine Armee, die zahlenmäßig zu den stärksten in der Welt zählt. 

Für den Fall, dass der Weltsicherheitsrat tatsächlich die von den USA geforderten Boykott-Maßnahmen annehmen würde, etwa ein totaler Liefer-Stopp seitens China an Öl, Gas und Kohle, keinerlei Lieferung von technischen Geräten, woher auch immer, kein Verkauf an Lebensmittel, Getreide und sonstigen landwirtschaftlichen Erzeugnissen, das Ergebnis wäre verheerend für die Normal-Bevölkerung, eine Hungersnot wäre unausweichlich, denn das Land kann in diesem Zustand seine Bevölkerung nicht ernähren. Wie immer trifft es die einfachen Menschen, denn die Eliten haben für diesen Fall schon lange vorgesorgt und sich Fluchtrefugien organisiert, etwa in Russland, China oder sonst irgendwo auf der Welt, wo sie es sich gutgehen lassen können. 

Ähnlich wäre es bei einem militärischen Angriff, vielleicht sogar noch atomar durch die Amerikaner, was der Himmel verhindern möge. Auch in diesem Fall würde es die Durchschnitts-Bevölkerung tödlich treffen, während Kim Jong-Un mit seinen Kadern aus Politik und Militär in den atomsicheren Bunkern ausharren würden, bis sie irgendwann evakuiert werden würden. Aber auch bei einem konventionellen Angriff zahlen die armen Menschen den extrem hohen Blutzoll für einen Psychopaten, dem nichts heilig ist, als seine ererbte Macht. 

Dass es überhaupt so weit kommen konnte, hat allein mit der Tatsache zu tun, dass die Chinesen mit allen Mitteln einen westlichen Einfluss auf dem Territorium von Nordkorea zu verhindern suchen, damit nicht unmittelbar an der Ostgrenze des chinesischen Landes die USA militärisch Fuß fassen können, wie etwa in Südkorea. Dieses Trauma hat die chinesische Führung mit Hilfe der Despoten-Familie Kim bisher zu verhindern gewusst. Aber es gibt einen weiteren Grund, warum China solange wie möglich den Machtapparat in Pjöngjang erhalten möchte. 

Im Falle eines Zusammenbruchs würden Millionen verarmter Nordkoreaner ins benachbarte östliche China einströmen und es wären blutige Auseinandersetzungen mit der chinesischen Bevölkerung dort zu erwarten, wie sie es zuletzt zu Zeiten Maos in vielen Landesteilen Chinas gegeben hat, wo verelendete Heerscharen in andere Provinzen geflüchtet sind, um dem Hungertod zu entkommen. Vor einer solchen Entwicklung hat die kommunistische Partei Chinas eine höllische Angst, denn die Aufstände, die sich in den östlichen Grenzprovinzen entwickeln könnten, würden dann sehr schnell sich über das ganze Land verbreiten, mit der Folge, dass die Vorherrschaft der Partei endgültig zu Ende wäre und die Chinesen sich für eine freie Gesellschaft entschieden. 

Wie man sieht, steht sehr viel auf dem Spiel für die chinesischen Polit-Kader, ein Ende ihrer Macht ist dann mehr als wahrscheinlich. Deshalb auch hält China Kim Jong-Un solange an der Macht, wie es irgendwie geht. An einem Atomkrieg sind die Kommunisten in Peking allerdings überhaupt nicht interessiert. Und hier liegt die Zwickmühle, lassen sie den „Großen Führer“ in Nordkorea fallen, droht der Verlust des Einflusses auf der koreanischen Halbinsel und vielleicht noch mehr, wie eben dargelegt. Lassen sie allerdings diesen unberechenbaren kleinen Machtprotz weiter mit Atomwaffen spielen, dann droht ein noch viel größeres Dilemma.

Im Fall eines atomaren Angriffs auf Japan, Guam oder gar des amerikanischen Festlandes, ist zu erwarten, dass nicht nur große Teile Nordkoreas seitens der Amerikaner ausradiert werden, das östliche China wäre wie auch das südöstliche Russland ebenfalls betroffen und dann bestimmt durch den atomaren Fall-out, wie wir ihn von Hiroshima her kennen, nur weitaus schlimmer. Um den schlimmsten Fall zu verhindern, gibt es letztendlich nur eine Lösung: Wenn der „böse Bube“ nicht von sich aus sein atomares Handwerk beendet, dann müssen unter der Führung der UNO, Chinesen, Russen und Amerikaner das Ende der Kim-Diktatur in Nordkorea organisieren, mit der Garantie aller drei Weltmächte, dass es bei einer Befriedung in der ganzen Region bleibt. Dann wäre es auch möglich Atomwaffen generell von der koreanischen Halbinsel zu verbannen, was ganz Ostasien viel militärische Brisanz nehmen würde, denn weder Südkorea noch Japan wären nun nicht mehr unmittelbar bedroht. 

