Samstagskolumne Peter J. König 19.05.2018

"Dümmer geht nimmer", oder ganz präzise gesagt: Dümmer, verlogener und volksverhetzender ist es nicht mehr möglich!

Am letzten Mittwoch hat ein Novum im Bundestag stattgefunden. Zum Auftakt der Debatte um den Etat der Bundeskanzlerin, im Zuge der Generaldebatte, der traditionell eine Abrechnung der Opposition mit der Politik des Bundeskanzlers ist, hat, wie es seit Jahrzehnten im Parlament Usus ist, die größte Oppositionspartei als erste die Gelegenheit, ihre Kritik an der aktuellen Politik der amtierenden Kanzlerin am Rednerpult vorzutragen, und zwar noch bevor diese ihre politischen Vorstellungen vor dem Bundestag erläutert. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass die Regierungsspitze auf die Anwürfe reagieren kann, die zuvor von der größten Oppositionspartei im Parlament geäußert wurden. In früheren Legislaturen war das Procedere eindeutig, je nachdem welche der beiden großen Volksparteien gerade am Ruder war. Jeweils die unterlegene hat dann die Debatte durch ihren Oppositionsführer eröffnet. Und dies war überwiegend die SPD, da zumeist die CDU die Bundestagswahlen gewonnen hatte.

In der Regel waren dies dann Sternstunden des deutschen Parlamentarismus, wenn z.B. Ernst Reuter, Herbert Wehner oder Willy Brandt als Oppositionsführer ihre Reden hielten und es oftmals dann auch turbulent herging, allerdings auf höchstem politischen Niveau. Dies ist heute leider nicht mehr der Fall, ganz im Gegenteil. Der Auftritt der aktuellen Oppositionsführerin der größten Oppositionspartei, Frau Alice Weidel von der AfD, entpuppte sich als ein rassistisches Geplärre ungekannten Ausmaßes. So etwas hat es in über 70 Jahre Bundesrepublik und demokratischen Rechtsstaat bisher nicht gegeben. Deshalb muss von einem Novum gesprochen werden, von einem Novum übelster Sorte. 

Allenfalls vor 1933, als die Nazis noch nicht die Mehrheit im Deutschen Reichstag hatten, gab es solche Hetzreden, ganz besonders von Goebbels, der damals sein persönliches Profil in der NSDAP zu schärfen suchte und deshalb nicht umsonst später Reichspropaganda-Minister wurde, nachdem die Nazis im Januar 1933 die Macht im Deutschen Reich übernommen hatten, um kurz danach mit Hilfe des inszenierten Reichstagsbrandes durch Notstandsgesetze, die Macht komplett an sich zu reißen, und den Reichstag zu entmachten.

Reichskanzler Hitler hat zunächst mit diesen Notstandsgesetzen regiert, um danach sehr schnell die Demokratie in eine Diktatur zu verwandeln, die "Diktatur der braunen Massen", wie sie beschrieben wurde. Tatsächlich hat hier die Diktatur einer mörderischen und menschenverachtenden Clique stattgefunden, mit Hitler, Göring, Goebbels, Himmler und ihren Vasallen und Profiteuren und einer Ideologie, die verbrecherischer und krimineller nicht sein konnte. Fast schien es, als sei dieses dunkelste Kapitel in der deutschen Geschichte endgültig überwunden, aber weit gefehlt. Mit dem Einzug der AfD in den Bundestag und als Ausdruck der ideologischen Nähe zu den Nazis des "Dritten Reichs" hat Frau Weidel gezeigt, wo die Reise hingehen soll, hat gezeigt, welche Art von Politik die AfD vertritt und hat auch gezeigt, welche perfiden Mittel sie  dabei einsetzen.

Dass die AfD überhaupt in die Position der Oppositions-Führerschaft gekommen ist, hat mit dem Ausgang der letzten Bundestagswahl zu tun, hat zu tun mit der Verweigerung der FDP in eine Koalition mit CDU und Grünen einzutreten, wo dann die SPD die stärkste oppositionelle Kraft geworden wäre, so wie Martin Schulz es unmittelbar nach der Wahl verkündet hat. Natürlich war allen anderen Parteien im Bundestag klar, welche überhöhte Rolle der AfD zuwächst, wenn sie tatsächlich die stärkste Kraft in der Opposition sein würde, zumal sie auch jetzt in einigen wichtigen Ausschüssen den Vorsitzenden stellt. Ursprünglich wollte die SPD diese Rolle einnehmen, aus Staatsräson, aber auch, um sich aus früheren Koalitionszwängen mit der CDU zu erholen.

Bekanntlich hat Lindner mit der FDP einen Strich durch dieses Kalkül gemacht. Die SPD ist schweren Herzens und aus Angst vor einem weiteren Verlust und einem noch stärkeren Ergebnis für die AfD bei Neuwahlen erneut in eine Regierung mit der CDU eingetreten und der Weg war frei für diesen ungewollten Prestige-Gewinn für das rechtslastige Lager und der Möglichkeit im Bundestag an vorderster Front Propaganda für sich und ihre kruden, volksverhetzenden Gedankenspiele und politischen Parolen zu machen.

Als drittstärkste Partei war dies ihr nun möglich. Bereits bei einigen früheren Auftritten der führenden Abgeordneten der AfD im neuen Bundestag hatte sich gezeigt, dass es zu einer Zeitenwende im parlamentarischen Auftreten durch Gauland, Weidel und Co. gekommen war. Hetzreden, Verunglimpfungen des politischen Gegners und Lügen-Kampagnen sind die üblichen Methoden, die nun von der Straße auch in den Bundestag seitens der AfD eingezogen sind. Waren es bei den früheren Nazis die Juden, Sinti und Roma und generell die Andersdenkenden von SPD und Zentrum, die von ihren Rednern im Reichstag gegeißelt, verunglimpft und verspottet wurden, so sind es heute die Flüchtlinge, die Mitbürger islamischen Glaubens und die Menschen mit Immigrations-Hintergrund, die auf übelste Weise  beschimpft und diffamiert, ja bedroht werden. Dazu hat Weidel von "Burkas, Kopftuchmädchen und von alimentierten Messermännern und sonstige Taugenichtse" gesprochen, "die unseren Wohlstand, das Wirtschaftswachstum und vor allem den Sozialstaat nicht sichern". Damit hat Weidel sich eine Rüge des Bundestagspräsident Schäuble eingehandelt, da sie nach dessen Aussage, alle Kopftuch-tragenden Frauen in unserem Land beleidigt habe.

Eine direkte Lüge ist die Aussage, dass die mehrheitlich türkisch stämmigen Frauen mit Kopftuch den Sozialstaat nicht unterstützen, wo doch klar ist, dass Hunderttausende dieser hier arbeitenden Frauen sehr wohl in die Renten- und Sozialkassen einzahlen.

Weidel hat diese Zurechtweisung mit hämischem Grinsen entgegen genommen, während ihre hinter ihr sitzenden Claqueure ihrer Partei Siegesgeheul anstimmten. Alles wie gehabt, die Atmosphäre des Reichstages im Jahre 1932/33 ist auferstanden, die Geister von damals sind in Form der AfD und ihrer Oppositionsführerin in das traditionsreiche, und nicht nur glückbringende Gebäude zurückgekehrt. Fakt ist, dass Frau Weidel und die AfD mit ihren rassistischen und menschenverachtenden Anfeindungen ein ganz bestimmtes Ziel verfolgen, nämlich die dumpfen, nationalistischen Instinkte ganzer Bevölkerungsgruppen wieder zum Leben zu erwecken, ganz so wie es einst die Nazis vorgemacht haben. Dabei hat der arrogante, überhebliche und zynische Auftritt dieser Galionsfigur des neuen deutschen Rassismus in nichts nachgestanden, wie Goebbels einst vor dem Reichstag aufgetreten ist, ganz im Gegenteil, gegenüber Goebbels war Frau Weidel noch der sektiererische Eifer und die unverhohlene Häme anzusehen und die ihre Hass- und Lügenpredigt als persönlichen Erfolg verstand. 

Goebbels zweifellos abartiger und kranker, doch reichlich vorhandener Intellekt hat dies bei ihm nicht zugelassen, dafür war er ein zu großer "Staatsschauspieler". Aber hier kann Frau Weidel ja noch üben, schließlich war dies ja ihr erster Auftritt in diesem von ihr inszenierten, schmierigen Staatstheater. Nichts desto trotz, neben allem Sarkasmus muss auf die Gefährlichkeit und die Folgen eines solchen Auftritts von Frau Weidel hingewiesen werden. Denn beileibe nicht alle Schichten in der Bevölkerung sind immun gegen diese rassistische Politik, wie sie Weidel und die AfD praktizieren, auch mittlerweile im Bundestag. Dabei geht es ihnen nicht darum "das Abendland zu retten", wie Volker Kauder, der Fraktionsführer der CDU auf Weidel antwortete, sondern dahinter wird die Absicht verborgen, auf legalem, demokratischen Weg der Macht im Staat immer näher zu kommen, um so durch ihre rassistische, nationalistische Politik endlich das Ziel zu erreichen, das schon die Nazis verfolgt haben, Herrenmensch zu sein, andere Staaten in Europa zu dominieren, nicht durch eine demokratische EU sondern mit einem für alle Zeiten festgelegten Führungsanspruch der Nazis, auch mit Hilfe nationalistischer Parteien in den anderen europäischen Ländern. 

Dazu braucht die AfD einen möglichst großen Rückhalt in der Bevölkerung, muss das Potential ausschöpfen von latenten rechtslastigen Bürgern, die unzufrieden, immer zahlreicher die Partei wählen. Und wo gäbe es eine größere Chance ihre Propaganda zu artikulieren, als im Bundestag. Hier konzentriert sich das ganze politische Geschehen in Deutschland, schon allein wegen der Machtfülle in unserem Land, hier ist die Presse allgegenwärtig und hier ersetzt ein Auftritt von Weidel 100 Parteiveranstaltungen draußen in der Provinz. Hier aber auch liegt der Fokus der ausländischen Medienvertreter, die dann in alle Welt berichten, was seit neuestem in Deutschland politisch die Runde macht und was sich wieder zusammenbraut. 

Wer da noch Zweifel hat, sollte sich die Rüpel-Truppe der AfD im Bundestag bei einer Debatte einmal näher anschauen. Da fehlen nur die Braunhemden und das Déjà-vu ist perfekt. Und dabei ist der neue Bundestag erst einmal ein paar Monate alt. Wie lange wollen wir uns das in dieser Form noch bieten lassen? 

Zwar hat Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble Frau Weidel gerügt, dies war jedoch eine eher zurückhaltende Geste. Wünschenswert wäre gewesen, wenn alle anderen Parteien in einen Sturm der Entrüstung ausgebrochen wären und in einen verbalen Tumult des Protests. Auch wenn sich Cem Özdemir von den Grünen den Zwischenruf erlaubt hat: "Es sind Rassisten im Bundestag", so blieb doch die Reaktion der anderen Abgeordneten mehr als moderat.

Die Kanzlerin hat die Lügen und Beleidigungen ihrer Vorrednerin mit keinem Wort erwähnt, was in ihrem Fall auch klug und richtig war. Dafür sind die Fraktionsführer und ihre Stellvertreter da. Zugegeben, es ist nicht einfach den eindeutigen Weg zu finden, um diesen politischen Hetzern Paroli zu bieten. Werden sie scharf attackiert, kommt rüdes, dumpfes, beleidigendes Gebrüll zurück, was natürlich die eigenen Massen noch anheizt und bestimmt noch weitere Verirrte in den Bann zieht, so mittlerweile mehrfach im Bundestag zu erleben.

Wird alles Gesagte einfach ignoriert, wird dies womöglich in der Bevölkerung als Zustimmung gewertet. Hier haben weder die Parteien im Bundestag noch bei den Wahlveranstaltungen das geeignete Rezept gefunden, damit dem aufkommenden Rechtsradikalismus  hierzulande und der Fremdenfeindlichkeit, die sich immer mehr in Nationalismus verwandelt, wirksam der Nährboden entzogen wird.

Aber eins ist ganz klar, ein "Weiter so" kann nicht die Antwort auf die Ausbreitung der AfD sein. Hier sind alle demokratischen Bürger gefragt, etwas dagegen zu unternehmen, ob zuhause, in der Firma, im Sportverein oder in der Kneipe. Wegducken hilft nur den Nazis, und was die aus ihrer Macht veranstaltet haben, dies sollte noch immer jedem präsent sein. Und den Rechtsradikalen hinterherlaufen oder sie gar rechts zu überholen, um wie die CSU in Bayern wieder die absolute Mehrheit bei den Landtagswahlen im September erreichen zu wollen, dies ist schon allemal keine erfolgreiche Lösung, wie die neuesten Umfragen zeigen.

Hat die CSU bei der Wahl Söders zum bayerischen Ministerpräsident noch einige Punkte zulegen können, allerdings immer noch unter 50%, so ist sie ganz aktuell wieder um einige Prozentpunkte gefallen und liegt jetzt bei 42%, Tendenz weiterhin fallend, während die AfD dabei ist, die SPD in Bayern zu überholen, um dann eventuell als zweitstärkste Partei in den Landtag einzuziehen.

Dies hat das schöne Bayern nicht verdient, da müssen noch viele Demokraten zuvor auf die Strasse gehen, seien sie für die CSU, SPD, FDP, Grüne oder gar die Linke, Hauptsache der AfD wird das Wasser abgegraben. Ob dabei allerdings Söders Kampagne, in jedes öffentliche Gebäude Kreuze aufzuhängen der zielführende Weg ist, dies darf bezweifelt werden und scheint eher auf Widerspruch bei der Bevölkerung und bei den Kirchen zu stoßen. Und die Nazis in unserem Land, angestachelt von Frau Weidel und ihren politischen Artgenossen ficht so etwas sowieso nicht an, sind sie doch in erster Linie an rassistischen und nationalistischen Machtgedanken interessiert, nicht an Mitmenschlichkeit, Nächstenliebe und Integration. 

Peter J. König

Samstagskolumne Peter J. König 14.04.2018

Was soll das Kriegsgeschrei zwischen USA und Russland im Syrien-Konflikt? 

Wenn man einigen Medien Glauben schenken darf, steht uns unmittelbar ein Krieg zwischen den USA und Russland ins Haus. Anlass soll ein Giftgas-Angriff des Assad-Militärs auf die mittlerweile geräumte Rebellen-Hochburg Ost-Ghouta sein. Hier in der unmittelbaren Nähe der syrischen Hauptstadt Damaskus hatten sich militante Regimegegner und islamistische Milizenverbände verschanzt, um im Schutz der Zivilbevölkerung Raketenangriffe auf das Zentrum von Damaskus zu eröffnen und von hier aus einen Angriff auf die Hauptstadt und den Machthaber Assad mit seiner gesamten Regierungs-und Verwaltungsmannschaft zu starten, mit dem Ziel Syrien von der Despotie zu befreien. 

Bereits seit Beginn des Bürgerkriegs im Jahre 2011 wurde die Region Ost-Ghouta, nachdem Aufständische die Kontrolle über das Gebiet übernommen hatten, von der syrischen Armee und regierungstreuen Milizen eingeschlossen, um so die Versorgung abzuschneiden. Dabei waren etwa 350.000 bis 400.000 Zivilisten betroffen. Lebensmittel, Medikamente und andere Versorgungsgüter konnten nur noch durch einen sehr erschwerten Schmuggel in die eingeschlossene Zone gelangen. Ost-Ghouta wieder unter ihre Kontrolle zu bringen, war dem syrischen Militär allein nicht möglich, da in den ersten Jahren es noch keine massive russische militärische Unterstützung im Bürgerkrieg gab. So versuchte die syrische Luftwaffe bereits im August 2013 mit dem Abwurf von, mit dem Giftgas Sarin gefüllten Fassbomben, den Widerstand der Aufständischen zu brechen, was allerdings nicht gelang. Dabei wurden eine Vielzahl von Zivilisten getötet, darunter viele Kinder. 

Obama hatte bereits damals das Motto ausgegeben, dass der Einsatz von Giftgas die absolute "Rote Linie" bedeutet und dies für ihn und die westliche Welt nicht hinnehmbar sei und mit einer Entmachtung von Assad durch militärischen Einsatz bedeuten würde. Unternommen hat Obama allerdings damals nichts, zumindest nicht militärisch, weil er glaubte, mit diplomatischen Mitteln Assad von der Macht in Syrien zu entfernen. Dazu gab es Konferenzen mit den unterschiedlichsten Zusammensetzungen von Regierungsvertretern und Milizenführern, in Genf, in Wien und zuletzt mit den am Bürgerkrieg beteiligten Staaten Iran, Russland und der Türkei. Dabei galt es primär der eingeschlossenen Zivilbevölkerung Hilfen zukommen zu lassen, denn die Lebensbedingungen dieser Menschen waren elend. Kaum Lebensmittel, keine annähernd vernünftige ärztliche Versorgung, keine funktionierende Infrastruktur und ständige Angriffe durch den Abwurf explosiver Fassbomben, die jederzeit überall in die Häuser einschlagen konnten und dann die Menschen in den Kellern ihrer Häuser vergruben. 

Um noch einmal auf die erste Giftgas-Attacke auf Ost-Ghouta im August 2013 zurück zu kommen, muss deutlich gemacht werden, dass das Versäumnis Obamas danach trotz Ankündigung militärisch einzugreifen, nicht nur die Menschen Vorort weiterhin unerträglichen Qualen seitens des Assad Militärs ausgesetzt waren, mittlerweile hatte sich Putin auch entschlossen massiv in Syrien militärisch zu intervenieren, um Assad an der Macht zu halten, mit dem Ziel von Syrien aus seinen Einfluss im Vorderen Orient maßgeblich zu verstärken. Dazu hat er mehrere militärische Stützpunkte in Syrien errichtet, Luftwaffenbasen und einen Hafen als Flottenstützpunkt der russischen Mittelmeerflotte, die von hier aus bis weit in den Südatlantik patrouilliert. 

Obama hatte es verabsäumt seine strategische Präsenz in der Region zu verstärken mit der Folge, aufgrund seiner veränderten geopolitischen Doktrin, weg aus dem Nahen Osten, hin nach Südostasien, Russland einen immer stärkeren Einfluss zu überlassen. Erst die Koalition gegen den sogenannten "Islamischen Staat" und seine Ausdehnung auf weite Teile des Iraks und die Beteiligung am Bürgerkrieg in Syrien hat die Amerikaner wieder auf den Plan gebracht, ebenso die Franzosen, Briten und viele weitere Staaten, auch Deutschland mit ihren Aufklärungs-Tornados. 

Die Lage in Syrien wurde indes immer verworrener, denn der Iran, die Türkei, aber auch die arabischen Staaten, allen voran Saudi-Arabien haben im Bürgerkrieg mit gemischt, indem sie alle möglichen Milizen mit Waffen und Geld versorgt haben. Die Kurden im Norden haben sowohl im Irak als auch in Syrien versucht ganze Landstriche zu besetzen, in der Hoffnung hier und auf türkischem Gebiet einen neuen Kurdenstaat zu errichten. Ihre Waffen haben sie dabei von den USA aber auch von Deutschland bekommen. 

Die Amerikaner selbst sind mit einem Truppenkontingent von etwa 2000 Soldaten gemeinsam mit kurdischen Kämpfern in Nord-Syrien präsent, um gegen den "IS" zu kämpfen. Damit stehen sich Russen und Amerikaner in Syrien unmittelbar gegenüber, wobei es bisher noch allein darum gehen sollte, die Kämpfer des "IS" in Syrien zu besiegen, so die offizielle Version. Daran haben sich die Russen aber nicht gehalten, sie haben alle Gegner von Assad angegriffen, auch die Milizen, denen es nicht um den islamistischen Einfluss ging wie etwa Al Nusra oder Boko Haram sondern die allein einen "Regime Change" im Auge hatten, also Assad von der Macht zu vertreiben, um eine neue, gewählte Regierung in Syrien zu ermöglichen. 

Auch nach Assad wäre dies kaum möglich, zu unterschiedlich sind die Interessen der einzelnen politischen Strömungen und zu einflussreich ist die islamistische Präsenz durch radikale Milizen, dass selbst Saudi-Arabien mittlerweile eine Bedrohung durch die brutalen, islamistischen Kräfte sieht und Russland um seinen Einfluss und seine Stationierung in Syrien bangt. Bisher sind sich Russen und Amerikaner nicht in die Quere gekommen, selbst ihre Einsätze in der Luft wurden so koordiniert, damit es zu keinem ungewollten Zusammenstoß der beiden Militärmächte kam. Nach einem weiteren Giftgas-Angriff auf die Zivilbevölkerung im April 2017 hat Trump den Angriff auf einen syrischen Luftwaffen-Stützpunkt durch 50 Tomahawk- Raketen befohlen, abgeschossen von Kriegsschiffen vor der syrischen Küste im Mittelmeer, allerdings nachdem zunächst die Russen davon in Kenntnis gesetzt wurden. 

Dabei sind einige Kampf-Jets der Syrer vernichtet worden und einige Einrichtungen auf der Luftwaffen-Basis. Der Schaden war gering und das syrische Militär hat sich gleich daran gemacht, die Folgen zu beseitigen, um wieder einsatzfähig zu sein. Die USA haben diesen Beschuss als Warnung vor weiteren Giftgas-Attacken verstanden, doch wie es vermutlich aussieht ist diese Warnung bei Assad nicht angekommen. Man sollte nicht vergessen, dass bereits unmittelbar nach dem ersten Giftgas-Abwurf im August 2013 durch eine UN-Resolution sämtliches Giftgas aus Syrien entfernt werden sollte, unter der „Aufsicht“ der Russen, was größtenteils auch unternommen worden ist. Aber schon damals schien klar zu sein, dass bestimmte Bestände von den Syrern beiseite geschafft worden sind. 

Der Einsatz des Giftes Anfang 2017 hat dies bestätigt und eine Wiederholung hat jetzt etwa ein Jahr später im April 2018 eine erneute Wahrscheinlichkeit erbracht, obwohl in beiden Fällen der Einsatz von Giftgas sowohl von syrischer als auch von russischer Seite geleugnet wurde. Unabhängige internationale Institute haben allerdings nachgewiesen, dass es sich bei der Attacke im April 2017 um den erneuten Einsatz von Sarin gehandelt hat. Dies ist zweifelsfrei belegt. 

Nicht endgültig nachgewiesen ist, wer für diesen Giftgas-Anschlag verantwortlich war. Und darüber gibt es die unterschiedlichsten Erklärungen, je nachdem wer sie abgegeben hat. Die westlichen Staaten bezichtigen Syrien, mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit, basierend auf der Erfahrung früherer nachgewiesener Vorfälle. Die Syrer und Russen machen islamistische Milizen dafür verantwortlich, die angeblich schon früher Sarin aus den Depots der syrischen Armee erbeutet haben sollen, eine eher unwahrscheinliche Variante. Am abenteuerlichsten wird es mit den russischen Erklärungen nach dem neuesten Giftgas in Ost-Ghouta Anfang April 2018. Zum einen behaupten die Russen, es hätte überhaupt keinen Einsatz von Gift gegeben, dies hätten russische Spezialisten nachgewiesen. Dies steht im krassen Widerspruch zu den bildlichen Dokumenten, die per Internet zeigen, wie Frauen und Kinder tot in Treppenaufgängen liegen und andere Bilder die belegen, wie man versucht Vergifteten mit Wasser und einfachsten Hilfsmittel notdürftig zu helfen. 

Gleichzeitig behauptet der russische Außenminister Lawrow, dieser Giftgas-Angriff sei vom britischen Geheimdienst in Szene gesetzt worden, um Russland auch wegen den Skripal-Vergiftungen zu diskreditieren. In beiden Fällen sei Russland unschuldig. Glaubwürdigkeit ist anders, "hier sollten sich die russischen Offiziellen doch besser abstimmen, um eine einheitliche Aussage zu veröffentlichen!" 

Den Menschen in Ost-Ghouta hilft dies alles nichts. Sie wurden gepeinigt, trotz der Tatsache, dass dem syrischen Militär unmittelbar die Rückeroberung des Gebietes gelingen würde. Jetzt sind die feindlichen Milizen mit ihren Familien mit Bussen abtransportiert worden, nachdem sie ihre Waffen russischem Militär ausgehändigt hatten. So ist es ab sofort möglich, dringend benötigte Hilfsgüter der Vereinten Nationen der Zivilbevölkerung zukommen zu lassen. 

Und während der Verfasser dieser Zeilen den Versuch unternommen hat, die Hintergründe in dieser verworrenen, sehr komplexen und kaum durchschaubaren, politischen Tragödie einigermaßen transparent zu machen, haben die Amerikaner, Engländer und Franzosen sich entschlossen das Überschreiten von Obamas "Roter Linie", den Einsatz von Giftgas, mit Raketenangriffen auf syrische Chemie-Labors und Lagerstätten von Giftgas zu beantworten. 

Trump hat sich öffentlich dazu bekannt, dass er sich im Falle weiterer Einsätze von Giftgas erneute militärische Antworten vorbehalte, allerdings ohne Einsatz von Bodentruppen, mit weiteren "chirurgischen Eingriffen" per Raketen, die ausschließlich das syrische Militär treffen sollen.

Des Weiteren hat er drauf hingewiesen, dass dieses Mal die Russen bei dem Einsatz zwar nicht vorab informiert worden seien, man aber sehr genau darauf geachtet habe, dass weder die Zivilbevölkerung als auch Einrichtungen der russischen Streitkräfte getroffen werden. Dies scheint auch der Fall gewesen zu sein, denn auch Trump, May und Macron wissen genau, welche Eskalation ansonsten auf dem Spiel steht. Noch scheint alles im kontrollierten Bereich zu verlaufen, denn die USA, Russland, Großbritannien, Frankreich und ganz bestimmt auch Deutschland wollen direkte militärische Auseinandersetzungen unbedingt vermeiden, dazu ist die Gefahr eines Weltkrieges viel zu groß, größer als jemals zuvor nach dem Kalten Krieg. Die Frage ist aber doch: Wie kann die Weltgemeinschaft verhindern, dass ein Despot und Folterer wie Assad daran gehindert wird, seine eigene Bevölkerung hunderttausendfach zu ermorden, auch mit Giftgas, nur um sich an der Macht zu halten und seiner Gefolgschaft ein privilegiertes Leben auf Kosten der Mehrheit der Bevölkerung zu sichern? 

Unzählige Resolutionen im UN-Sicherheitsrat den Machthaber Assad wegen seiner menschenverachtenden Handlungen zu sanktionieren, sind am Veto Russlands gescheitert, obwohl der Einsatz von Giftgas seitens des Regimes gesichert nachgewiesen worden ist. Assad wäre schon lange Geschichte, und damit auch die Qualen des syrischen Volkes, aber auch die Instrumentalisierung dieses Bürgerkrieges als "Stellvertreter-Krieg" zwischen den Großmächten und speziell zwischen Iran und Saudi-Arabien, wenn die Russen sich zu einer gemeinsamen Lösung hätten durchringen können. Aber wie bereits zuvor erwähnt, Putin fürchtet in diesem Fall seinen Einfluss in Syrien zu verlieren, den Verlust seiner militärischen Basen und seine geopolitische Bedeutung im Nahen Osten, wenn westliche Präsenz und westlicher Einfluss in einem befriedeten, neuen Syrien die Oberhand gewinnt. Dann akzeptiert er lieber Giftgas und versucht alles, dessen Einsatz politisch unter den Teppich zu kehren. Dagegen sahen sich die westlichen Alliierten genötigt ein deutliches Zeichen zu setzen, die Erneuerung der „Roten Linie“, die Assad daran hindern soll, weiter mit Giftgas zu morden. 

Stellt sich zum Schluss aber noch die Frage: Warum hat der Despot noch Giftgas eingesetzt, obwohl Ost-Ghouta quasi schon wieder im Machtbereich von Assad war und welche Beweise gibt es tatsächlich, wer den letzten Giftgas-Anschlag zu verantworten hat? 

Wenn Syrien und Russland damit nichts zu tun haben, wäre jetzt die richtige Gelegenheit unter ihrer Sicherheitsgarantie eine internationale, unabhängige Untersuchung zu akzeptieren, ohne dass sie natürlich zuvor alle Spuren verwischt haben. Hier allerdings bleibt nach allem was bisher seitens Assad und Putin unternommen worden ist ein mehr als deutliches Fragezeichen. 

Peter J. König

Samstagskolumne Peter J. König 07.04.2018

Friedlich ist anders! 

Konflikte menschlicher Art sind so alt wie die Menschheit selbst. Schon immer hat es Kriege, Überfälle, Vertreibung und das Töten anderer gegeben, die den eigenen Interessen im Wege gestanden haben. Die Geschichte der Menschheit ist voll davon, und es beginnt bereits mit frühzeitlichen Beutezügen um Gebiete, Jagd zur Ernährung oder um Frauen, wie uns die römische Geschichte mit dem Raub der Sabinerinnen weismachen will, damit neue Stämme gegründet werden können. Das Töten anderer menschlicher Spezies war dabei absolut kein Hindernis sondern eine überlebensnotwendige Handlung, die sicherstellen sollte, dass es zu keinerlei Rache- oder Vergeltungsaktionen kommen konnte. Selbst "Ötzi", der legendäre Mumienfund in den Alpen war Opfer einer Attacke von anderen Bewohnern der Alpenregion, die für den Nomaden tödlich endete. Wer im Geschichtsunterricht einigermaßen aufgepasst hat, weiß, dass die Geschichte der Menschheit fast ausschließlich aus Kriegen besteht und dass sich dieses bis heute so fortsetzt.

Gleichgültig welche Motivation diese Kriege hatten, ob politisch, religiös oder zum eigenen Machterhalt, es ging und geht immer um eigene Interessen, um Dominanz und auch zugleich um Größenwahn. So war es immer und so ist es auch heute. Dabei ist besonders interessant festzustellen, dass die Menschen aus ihrer Geschichte eigentlich nichts gelernt haben. Dem widerspricht auch nicht die These, dass sich Geschichte nicht wiederholt. Natürlich wiederholt sich Geschichte nicht 1 zu 1. Allerdings wiederholt sie sich in der Grundsätzlichkeit, in ähnlicher Form an anderen Orten mit den immer gleichen, den Menschen immanenten Wesenszügen. 

Ein ganz aktuelles Beispiel ist die Situation im Nahen Osten, wo es vermeintlich um Glaubensansprüche geht, etwa durch die Vormachtstellung des Iran mit seiner politischen Führung den schiitischen Mullahs kontra den Führungsansprüchen durch das sunnitische Königshaus in Saudi-Arabien. Unter dem Vorwand der religiösen Primärherrschaft werden tatsächlich aber politische Auseinandersetzungen geführt um die Dominanz im Vorderen Orient. Beide Seiten bedienen sich dabei sogenannter "Stellvertreter-Kriege", wie etwa im Irak, Syrien oder im Jemen, wo es dabei allein um die massive militärische Unterstützung der jeweiligen gleichen Interessensparteien geht, seien sie Vorort von Saudi-Arabien oder vom Iran gesteuert. Beide Staaten beanspruchen die Vorherrschaft in der Region Naher Osten, nachdem die Amerikaner sich geostrategisch weitestgehend aus diesem Teil der Erde zurückgezogen haben, weil sie das dortige Öl nicht mehr aufgrund eigener Ressourcen durch Fracking benötigen, und auch infolge des Irakkrieges durch George W. Bush. 

Dieser hat einst den Anlass des Baus einer vermeintlichen Atombombe durch Saddam Hussein als Vorwand genommen, diesen anzugreifen und zu stürzen, ohne danach in der Lage zu sein, eine neue stabile, von allen Gruppen sunnitischen, schiitischen und christlichen Glaubens getragene Regierung im Anschluss zu installieren. Der viel zu frühe Abzug der Amerikaner, nachdem sie alles in Schutt und Asche gebombt und die stabilisierenden, militärischen Strukturen im Land aufgelöst haben, sodass ein politisches Vakuum entstanden ist, ist der Grund, dass der sogenannten "Islamischen Staat" erst möglich wurde. Die Ursache, warum der Nahe Osten mittlerweile zu einem gefährlichen Pulverfass geworden ist, das aktuell auch die Sicherheit der europäischen Staaten massiv gefährdet, liegt auch darin begründet, dass diese Staaten niemals homogene Gebilde dargestellt haben, sondern mehr oder weniger willkürlich zustande gekommen sind, mit einer Vielzahl unterschiedlicher Ethnien, Stämme oder aber auch Glaubensrichtungen. 

Die enormen Mengen an Waffen, die an die einzelnen Kriegsparteien geliefert worden sind, erhöhen die Gefahr zusätzlich. Dies zeigte sich besonders im Irak, aber auch in Syrien, im Libanon aber auch in Ägypten und den Maghreb-Staaten, Tunesien, Libyen, Algerien und Marokko. Als Überbleibsel der Kolonialherrschaft der Engländer und Franzosen wurden speziell im Nahen Osten willkürlich Staaten gebildet, die keine geschichtlichen Hintergründe, keine Stammeszugehörigkeiten aber auch keine Glaubenseinheiten besaßen. Die ehemaligen Kolonialherren haben diese Staaten auf der Landkarte mit dem Lineal entworfen und dabei darauf geachtet, dass ihre eigenen Interessen möglichst weitgehend berücksichtigt worden sind. Die Führung dieser Staaten wurde dann an Personen übergeben, die in der Lage waren mit ihrem Machtinstinkt und harter Hand das Land zusammenzuhalten, indem sie sich auf ein starkes Militär und effiziente Geheimdienste stützen. So entstand eine Ober- und Unterschicht, aber keine tragende, ausgebildete Mittelschicht, die eine neue ausgeglichene Staatsform hätte installieren können. 

Dies war in allen Staaten der Region so, ob mit dem Schah im Iran, Hussein im Irak, Assad in Syrien, Nasser in Ägypten, Ali in Tunesien, Gaddafi in Libyen oder auch Algerien mit Abbas nach der Entlassung aus der Herrschaft der Franzosen und schließlich in Marokko mit einem König der vom Westen getragen wurde. Sie alle haben sich durch das Militär und das Geld aus dem Westen an der Macht gehalten. Bezahlt haben sie mit dem Rohstoff Öl, der in der Region endlos zu sprudeln schien. Allein Ägypten und der Jemen haben dann die Seiten gewechselt, sie sind nach dem Zweiten Weltkrieg in das Lager der Sowjets übergelaufen, die begonnen hatten ihre Machtinteressen in der Region stärker auszubauen. Und damit bekamen die Auseinandersetzungen im Nahen Osten eine neue globale Dimension, nicht mehr die führenden Lokalmächte Iran und Saudi-Arabien versuchten ihre Vormachtstellungen auszubauen, die Weltmächte und Sieger des Zweiten Weltkrieges haben mitgemischt und standen sich gegenüber, indem sie bis heute ihre Favoriten unterstützen, Russland den Machthaber Assad in Syrien mit dem sichtbaren Erfolg, dessen Macht im Land wieder zu festigen, auch mit Hilfe des Irans und die USA Saudi-Arabien und natürlich Israel, das Land, das ohne westliche Hilfe speziell aus den Vereinigten Staaten wohl schon längst aufgehört hätte zu existieren. 

Welche veränderte politische Lage sich mittlerweile gebildet hat, zeigt allein die Tatsache einer Äußerung des saudischen Kronprinzen, der kürzlich die Macht im Staat nach seinem Vater übernahm und vor wenigen Tagen in der "New York Times" bei einem Interview der Existenz sowohl des Staates Israel als auch einem noch zu gründenden Staat Palästina seine Zustimmung gab. Dabei muss man wissen, dass Saudi-Arabien der Hauptgeldgeber zur Vernichtung des Staates Israel war und es bis heute noch keine diplomatischen Beziehungen zwischen den Saudis und den Juden gibt. Wie sich die Zeiten doch ändern können!

