Samstagskolumne Peter J. König 26.09.2015

Stehen Deutschland unruhige Zeiten bevor?

Nachdem die immer noch anhaltende Flüchtlingswelle nicht abebben will, nach Deutschland kommen täglich mehr als 10.000 Asylsuchende, wird allmählich die Frage immer lauter: Wie soll das weitergehen und ist unser Land überhaupt in der Lage eine solche Fülle von Menschen zu verkraften, um ihnen die Möglichkeit der Integration zu bieten? 

Dieses aktuelle Thema wurde in den letzten Tagen vom Abgas-Skandal bei VW überlagert, der auch eine Menge Fragen aufwirft. Des Weiteren ganz neu auf der Tagesordnung ist das Treffen zwischen Obama und Putin am Rande der UN-Vollversammlung, wo jetzt endlich Bewegung in die Syrien-Frage zu kommen scheint, doch in welche Richtung bewegt sich das Ganze und welche Auswirkung wird die Entwicklung im Nahen Osten auf Deutschland haben? 

Fragen über Fragen, wobei festgestellt werden darf, dass manches unmittelbar zusammenhängt, wenn wie im Fall von Syrien die Menschen von ihrem eigenen Despoten massakriert und ausgelöscht werden, sich dann auf die Flucht begeben ins sichere Europa, insbesondere nach Deutschland. Aus Afghanistan, dem Land am Hindukusch, wo nach den Worten des früheren Verteidigungsminister Struck unsere Freiheit verteidigt wird, dies sollte die Rechtfertigung dafür sein, dass Bundeswehr-Soldaten in den Einsatz geschickt worden sind, also aus #Afghanistan machen sich monatlich mehr als 100.000 Afghanen auf den Weg um das Land zu verlassen, nachdem die Taliban zuletzt wieder ganze Regionen zurück erobert haben. 

Durch massiven Militäreinsatz unter der Führung der Amerikaner, die dann auch vom deutschem Militär mit vielen Tausenden Soldaten und Zivilpersonal unterstützt wurden, war es gelungen die #Taliban nach #Nordpakistan und in die Grenzregion an der afghanisch-pakistanischen Grenze zurück zu drängen, sie jedoch ganz auszuschalten war nie gelungen. Immer wieder gab es Selbstmordattentate und Überfälle, selbst in der Hauptstadt #Kabul. 

Nachdem die Amerikaner und auch die Deutschen weitestgehend wieder abgezogen sind, hat sich die Lage im Land am Hindukusch schnell wieder rückwärts entwickelt. Die Taliban sind erneut in die freien Gebete eingefallen und haben ihre alten Hochburgen zurück erobert. So auch in #Kundus, wo einst mit das größte deutsche Militärlager stationiert war. Von hier wurde nicht nur die militärische Sicherung der Region unternommen, vielmehr wurde auch von diesem Stützpunkt der zivile Aufbau des Landes betrieben, in Form von Infrastruktur, Bau von Schulen und Krankenhäuser und landwirtschaftlichen Projekten. 

Nach dem Abzug der Bundeswehr hat es nicht lange gedauert, dass auch die Zivilisten, die beim Aufbau des Landes halfen,  sich zurückziehen mussten, denn die Taliban haben etliche ermordet, um so die anderen zu vertreiben. Für die Bevölkerung ist dies ein schwerer Schlag, werden sie doch wieder in die mittelalterlichen Strukturen der Scharia zurück geworfen. Tausende und Abertausende ziehen es deshalb vor,  Afghanistan zu verlassen und sich auf den Weg nach Westen zu machen. Begünstigt wird dies auch dadurch, dass sie seit diesem Jahr elektronisch lesbare Pässe besitzen, wodurch sie problemlos durch den Iran und die Türkei reisen können. 

Ihr Ziel ist Europa und schon jetzt weiß man, dass spätestens im nächsten Frühjahr neben der Welle der Syrer eine Welle von Afghanen auf uns zurollt, deren Größenordnung jetzt noch gar nicht abzusehen ist. Was ist da jetzt zu tun? 

Im Augenblick hat da so recht keiner eine eindeutige Antwort, die politischen Verantwortlichen nicht, und zwar in ganz Europa, wenn man sich die Zerstrittenheit bei den EU-Gipfeln anschaut, die Großmächte nicht wie jüngst in New York bei den Reden von Obama und Putin auszumachen war und in den Bevölkerungen der einzelnen europäischen Staaten gibt es auch höchst unterschiedliche Meinungen, wie man mit der #Flüchtlingsschwemme umgehen soll. 

Die Deutschen haben sich bisher von ihrer besten Seite gezeigt und um nicht den Nonsens-Begriff "#Willkommenskultur" zu verwenden, darf man hier von einer großen Mitmenschlichkeit sprechen. Die als egoman und dominant im Ausland verschrienen Deutschen haben wieder einmal bewiesen, dass sie nicht nur überaus spendenfreudig,  sondern auch sehr hilfsbereit sind. Dies wird uns überwiegend in ganz Europa hoch angerechnet, ein Umstand, der gerade nach der Griechenland-Krise und der angeblichen Erpressung durch die deutsche Finanzpolitik ein positives Bild von Deutschland aussendet. 

Trotzdem muss die Gretchen-Frage gestellt werden, wie soll und kann es weitergehen? 

Wunschdenken, Euphorie und falsche Wahrnehmung ist da fehl am Platz. Deutschland kann nicht die ganzen #Flüchtlinge dieser Welt aufnehmen, noch nicht einmal 10%, was aktuell etwa 6 Millionen Menschen wären. Welche Folgen so etwas hat, sieht man in Jordanien und im Libanon. Flüchtlingslager soweit das Auge reicht, Menschen die ohne Perspektive dahin vegetieren, einzig von dem Gedanken beseelt, sich auf nach Europa zu machen, was sie auch immer häufiger tun. 

Auf dem Weg durch die Balkan-Staaten treffen sie auf die Flüchtlinge aus Afghanistan, Irak, Schwarz-Afrika und zum Schluss auf die Menschen aus Albanien, Mazedonien und dem Kosovo, die ebenfalls ihr Heil in Mitteleuropa suchen wollen. Der Lösungsansatz kann weder eine Abschottung noch ein unkontrollierte Zuwanderung sein. Es muss dafür gesorgt werden, dass die Ursachen dieser Flüchtlingsströme unterbunden werden. Erste Ansätze bezüglich Syriens scheint es gerade in New York zwischen Obama und Purin zu geben, den beiden Haupt-Protagonisten im Spiel um die geo-politische Vormachtstellung in der Region. 

Auslöser des menschlichen Ausblutens von Syrien ist Assad, der nicht nur seine eigene Bevölkerung mit Fassbomben tötet und in die Flucht schlägt, er hat auch massiv dazu beigetragen, dass im Irak der so genannte „IS“ maßgeblich Fuß fassen konnte durch entsprechende Waffenlieferungen. 

Nach dem Irak-Krieg und dem Untergang von Saddam Hussein, dem irakischen Diktator, war es Assad alles andere als daran gelegen, dass sich im Irak demokratische Strukturen herausbilden konnten. Dies hätte seine Stellung in Syrien sehr gefährdet, denn auch die Menschen in Syrien hätten nach der Demokratie verlangt. Im Ansatz ist dies bereits geschehen, denn der #syrische_Bürgerkrieg begann 2011 durchaus friedlich mit Demonstrationen nach mehr demokratischer Öffnung des Landes. Assad hat diese Bewegung sofort blutig niedergeschlagen, mit der Folge, dass die Opposition in den bewaffneten Widerstand gegangen ist. 

Die freie syrische Armee hat sich gegründet, dazu viele einzelne Kampfzellen, die von unterschiedlichen politischen Ideen getragen wurden. Taliban-Ableger aus Afghanistan, die Hisbollah aus dem Libanon und dem Gaza-Streifen, aber auch die ersten Isis-Verbände aus dem Irak, der ideologische Vorläufer des "#IS", sie alle haben mitgemischt, um Assad die Macht in Syrien zu entreißen. 

Nach und nach hat der sogenannte Islamische Staat es geschafft, große Teile Syriens in seine Gewalt zu bringen. Assad selbst beherrscht nur noch ein Drittel des Syrischen Staatsgebiets mit schwindenden Anteilen. Wenn Putin ihm nicht mit Waffen und militärischer Unterstützung geholfen hätte, wäre seine Herrschaft eh schon längst beendet und er würde im russischen Exil mit anderen Diktatoren sein üppiges Rentner-Dasein feiern können. 

Haupt-Ansatzpunkt um den syrischen Flüchtlingsstrom zu stoppen, kann deshalb nur sein, Assad die Macht zu nehmen, oder ihn zumindest daran zu hindern weiterhin das Land mit #Fassbomben-Abwürfen zu überziehen. Dies geht aber nur wenn #USA und Russland miteinander kooperieren, so wie #Obama es vorgeschlagen hat, allerdings ohne Assad. 

#Putin will auch an Bord sein, allerdings mit #Assad. Alle sollen dann gemeinsam gegen den "IS" antreten, um das Land zu befrieden, damit die Menschen nicht dauernd auf der Flucht sind, 8 Millionen allein innerhalb Syriens und etliche Millionen mittlerweile über die Region verstreut oder auf dem Weg nach Europa. 