Zudem würden diese führenden Staaten endlich zeigen, dass es miteinander viel besser auf unserem kleinen Planeten zugehen kann, und wer weiß, vielleicht kommt man dann auch endgültig überein, dass es andere globale Probleme gibt, die es schnell gemeinsam zu lösen gilt, wie etwa die Erwärmung des Klimas oder der Hunger von über hundert Millionen Menschen, deren Zahl nach den neuesten Erhebungen der Vereinten Nationen wieder alarmierend zugenommen hat. 

 Peter J. König

Peter J. König: Samstagskolumne, 9.9.2017

Wasserstoffbombe oder Hurrikan beides ist für Trump schwer verdaulich.

Während Florida sich unmittelbar darauf vorbereitet von dem schlimmsten Hurrikan, der je in der Region gemessen worden ist, getroffen zu werden, wird Donald Trump dieses Wochenende wohl darauf verzichten sein Golf-Resort, den Mar-a-Lago Club in Palm Beach aufzusuchen. Wenn dann tatsächlich dieser verheerende Wirbelsturm, der bereits auf den karibischen Inseln schlimmstens gewütet hat, auf St. Martin und speziell auf Barbuda sollen bis zu 90% aller Häuser zerstört worden sein, 14 Menschen mussten bisher ihr Leben lassen, wenn also der Hurrikan noch in letzter Minute seine Zugbahn nicht verändern sollte, dann wird er mit nie gekannter Wucht auf das südliche Florida treffen. 

Die vorgelagerten Keys wurden bereits evakuiert, und wer einmal auf den Spuren Hemingways sich auf den Weg von Miami nach Key West gemacht hat, weiß, wie schön und karibisch der Trip über Key Largo und viele andere kleine Keys an den südlichsten Punkt der USA ist. Man hat aber auch gesehen, dass es quasi keine Schutzmöglichkeiten gibt, wenn ein solcher Wirbelsturm über die Keys fegt und neben den Stürmen, die aktuell bis zu 300 Stundenkilometer gemessen worden sind, bis zu 3 Meter hohe Wellen vor sich hertreibt. Und bei einem Level von wenigen Zentimeter über Null über Meereshöhe besteht praktisch keine Überlebenschance.

Yachten und Fishing-Boats werden wie Nuss-Schalen aufs Land geworfen oder sogar durch die Luft gewirbelt. Nichts kann sich den ungeheuren Kräften eines solchen Hurrikans entgegenstellen. Der Schreiber dieser Zeilen hat selbst einmal erlebt, wie die gesamte Glasfront des Hotels InterContinental in Miami Beach durchgehend von der Eingangsseite bis zum Meer hin bei einem Wirbelsturm, der sich schon merklich abgeschwächt hatte, mit einem Schlag zerbarst, die Glasscherben durch die Gegend flogen und sofort die gesamte Lobby komplett unter Wasser stand. Wahrlich kein Vergnügen! Dabei war dieser Hurrikan geradezu ein Zwerg gegen den, der jetzt auf Florida zu wirbelt. Deshalb wird auch an der gesamten Ostküste Floridas evakuiert, auch oberhalb an der Küste von Georgia und South Carolina, ja selbst in Virgina werden Evakuierungsmaßnahmen getroffen, denn keiner kann vorhersagen welchen Weg "Irma" nehmen wird. Dabei hat gerade erst vor 14 Tagen Hurrikan "Harvey" den Großraum Houston schwer verwüstet. 

Zudem entwickelt sich 1000 Kilometer südöstlich vor Venezuela in 30 Grad warmem Atlantik-Wasser der nächste Wirbelsturm, der seinen Weg in nordwestlicher Richtung in die Karibik nimmt. Wenn das so weitergeht, fallen Trumps spätsommerliche Golf –Runden im Trump National Golf Club Mar a Lago in Palm Beach buchstäblich ins Wasser. Vielleicht kommt er bei dieser Gelegenheit noch einmal auf die Idee, alles könnte vielleicht doch mit dem von ihm verdrängten Klima-Wandel zu tun haben. 

Fakt ist, dass die Erwärmung des Wassers im Äquator-Bereich zugenommen hat. Hier ist die Brutstätte für die Wirbelstürme auf der nördlichen Halbkugel im Atlantik-Bereich. Über die Sommermonate steigt die Wasser-Temperatur dort über 26 Grad und die Hurrikan-Saison beginnt. Dann startet der Zug der Wirbelstürme nach Nordwesten in Richtung Karibik, Golf von Mexiko oder die Ostküste von Florida. Solange der Hurrikan über dem warmen Wasser ist, lädt er sich mit Energie und ungeheuren Massen an Wasser auf. Trifft er dann auf Land, zunächst regelmäßig auf die Kleinen oder Großen Antillen, dann beginnt seine Kraft zu schwinden, auf der Landmasse der USA sei es in Florida oder den Staaten Texas oder Louisiana und Alabama verliert er immer mehr an Power, wobei natürlich verheerende Schäden entstehen. 

Mexiko kommt dabei manchmal auch nicht ungeschoren davon, denn auch die mexikanische Küste vom Golf ist Hurrikan-Gebiet. Diesmal scheint die Kraft des Wirbelsturms allerdings so groß zu sein, dass eine Schwächung über den karibischen Inseln nicht stattfindet, ganz im Gegenteil er heizt sich weiter auf. In den letzten Jahren haben die Intensität und das Ausmaß dieser Wirbelstürme kontinuierlich zugenommen. Die Forschung und die Wissenschaft sind sich schon längst darüber einig, dass dieses mit der Erwärmung der Erde zu tun hat und dass tatsächlich ein merklicher Klimawandel stattfindet. Die UN-Klimakonferenz Ende 2015 in Paris galt als Durchbruch bei den Verhandlungen über die weltweiten Klimaziele, hatte man sich doch auf einen Vertrag einigen können. 

Selbst die USA, die sich bisher geweigert hatten, einen solchen Vertag zu unterzeichnen, waren diesmal dank Obama mit von der Partie. Doch welches Erwachen, welcher Kurswechsel, als Trump an die Macht gekommen war. Beim G 20 Gipfel im Sommer in Hamburg kündigte er den Ausstieg aus dem Klimavertag an, denn nach seinen Aussagen seien Veränderung des Klimas, Erderwärmung, die Eisschmelze der Polkappen und vieles mehr nur eine Erfindung, damit die Wirtschaft der Vereinigten Staaten durch Verbote, Hindernisse und Einschränkungen durch den Klimavertag geschwächt und behindert wird. Dies könne und dürfe nicht mit seinem Wahl-Slogan „America first“ zu vereinbaren sein. Folglich nach der Logik des amerikanischen Präsidenten gibt es keinen Klimawandel, für ihn zumindest nicht. Ganz nach dem Motto: Was nicht sein darf, das nicht sein kann. Absolut bestechend und absolut stringent! 

Da kommen ihm aber die vermehrt verstärkten Wirbelstürme gar nicht zu Pass, weder bei seinen Golf-Runden, als bei seiner Strategie bezüglich des Klimas. Schon bei seinen Besuchen in Houston, speziell bei seinem zweiten, wo er sich zu den Menschen in der großen Evakuierungshalle im Zentrum von Houston begeben hatte, um beim Verteilen von Lebensmittel zu helfen, sah man Trump an, dass er sehr nachdenklich war und auf jegliches Machtgehabe verzichtet hat. Irgendwie scheint ihm doch etwas gedämmert zu sein. Was wird mit ihm passieren, wenn tatsächlich ein noch viel verheerendes Unglück die Menschen durch „Irma“ trifft? 

Er wird es sich nicht anmerken lassen, aber es ist doch gut möglich, dass die schlimmen Ereignisse ihn überrollen und ihn zum Umdenken bewegen. Letztendlich ist ja auch gar nichts anderes möglich. Der Klimawandel ist schon so weit fortgeschritten, dass es jetzt "Zwölf" schlägt. In der Karibik und in Florida hört und sieht man deutlich den Glockenschlag. Diesen kann auch ein Präsident Trump nicht ignorieren. 

Das Problem mit dem amerikanischen Präsident ist, dass er immer großartig sein will und sich feiern lassen möchte. Dazu hat er sich die Strategie der Verweigerung, der Konfrontation und der Dominanz ausgesucht. Er will die Fortschritte seines Vorgängers Obama verweigern, um dann mit eigenen Plänen noch viel erfolgreicher zu erscheinen. Dies ist ihm jedoch bisher mit nichts geglückt. 

