Wir Bürger müssen uns gegen den Rechtsradikalismus zur Wehr setzen, jeder einzelne von uns und jeweils im eigenen Umfeld. Wegducken gilt da nicht, auch wenn es manchmal nicht besonders kommod ist und man Farbe bekennen muss.
Am jetzigen Sonntag findet nun endgültig die Bundestagswahl
2017 statt. Es wird auch höchste Zeit, denn die vielen Phrasen, die in einem
solchen Wahlkampf gedroschen werden, sind nervtötend und werden auch durch permanente
Wiederholungen nicht besser. All diese Talk-Shows, die Fragerunden und
persönlichen Vorstellungen der Spitzenkandidaten der Parteien, die eine reelle Chance
haben ins Parlament zu kommen, sind in der Fülle absolut kontraproduktiv, zumal
sie durch die mangelnde Zeit sich intensiv mit den drängenden Problemen in
unserer Gesellschaft zu befassen, maximal diese nur streifen.
Und immer wieder diese
parteiliche Profilierung der einzelnen Kandidaten, die sich gefühlt zum Hundersten Mal schon im Fernsehen gegenüber gestanden haben, um innerhalb 20
Sekunden Teile ihres Wahlprogramms vorzustellen oder Antworten auf Fragen von
Bürgern zu geben. Was soll da rauskommen? Weitestgehend nur Phrasen, die es gilt so oft
wie möglich zu wiederholen, damit sie beim Zuschauer irgendwie hängenbleiben. Selbst
bei den Spitzenkandidaten Angela Merkel(CDU) und Herausforderer Martin
Schulz (SPD), was heißt dabei eigentlich Herausforderer, haben wir es mit einem
Boxkampf um einen Weltmeisterschaftsgürtel zu tun, selbst in deren gemeinsamen
Wahlauftritt im TV oder auch bei den Einzelauftritten, wurden keine wirklich
erhellenden Antworten gegeben, mit denen der interessierte Bürger etwas
anfangen konnte. Allein die Tatsache, dass ein junger Mann der zum Altenpfleger
sich ausbilden lässt, die Kanzlerin derart ins Schwimmen bringen konnte, weil er
einfach die Verhältnisse in den Alten- und Pflegeheimen schilderte, sodass er
anschließend bei Lanz in seiner Talk-Show gefeiert wurde, zeigt auf welch
dünnem Eis solche Fragestunden stattfinden, zeigt aber auch, welche
grundsätzlichen Defizite in unserem Land vorhanden sind.
Und da brauchen sich
die beiden großen Parteien gar nicht gegenseitig vorzuführen, sie beide sind an diesen Entwicklungen
beteiligt. Zunächst soll es aber erst einmal um den Wahlkampf als solchen
gehen, bevor später auf die innerparteilichen Defizite, wie z.B. klare Analysen
und das problemorientierte Anpacken der Missstände eingegangen wird, was
oftmals der Auslöser für die einzelnen Krisen in unserem Land ist.
Man muss wissen, Wahlkampf ist showlaufen, showlaufen das
unter dem hären Motto stattfindet: "Wettbewerb für die bessere Idee und das erfolgreichere Konzept", und wenn es
ganz gruselig wird mit der Aussage "für
ein moderneres Land und das Wohl seiner Bürger". Tatsächlich aber geht es um
Macht, um Mehrheiten und um Mandate für den Bundestag. Dafür machen die
Parteien und ihre Kandidaten fast alles.
Und je schwächer ihre Positionen sind,
umso mehr wird versprochen, verunglimpft und ganz übel, sogar wieder die nationalsozialistische
Blut und Boden-Ideologie herausgeholt und über die Ewig-Gestrigen ausgekübelt. Wie
man sieht, keine schlechte Strategie um ohne Umschweife in Landesparlamente und
jetzt in den Bundestag zu kommen. Diese ständige Fernsehpräsenz hat dieser
rechtsradikalen Partei doch erst den nötigen Schub verpasst, weil, und dies ist
auch der oberflächlichen Durchführung solcher Veranstaltungen geschuldet, ihre
Vertreter, es gab davon letztendlich nur zwei, vielleicht gebrandmarkt werden
konnten, aber nicht tatsächlich zu politischen Inhalten animiert wurden. Die
Folge ist, dass die rechte Klientel nur noch enger zusammengerückt ist, anstatt
dass man ihr vorgeführt hat, wie hohl und substanzlos all diese schlagwortartigen
Merksätze eigentlich sind. Zudem wurde nicht von den anderen demokratischen
Kandidaten nachgesetzt, auch von den jeweiligen Moderatoren(innen) nicht, wenn auf
konkrete Fragen keine Antworten gegeben worden sind, sondern nur
Partei-Kauderwelsch abgesondert wurde. Diese Methode gilt übrigens für alle
Kandidaten, gleich welcher Couleur.