Die Nuss, die zu knacken ist, besteht darin, welche Lösung Obama und Putin bezüglich Assad finden. Fatal wäre es, wenn Putin sein militärisches Engagement dazu benutzen würde, nicht nur den "IS" anzugreifen, sondern auch die gesamte syrische Opposition in Schutt und Asche zu bomben, damit Assad wieder uneingeschränkter Herrscher über Syrien wird. 

Putin hat sich schon einmal in Stellung gebracht, indem er Kampfflugzeuge, Panzer und sonstiges militärisches Gerät nach Syrien hat bringen lassen, ebenso Kampftruppen, die den russischen Militärstützpunkt gegen "IS" verteidigen und ausbauen sollen. Unzweifelhaft hat #Putin die Amerikaner damit düpiert und er versucht sie so vor sich her zu treiben.

Für Putin ist dies der ideale Zeitpunkt und die beste Gelegenheit auf die Weltbühne zurück zu kehren, nachdem er durch die #Annexion der #Krim und sein Eingreifen in der Ost-Ukraine von dort verbannt worden ist. Endlich wird er wieder gebraucht, Obama hat ihm wieder die Hand gereicht, vielleicht werden auch bald die wirtschaftlichen Sanktionen gegen Russland seitens des Westens beendet. 

Wie in New York zu sehen war, hat der Kreml-Herr seine neue Rolle sichtlich genossen, kann er doch dem russischen Volk zeigen, welche Stärke von ihm und Russland wieder ausgeht. Zudem darf nicht übersehen werden, dass der "IS" auch durchaus ein massives Problem für ihn und seine islamischen Anrainerstaaten im Südosten werden könnte. 

Selbst #China ist nicht dagegen gefeit, dass in den westlichen Islam-geprägten Provinzen die Bevölkerung durch den "IS" infiziert wird, zumal dort immer wieder Unruhen gegen die Zentral-Regierung in Peking aufflammen. 

Wenn sich die beiden Weltmächte über den Schicksals-Verlauf von Assad einig werden, sollte es durchaus eine Möglichkeit geben in einem zweiten Schritt gegen "IS" massiv vorzugehen, denn auch die Regionalmacht Iran hat sich bereit erklärt, hier Beistand zu leisten. Nicht nur in Syrien sondern auch im Irak muss endlich Schluss sein mit dem brutalen Phänomen des sogenannten Islamischen Staats, es sind schon viel zu viele Menschen daran bestialisch zugrunde gegangen. 

Machen wir uns aber nichts vor, der Kampf gegen den "IS" und eine mögliche Befriedung von Syrien und dem Irak ist ein höchst diffiziler Vorgang, aber eine unbedingte Voraussetzung um die Menschen zur Umkehr zu bewegen, damit sie wieder zurück in ihre angestammte Heimat gehen. Und es wird wieder Geld kosten, ihnen neue akzeptable, wirtschaftliche Bedingungen zu ermöglichen, eine Aufgabe, die nur die Weltgemeinschaft leisten kann.

Ähnlich sieht es in Afghanistan aus, wo ein stabiles Staatsgebilde nur mit Hilfe der gemäßigten Taliban, die es dort ja auch gibt, möglich ist. Die aktuelle korrupte Regierung, eingesetzt durch die Amerikaner, muss durch eine Konsens-Regierung ersetzt werden, die alle Stämme berücksichtigt und die einen vernünftigen Interessens-Ausgleich schafft. Ebenfalls nur so wird das Land zur Ruhe kommen, mit einer gemeinsamen starken Regierung, die alle islamistischen Angriffe von außen abwehren kann, denn nicht zu vergessen, die radikalen Taliban kommen ursprünglich aus Nord-Pakistan und haben nach dem vergeblichen Versuch die Militärregierung in Karatschi zu stürzen, sich auf den Weg nach Kabul gemacht. 

Auch hier ist die Befriedung durchaus ein fragiles Unterfangen, das auf allen Seiten viel Wohlwollen erfordert, aber die einzige Chance ist, die Menschen wieder zurück zu holen. Soweit grob ein erster Lösungsansatz, um die Ursachen der Fluchtbewegungen so vieler Menschen nach Europa zu verändern. 

Doch was soll zwischenzeitlich geschehen mit all denjenigen, die schon hier sind oder unmittelbar vor unseren Toren stehen? Wir können sie nicht vertreiben, wir können sie nicht verhungern lassen und militärisch bekämpfen können wir sie erst recht nicht.

Zunächst darf noch einmal daran erinnert werden, dass wir eine Verfassung haben, in der das Asyl-Recht verankert ist. Manchmal ist zu hören, in Anbetracht der riesigen Zahlen solle man das Asyl-Recht ändern. Abgesehen, dass mit jeder Einschränkung auch unsere demokratische Grundordnung in Frage gestellt wird, wie soll so etwas aussehen? Gewähren wir nur Asyl, wenn jemand eine gehobene Schulbildung und 100.000 Euro in der Tasche hat, oder wenn er Verwandte hier vorweisen kann, die ihm seinen Lebensunterhalt finanzieren? 

Nein, das wäre kein angemessenes Asylrecht, allenfalls eine zu diskutierende Frage eines zukünftigen Zuwanderungs-Gesetzes. Jetzt geht es darum, den Menschen die aus ihrem Land geflohen sind, weil sie an Leib und Leben bedroht sind, eine sichere Bleibe und eine angemessene Versorgung zu verschaffen. Dazu sind aber gewisse Bedingungen notwendig, die sorgfältig geprüft werden müssen, um jeglichen Missbrauch zu unterbinden. 

Die Bedrohung der Menschen muss unmittelbar sein, also durch Krieg und Zerstörung, wirtschaftliche Gründe zählen nicht, hier muss den Menschen Vorort geholfen werden. Des Weiteren geht es nur mit einer europäischen Lösung, alle EU-Staaten müssen sich gemäß ihrer Bevölkerungszahl und ihrer Wirtschaftskraft an der Aufnahme von Asylanten beteiligen. Dazu sind einheitliche Regelungen innerhalb der EU notwendig, denn natürlich gehen die Menschen dorthin, wo sie die größte Zuwendung erhalten, so wie jetzt in Schweden und Deutschland. 

Asyl-Verfahren müssen schneller durchgeführt werden, damit die Asyl-Suchenden zeitnah erfahren, ob sie ein Bleiberecht haben oder nicht. Die Schweiz erledigt so etwas in 4 bis 6 Stunden, dann ist klar, ob man bleiben darf oder sofort wieder ausreisen muss. Dies scheint doch sehr oberflächlich zu sein, aber innerhalb von drei Tage sollte es bei uns zu bewerkstelligen sein. 

Ist der Asyl-Antrag negativ beschieden, muss unmittelbar die Rückführung stattfinden. Auch hier bedarf es eines europäischen Konsenses, denn wenn in einem EU-Land einmal Asyl abgelehnt wurde, ist dies für alle Mitgliedsstaaten bindend, ein erneuter Versuch in einem anderen EU-Land ist nicht möglich. Der aktuelle Versuch der EU sogenannte "#Hot_Spots", also an den Grenzen, an denen die Flüchtlinge die Union betreten entsprechende Zentren zu installieren, wo dann sofort die Asyl-Frage entschieden werden kann, ist ein Weg in die richtige Richtung. 

Dabei muss es sich um eine europäische Einrichtung handeln, die auf Grund europäischer Richtlinien entscheidet und die von der EU finanziert wird. Um es noch einmal klar auszudrücken, dies sind keine Abwehrzentren, sie dienen in erster Linie dazu, schon beim ersten Eintritt in die EU für beide Seiten Klarheit zu schaffen, für den Asyl-Bewerber ob er ein Bleiberecht hat und für die einzelnen Länder mit wie viel Ankömmlingen sie rechnen müssen. 

Dass dies alles unter absolut Menschen- würdigen Bedingungen und unter humanen Gesichtspunkten stattfinden muss, ist wohl selbstverständlich. Es gilt die Würde zu wahren, die Würde der Menschen, die in Europa Asyl suchen und dies zu Recht, und die Würde von uns allen, die das Glück haben in einem friedlichen Land bei guten wirtschaftlichen Bedingungen zu leben. 

Jetzt heißt es für die politischen Eliten, angefangen von der Bundeskanzlerin, über die Ministerien, Bundestag und Bundesrat zügig die richtigen Weichen zu stellen, damit die unmittelbar betroffenen Länder und Kommunen die Herkules-Aufgabe, in der sie schon mittendrin sind zu bewältigen, und zwar so, dass die Bürger auch zukünftig kräftig mit anpacken und großzügig geben, auch weil sie sehen, dass es sich, wie Angela Merkel gesagt hat, um kein unlösbares Problem handelt, auch weil schnelle, praktikable, europäische Lösungen gefunden worden sind, und weil erkennbar ist, dass die Weltmächte hoffentlich doch noch in der Lage sind gemeinsam eine akute Bedrohung zu bekämpfen.
Lange genug hätte es ja gedauert. 

Peter J. König 

P.S. Für VW und die Machenschaften der Groß-Industrie ist jetzt keine Zeit mehr, da gibt es nächsten Samstag viel "Faules" zu erkennen.