Kein neues gesetzlich verankertes Einwanderungsgesetz, keine neue allgemeine Kranken- Versicherung, kein Klimaschutz im Sinne seiner Vorstellung, keine Wirtschaftsabkommen zum Vorteil der USA, alles angekündigt und bisher ist nichts daraus geworden. Anstatt an erreichte Erfolge anzuknüpfen, hat er sich in Verweigerung und in Absage geübt. Es wird Zeit, dass er seine Einstellung: „Hurra jetzt bin ich da, alles vor mir war doch nur stümperhaft“, aufgibt und sich mit Realitäten auseinandersetzt, anstatt glänzen zu wollen, wo es nur trüb ist. 

Dies ist beim Klimaschutz so und ebenso nur noch weitaus gefährlicher bei der Auseinandersetzung mit Nord-Korea. Auch hier zeigt sich mittlerweile, dass Trump keine schlüssige Strategie hat. Während er in Sachen Klima noch eine schmale Frist zu haben glaubt, sind die Probleme mit dem Diktator Kim Jong-un viel gefährlicherer Natur. Hier steht ihm ein Despot gegenüber, der scheinbar allen Drohungen Trumps trotzt, ganz im Gegenteil, er provoziert und die Situation eskaliert zusehends. Letzten Sonntag hat er trotz aller Appelle und Sanktionen seitens der UNO und aller verbalen Drohungen seitens Trumps, nach eigenen Angaben eine Wasserstoffbombe unterirdisch gezündet, deren Sprengkraft 4 bis 5 Mal stärker war als in Hiroshima. Zudem hat er behauptet, das "Monster" könne mit einer Interkontinental-Rakete bis in die USA geschossen werden. 

Abgesehen von der Tatsache, dass dieses tatsächlich jetzt schon den Nordkoreaner gelingen könnte, ist dies doch eine Provokation, die die Vereinigten Staaten in ihrer Gesamtheit herausfordern. Tatsächlich ist es unbedingt notwendig das Atombomben-Programm mit interkontinentalen Trägerraketen zu stoppen. Da sind sich der Westen aber auch Russland und China einig. Einig ist man sich aber auch, dass die fortwährende Eskalation zwischen Trump und Kim Jong-un gestoppt werden muss, denn ein Ausraster des Präsidenten in Form eines Atomschlages wäre eine Katastrophe für die Menschheit. 

Über Klimawandel braucht man sich dann primär keine Gedanken mehr zu machen. Und demnächst steht eine weitere Eskalationsstufe an, die der Diktator von Pjöngjang als gepacktes Geschenk für Trump angekündigt hat. Es ist zu erwarten, dass zu den Staatsfeierlichkeiten am 9. September, dem Tag als 1948 die Demokratische Volksrepublik Korea, kurz Nordkorea als unabhängiger Staat proklamiert wurde, erneut eine Mega-Bombe gezündet wird, trotz aller Warnungen, Appelle und Sanktionen des Sicherheitsrates und vieler Staaten weltweit, zukünftig auf solche Atomversuche zu verzichten. Was wird die Reaktion von Donald Trump sein? 

Man kann nur hoffen, dass er die Nerven behält, sich in Zurückhaltung übt und versucht gemeinsam mit Russland, China und der gesamten Weltgemeinschaft eine Lösung auf dem Verhandlungsweg zu finden, auch wenn er eine Kröte schlucken muss, um mit dem Machthaber in Nordkorea direkt zu verhandeln, was die Amerikaner bisher strikt abgelehnt haben. 

Ex-Präsident Jimmy Carter hatte vor vielen Jahren es fast geschafft, nach Verhandlungen mit dem Großvater und Gründer Nordkoreas Kim Il-sung einen Verzicht auf Atomwaffen auszuhandeln unter der Maßgabe, dass die USA zwei zivile Atomkraftwerke zur Gewinnung von Elektrizität liefern würden. Der Deal stand, aber Kim IL-sung starb einige Tage später überraschend und sein Sohn Kim Jong-un wollte von der vertraglichen Vereinbarung nichts mehr wissen. Heute ist die Situation ungleich schwerer und hauptsächlich viel gefährlicher. Auf der einen Seite muss Kim Jong-un gehindert werden, tatsächlich solche atomaren Interkontinental-Raketen verlässlich abschießen zu können, auf der anderen Seite muss dafür gesorgt werden, dass Trump nicht den atomaren Knüppel herausholt. 

Irgendwo dazwischen muss die Lösung liegen, wenn nicht, Gnade uns Gott, denn dann ist der stärkste Wirbelsturm nur ein Sommergewitter im Verhältnis zu dem, was dann auf uns zukommt. 

Peter J. König

Samstagskolumne Peter J. König 02.09.2017

Mal sehen, wer wem da noch am 24. September in die Suppe spucken kann? 

Mittlerweile sind wir in der heißen Phase des Wahlkampfes angekommen, so jedenfalls wollen es die Medien uns weismachen. Wenn man das Fernsehen, und hier speziell die öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF betrachtet, wird schnell klar, die heiße Phase hat nur etwas mit den sich immer wiederholenden , heißen Werbebotschaften bestimmter Politiker aus dem Umfeld der Kontrahenten, Merkel und Schulz zu tun, nichts aber mit begeisternder, innovativer Gestaltung zukünftiger Politik.

Wie muss ein Wahlkampf gestrickt sein, wenn ein Altkanzler und ein ehemaliger Verteidigungsminister mit Plagiatsvorwürfen bei seiner Doktorarbeit mehr Aufmerksamkeit erregen als die Auftritte der Matadoren, die unser zukünftiges Schicksal gestalten wollen?

Schröder wollte Wahlkampfhilfe für die SPD leisten, hat aber hauptsächlich demonstrieren wollen, dass sein zukünftiges Aufsichtsrat-Mandat beim russischen Rosneft-Konzern allein dazu dient, die Energiesicherheit für Deutschland und Europa zu gewährleisten. Um diese Botschaft zu verkünden, hat er sich die niedersächsische Provinz ausgesucht, Rotenburg an der Wümme, da wo die SPD-Anhänger noch immer seiner verlorenen Kanzlerschaft nachtrauern. Er hat doch tatsächlich die Menschen für dumm verkaufen wollen, so wie er sie für dumm verkauft hat, als er von Putin als einem lupenreinen Demokraten gesprochen hat. Jetzt behauptet er, Rosneft sei ein unabhängiger Konzern, der auch viele westliche Kapitalanleger als Investoren habe, eine besondere Nähe zum Kreml und damit zu Putin sei nicht gegeben.

Rosneft steht auf der Liste der Firmen, die nach dem Überfall auf die Krim durch russische Separatisten vom Westen mit Sanktionen belegt wurden, da sie auf der Krim stark wirtschaftlich engagiert sind. Es ist schon ein starkes Stück, dass ein ehemaliger Bundeskanzler solche vom Westen gemeinschaftlich beschlossenen Boykott-Maßnahmen unterläuft, der eigenen Regierung in den Rücken fällt, zumal ein sozial-demokratischer Außenminister namens Gabriel sich bemüht, eine völkerrechtliche Lösung im Krim-Konflikt hin zu bekommen. Schröder versucht mit aller Macht den Eindruck zu vertuschen, dass er mittlerweile ein bezahlter Lobbyist des Kreml-Chefs ist, ein Lobbyist, der dabei Millionen kassiert und „einen auf große Männerfreundschaft macht“.

Aber Rückgrat war noch niemals Schröders Stärke, auch wenn er mit seiner vehementen Verteidigung den Posten bei Rosneft anzunehmen, Schulz massiv in den Rücken fällt, und dies auch noch unmittelbar vor der Bundestagswahl. So etwas nennt man gemeinhin "einen Bärendienst erweisen".

Nur um die Wogen etwas zu glätten, deshalb hat sich der Ex-Kanzler wohl herabgelassen, sich überhaupt öffentlich zum Thema seines Rosneft-Mandats zu äußern. Ob dies allerdings besser war, als ganz zu schweigen, da muss man doch seine Zweifel haben. Schulz und die SPD werden ihre ganz eigene Meinung haben, zumal der Herausforderer ja schon deutlich gemacht hat, dass er in Schröders Lage den Vorstandsposten nicht angenommen hätte. Man kann gespannt sein auf die Analysen nach der Wahl, wenn die SPD versucht, ihr Scheitern zu erklären.

Ein weiterer Wahlkämpfer in eigener Sache ist in der fränkischen Provinz aus den USA aufgeschlagen. Im Gegensatz zu Schröders eher verhaltenem Empfang hat es für den Baron zu Guttenberg in seiner fränkischen Heimat in Kulmbach einen triumphalen Auftritt gegeben. Neu gestylt mit modischem Bart und lockerer Kleidung ist Baron Karl-Theodor vor seine CSU-Anhänger getreten, die ihn frenetisch gefeiert haben und nichts sehnlicher als seine Rückkehr wünschten. Fast hundert in- und ausländische Journalisten waren zugegen, als er seine Tour d´Horizon zelebrierte, angefangen von dem deutsch-amerikanischen Verhältnis, einer Spezialität, der er sich in den letzten 6 Jahren bei seinem Aufenthalt in den Staaten zugetan hat, über die unangefochtene politische Größe von Angela Merkel und der tatkräftigen Hilfe seines bayrischen Freundes Horst Seehofers, die beiden versuchen jetzt gemeinsam das Flüchtlingsdrama zu überwinden, einmal ohne und einmal mit festgelegter Obergrenze, bis hin zum Ab- watschen der SPD und ihres Kanzlerkandidaten Martin Schulz.

Wenn man in die Rede von Karl-Theodor zu Guttenberg richtig hinein gehört hat, so wurde auch über die bevorstehende Bundestagswahl gesprochen, aber in erster Linie schien es eine Bewerbung für ein politisches Comeback des Barons zu sein, der ganz in Büßer-Manier selbstständig das Ende seiner Reue-und Abstinenzzeit erklärt hat, um selbstverständlich nur seinen alten Ziehvater aus politischer Zeit, Horst Seehofer, bei der Wahl zu unterstützen. Dieser hatte ihn nämlich inständig gebeten mit in den Wahlkampf einzusteigen, wusste er doch um die vielen Getreuen die die frühere Lichtgestalt der CSU noch immer im Land verehren. Und da hatte sich der schlaue Fuchs aus Ingolstadt nicht geirrt. Die begeisterte Menge bekam ihr Idol zurück. Jetzt scheint alles möglich für den Baron, so jedenfalls sahen sie es.

Minister in Bayern, gar Ministerpräsident nach Seehofer, wenn nicht sogar endlich ein bayrischer Bundeskanzler, der bayrischen Fantasie waren keine Grenzen gesetzt. Doch der so Hochgelobte blieb bescheiden, ganz wie seine Katharsis es ihm vorgeschrieben hat. Er sei nur als Privatmann gekommen, um seiner CSU Hilfestellung zu geben. Wer glaubt wird selig! 

Von Guttenbergs Wahlauftritte, es wird noch mehrere davon geben, sind der Start in seine zweite politische Karriere. Die mediale Absolution erhält er am Sonntag bei Anne Will, wenn er in der Runde ihrer Diskutanten nach dem Fernsehduell zwischen Merkel und Schulz wieder einen ersten Platz unter den Politikerklärern einnimmt. Nicht Scheuer, Söder oder Ilse Aigner vertreten hier die CSU, nein es ist der alte und der heimliche neue Kronprinz, der hier wieder aus dem Schatten tritt, denn wie er meinte: „ Ich habe alle Konsequenzen gezogen und ertragen. Aber ich darf nach langer Zeit auch für mich selbst sagen: Irgendwann ist auch mal wieder gut“. 

Und was haben die Spitzenkandidaten der Parteien derweil so gemacht? Angela Merkel hat ihre Jahrespresse-Konferenz in Berlin abgehalten. Kühl, emotionslos und abgefahren, hat sie die Journalisten eingelullt, hat von ihren Erfolgen gesprochen und ihre immerwährenden Markenzeichen präsentiert: ihre Verlässlichkeit, ihre Berechenbarkeit und ihre Ausdauer und abwartende Haltung, so wie man sie halt kennt, wie sie betont hat. Auf die Frage, ob der Wahlkampf nicht langweilig sei, hat sie nur in ihrer unnachahmlichen Weise geantwortet: Dies sei doch beileibe nicht so, schließlich würde sie ja auf den Wahlveranstaltungen immer wieder neue Leute treffen, sprach´s und verschwand zum nächsten Wahlauftritt.

Schulz kann sie nicht gemeint haben, denn den trifft sie ja nur einmal am Sonntag beim einzigen Fernsehduell. Die anderen Spitzenkandidaten kann sie auch nicht gemeint haben, denn diese sind erst gar nicht zu direkten Diskussionen mit ihr geladen worden. Kipping(Linke), Göring-Eckhardt(Grüne), Weidel(AfD) und Lindner (FDP) haben derweil ihr eigenes gemeinsames Fernsehduell abgehalten, nach den üblichen Mustern und mit den bekannten Slogans. Dabei stand eindeutig die Flüchtlingsfrage im Vordergrund und es gab zumindest einmal ein politisches Thema, je nach Couleur, von vermehrter Integration bei den Grünen, über erhöhten Mindestlohn und allgemeiner Rente von 1050 Euro bei den Linken, von Abschieben der allermeisten Flüchtlinge, gleichgültig wohin (AfD), bis 15000 neue Stellen bei der Polizei und konsequentem Grenzschutz bei der FDP, alles Themen die zig-fach verkündet wurden und viele davon sind in ähnlicher Form auch von jeder Partei schon einmal erhoben worden.

Da bleibt neben Beliebigkeit nur Langeweile, gar eine gewisse Form der Austauschbarkeit.

Wenn sie jetzt fragen: Was macht der Herausforderer, dann ist die Antwort eindeutig. Je näher die Wahl kommt und die Umfragewerte für die SPD sich noch immer in einem großen Abstand zu der CDU halten, aktuell liegt die SPD zwischen 22% und 24%, die CDU hingegen zwischen 37% und 40%, also in dieser Lage gibt es für Schulz nur eine einzige Vorwärtsstrategie. Versprechen was das Zeug hält. Täglich überbietet er sich selbst mit Zukunftsversprechen, höhere Löhne, höhere Renten, weg mit Gebühren, Managergehälter deckeln und, und, und. Alles hört sich gut an, aber wie will er das umsetzen bei diesen Zahlen?

Zusätzlich ein bisschen Kanzlerin- bashing, aber nur nicht zu viel, schließlich sollen amerikanische Verhältnisse vermieden werden. Und alles versinkt in Langeweile, alles ist gesagt, natürlich alles korrekt und irgendwie diffus, verbunden mit der Bemerkung der Finanzierbarkeit. So kann man nach den Wahlen auch nicht festgenagelt werden. Dabei gäbe es genug Themen, die eine klare Antwort verlangen, sei es die Kinderarmut, die horrenden Mieten in den Ballungszentren, der miserable Zustand der Schulgebäude und Universitäten, die Bildungspolitik per se und selbst die Ungleichheit der Bildungsrahmen in den einzelnen Ländern die sogar so weit geht, z.B. dass ein juristisches Staatsexamen ein völlig anderes Leistungsniveau in den einzelnen Bundesländer hat. 

Seit Jahrzehnten ist schon bekannt, wo es eher leichter ist, 1. oder 2. Staats-Examen zu machen und wo nicht. Wieso gibt es keine einheitlichen Prüfungsstandards in der gesamten Bundesrepublik? Dies gilt auch für andere akademische Fächer, aber auch für viele Bereiche des öffentlichen Lebens. Föderalismus schön und gut, aber nur dort wo er sinnvoll ist. Im 21. Jahrhundert wird es Zeit, dass alte Zöpfe abgeschnitten und Verantwortlichkeiten neu verteilt werden.

Mit dem ersparten Geld würden dann viele gesellschaftliche Baustellen beseitigt werden können. Aber an solche Themen wagt sich die Politik nicht heran, zu sehr herrscht Angst, die unterschiedlichen Landsmannschaften könnten das in den falschen Hals bekommen. Dabei bleibt Bayer doch Bayer, Sachse bleibt Sachse und Ostfriese sowieso Ostfriese, pardon Niedersachse. Mittlerweile sind die Programme der Parteien weitestgehend austauschbar. Sie alle wollen in die Mitte, auch wenn sie sich links oder rechts nennen. Die äußeren Ränder versuchen etwas radikaler aufzutreten, denn sie erhoffen sich so mehr Zulauf, um den Sprung in den Bundestag zu schaffen. Die Linke hat damit die SPD gespalten und aus ihr einen verkümmerten politischen Haufen entstehen lassen. Die AfD hat den rechten Rand abgefischt und damit den Nationalismus und die Rechtsradikalen wieder hoffähig gemacht. Früher haben die ewig Gestrigen NPD oder die Republikaner gewählt, doch CDU und CSU konnten zumindest die Rechtsnationalen die keine Nazis waren, auffangen. Strauß hat es einmal so formuliert: Rechts von der CSU darf es keine Partei geben, und er meinte damit, die CSU muss die Rechten einbinden, um sie besser unter Kontrolle zu haben.

Die AfD hingegen schürt mit ihren Parolen den Nationalismus einzig und allein um damit auf Stimmenfang zu gehen. Zurück bleiben Hass, antidemokratische Gesinnung und Fremdenfeindlichkeit, alles Attribute, die nicht für ein gemeinsames Europa oder eine weltoffene Gesellschaft taugen.

Was den Parteien fehlt, und wir sind nun einmal eine Parteien-Demokratie, sind klare Profile, konkurrierende Lösungen und ein gesundes Selbstbewusstsein im demokratischen Sinn. Aber da wird gezögert und gezaudert, die Abgeordneten schielen auf ihr mögliches Bundestagsmandat. Ist ja auch eine prima Rückversicherung, dass selbst Leute wie Müntefering seine junge Frau versucht in den Bundestag zu hieven, vielleicht klappt es ja. Schröder hat seiner geschiedenen Frau Köpf einen sicheren Platz im niedersächsischen Landtag organisiert, worauf sie sich gleich den Innenminister geschnappt hat. Die sogenannten Volksparteien, also CDU und ein bisschen noch SPD, halten sich, und das ist im Fall der Sozies ganz besonders, die Optionen offen.