Auslöser ist der sogenannte "Arabische Frühling", der tatsächlich mehr ein Hoffnungsschimmer in westlichen Hirnen als eine reale Veränderung der politischen Ordnung in den einzelnen Staaten des Nahen Ostens war. Sehr bald hat sich dabei herausgestellt, dass die Entmachtung der Despoten in diesen Ländern nicht zu einer demokratischen Entwicklung westlicher Prägung geführt hat, ganz im Gegenteil, die erzwungene Stabilität hat sich aufgelöst und die staatliche Ordnung ist implodiert, wie im Irak oder auch in Libyen wo Chaos und Anarchie herrschen und selbsternannte Warlords ihr Unwesen treiben, auch durch Schlepperaktivitäten über das Mittelmeer nach Süditalien. In Syrien, dem Irak und Afghanistan hat die Destabilisierung zu Millionen von Flüchtlingen geführt, Hundertausende von Toten sind zu beklagen, die Zivilbevölkerungen wurden grausamst geschunden und zu allem Überfluss hat sich ein Nährboden für die brutalsten Milizenbanden gebildet, etwa mit den Taliban, Al-Qaida, Al Nusra oder dem gefährlichsten und größten Gebilde dem sogenannten „IS“.

Dabei wurde auch die Strategie komplett verändert. Haben früher diese Terrorbanden ihre Aktivitäten auf das jeweilige Land beschränkt, wie etwa die Taliban in Afghanistan, oder Al Nusra in Syrien, so begann mit Osama Bin Laden und Al-Qaida der weltweite Terror, der seinen bisherigen Höhepunkt am 11. September 2001 mit der Vernichtung des World Trade Centers mit mehreren Tausend Toten hatte. Diese Strategie hat sich auch der "IS" zu Eigen gemacht, wenn in vielen westlichen Ländern Terrorakte durchgeführt und immer wieder viele Menschen so zu Opfern werden. Dabei rekrutiert der sogenannte "Islamische Staat" seine Attentäter aus den jeweiligen Ländern, hier werden junge Muslime durch islamistische Gehirnwäsche zu ihren Bluttaten angestiftet. In Deutschland soll es nach neuesten Erkenntnissen mittlerweile etwa 11.000 solcher militanten Salafisten geben, von denen man nicht wirklich weiß, zu welchen Terrorakten sie bereit sind. Dabei handelt es sich auch um aktive Mitglieder des "IS", die bei den Kämpfen in Syrien ausgebildet wurden. 

Fakt ist, das diese Bedrohung unser Land und ganz Europa noch lange beschäftigen wird, wobei die instabile Lage sowohl in Syrien, im Irak aber auch in Afghanistan immer neues Bedrohungspotential in Form von islamistischen Terroristen nach Europa spülen wird. Solange der Nahe Osten nicht zur Ruhe und Ordnung kommt und die Bevölkerungen keine vernünftigen Lebenschancen erhalten, sind die europäischen Staaten im Fokus dieser Terroristen, sei es aus Hass gegen die früheren Kolonialmächte des Westens, ihrer vermeintlichen Dekadenz oder aus Verblendung durch die archaische islamische Glaubenslehre, oder einfach nur weil es ihnen miserabel geht. Dabei muss klar sein, dass natürlich eindeutige Macht- und Wirtschaftsinteressen sich hinter all dem verstecken, was angeblicher Glaubensanspruch ist. Und hier schließt sich der Kreis zu den anfänglich gemachten Ausführungen, dass sich Geschichte zwar nicht direkt, doch immer wieder indirekt wiederholt. 

In Europa hat es im Mittelalter gleichartige Ereignisse gegeben, etwa mit dem 30jährigen Krieg oder später mit dem Nordirland-Konflikt, wo im Namen des Glaubens brutale Macht- und wirtschaftliche Interessen ausschlaggebend waren und es zum Teil heute noch sind. Tatsache ist, dass der Nahe Osten uns Europäer noch lange herausfordern wird, allerdings als nur einer von vielen Brandherden in einer immer unsicherer werdenden Welt, die gerade dabei ist, sich global zu verändern. Alte Maßstäbe haben ihre Gültigkeit verloren, alte Machtstrukturen haben sich bereits aufgelöst oder sind dabei es zu tun. Tiefere Ursachen sind immer die wirtschaftlichen Verhältnisse, ihre Veränderungen, ihre Ansprüche und die Brachialität mit der sie durchgesetzt werden. Dabei entstehen neue „Global Players“ wie China etwa, wo ganz aktuell es zu einem sich anbahnenden Handelskrieg mit den USA kommen kann, wenn jetzt jeweils Einfuhrzölle für die Produkte des anderen Landes erhoben werden sollen, 25% für amerikanische Flugzeuge, Autos und Soja nach China und ähnliche Zölle für Stahl und Aluminium von China in die Vereinigten Staaten und alles jeweils in einer Größenordnung von 50 Milliarden Dollar. Wenn dies so weitergeht, ist der Weg zu einer Weltwirtschaftskrise gigantischen Ausmaßes nicht mehr weit. 

Zum Schluss soll noch auf eine weitere Krise hingewiesen werden, die ebenfalls das Zeug hat sehr explosiv zu sein. Gemeint ist der lebensgefährliche Giftgas-Anschlag auf den ehemaligen russischen Doppelagenten Skripal und seine Tochter in Salisbury in Südengland. Noch sind die endgültigen Untersuchungen nicht abgeschlossen, aber bekannt ist, dass es sich dabei um ein gefährliches Nervengift namens Nowitschok handelt, dessen Herstellung vermeintlich in einem russischen Chemielabor stattgefunden haben soll und Russland kleine Mengen dieses Giftgases in seinen Lagerbeständen besitzt. Nachdem bereits vor einigen Jahren ein russischer Spion in England nach seiner Enttarnung und Zuflucht dorthin, nachweislich von russischen Agenten in London vergiftet worden ist, ebenfalls mit einem Nervengift, hat die britische Regierung umgehend reagiert und eine zweistellige Zahl von russischen Diplomaten ausgewiesen. Sowohl die USA, Kanada, Australien und einige europäische Staaten darunter Deutschland und Frankreich sind diesem Beispiel gefolgt. Insgesamt mussten so mehr als 140 russische Diplomaten westliche Länder verlassen. Die Reaktion aus Moskau folgte prompt, denn die Russen haben ebenso viele Botschaftsangehörige der jeweiligen Länder ausgewiesen.

Die russische Regierung behauptet felsenfest, sie habe mit dem Giftgas-Anschlag nichts zu tun und beschimpft ihrerseits die Briten als üble Verleumder mit der Absicht Russland zu diskreditieren und vor der Weltöffentlichkeit schlecht zu machen. Boris Johnson, Englands exzentrischer Außenminister, hat daraufhin unmissverständlich und wenig diplomatisch die Russen gewarnt und diese Gift-Attacke als einen Angriff auf Großbritannien gewertet, der auch noch auf englischem Territorium stattgefunden hat. Ähnlich hat dies die EU und die Nato gesehen und Maßnahmen zur Abwehr künftiger Attacken dieser Art angekündigt. Damit ist es zur schwersten diplomatischen Krise nach dem Kalten Krieg zwischen Großbritannien und Russland gekommen, Ende nicht absehbar. Neben allen Kriegen, heißen und kalten oder auch wirtschaftlicher Art sind solche Attacken, von wem auch immer, mehr als geeignet gefährliche Brandherde auszulösen. Und wenn auch nicht sofort eine erhöhte Kriegsgefahr dadurch entsteht, zu einem Szenario eines Kalten Krieges reicht es allemal. Und was dies bedeutet, wissen die älteren unter den Lesern hier allzu gut

 Peter J. König

Samstagskolumne Peter J. König 24.03.2018

Ist ein bevorstehender Handelskrieg noch abwendbar?

Lange hat es nicht gedauert, bis nach Vereidigung der neuen Regierung die Bundeskanzlerin Angela Merkel ihr neues Regierungsprogramm vorgestellt hat. Nur eine Woche nach der Akkreditierung des Kabinetts ist Merkel am letzten Mittwoch vor den Bundestag getreten, um in Form einer ersten Regierungserklärung ihr politisches Programm für die laufende Legislatur vorzustellen und zu erläutern. 

Das zukünftige Regierungshandeln basiert auf dem Koalitionsvertag, den CDU, CSU und SPD gemeinsam vereinbart und unterschrieben haben. Darüber hinaus hat die Kanzlerin klar gemacht, wo die Schwerpunkte liegen, indem sie zunächst einmal die Herausforderungen benannt hat, die es in den nächsten 3 ½ Jahren und darüber hinaus zu bewältigen gilt. Da gibt es die beiden großen Politikfelder der Innen- und Außenpolitik, die im Grunde eine Vielzahl von Einzelfeldern abdecken, im Bereich des Inneren etwa Bildung, Soziales mit der Versorgung von vor der Geburt bis zur Bahre, im Bereich Wirtschaft, infrastrukturelle Entwicklung mit der Digitalisierung, aber auch Kultur, demographische Entwicklung, Integration von Asylanten und politischer Zusammenhalt zwischen Ost und West in Deutschland, mit dem besonderen Augenmerk auf die Demokratie. 

Die Außenpolitik beginnt bei dem besonderen Verhältnis zu Frankreich und dem Zusammenhalt und der Vertiefung der Europäischen Union, der Währungsunion und der konsequenten Umsetzung des Schengen-Abkommens und damit die garantierte Absicherung der Außengrenzen der EU. Dies korrespondiert unmittelbar mit der Flüchtlingsfrage und der geordneten Abwicklung nach Völkerrecht und unserem Grundgesetz. 

Darüber hinaus ist es von eminenter Bedeutung, wie sich die Bundesrepublik bei den internationalen Krisen verhält, sei es beim Krieg in Syrien, der Terroristenbekämpfung in Afghanistan, in Mali oder an anderen weltweiten Brennpunkten

Ein weiteres Problemfeld stellt sich mit dem Verhältnis zu Putin, Erdogan aber auch Trump dar. Alle drei Staatsführer haben das außenpolitische Agieren der Bundesrepublik Deutschland durch Angela Merkel und den neuen Außenminister Heiko Maas nicht eben leichter gemacht, ganz im Gegenteil, ganz neue Problemfelder sind entstanden und speziell mit der Wahl von #Trump drohen alte Allianzen, die seit Ende des Zweiten Weltkriegs bestehen, auseinander zu brechen, zumindest müssen sie neu überdacht werden. 

Bei #Putin ist alles klar, da ist die Annektierung der Krim, die völkerrechtswidrige Besetzung der Ost-Ukraine durch als fremde Milizen getarnte, russische Einheiten und ganz aktuell der #Giftangriff auf britische Staatsbürger auf dem Staatsgebiet von Großbritannien. Auch hier hat Merkel eine klare Aussage getroffen. 

Bei #Erdogan ist die Haltung der Regierung um ein vielfaches problematischer. Nicht allein die Tatsache, dass etwa 3 Millionen Menschen türkischer Abstammung in Deutschland leben, stellt an sich schon einen schwierigen Sachverhalt dar, denn es gilt nicht nur diese hier zu integrieren und dabei trotzdem ihre kulturellen Wurzeln nicht zu leugnen, es muss auch ein rechtstaatliches Verhältnis dieser Menschen zu dem nationalistischen Umbau der Türkei durch Erdogan gefördert werden. Darüber hinaus gibt es ja noch das sehr problematische Abkommen zwischen der EU und der Türkei über die Flüchtlingsfrage, wobei sich Ankara verpflichtet hat, Millionen von Flüchtlingen aus Syrien, dem Irak oder auch aus Afghanistan in der Türkei zu versorgen, gegen Milliarden natürlich und sie nicht über die Ägäis von Schleppern zu den griechischen Inseln transportieren zu lassen. Nicht nur einmal hat Erdogan Merkel in der Vergangenheit gedroht, den Flüchtlingsstrom ungebremst wieder in die EU einströmen zu lassen. 

Zudem sind die eklatanten Menschenrechtsverletzungen, die besonders nach diesem dubiosen Putschversuch in der Türkei ein Ausmaß angenommen haben, die absolut diktatorisch sind und die der Charta der Menschenrechtskonvention der Vereinigten Nationen einfach nur spotten. Da ist die Verhaftung von selbst deutschen Journalisten wie #Deniz_Yücel nur eines von unzähligen Beispielen. Ihn und einige andere deutsche Journalisten und Menschenrechtler frei zu bekommen, war bei dem derzeitigen Verhältnis zwischen der Türkei und Deutschland alles andere als ein Kinderspiel. 

Und um es ganz klar zu sagen, was natürlich die Bundesregierung nicht offen zugeben kann, jedes Mittel war dazu recht, ob auf diplomatischem Weg, ob durch Reisewarnungen für die Türkei und wirtschaftlichen Sanktionen oder letztendlich vielleicht durch verdeckten Geldtransfer. Nicht akzeptabel sind weitere Rüstungsverkäufe an Erdogan, denn was er mit den Leopard-Panzern anstellt, ist aktuell in Nord-Syrien zu sehen, wo er die kurdische Stadt Afrin mit seinen Truppen und deutschen Panzern eingekesselt hat, um einmal wieder gegen Kurden vorzugehen. 

Alle Beispiele zeigen, wie komplex und überaus problematisch die Außenmission mit der Türkei momentan ist und sie wird mit dem Einmarsch in Syrien und der damit verbundenen Instabilität der Türkei insgesamt nicht einfacher. Merkel hat ganz dezidiert bei ihrer Regierungserklärung darauf hingewiesen und diesbezüglich Gespräche mit den Türken angemahnt. Aber die Latte der außenpolitischen Probleme hat noch ganz andere Schwerpunkte. Dabei steht ganz besonders das veränderte Verhältnis von Trump zu Europa und auch ganz speziell zu Deutschland im Vordergrund. Der Präsident hat ja mit seiner Losung "America first" ganz eindeutig gesagt, worauf es ihm unter allen Umständen ankommt. Trump möchte den wirtschaftlichen Niedergang seiner produzierenden Industrie mit protektionistischen Mitteln stoppen, indem er nicht nur Einfuhrzölle angedroht hat, sondern sie mittlerweile durch Dekrete diktiert, zunächst direkt gegenüber China, mit der EU will er noch verhandeln, was auf jeden Fall sehr teuer wird. Grund ist die vernachlässigte heimische Industrie, die nicht mehr in Amerika produziert, sondern verteilt über die ganze Welt Produkte lieber dort herstellen lässt, wo sie billiger und oftmals besser sind, etwa in China bei billigen Massenprodukten oder in Europa, Japan oder Südkorea bei Hochtechnologie, wie Maschinen und Autos aus Deutschland, Japan und Südkorea, aber auch kompliziertere Produkte wie Fernseher, Computer oder Smart-Phones. 

In USA selbst wird kaum noch auf diesem Sektor hergestellt, wobei auch der technische Fortschritt in diesen Bereichen auf der Strecke geblieben ist. Ganz aktuell ist das Beispiel bei Aluminium und Stahl, wo unmittelbar Zölle auf die Einfuhr nach USA aufgeschlagen werden sollen. Hintergrund ist natürlich der unterlegene Wettbewerb der amerikanischen Hersteller, denn deren Stahl und Aluminium ist so grottenschlecht, wenn es sie überhaupt noch gibt, dass das verarbeitende Gewerbe sich in Europa oder in Ostasien eindeckt. 

Die Folge war doch der Niedergang ganzer wirtschaftlicher Regionen, wie etwa im "rust belt", einst eine Herzkammer der amerikanischen Stahlindustrie jenseits der Appalachen, jenem bewaldeten Mittelgebirge im Osten Nordamerikas. Hier hat die große Arbeitslosigkeit die Menschen in die Arme von Trump getrieben und seine Versprechungen ihnen wieder Arbeit und Brot zu geben, haben ihn zum Präsident der USA aufsteigen lassen. Mit dem Blick auf eine zweite Amtszeit scheint nun Trump diese Versprechen einlösen zu wollen, ob dies allerdings durch Einfuhrzölle gelingt, ist mehr als zweifelhaft, denn das dann vielleicht wieder auf amerikanischem Boden produzierte Material wird allein durch die Verteuerung ausländischen Stahl und Aluminiums deshalb automatisch nicht besser. Es scheint zweifelhaft zu sein, ob die weiterverarbeitende Industrie nicht doch auf die besseren Rohprodukte weiterhin zurückgreift und dann lieber die Preise für die amerikanischen Verbraucher erhöht. 

Die Reaktion kam prompt, denn sowohl die Europäische Union als auch China, Japan und Südkorea haben für den Fall erhöhter Einfuhrzölle Gegenmaßnahmen durch ebenfalls erhöhte Importzölle angekündigt. Und schon wäre ein weltweiter Handelskrieg in Gang gesetzt, der letztendlich keinem dient, ganz im Gegenteil, die Geschichte hat gelehrt, dass aus einem Handelskrieg oder Handelsboykott sehr schnell ein Krieg mit Waffen entstehen kann. 

Und bei der sich wieder in Gang gesetzten Spirale an Aufrüstung in allen großen Staaten, auch an Atomwaffen, ist jede Verschärfung von handelspolitischer Auseinandersetzung ein tödliches Spiel mit dem Feuer. Putin hat dazu ein ganz aktuelles Beispiel geliefert. Nach den Wirtschaftssanktionen der westlichen Staaten und Japan durch die Krim-Annektierung hat er sofort mit dem Bau neuer nuklearer Waffensysteme begonnen, die er erst vor einigen Tagen vor seiner Wiederwahl als Präsident sehr medienwirksam dem russischen Volk, aber auch der restlichen Welt vorgestellt hat. Auf diese Weise versucht der russische Präsident die westlichen Wirtschaftsnationen zu beeindrucken und dabei ganz speziell Europa, das ja bekanntermaßen unmittelbar vor seiner Haustüre liegt. 

Wir dürfen gespannt sein, welches Ergebnis dass soeben vereinbarte Gipfeltreffen von Putin und Trump auch in Hinsicht auf die Wirtschaftssanktionen gegen Russland bringen wird? Denn eines ist doch ganz klar, beiden Wirtschaftsmächten, sowohl den USA als auch Russland ist ein neuer starker Konkurrent erwachsen, mit einem China, das in jeder Form in der Welt auf dem Vormarsch ist, ob in der Wirtschaft mit seinem Staatskapitalismus, in der Politik mit seiner Machtausdehnung in Südostasien und im Chinesen Meer durch den Ausbau von unbewohnten Inseln zu Militärbasen oder die Präsenz in Afrika, wo die Chinesen nicht nur sich Rohstoffe sichern und riesige Reisplantagen, sondern in vielen Ländern regelrecht eine Wirtschaftsoffensive gestartet haben , indem sie den einzelnen Staaten "kostenlos" Straßen, Flugplätze und ganze Häfen gebaut haben. Da können weder die USA, Russland oder auch Europa tatenlos zusehen. 

Und dies scheint auch bei der Kanzlerin angekommen zu sein, nicht umsonst beschwört sie ein gestärktes Europa, das mit seiner ganzen Wirtschaftskraft auf diese globalen Herausforderungen gemeinsam antwortet. Und um es klar zu sagen, eine Alternative gibt es nicht, Aktionen einzelner Länder, auch von Deutschland, sind geradezu untauglich, dazu hat sich das globale System in den letzten zwei Jahrzehnten zu stark verändert. 

Die Digitalisierung, auch ein ganz wichtiges Thema in Merkels Regierungserklärung, hat auch entscheidend zu diesen Veränderungen beigetragen, wobei der Rede der Bundeskanzlerin ganz klar zu entnehmen war, was diesbezüglich in unmittelbarer Zukunft zu erwarten ist, nämlich eine total vernetzte Welt mit jeder Form globaler Möglichkeiten. Wenn hier Deutschland nicht sofort alles unternimmt, um unsere Wettbewerbsfähigkeit mit an die Weltspitze zu bringen, wird dies gravierende Folgen auf unseren Arbeitsmarkt und unsere Beschäftigungszahlen haben. 

Wie Angela Merkel richtig bemerkt hat, werden sehr bald einige Millionen konventionelle Arbeitsplätze wegfallen, da Roboter und künstliche Intelligenz die Arbeiten übernehmen werden. Dies muss unserer Bevölkerung eindeutig klar werden, denn augenscheinlich mangelt es noch dem ganz überwiegenden Teil an dieser Erkenntnis, denn warum sollte ansonsten noch so wenig Gebrauch von den digitalen Möglichkeiten bisher gemacht worden sein, sowohl von Staatsseite her, als auch von Seiten jedes Einzelnen sowie auch vom Handwerk, wie die Zahlen es beweisen. 

Lediglich die Großindustrie und die weltweit operierenden Firmen haben hierzulande die sich aus der Digitalisierung ergebenden Möglichkeiten gewinnbringend erkannt. Da ist ja selbst das kleine aber innovative Litauen uns bereits weit voraus. Jedenfalls hat Angela Merkel alles dieses in ihrer ersten Regierungserklärung als wiedergewählte Bundeskanzlerin thematisiert und hat überraschenderweise durchaus Versäumnisse und Mängel in der Vergangenheit festgestellt. Dies könnte ein erster Schritt zur Erneuerung und zu einem längst überfälligen Aufbruch sein. Aber es müssen jetzt Taten folgen. Regierungserklärungen allein reichen da nicht, selbst wenn sie ein "mea culpa" beinhalten. 

Und wie sehr die Welt und unsere politischen Notwendigkeiten ebenfalls vernetzt sind, zeigt allein die Tatsache, dass, so wie im Leben überhaupt, alles mit allem zusammenhängt, Außenpolitik mit der Wirtschaft, Wirtschaft mit weltweiter Vernetzung und Digitalisierung, daraus resultierend allgemeiner Wohlstand mit der richtigen Sozialpolitik, die das geeignete Wohl aller Menschen in unserem Land im Auge hat. Dann macht es auch nichts aus, wenn Familie Quandt 1,1 Milliarden Euro von BMW für den Gewinn im letzten Jahr erhält. Über den erfreulichen Bonus aller BMW-Mitarbeiter von annähernd 10.000 Euro lässt sich allenfalls streiten, ob man mehr links oder wirtschaftsliberal orientiert ist, in jedem Fall steht fest, dass sowohl Aktieninhaber als auch Mitarbeiter ihre Gewinne versteuern müssen, auf welche Weise auch immer, und Finanzminister Olaf Scholz kann das ambitionierte Regierungsprogramm von Angela Merkel besonders tatkräftig finanziell unterstützen. 


 Peter J. König

Samstagskolumne Peter J. König 17.03.2018

Aufbruch oder "Weiter so!"?

Na endlich, am letzten Mittwoch war es schließlich soweit. Nachdem am Dienstag dieser Woche der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD unterzeichnet worden war, kam es ein Tag später zu der Vereidigung der alten und neuen Kanzlerin Angela Merkel und ihrem gesamten Kabinett im Bundestag, damit sie anschließend im Schloss Bellevue dem Amtssitz des Bundespräsidenten von Frank-Walter Steinmeier die Ernennungsurkunden in Empfang nehmen konnten. Merkel selbst hatte bereits zuvor von Steinmeier ihre Akkreditierung erhalten um anschließend gemeinsam mit ihren Kabinettsmitgliedern von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble vereidigt zu werden. So verlangt es die Verfassung, und dieser staatstragende Akt soll die angemessene Würde der neuen Regierung präsentieren. 

Die einzelnen Ministerposten hatten die nun regierenden Koalitionäre bereits einige Tage zuvor öffentlich gemacht, wobei die SPD sich noch geziert hat, wollten sie doch zunächst das Votum der Parteimitglieder abwarten, damit nicht schon wieder ein Schuss ins Leere abgegeben worden wäre, wenn die Befragten mit "Nein" zur Groko gestimmt hätten. Dies war ja bekanntermaßen nicht der Fall, und überraschenderweise haben doch 66% sich für eine erneute Große Koalition entschieden. Da fiel nicht nur der SPD-Spitze tonnenschwere Last vom Herzen, auch CDU und CSU haben mit gebibbert, dass nun endlich eine neue Regierung gebildet werden konnte. 

In der Bevölkerung und auch bei den politischen Journalisten und nicht zuletzt bei den Politikwissenschaftlern war deutlicher Unmut zu spüren, dass die gewählten Volksvertreter so lange gebraucht haben, um sich auf eine neue Regierung zu einigen. Fast 6 Monate hat es gedauert, dass unter holprigsten Bedingungen, erwähnt sei neben dem Versuch von Jamaika auch der desaströse Auftritt von Schulz und der gesamten Führungsriege der SPD, nun endlich am 14. März eine bestätigte Regierung ihre Arbeit aufnehmen konnte. Dieses langwierige Procedere war beileibe kein Ruhmesblatt für die gesamte Elite der deutschen Politik. 

Abgesehen davon, dass dringend notwendige Entscheidungen in der Europapolitik, der Wirtschaftspolitik, ja selbst für den weiteren Einsatz der Bundeswehr in Mali erst einmal auf die lange Bank geschoben werden mussten, dass Mandat wurde zunächst nur provisorisch für 3 Monate verlängert, bis dann eine neue Bundesregierung erneut einen Antrag im Parlament für den Mali-Einsatz einbringen würde, unabhängig davon ist die längste Phase einer versuchten Regierungsbildung ein eindeutiges Alarmsignal für ein Schwächeln der demokratischen Parteien im Bundestag. Hier hat sich ganz deutlich gezeigt, dass die Parteien in erster Linie ihr Wohl, ihre angestrebte Macht und ihren Überlebenskampf im Bundestag im Auge hatten. Sowohl CDU, CSU, SPD und FDP hatten primär ihre Interessen im Visier, allein die Grünen haben Stärke und Selbstbewusstsein gezeigt und sind für das neue Projekt Jamaika auch über ihren Schatten gesprungen. Dies ist eindeutig bemerkenswert und um es frei herauszusagen, diese Jamaika-Koalition hätte der Beginn einer neuen politischen Zeit werden können. 

Lindner von der FDP hat allerdings verweigert, zu groß war seine Angst im Zuge dieser Koalition so weit verschlissen zu werden, dass es nach vier Jahren noch nicht einmal mehr reicht, erneut in den Bundestag gewählt zu werden. Und vermutlich hatte er mit dieser Befürchtung recht, denn bei seinem blassen Personal-Tableau, außer ihm und Kubicki ist weder jemand inhaltlich als auch mit einer wieder erkennbaren Persönlichkeit aufgetreten, sodass schließlich die Wähler sie nicht einmal mehr erneut über die Fünf-Prozent-Hürde gebracht hätten. 

Lindner spielt jetzt den Fraktionsvorsitzenden ohne Verantwortung, aber immer präsent und besserwisserisch. Dies ist kommod und im Grunde kann er dabei nicht viel falsch machen. Dass jetzt aber die Rechtsradikalen der AfD die größte Oppositionspartei sind, im Bundestag immer die ersten Redner nach den Regierungsparteien stellen, auch wenn die Kanzlerin bei der Aussprache im Plenum gesprochen hat, ist nicht nur für unsere Demokratie ein Armutszeugnis, sondern ist auch mit der Konsequenz verbunden, dass diese Nationalisten ein noch größeres Podium erhalten haben. 

Schon jetzt ist in den öffentlichen Medien, bei Talk-Shows etwa eine klare Veränderung zu erkennen. Ob bei Maischberger, Illner, Plasberg oder Will eine ständige Präsenz von AfD-Führern ist neuerdings zu bemerken. Dass die weich gespülten Neo-Nazis damit hoffähig gemacht werden, ist unzweifelhaft. Mit ihrem gesteigerten Auftreten im Parlament, das schon jetzt eine eindeutig rechtslastige Debattenform aufweist, lässt sich gleichzeitig prima davon ablenken, was draußen im Land von der AfD veranstaltet wird, ein bewusster Kampf gegen die Demokratie, eine gezielte Verunsicherung der Bevölkerung mit der Absicht in Deutschland die Regierung zu übernehmen mit all den schrecklichen Folgen, die wir aus der Vergangenheit kennen

Mit Jamaika wäre eine solche parlamentarische Aufwertung nicht möglich gewesen, da ja die SPD die stärkste Oppositions-Faktion gebildet hätte, was Schulz zunächst auch vorhatte. Mit Lindners Regierungsverweigerung hat er unmittelbar der AfD in den Sattel geholfen, nun lautstark und von jedermann beachtet, ihr rechtes Gedankengut im Bundestag zu verbreiten

Dagegen spricht auch der Einwand eventueller Neuwahlen nicht, denn diese hätten garantiert die AfD noch weitaus stärker gemacht. Wie bereits erwähnt, ist auch für CDU und CSU die erneute Groko ein letzter Kraftakt der Machterhaltung. Angela Merkel hat es nur so geschafft, noch einmal Bundeskanzlerin zu werden. Bereits in ihren letzten Amtszeiten hat sie es bewusst verabsäumt, ebenbürtige Mitbewerber in der CDU als spätere Nachfolger aufzubauen, ganz im Gegenteil, sie hat starke Konkurrenten immer weggemobbt, ob Roland Koch oder auch Friedrich Merz. 

Für die CDU gab es praktisch bei der letzten Bundestagswahl keine personelle Alternative zu Angela Merkel und dass sie dieses Mal Federn lassen würde, daran bestand überhaupt keinen Zweifel nach dem Chaos der Flüchtlingskrise. Die Frage war nur, wie hoch der Stimmenverlust werden würde und würde es erneut zur stärksten Kraft im Lande reichen? 

Schulz und die SPD hatte sich dies ganz anders vorgestellt, zumal die Umfragen nahezu wöchentlich für die Sozies anzogen. Dass am Ende sowohl CDU, CSU und SPD massiv gerupft worden sind und die AfD als drittstärkste Partei in den Bundestag eingezogen ist, dies hatte keiner der Altetablierten auf der Rechnung. 

Auch die CSU in Bayern hat ein desaströses Ergebnis bei den Bundestagswahlen eingefahren, in einigen Landkreisen, früher immer sicherer Rückhalt mit absoluter Mehrheit, hat die AfD bis zu 29% Stimmenanteil erhalten. Nicht umsonst ist es zum Führungswechsel an der Spitze des Landes gekommen, wo seit Freitag nicht mehr Horst Seehofer Ministerpräsident ist, sondern seinem innerparteilichen Rivalen Markus Söder das prestigeträchtige Amt überlassen musste, damit die CSU bei den Landtagswahlen mit Söder als Spitzenkandidat im Herbst wieder die Chance einer absoluten Mehrheit hat. Seehofer ist derweil als Innen- und Heimat-Minister ins neue Kabinett Merkel eingetreten, wo er als Law- and- Order-Mann mit markigen Sprüchen und strikten Erlassen in Bezug auf Flüchtlinge, Muslime und straffällig gewordene Migranten der AfD die Stimmen wieder abjagen will, sowohl im Bund, aber ganz besonders in Bayern hinsichtlich der Landtagswahlen.

Und so wie Seehofer seinen erwünschten Part in der neuen Regierung bekommen hat, so hat auch die SPD mit ihrem noch kommissarischen Vorsitzenden Olaf Scholz, einen Wiederbelebungsakt erhalten, mit alten und neuen Gesichtern in Ministerverantwortung. Scholz wurde Finanzminister und Vize-Kanzler, und mit Franziska Giffey, der Talkshow-erprobten Bezirksbürgermeistern von Berlin- Neukölln ist ein neues, engagiertes Gesicht ins Familien-Ministerium eingezogen, das auch wieder mehr Wähler für die SPD anziehen soll. 

Zur passenden Gelegenheit hat Andrea Nahles, die Fraktionsvorsitzende und designierte Parteivorsitzende sich des beliebtesten Politikers der SPD in der Bevölkerung, Siegmar Gabriel, entledigt, sein Posten als Außenminister hat der ehemalige Justizminister Heiko Maas bekommen. Damit hat Andrea Nahles auch einen ernst zu nehmenden Mitkonkurrenten als Kanzlerkandidat entsorgt, denn es steht außer Zweifel, dass sie in 3 1/2 Jahren bei der nächsten Bundestagswahl diese Führungsrolle übernehmen wird. 

Dies ist zwischen Scholz und Nahles quasi ausgemachte Sache, zumal Nahles sich nach dem endgültigen Abgang dann von Merkel beste Chancen ausrechnet, die erste weibliche Bundeskanzlerin für die SPD zu werden. Was gibt es sonst noch Bemerkenswertes über die neue Ministerriege im Kabinett zu sagen? Es sind mehr Frauen in Amt und Würden gekommen, zumindest bei CDU und SPD, in Bayern allerdings braucht dies noch die eine oder andere Legislatur. Den drei Ministern der CSU, Seehofer (Innen), Scheuer (Verkehr) und Schmidt (Entwicklung) steht allein Dorothee Bär als Kanzleramtsministerin für Digitales im Rang einer Staatssekretärin gegenüber. 

Führungs-Politik ist in Bayern halt noch Männersache. Merkel hat ihrerseits mit Julia Klöckner (Landwirtschaft) und Jens Spahn (Gesundheit) jüngere Kräfte der CDU berücksichtigt, wobei sie der vasallentreuen Klöckner ihre unbedingte Loyalität gedankt hat, während der aufmüpfige Spahn in die Kabinettsdisziplin eingebunden wurde. Da keiner die marode Bundeswehr übernehmen wollte, hat Merkel Ursula von der Leyen, ihre Allzweckwaffe, erneut in die Pflicht genommen, hier die Missstände weiterhin zu verwalten. 

Mit Svenja Schulze (Naturschutz, Umwelt und nukleare Sicherheit) SPD und Anja Karliczek (Bildung und Forschung) CDU sind zwei nahezu unbekannte Ministerinnen ins Kabinett geholt worden, ist dies doch offensichtlich dem Länderproporz geschuldet. Um die Ministerriege zu vervollständigen, gilt es noch einige bekannte Gesichter zu nennen mit Peter Altmeier (Wirtschaft) CDU, Katarina Barley (Justiz) SPD, Hubertus Heil(Arbeit und Soziales) SPD, und schließlich Helge Braun(Kanzleramtsminister) CDU und engster Mitarbeiter von Angela Merkel im Kanzleramt und ihr Koordinator. Wenn man sich die Personen anschaut, ist von dem versprochenen Neuanfang und Aufbruch nicht viel Bemerkenswertes zu sehen, stammen doch alle Minister - bis auf Familienministerin Giffey- aus dem langjährigen Dunstkreis von Angela Merkel und der bereits in früheren Großen Koalitionen agierenden Minister und Ministerinnen. 

Auch der Koalitionsvertrag, der hauptsächliche Leitfaden und das Bindeglied in der Koalition zeigt wenig Spektakuläres, was auf eine Neuausrichtung der Bundesrepublik Deutschland hinweist. Es ist eher eine Aneinanderreihung der Versäumnisse der letzten Legislatur-Perioden, die besonders bei den Wahlveranstaltungen vor der letzten Bundestagswahl sichtbar wurden. Damit sind jetzt eher Reparaturarbeiten vereinbart worden, nicht aber zukunftsweisende große Würfe, die unser Land für die Zukunft fit machen. Und doch hat die neue Regierung zunächst einmal Vertrauen verdient, damit sie zeigen kann, wie ernst sie es mit der Erneuerung und dem sozialen Aufbruch nimmt. 

Wie üblich in der Politik sollte sie eine Schonfrist in den ersten hundert Tagen haben, dann aber muss genau hingesehen werden, ob es nur ein "Weiter so!" gibt, oder ob es Merkel in ihrer dritten Groko tatsächlich gelingt doch noch notwendige neue Wege zu gehen. 

 Peter J. König  

Samstagskolumne Peter J. König 03.03.2018

Am Sonntag ist High Noon: TOP oder FLOP

Es ist so weit. Bis einschließlich Freitag, den 2.März hatten die etwa 460.000 Mitglieder der SPD die Gelegenheit, ihr Votum für oder gegen die Große Koalition abzugeben. Das Ergebnis wird mit großer Spannung erwartet, entscheidet es doch darüber, ob eine erneute Koalition zwischen CDU, CSU und SPD zustande kommt. Dies ist unabhängig von der Frage, ob es eigentlich politisch legitim ist, dass eine verschwindende Minderheit von ein paar hunderttausend registrierten Sozialdemokraten letztendlich entscheidet, ob es zu dieser Koalition mit einer neuen Regierung kommt, oder ob am Ende doch Neuwahlen angesetzt werden müssen, weil sich die Parteien nicht imstande sehen, eine tragfähige Regierung zu bilden, welche Farben auch immer diese gehabt hätten, ob Jamaika, Ampel oder die Groko. 

Der Wähler kann erwarten, dass die im Bundestag vertretenen Parteien sich auf eine Regierung einigen können, und nicht weglaufen, wenn bereits bei Sondierungsverhandlungen man sich nicht richtig berücksichtigt fühlt, wie etwa die FDP mit 10,7% Stimmenanteil, die sich wie die stärkste Fraktion gebärdet hat, mit dem Anspruch, maßgeblich das Meiste bestimmen zu wollen

"Schwamm drüber", die SPD hat unmittelbar nach der Wahl und auch danach eine nicht minder unrühmliche Rolle gespielt. "Messias Schulz" hat sofort kategorisch einen Eintritt in eine Koalition abgelehnt, was sich hernach als schwerer strategischer Fehler herausstellte und schlussendlich zu den vertrackten Folgen für die SPD geführt hat, die da sind: "Messias" weg, Wahl-Prognose im schwindelnden Fall, jetzt bereits im Zuge mehreren Umfragen bei 16%, gleichauf mit der rechtsradikalen AfD, dabei ist eine Ende noch nicht in Sicht

Und nun das Ergebnis der Mitgliederbefragung, das noch keineswegs feststeht, bis die letzte Stimme ausgezählt ist, wie diesbezügliche Umfragen es weismachen wollen. Danach soll das Ergebnis äußerst knapp für die Groko mit einem "Ja" ausfallen. Aber dieses bedeutet gar nichts, denn mal stimmen Umfragen einigermaßen, mal liegen sie deutlich daneben. Ob die SPD mit ihrem demokratischen Basisversuch ausgerechnet in ihrer Situation der totalen Verirrung den vernünftigsten Schritt getan hat, wird sich nach der Bekanntgabe der Mitgliederbefragung am Sonntag zeigen. Bei einem "Nein" beginnt die große Demontage dieser altehrwürdigen Partei erst recht. Dies ist, ohne Prophet zu sein, klar erkennbar. Sinnvoller wäre es gewesen, es bei dem Votum des Parteitages in Bonn zu belassen, als die Delegierten sich zur Sondierung mit CDU und CSU mehrheitlich entschieden haben. Wozu noch "alle" Parteimitglieder fragen, sind die Delegierten nicht die demokratisch gewählten Vertreter des gesamten Parteivolkes? 

Klar ist doch, wenn das Votum der Mitglieder so entscheidend von dem Willen der gewählten Vertreter abweicht, dann stimmt irgendetwas ganz Wesentliches nicht mit der Struktur der SPD, zu viel Klüngel und zu wenig Durchlässigkeit im Machtgefüge vielleicht? Auch dies war ein schwerer strategischer Fehler von Schulz und seiner Führungsriege, sie hätten zuerst besser eine Koalition gebildet, wenn auch schweren Herzens, um danach in Regierungsverantwortung mit der Erneuerung der Partei zu beginnen. Zumal die SPD doch eigentlich sehr erfolgreich Koalitionsverhandlungen mit den Unionisten geführt hat und damit über eine Basis verfügte, nicht nur wichtige und sehr notwendige Punkte ihres Programms durchzusetzen, sondern auch wieder markant in der Bevölkerung wahrgenommen zu werden. 

Wie kann man einen solchen Erfolg für die Partei und die Menschen im Land so leichtfertig aufs Spiel setzen, zumal die Jusos es verstanden haben, Fundamental-Opposition innerhalb der Basis der Partei sehr erfolgreich, aber im Ergebnis völlig unklug, zu verkaufen. Es wäre ratsam gewesen die SPD-Führung hätte die Partei zunächst aus der Gefahrenzone eines weiteren Absturzes geführt. Und mit einer vernünftigen Erneuerungspolitik für das Land als mitverantwortliche Regierung wäre auch eine innerparteiliche Erneuerung viel besser vonstatten gegangen. Nun hängt alles am seidenen Faden und wer glaubt tatsächlich, dass nach einer Neuwahl mit vielleicht 12 oder 13%, garantiert hinter der AfD, hinter den Linken und hinter den Grünen, die SPD problemlos und alsbald sich erneuern könnte, um zu alter Stärke zurück zu finden. Mit Verlaub, eine Utopie und Wunschdenken, aber wirklich kein realistischer Ansatz zu einem erfolgreichen Comeback. 

Es verbietet sich hier und heute über eine Regierung zu spekulieren, wenn die Groko nicht kommt. Aber eines ist sicher, wir reden dann über ganz andere Konstellationen und die können wahrlich Angst machen, wird doch an der AfD keiner mehr vorbeikommen. Was passiert, wenn diese dann nicht mit von der Partie sein wird, was eher unwahrscheinlich ist, denn die Union wird ihren Widerstand gegen diese, im Willen doch wieder die Regierung zu führen, aufgeben und sich zu einer Koalition mit den Rechtsradikalen bereit erklären? Falls jedoch ohne AfD, wird es in der Folge zu einer absolut schwachen politischen Führung durch mehrere Parteien kommen, die durch ständige Querelen handlungsunfähig und gefährdet sein wird. Spätestens dann ist die AfD ganz obenauf, denn bei erneuten Wahlen werden dann die Wähler in Massen ihnen zulaufen, haben doch die Altparteien gezeigt, dass sie stabile Verhältnisse nicht mehr schaffen können, ganz so wie 1933. Ähnliche Konstellationen gibt es z.B. in Italien, wo der rechtsgerichtete Berlusconi sich am Sonntag anschickt, wieder die Macht zu gewinnen. Aber noch sind wir nicht soweit, noch ist Hoffnung. 

Die Frage, ob etwa 460.000 Mitglieder der SPD uns zu diesem Schicksal verdonnern können, bleibt trotz "Ja" oder "Nein" doch im Raum stehen? 

Nach so viel berechtigter Spekulation ist es wichtig sich mit den aktuellen Fragen unseres Landes und unserer Gesellschaft zu befassen, die eine Große Koalition, sollte sie denn doch zustande kommen, unbedingt anpacken muss. Im Ansatz zeigt ja schon das ausgehandelte Koalitionspapier, welche Veränderungen dringend in unserem Land durchgeführt werden müssen. Dabei fällt auf, dass eine Reihe von Aktivitäten längst hätten stattfinden können, zumal die Kanzlerin Angela Merkel schon bereits 3 Amtszeiten regiert und damit es ihre Pflicht gewesen wäre, sich über die Zustände in unserem Land umfassend zu informieren, Mängel politisch anzugehen und zukunftsorientiert zu handeln. Und diese Mängel gelten für viele Bereiche unseres Staates und der Gesellschaft. 

Außenpolitisch hat sie ja durchaus große Erfolge erzielt und hat der Bundesrepublik Deutschland wieder mehr Gewicht in Europa und der Welt gegeben. Aber gerade die letzte Bundestagswahl im September hat gezeigt, dass es gravierende Versäumnisse in unserem Staatswesen gibt, sei es in der Bildung(katastrophal), sei es im Gesundheitswesen bei den Ärzten, Krankenhäusern und der Pflege, überall wo der Staat sich zurückgezogen hat oder seiner Aufsichtspflicht nicht gewissenhaft nachgekommen ist. So ist neoliberaler Wildwuchs entstanden, immer verbunden mit Kostenexplosionen oder absurden Tatsachen, wenn Kassenpatienten Monate auf einen Facharzt-Termin warten müssen, über die weit überhöhten Kassenbeiträge der Krankenkassen, ob privat oder gesetzlich ganz zu schweigen. 

Hier existiert die Schieflage bereits seit Jahrzehnten und die Regierungen unter Merkel sind in ihrem angeblichen Kampf dagegen keinen Zentimeter weitergekommen. Und was ist mit der fortschreitenden Armut ganzer Bevölkerungsteile, sei es während des Berufslebens etwa von alleinerziehenden Müttern oder von Rentnern, die ein Leben lang gearbeitet haben und im Alter kaum von ihrer knappen Rente leben können? 

Weiter geht es mit der Digitalisierung, die hierzulande nahezu von der federführenden Politik verschlafen wurde, wie es sich jetzt immer konkreter herausstellt. Da ist es doch ein Witz, wenn im neuen Koalitions-Papier und von den seit Jahren an der Macht befindlichen Politikern erklärt wird, man sei auf einem guten Weg, man wolle in Deutschland eine Digitalisierungs-Offensive starten! 

Womit haben sich die zuständigen Fachministerien eigentlich die letzten 10 Jahre beschäftigt, wenn sie jetzt erst aufwachen und feststellen, dass es tatsächlich so etwas wie eine weltweite Digitalisierung gibt, ohne die zukünftig kein Blumentopf mehr zu gewinnen ist? Da fällt es ja schon schwer zu glauben, dass ab jetzt der Turbo einsetzt, vermutlich aber mit Angela Merkel als Kanzlerin nicht mehr. Zweifellos hat sie große Verdienste für Deutschland erworben, sie hat vernünftig verwaltet und hatte das Glück, dass die Wirtschaft prächtig lief, sodass die nötige Herausforderung von Innovation primär sich nicht offen gezeigt hat. Diese Zeiten sind aber vorüber und der Mangel an Erneuerung wird immer deutlicher.

Globalisierung und Digitalisierung sind viel weiter fortgeschritten, wie dies in unserem Land deutlich wird. Die deutsche Industrie hat sich sukzessive ins Ausland verlagert, nach China oder in die USA wie z.B. die Autoindustrie, die ja auch die Elektromobilität verschlafen hat, um nicht wie über ein Jahrhundert lang stets Vorreiter zu sein und so hochqualifizierte Arbeitsplätze zu sichern. Über die Entwicklung künstlicher Intelligenz und ihre Umsetzung in die tägliche Praxis wissen hierzulande allenfalls die wenigen Experten etwas zu sagen und doch ist es die unmittelbare Zukunft. In all diesen Bereichen hat die Politik der Regierung nichts Adäquates vorzuweisen, hier wurden keine Weichen gestellt und schon gar nichts in die Wege geleitet. Wenn das sich nicht demnächst rächen wird? 

Jetzt ist Handeln gefragt und zwar umgehend und tiefgreifend. Und dies ist nicht mehr die Zeit von Angela Merkel. Auf alten Lorbeeren ausruhen und verknöcherten Verfahrensmethoden vertrauen, hilft jetzt nicht mehr, zumal die geschäftsführende Noch-Kanzlerin auch durch ihre 3 Amtsperioden verständlicherweise ausgepowert ist. 

"Frisches Blut" und neue Ideengeber müssen her und nur so kann eine erneute Groko Erfolg haben. Aber Angela Merkel, "die Rationale" wäre nicht Angela Merkel, wenn sie dies nicht lange erkannt hätte. Hier ist sie weitaus weniger ichbezogen und machtbesessen, als ihr einstiger Ziehvater Helmut Kohl, der partout nicht von der Macht lassen konnte, obwohl abzusehen war, dass alles in einem Scherbenhaufen enden würde. 

Mal wieder hat Merkel bewiesen, dass sie durchaus noch Realitätssinn besitzt und die Zeichen der Zeit erkannt hat. Und das macht sie zu einer großen Politikerin und zeigt intelligente Stärke. Mit ihrer neuen Generalsekretärin Annegret Kramp Karrenbauer, der ehemaligen Ministerpräsidentin des Saarlandes hat sie ein politisches Gewicht auf den Schild gehoben, die durchaus ähnliche politische Qualitäten besitzt wie sie selbst, die gezeigt hat, dass sie bei der Bevölkerung gut ankommt, anpacken kann und keine Angst vor männlichen Macho-Kollegen in der eigenen Führungsspitze und beim politischen Gegner hat. Zudem zeigt die Besetzungsliste der CDU-Ministerien der zukünftigen Regierung, falls sie denn zustande kommt, dass jetzt ein Generationswechsel seitens Merkel eingeleitet wurde, an dessen Ende im Laufe der Legislatur der Wechsel an der Regierungsspitze stehen wird. 

Wer allerdings die jetzige Kanzlerin beerbt, ist noch nicht endgültig ausgemacht. Dazu fehlen aktuell Merkel noch wichtige Erkenntnisse über das geschärfte politische Profil und das verantwortliche Handeln der in Frage kommenden Personen. Hier ist die Union und speziell die CDU einen ganzen Schritt weiter wie die CSU oder gar die SPD, die ja noch keine eventuelle Ministerin oder einen möglichen Minister benannt hat, zu groß ist die Angst, das könnte im Einzelfall noch mehr Mitglieder zu einem "Nein" bewegen. 

