Werden die USA an ihrer eigenen Finanzpolitik scheitern?
Während in Berlin und in Wiesbaden die politischen
Pokerspielchen sich fortsetzen und dabei eigentlich nur zwei entscheidende
Fragen auf Antwort warten, nämlich zunächst die wichtigste, wer bekommt welchen
Posten und dann, wie verkaufen die Parteien dem Wahlvolk die Tatsache, dass die
gegebenen Versprechen doch nicht eingehalten werden, ohne es explizit zugeben
zu müssen, ist in den USA eine Situation eingetreten, deren Brisanz nur hinter
vorgehaltener Hand ausgesprochen wird.
Nachdem Senat und Kongress sich nicht
auf ein gemeinsames Haushaltsgesetz
einigen konnten, sind die amerikanischen Behörden nicht in der Lage, die
Gehälter an ihre Bediensteten zu zahlen. Die Folge war ein sofortig
angeordneter Zwangsurlaub ohne
Bezahlung für mehr als 1.5 Millionen
Angestellte bei den amerikanischen Behörden. Dies hört sich zunächst nicht
besonders dramatisch an und mit der Frage: Warum sollte dies auch uns
tangieren, scheint die Sache auch schon abgetan. Allerdings ist das so einfach
nicht. So wurden z. B. alle Museen und öffentliche Sehenswürdigkeiten
geschlossen, etwa die Freiheitsstatue in
New York oder die berühmte Circle-Line, die legendäre Schiffsumrundung um
Manhattan, bei der man in besonders eindrucksvoller Weise die Skyline der
Weltstadt erleben kann. Wer einmal in Washington, der amerikanischen Hauptstadt
war, weiß wie viele Memorials, also prachtvolle Gebäude in Erinnerung an die
großen Präsidenten, wie Lincoln, Jefferson oder auch George Washington dort zu
besichtigen sind, alle in öffentlicher Hand, momentan alle geschlossen. Selbst
eine Besucher-Führung durch das Kapitol oder gar das "Weiße Haus", dem Sitz des
amerikanischen Präsidenten, alles nicht möglich. Dabei sind dies die
Touristenmagneten auf einer USA-Reise für Besucher aus aller Welt.
Wir Deutsche
stehen da ganz oben auf der Besucher-Liste und dementsprechend ist es gerade
den Touristenscharen aus Deutschland
anzusehen, wie enttäuscht sie sind, wenn sie momentan ihre große, vielleicht im
Leben einmalige USA-Visite angetreten haben. Dieser Zustand gilt für das ganze
Land, für die großen Parks im Mittleren Westen, etwa Mount Rushmore mit den Präsidentenköpfen, in den Rockies der
Yellowstone National mit den wunderbaren
Gysire und Sinterterrassen, aber auch die Canyons, wie Bryce und Grand Canyon
in South-West, Monument Valley in Arizona, all die großartigen
Sehenswürdigkeiten in California, und und und, all closed. Der wirtschaftliche
Verlust ist immens. Er wird etwa auf 200 Millionen Dollar täglich geschätzt.
Über den Prestigeverlust muss gar nicht erst gesprochen werden, denn was soll
man von dem reichsten Land der Erde halten, das ihren Staatsdienern noch nicht
einmal gesichert das Gehalt zahlt?
Dabei gibt es durchaus auch sehr sensible
Bereiche, die dadurch in Mitleidenschaft gezogen werden, wie etwa öffentliche
Institute, die wichtige Impfstoffe entwickeln. Präsident Obama hat das Militär
vor diesen Maßnahmen geschützt, zu kritisch könnte sich die Lage bei den 2.5
Millionen Soldaten weltweit entwickeln. Dass die Betroffenen stocksauer sind
und lautstark protestieren ist allzu verständlich. Bei vielen hängt unmittelbar
ihre Existenz davon ab, natürlich auch ihre persönlichen finanziellen
Verpflichtungen, wenn sie ein Haus oder ein Auto auf Raten gekauft haben, wie
in den Staaten üblich. Dann ist das Schulgeld für die privaten Schulen der Kids
gefährdet, der Beitrag für den örtlichen Sportclub und eine Reihe vieler
anderer Aktivitäten des normalen amerikanischen Bürgers. Übrigens auch die
Bezahlung von Arzt- oder Krankenhauskosten, denn die werden von den meisten
Personen in den USA privat geleistet.
Dass es zu dieser nationalen Tragödie
überhaupt gekommen ist, hat gerade mit dieser strittigen politischen Frage zu
tun, denn Obama hat das Gesetz zur amerikanischen Krankenversicherung
verabschiedet, ganz gegen den Willen der Republikaner, die eine staatliche
Regelung auf diesem Gebiet ablehnen. Sie bestehen weiterhin darauf, dass die Amerikaner
sich privat versichern, ohne staatlichen Zwang und ohne staatliche Hilfe. Die
Folgen sind einschneidend, denn Millionen von Bürgern in den USA besitzen keine
Krankenversicherung, mit verheerenden Folgen, wenn sie gesundheitliche Hilfe
benötigen. Wie so etwas konkret aussieht, kann man bei der immer noch
anhaltenden Wirtschaftskrise in den Vereinigten Staaten sehen. Durch den
Verlust von Millionen von Arbeitsplätzen haben diese Menschen keine
Gesundheitsversorgung mehr, ein unhaltbarer Zustand.