Müntefering hat einst gesagt: Opposition sei Scheiße, da geht man doch gegebenenfalls lieber wieder als Juniorpartner in die Regierung. Gibt ja auch mehr Posten und die Parteispitze kommt so zu lukrativen Ämtern. Wenn man dies alles in Betracht zieht, weiß man, warum der Wahlkampf maximal lauwarm ist, man versteht warum die Menschen politikverdrossen sind und glauben "Die da oben" haben nur ihre eigenen Interessen im Visier. Man sieht Berlin als einen abgehobenen elitären Platz, der nur um sich selbst kreist und die Belange der durchschnittlichen Bürger nicht mehr im Auge hat.

Die Armen schreien nach Fürsorge und die Reichen nach Steuererleichterungen, und in der Mitte ein verschwenderischer Staat, der oftmals seine ureigenen Aufgaben nur noch unzureichend bewältigt, trotz der Hunderte von Milliarden Steuereinnahmen. Hier muss mehr Effizienz her, damit die Menschen spüren, dass es letztendlich um sie geht. Dann wird auch eher wieder klar, dass man als einzelner Bürger doch etwas bewegen kann, vielleicht durch die Mitarbeit in einer Partei oder einer großen Organisation, wie den Gewerkschaften, die es ja auch in beiden großen politischen Lagern gibt. Auf jeden Fall sollte man wieder zur Wahl gehen, denn so wird verhindert, dass die extremen Randparteien zu viel Einfluss bekommen.

Durch Deutschland muss ein Ruck gehen, insofern dass die Menschen sich wieder mehr an der Politik beteiligen (Mindestanforderung Wahl). Aktuell ist es relativ angenehm und kommod. Vielen Deutschen geht es gut, wie nie zuvor in diesem Land. Dies ist nicht nur zufriedenstellend, sondern auch gefährlich. Die Gefahr besteht im Dahinlullen, man ist im Wohlfühlmodus und glaubt, so schnell kann sich nichts ändern. Doch dem ist nicht so. Unser Wohlstand basiert auf unserem angewandten Wissen, also in Technologie und Innovation. Dies bedingt aber entsprechende Bildung und trainierte Fähigkeiten. Diese Voraussetzungen gilt es zu erhalten, ja auszubauen, denn die aufstrebenden Staaten rund um den Globus schlafen nicht.

In Estland z.B. ist die Digitalisierung mit Abstand in ganz Europa am weitesten fortgeschritten. Die Menschen dort haben verstanden, was Globalisierung heißt, und sie haben sie genutzt. Übers Internet betreiben sie Geschäfte rund um den Globus, speziell im digitalisierten Bereich. Da liegen wir noch meilenweit zurück. Dies sind die Themen, die es gilt im Wahlkampf anzusprechen, denn hier liegt die Zukunft. Themen zur vernünftigen und effizienten Verwaltung unseres Staates sollten eigentlich selbstverständlich sein und keiner großen politischen Auseinandersetzung bedürfen. Klar brauchen wir mehr Polizei, die gut ausgestattet wird, wenn die öffentliche Ordnung gefährdet ist. Natürlich benötigen wir mehr Lehrer, Kranken- und Pflegepersonal und Kitaplätze mit einer richtigen Betreuung, möglichst kostenlos für die Eltern. Und die Menschen müssen von ihrer Arbeit anständig leben und bezahlbare Wohnungen bekommen können. Aber dies sollte doch in einem Staat wie der Bundesrepublik Deutschland selbstverständlich sein, worüber muss man da noch streiten, dies gebietet allein die Vernunft und die Planung in die Zukunft.

Politik soll gestaltend und vorausschauend sein. Und die Parteien sollen ihren Bürgern diesbezüglich Angebote unterbreiten, unterschiedliche Konzepte, von denen dann die besten Möglichkeiten umgesetzt werden und von denen der Wähler überzeugt ist. Das ist Zukunftsgestaltung und hier muss der Wettbewerb ansetzen.

Beim Fernsehduell am Sonntag befürchte ich, dass dies alles nicht stattfinden wird. Jeder lobt sich selbst, alle zeigen ihre vermeintlichen Erfolge auf. Es wird ein bisschen kritisiert, um dann wohlgefällig vor sich hin zu schaukeln, zumal ja die Posten als mögliche Kanzlerin und Vizekanzler schon jetzt verteilt sind. Mal sehen wer da noch bei den Wahlen am 24. September den beiden in die Suppe spucken kann.

 Peter J. König