Interessant ist noch die Bemerkung von einigen führenden Mitgliedern der SPD-Spitze, die doch allen Ernstes behauptet haben, es gäbe keinen Plan B, wenn die Befragung negativ ausfällt. Dies scheint blauäugig, ist jedoch durchaus verständlich, denn alle diejenigen, die sich angeblich um eine Alternative nach dem Scheitern keine Gedanken gemacht haben, brauchen dies auch nicht mehr zu tun. Ihre Plätze haben dann andere Genossen eingenommen, die hoffentlich bessere Strategien und mehr Fortune zum Überleben der Sozies und für die Erneuerung unseres Landes haben. Eins ist jedoch noch immer klar, eine wieder erstarkte SPD wird auch zukünftig mehr denn je gebraucht, so oder so. 

 Peter J. König

Samstagskolumne Peter J. König 17.02.2018

Keine Zeit mehr für Experimente, alle Kraft gegen rechts! 

Die politische Situation in Deutschland hat einen Zustand erreicht, der mehr als nur nachdenklich macht, man kommt nicht umhin, deutliche Befürchtungen öffentlich zu äußern. Seit nunmehr fast 5 Monaten versuchen die Politiker in Berlin eine stabile Regierung hin zu bekommen, bisher erfolglos und ob der letzte Versuch mit einer erneuten Großen Koalition gelingen wird, ist mehr als fraglich. 

Derweil nimmt die Zustimmung zur rechtsradikalen AfD in erschreckendem Maß zu, zumal diese sich allmählich zu einer Wiederauflage der NSDAP entwickelt. Dies wird ganz klar, wenn man sich die einzelnen Auftritte von führenden Partei-Größen bei den Kundgebungen zum Aschermittwoch anschaut. Besonders deutlich wird hier die Ähnlichkeit mit Reden des damaligen Gauleiters Goebbels zum Anfang der 1930iger Jahre, als er mit Hetzreden gegen die Demokratie der Weimarer Republik und gegen Juden unverhohlene Volksverhetzung betrieb, mit dem Ziel die Nationalsozialisten an die Macht zu bringen, um schlussendlich eine Diktatur zu installieren. 

Dass wir wieder dort angelangt sind, wie einst unmittelbar vor der Machtergreifung der Nazis, ist nicht nur ein schrilles Alarmsignal für jeden Demokraten, es zeigt auch, dass schwelender Nationalismus letztendlich nie aufgehört hat. Die wissenschaftliche Forschung hat immer wieder davor gewarnt, dass der Rechtsradikalismus in unserem Land etwa einen Prozentsatz von 20 bis 25% ausmacht, wobei dieser aber nicht öffentlich zutage getreten ist. 

Parteien wie die NPD oder die Republikaner, die das gleiche rechtsradikale Programm wie heute die AfD hatten, blieben allerdings in der alten Bundesrepublik immer nur Randerscheinungen, die es vielleicht einmal in ein Landesparlament geschafft haben, aber niemals in den Bundestag. Obwohl zu Anfang der Bundesrepublik Deutschland das Land noch immer mit brauner Ideologie verseucht war, speziell von Juristen, Beamten und Politikern, haben diese Alt-Nazis es verstanden, ihre Gesinnung hinter demokratischen Masken zu verbergen, um ihre Karrieren weiterzuführen, um auch in der Bundesrepublik zur Elite zu gehören. Sich öffentlich zu den neugegründeten rechtsradikalen Parteien zu bekennen, schien nicht opportun zu sein. Den öffentlichen Auftritt haben sie den "Proleten" überlassen, die von einstiger Stärke der SA-Schlägertrupps fasziniert waren. Rechtsradikalität war Privatsache, sie passte nicht in die öffentliche Landschaft des demokratisierten Deutschlands. Und doch werden die Älteren sich daran erinnern, welche rechtsradikalen Sprüche im Land die Runde gemacht haben. 

Mit dem Auftritt der AfD hat sich alles abrupt geändert, plötzlich ist es wieder en vogue rechts zu sein, nicht rechts-liberal, nicht rechts-konservativ, nein, rechtsradikal. Und dies muss Angst machen, man muss die Alarmzeichen erkennen und diese läuten bereits mehr als schrill. Jetzt trauen sie sich wieder in die Öffentlichkeit, die rechtsradikalen Mitläufer und die Gesinnungsgenossen, die schreiend und johlend die Säle der AfD-Kundgebungen füllen. Dies aber allein ist nicht der entscheidende Punkt und die Gefahr geht nicht nur von der "Neuen Bewegung" aus, wie sie jetzt von AfD-Führern wie Poggenburg und Höcke ausgerufen wird. 

Viel schlimmer ist die Tatsache, dass die überwiegende Mehrheit der Mitglieder der AfD-Fraktion im Bundestag aus Akademikern besteht, Juristen wie Rechtsanwälte, Staatsanwälte, Richter, aber auch Dipl.-Ingenieure und Dipl.-Betriebswirte. Der Rechtsradikalismus ist damit in den Eliten unserer Gesellschaft wieder angekommen und zeigt deutliche Spuren in unserem Staatswesen, denn diese Juristen sind ja nicht auf einen Schlag rechtsradikal geworden, sie sind es bereits früher schon gewesen, bevor sich die AfD gebildet hat. 

Die AfD war ja zunächst eine Wirtschafts-Partei, gegen den Euro und gegen die europäische Vergemeinschaftung von Kapital und Schulden, bevor sie sich nach einer Häutung auf den Weg gemacht hat, eine rechtsradikale, nationalistische Gesinnungspartei zu werden. Im Zuge dieser Entwicklung wird auch das rechtspopulistische Führungspersonal wie Gauland, Weidel oder Meuthen in naher Zukunft von Nazis wie Poggenburg, Höcke und Gleichgesinnten ersetzt werden, dies scheint den Herrschaften nur noch nicht klar zu sein. 

Die Geister, die sie riefen, werden sie bald verschlingen. Dabei spielt der Rechtsradikalismus in den östlichen Bundesländern eine ganz entscheidende Rolle. Hier sind die Brutstätten und die Empfänglichkeit für den rechtsradikalen Nationalismus am größten. Zwar kann auch Niederbayern erschreckende Zahlen bei der Bundestagswahl vom 24. September 2017 vorweisen, auch bis zu 27 bis 28% in einzelnen Landkreisen, wobei in ganz Bayern etwa 12% für die Rechtsradikalen sich entschieden haben. In Sachsen-Anhalt sieht dies mit 24,3% bei der letzten Landtagswahl schon ganz anders aus. Und das ist beileibe noch nicht das Ende. 

Die jüngsten Umfragen sehen die AfD bei 15%, wenn am Sonntag Bundestagswahlen wären, nur noch 1% hinter der SPD. Wenn das kein Alarmzeichen ist! Auch radikalisiert sich die AfD zusehends, wie bei den Reden am Aschermittwoch zu hören und zu sehen war. Der Pöbel hat Aufwind, geschürt von seinen Einpeitschern, denen jede radikale Parole recht ist, ob gegen die Demokratie, Völkerverständigung durch ein vereintes Europa, kriegsbedingte Flüchtlinge, rassisch oder politische Verfolgte, ja sogar den seit mehreren Generationen hier lebenden und gut integrierten türkischen Mitbürgern wollen sie einen Tritt in den Hintern geben, um "Deutschland wieder den Deutschen zurückzugeben“. 

Welch ein Schwachsinn, welche Verkennung von Tatsachen und welche Hybris! So als könnte die Bundesrepublik allein auf Dauer in der Welt bestehen, sowohl wirtschaftlich als auch außenpolitisch. Haben diese rechtsradikalen Spinner nicht begriffen, dass wir nur gemeinsam in Europa noch eine ordentliche Rolle in der globalisierten Welt spielen können? 

Anstatt sich an ihrer rechtsradikalen, nationalistischen Großmannssucht zu berauschen, sollten sie einmal etwas aus der Geschichte lernen, aber da scheint das Erinnerungsvermögen und die Bereitschaft die Fehler der Vergangenheit zu vermeiden, doch nicht besonders ausgeprägt zu sein. "Deutschland, Deutschland über alles", welches Gift hat da doch das Hirn immer noch vernebelt. Kommen wir zur aktuellen politischen Situation zurück. Die Lage ist, wie eingangs erwähnt, alarmierend. Was passiert eigentlich, wenn die SPD-Mitglieder die Große Koalition ablehnen? 

Über kurz oder lang werden Neuwahlen unvermeidlich sein. Viele Sozialdemokraten, und besonders die jungen, scheinen sich dem Ernst der Lage nicht bewusst zu sein, wenn sie jetzt vor der Mitgliederbefragung durchs Land ziehen, um den Ihren weiszumachen, vor Neuwahlen braucht man keine Angst zu haben, die SPD als ehrwürdige Partei sei stark genug um bei der Aussicht auf Opposition wieder größere Zustimmung zu bekommen. Dies ist eine Verkennung der aktuellen Situation. 

Bei dem Chaos, das die SPD mit Martin Schulz heraufbeschworen hat, werden die Sozialdemokraten noch weiter beträchtlich Federn lassen, und bei 11 bis 12% kann man dann wirklich nicht mehr von einer mitentscheidenden Volkspartei sprechen. Aber auch die CDU wird noch weitere Verluste einfahren. Es gibt nur einen Gewinner zurzeit, und das ist die AfD. Dieses Menetekel leuchtet ganz deutlich am Horizont auf, und es ist nur zu verhindern wenn jetzt die Große Koalition kommt, und zwar schnell. Jede Verzögerung ist Wasser auf die Mühlen der Rechtsradikalen, denn diese verkaufen den Mangel eine neue Regierung zu bilden, als das Scheitern der etablierten Alt-Parteien. Und diesem Scheitern wollen sie die "Neue Bewegung" entgegensetzen. Alles wie gehabt. 

Deshalb kann es keine Experimente mehr geben. Die Nazis stehen in den Startlöchern, sie warten nur auf die nächste Gelegenheit. Das Wahlergebnis vom letzten September ist Warnung und letzte Gelegenheit zugleich, Warnung vor dem rasanten Anwachsen der Wähler der AfD und Chance dieses doch noch zu verhindern durch eine richtige, gerechte Politik, die die Parolen der Nazis bei der Bevölkerung ins Leere laufen lassen. 

Es wird höchste Zeit, dass dem Rechtsradikalismus und dem Nationalismus hierzulande eine grundsätzlich andere Politik entgegen gesetzt wird. Das Schicksal bewahre uns vor einer weiteren Zunahme der AfD. 

Schon jetzt ist die Großspurigkeit und Unverschämtheit dieser "selbsternannten Retter Deutschlands" unverträglich, schon allein wegen der Dummheit und der Hetze ihrer Reden, von den Zielen ganz zu schweigen. Alarmierend ist auch der angestrebte Schulterschluss von AfD und Pegida, zeigt er doch deutlich wohin die Reise gehen soll, nämlich zu einem Sammelbecken der Enttäuschten, Unzufriedenen und Verunsicherten. Dieses Potential soll dann die Basis der "Neuen Bewegung" sein, sie soll der legitime Durchmarsch durch die demokratischen Institutionen bringen, der dann mit einer weiteren Diktatur auf deutschem Boden enden soll. 

Viel Neues haben sich die Nazis dabei heute nicht einfallen lassen müssen, es genügten ihnen die Blaupausen ihrer großen Vorbilder aus der schlimmen Vergangenheit. Deshalb noch einmal: Setzen wir dieser Entwicklung mit aller Energie unsere ganze demokratische Kraft entgegen.

Wir kennen die Probleme unseres Landes, wir wissen wo der Nährboden für das Abgleiten großer Bevölkerungsteile in die Rechtsradikalität und den Nationalismus zu suchen ist. Jetzt wird es höchste Zeit sich gemeinsam dagegen zu stemmen. Und mit der Großen Koalition müssen wir damit anfangen und uns dabei im Klaren sein, diesen Nazis keinen Zentimeter unseres Landes mehr weiterhin zu überlassen. Und wir müssen versuchen, die Verirrten zurück zu gewinnen. AfD-Auftritte wie am Aschermittwoch sollten Warnung genug sein, sie dürfen sich nicht wiederholen.  

Peter J. König