Eines der ganz entscheidenden, politischen Ziele von
Präsident Obama war es, jedem Amerikaner eine Krankenversicherung zu ermöglichen. Dies ist in seiner ersten
Amtszeit nicht gelungen, deshalb versucht er gegen jeden Widerstand jetzt in
seiner zweiten und letzten Periode, dieses für ihn so elementare Projekt in die
Wirklichkeit umzusetzen, quasi auch als sein politisches Vermächtnis. Schon
Bill Clinton wollte in seiner Amtszeit dieses Projekt verwirklichen, ist aber
damals am politischen Widerstand auch aus seiner demokratischen Partei
gescheitert. Obama ist da schon einen ganzen Schritt weiter, er hat dieses
Gesetz erst kürzlich in Kraft gesetzt. Dies wollen die Republikaner, und da
speziell die Gruppierung der „Tea-Party-Fraktion“, eine ultra orthodox, rechtsgerichtete
Bewegung, in der Vergangenheit besonders
auffällig vertretenen durch die ehemalige Gouverneurin aus Alaska Sarah Phalin,
die sich auch einmal als republikanische Präsidentschaftskandidatin beworben
hat, mit aller Macht rückgängig machen oder zumindest erst einmal um ein Jahr
hinaus zögern. Sie hoffen dabei auf
einen Stimmungswandel in der amerikanischen Bevölkerung, die mehrheitlich Obamas Gesetzesvorhaben
billigt.
Als gute Möglichkeit dem Präsidenten doch noch ein Bein zu stellen und
ihn zu einer Verschiebung zu bewegen, sah die Mehrheit der republikanischen
Abgeordneten, die momentan das Abgeordnetenhaus, eine der zwei Kammern im
Kapitol dominieren, in der Vorlage des Haushaltsgesetzes. Dieses muss sowohl
vom Kongress, als auch von der zweiten Kammer, dem Senat gebilligt werden, wo
zurzeit die Demokraten die meisten Sitze haben.
Bislang hat das Abgeordnetenhaus die Zustimmung verweigert, Obama ist
aber auch nicht bereit durch eine Verschiebung oder Rücknahme des Gesetzes zur
Krankenversicherung den Republikanern entgegen zu kommen. Also keine
einvernehmliche Verabschiedung des Haushaltsgesetzes mit den bekannten Folgen.
Die Amerikaner sind mit Recht wütend auf ihre Politiker und besonders auf die
Republikaner, denn sie sehen beileibe nicht ein, dass die politischen Spielchen
auf ihrem Rücken ausgetragen werden, auch noch mit den soeben skizzierten
Folgen. Finanzen sind in den USA sowieso ein heikles Thema, denn die Banken-
und Finanzkrise ist hier so wenig überwunden, wie bei uns in Deutschland und in
Europa. An die amerikanische Staatsverschuldung wollen die Bürger drüben über dem großen Teich so wenig denken,
wie wir hier über unsere Verschuldungen vor Ort. Leider sind unsere Freunde in
der Neuen Welt nur unmittelbarer betroffen, wie wir zurzeit. Dieses kann sich
aber sehr schnell ändern, denn durch die
politische Blockadepolitik der Republikaner könnte ein weitaus größeres
wirtschaftliches Problem entstehen und dieses würde uns alle treffen, weltweit.
Am 15. Oktober müssen die Amerikaner ihre
Schuldenobergrenze erhöhen. Dies geht
nur im Konsens zwischen Präsident und beiden Häusern auf dem Kapitol- Hügel.
Sollte es hier erneut zu einem Veto im Kongress kommen, wären die Folgen mit
Abstand ungleich dramatischer, denn das Land mit der noch immer mit Abstand
größten Volkswirtschaft wäre zahlungsunfähig, also insolvent. Nicht auszudenken
die Bewertungen der Ratingagenturen, nicht auszudenken die Folgen einer
globalen Finanzkrise, weitaus schlimmer noch als zu Lehman Brothers Zeiten. Die
Weltwirtschaft würde drastisch einbrechen. Was dies für die Exportnation
Deutschland bedeutet, braucht man nicht extra zu beleuchten.
Soweit darf es nicht kommen und die Amerikaner müssen, und
dies in ihrem ureigenen Interesse, ihren Politikern klarmachen, wer sich gegen
das Wohl des eigenen Volkes und auch das Wohl der gesamten Völkergemeinschaft
stellt, denn als " leading nation oft he world" tragen die USA für alle
Menschen auf diesem Globus Verantwortung, wer sich also und dies auch noch aus
wahltaktischen Gründen, dieser Verantwortung entzieht, der darf auf absehbare
Zeit nicht damit rechnen, sobald das höchste Staatsamt in den Vereinigten
Staaten zu erreichen. Es ist davon
auszugehen, wenn die amerikanische Bevölkerung dies eindeutig den Protagonisten
vermittelt, werden die gemäßigten, verantwortungsbewussten Republikaner sehr
schnell und deutlich zeigen, was sie letztendlich in erster Linie sind,
eindeutige amerikanische Patrioten, denen das Land mehr am Herzen liegt, wie
fragwürdige taktische politische Spielchen mit derart unsicherem und schlimmen
Ausgang.
Peter J. König
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen