Samstagskolumne Peter J. König 29.06.2019


Rechtsradikalismus, Neo-Nazitum, Fremdenfeindlichkeit und Nationalismus sind in Deutschland auf dem Vormarsch.

Ist dies wirklich so oder kommt jetzt an die Oberfläche was es bisher auch latent gab und nur hinter verhaltener Hand thematisiert wurde? Warum wird der #Rechtsradikalismus aktuell so umfassend zum Thema gemacht, in der Politik, in den Medien, in den Parteien, in öffentlichen Diskussionen und selbstverständlich auch in Wissenschaft von namhaften Politologen und Historikern? 


Noch vor wenigen Jahren war Rechtsterrorismus, Rechtsradikalität, Nationalismus und Alt- und Neo-Nazitum kein Thema, allenfalls wurde es als Randerscheinung gesehen, wenn NPD- oder Republikaner-Versammlungen lediglich eine Randnotiz in regionalen Zeitungen waren. Allein einige wenige namhafte Politologen haben sich mit diesen Phänomen in unserem Land wissenschaftlich befasst, aber ihre Veröffentlichungen wurden von der Politik rundweg abgelehnt, heruntergespielt oder gar als rechtslastiges Gespenst verunglimpft.

Dabei wurde in den wissenschaftlichen Untersuchungen doch immer darauf hingewiesen, dass unter der demokratischen Oberfläche eine latente #Rechtsradikalität vorhanden ist, die mit bis zu 25% der Bevölkerung beziffert wurde und dies noch zu Zeiten der alten Bundesrepublik. Interessiert hat dies dann aber so wirklich kaum jemand. Wie gesagt, die Politik hat dies als wissenschaftlich verbrämtes Hirngespinst abgetan, den Medien waren diese fundierten Erkenntnisse kaum eine Zeile wert. Nur gelegentlich gab es terroristische Anschläge, die aber eher linksradikalen Kräften zugeordnet waren oder deren Erscheinen als krimineller Akt eingestuft wurde. 

Typisch für diese Einschätzungen, sowohl von der Kriminalpolizei als auch vom Verfassungsschutz, ist das Attentat auf das Oktoberfest am 26. September 1980 in München, wo am Haupteingang zur "Wiesn" eine Bombe gezündet wurde, die 12 Menschen das Leben kostete und 213 Personen verletzt hat, davon 68 Menschen besonders schwer. Als Täter wurde ein Mann namens #Gundolf_Köhler ermittelt, der angeblich als Einzeltäter diese selbstgebastelte Bombe dort zur Explosion gebracht hat. Noch immer gilt dieser Anschlag als der schwerste Terrorakt der Nachkriegsgeschichte. Gundolf Köhler kam selbst bei diesem Mordanschlag um und die Tatsache, dass er zeitweise Mitglied der im Januar 1980 verbotenen, neonarzistischen Wehrsportgruppe Hoffmann gewesen war, soll nach Aussage der Ermittler von Bundeskriminalamt, bayrischem Landeskriminalamt und Verfassungsschutz keine Rolle gespielt haben. 

Doch schon damals kamen Zweifel auf, ob Köhler ein Einzeltäter war und aufgrund damaliger Zeugenaussagen schien eine mögliche Mittäterschaft rechtsextremer Gruppen durchaus möglich gewesen zu sein. Verfolgt wurden diese Spuren nicht wirklich, stattdessen gab es ein politisches Gefecht zwischen dem damaligen bayrischen Ministerpräsident und Kanzlerkandidat Strauss und dem damaligen Bundesinnenminister Baum (FDP). Während Baum die Wehrsportgruppe Hoffmann verbieten ließ, war Strauss der Meinung, dass es sich bei dieser Gruppe lediglich um Spinner und Verrückte handeln soll. Hinweise, dass es sich bei dem Terrorakt vom 26. September beim Münchner Oktoberfest nicht um eine Einzeltat sondern um ein gemeinsames Verbrechen mit einer rechtsradikalen Gruppe gehandelt hat, gab es genug. 