Bei den demokratischen Parteien könnte man
sagen "Schwamm drüber", nach der Wahl, wenn der politische Alltag wieder eingezogen
ist, geht es in gewohnten Bahnen weiter. Dies gilt aber nicht für die
Rechtsradikalen. Sie verfolgen andere Ziele. Noch im Schafspelz verhüllt,
schüren sie eine gefährliche Glut, die, und wenn einige von ihnen dies auch
zielgesetzt gar nicht beabsichtigen, Raum aufmachen für eine Entwicklung, die
wir in Deutschland und in ganz Europa niemals mehr erleben möchten.
Doch zurück
zu der allgemeinen Untauglichkeit des Wahlkampfes. Aller Aktionismus, alle
Beliebigkeit und aller Überdruss sind tödlich für einen informativen Wahlkampf.
Es ist wie mit Kaviar, in vernünftigen Portionen, zeitlich angemessen und gut
zubereitet und serviert, mag gefallen und Interesse wecken, aber zu viel, zu
üppig und zu oft, ist fad und langweilig und macht überdrüssig. Davon will man nichts
mehr haben. Und genauso ist es beim Wahlkampf, zu viel, zu häufig und zu schlecht vermittelt, das schreckt den Bürger eher ab, als dass er sich interessiert
zeigt, zuhört, sich seine Gedanken macht, um dann mit seinem gesunden
Menschenverstand, die Allermeisten sind damit ausgestattet, die Partei oder den
Kandidaten zu wählen, von dem er glaubt in seinen Belangen am besten vertreten
zu sein.
Wenn dies aber nicht in dieser verständlichen Form geboten wird,
dann kommt die Stunde der Rattenfänger, der Scharlatane und der Verdreher, die
dann mit eingängigen Phrasen, Erfindungen, Lügen und Verglitterungen glauben
machen, alle Probleme seien ganz einfach zu lösen, man muss nur Stärke zeigen.
Am Glaubwürdigsten ist doch letztendlich der Kandidat oder die Partei, die
offen mit den Problemen umgeht und offen sagt, dass nicht alle Verwerfungen und
Schwierigkeiten mit einem Federstrich gelöst werden, sondern dass es mühevolle
Anstrengungen bedeutet mit den Problematiken fertig zu werden und sie auch gewillt
sind, diese den Menschen zuzumuten.
Die allermeisten Bürger verstehen und
akzeptieren dies, aber nur dann, wenn sie merken es ist ehrlich gemeint und es
gibt Fortschritte, auch wenn die manchmal eher klein sind. Um all dieses zu
vermitteln, braucht es andere Formate in den Gesprächen in den Talkshows, aber
auch im Gegenüber von Politikern mit den Bürgern. Weniger ist da mehr.
Weniger
Themen, ausgesucht nach ihrer Dringlichkeit und mehr Tiefe in den Antworten und
hauptsächlich viel konkreter, ohne parteiliche Dauerberieselung. Dabei muss der
Bürger wieder merken, dass es allein um ihn und seine Belange geht und nicht in
erster Linie darum, die politische
Herrschaft im Land zu erringen, indem man zu viel verspricht, was anschließend
doch nicht gehalten werden kann. Es soll hier nicht die eine oder andere Partei
an den Pranger gestellt werden, ebenso soll keine Wahlempfehlung gegeben
werden, es sei denn man versteht, dass hiermit das Wählen grundsätzlich
gesponsert werden soll. Sinn dieser Kolumne ist, auf die allgemeinen Fehler des
Wahlkampfs und seiner Durchführung aufmerksam zu machen, in der Hoffnung, dass
man gewillt ist, diese abzustellen.
Sinn ist aber auch für das Wählen unbedingt
zu plädieren und dabei dem Leser zu vermitteln, welche Kriterien ihn persönlich
dabei leiten sollten. Und Sinn ist es die demokratischen Kräfte in unserem Land
wieder stärker zu mobilisieren, die allgemeine Wahlmüdigkeit zu überwinden und
damit den extremen Rechten keinen breiteren Raum, sprich mehr Bundestagsmandate
zu überlassen.
Letztendlich spielt es
keine wirkliche Rolle, welche demokratische Partei über das gesamte
Parteienspektrum mehr oder weniger Mandate bekommt, dies soll der Wählerwille
entscheiden. Was wirklich zählt, ist der
erschreckende Anstieg der Rechtsradikalen in unserem Land, aber der darf keine
tragende politische Rolle spielen. Dies ist überhaupt die eigentliche Bedeutung
dieser Bundestagswahl 2017. Rechtsradikalismus, der allein darauf ausgerichtet
ist, immer mehr Macht in unserem Land zu gewinnen, hat eigentlich überhaupt
keinen Platz in einem deutschen Parlament und schon gar nicht im Bundestag.
Dass dieses jetzt so wahrscheinlich kommen wird, sollte ein unüberhörbares
Alarmsignal sein. Wir alle sollten diese Entwicklung sehr ernst nehmen,
überlegen, was wir und die Politik falsch gemacht haben, daraus lernen und
nachdenken, wie wir dem Rechtspopulismus den Boden entziehen können.
Und
anfangen müssen wir dabei bei uns selbst und nicht auf die Politik warten. Wir
Bürger müssen uns gegen den Rechtsradikalismus zur Wehr setzen, jeder einzelne
von uns und jeweils im eigenen Umfeld. Wegducken gilt da nicht, auch wenn es
manchmal nicht besonders kommod ist und man Farbe bekennen muss.
Wir leben
in einem freien, liberalen Land, wo jeder die Möglichkeit hat, seine Meinung zu
äußern, zu kritisieren, ja zu protestieren, friedlich natürlich und wo ein aufgeweckter,
junger Mann mit sozialen Ambitionen die Kanzlerin im Fernsehen fragen kann,
warum solche unzumutbaren Zustände in der Pflege überhaupt vorhanden sind. Dass
Frau Merkel dies nicht gefallen hat, ist klar, aber sie musste es schlucken und
ich bin überzeugt, das bleibt nicht ohne Wirkung. Nach der Wahl wird es
Bewegung in dieser Thematik geben und alle Parteien werden mit ernst gemeinten
Lösungen kommen. Dafür ist der Machtinstinkt gerade der Spitzenpolitiker
besonders ausgeprägt, um zu erkennen, wo es auf der ganzen Linie brenzlig
werden könnte.
Aber das ist Demokratie und wenn wieder mehr Menschen sich
einmischen, würden solche Missstände gar nicht mehr so lange verwaltet werden. Demokratie
lebt von der Bereitschaft mitzumachen, lebt von der Bereitschaft Farbe zu
bekennen und lebt von der Bereitschaft stets gegen alle radikale Kräfte zu
kämpfen, ob von rechts oder links. Demokratie lebt von der Vielfalt, von
Toleranz und Akzeptanz. Alles was dem zuwider läuft, ist undemokratisch und
zerstört die demokratische Gesellschaft.
Zugegeben, dies ist wirklich nicht
einfach, aber es gibt keine Alternative dazu, auch wenn immer wieder Kräfte
kommen, die etwas anderes versprechen: einfache Lösungen, verordnete Glückseligkeit
und Reichtum für alle. Dies funktioniert nicht, das führt zu Elend, Zerstörung und
zum Untergang wie wir wissen oder zur Staatspleite und zu Stasi-Gefängnissen. Beides
sollte in unserem Land endgültig überwunden sein.
Deshalb der dringend gemeinte
Aufruf: Gehen Sie zur Wahl, wenn sie auch glauben, sie würden nichts bewirken
können, Sie bewirken doch etwas, jeder der von uns hingeht. Es mag ja nicht gleich
der Sieg oder die Kanzlerschaft seines Favoriten sein, aber auf jeden Fall ist
es ein Sieg der Demokratie und je mehr Menschen sich per Wahlzettel für diese
Demokratie entscheiden, umso geringer haben die Rechtsradikalen eine Chance in
größeren Zahlen in den Bundestag zu kommen und dies sollte doch der geringe
Aufwand zum Wahllokal zu gehen wirklich wert sein.
Ab Montag dann darf wieder geschimpft
werden und man kann sich aufregen über das nicht genehme Wahlergebnis,
allerdings in dem Bewusstsein der Demokratie den Rücken gestärkt zu haben, um
dann in vier Jahren erneut zur Wahl zu gehen, ohne Angst, ohne Repressalien,
aber voller Hoffnung, dass dieses Mal die eigenen Leute die freien Wahlen
gewinnen.
Peter J. König
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