Eigenartigerweise wurde dies jedoch öffentlich von den ermittelnden Behörden abgelehnt, und erst im September 2014 wurde nach neuerlichen Erkenntnissen, die bereits 2008 aktenkundig wurden vom Generalstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof die Ermittlungen wieder aufgenommen. Wenn heute davon gesprochen wird, dass der Rechtsstaat auf dem rechten Auge blind gewesen sei, und dies über Jahrzehnte, so ist der Fall vom Attentat in München mehr als nur eine Vermutung. Tatsächlich hat durch das Wirken der Terrorgruppe RAF die Aufmerksamkeit der Sicherheitsbehörden sich maßgeblich auf die linke terroristische Szene fokussiert, sie hat die Ereignisse so dominiert, dass ein konzentrierter Blick in die rechtsradikale Szene eher beiläufig stattgefunden hat. Und doch hat das rechtsradikale terroristische Potential existiert, wobei bis heute nicht öffentlich bekannt ist, welches Ausmaß dort vorhanden war. Den rechten Politikern von CDU und CSU war dies durchaus genehm, konnte man doch so die SPD öffentlich vorführen und sie in die Nähe der linksradikalen Kräfte verbal positionieren. 

Dass tatsächlich hinsichtlich des rechten Terrorismus bei den Sicherheitsorganen mehr als schlampig ermittelt wurde, zeigen Ungereimtheiten, Versäumnisse und Schlampereien, die beim #NSU_Prozess in München um #Beate_Schäpe und ihren Komplizen Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Ralf Wohlleben aufgedeckt worden sind. Fast ein Jahrzehnt lang konnte das Mord-Trio wahllos in ganz Deutschland Menschen umbringen, getrieben von rechtsradikalem Haß, ohne dass die Sicherheitsdienste auch nur im Ansatz dies verhindern konnten oder nicht wollten, um so ihren Fremdenhass auszuleben und ihr neonazihaftes Mordgedankentum in die Tat umzusetzen. 


Auch hier wurden anfänglich die Taten dieser Mehrfach-Mörder als Einzeltaten klassifiziert, dass allerdings der Nährboden dazu auf einer breiteren Basis in der Bevölkerung verankert war, mit dem rechtsradikalen Gedankengut von einem zweistelligen Prozentsatz in der Bevölkerung, wurde erst nach und nach bewusst. Dabei ist überhaupt nicht klar, welche Netzwerke insgesamt in der Bundesrepublik aktiv waren und es heute noch sind, zumindest wird dies nicht öffentlich gemacht. Fest steht jedenfalls, dass in der alten Bundesrepublik es schon immer rechtsradikale, militante Gruppierungen gab, denen man wenig Beachtung geschenkt hat, auch weil sie niemals eine solche Bedrohung wie die RAF für die Bundesrepublik dargestellt haben und doch waren sie aktiv und wurden ähnlich wie die RAF seitens der Stasi gedeckt, gesteuert und auch logistisch unterstützt, als ein weiteres Instrument der Unterwanderung der Bundesrepublik Deutschland.

Parteien wie NPD, Republikaner und sonstige rechte Vereinigungen, seien sie rein politisch oder auch kriminell radikal gewesen, haben dem demokratischen Staatswesen nichts anhaben können, zumal das rechte Gedankengut vieler Menschen mehr im Verborgenen waberte.

Dies hat sich mit der Wiedervereinigung 1990 verändert und zwar radikal. War im Osten, nachdem die erste Euphorie eines gemeinsamen Deutschlands, der schönen D.-Mark, der Reisefreiheit und einer vermeintlich rosigen Zukunft mit einer fetten Rente für alle, der Erkenntnis gewichen, dass sich alles doch ganz anders gestaltet und viele im Osten sich als Bürger zweiter Klasse begreifen, die ihrer DDR-Identität, ihres Gemeinschaftsdenkens und auch noch ihrer nationalen Symbole und Güter beraubt worden sind, wurde die Unzufriedenheit und der Frust ersetzt durch die Zuwendung zu rechtem Gedankengut, nachdem die SED zur PDS mutiert und dann zur Linken sich mit linken Kräften aus den alten Bundesländern vereint hatte, dabei aber doch die Vorstellungen vieler Menschen im Osten nicht erfüllen konnten. 

Da kam dann die neugegründete #AfD gerade recht, nachdem sie eine Wandlung von einer wirtschaftsorientierten, nationalen Ausrichtung durch den Einfluss rechtsradikaler Kräfte um den Geschichtslehrer #Höcke und seinem nationalistischen Anhang vollzogen hatte und nun im Zuge völkischen Gedankenguts auf der Basis niederer Instinkte, wie #Fremdenfeindlichkeit und gelegentlicher Brutalität in Sprache und Tat und der Vernetzung mit militanten Kräften jeglicher Couleur, bei rechten Musikveranstaltungen bis Wehrertüchtigung von Hooligans, endlich das Ventil bietet, um nicht nur Frust und Unzufriedenheit sondern vor allem auch seinem latenten rechtsradikalen Gedankengut freien Lauf zu lassen und dies mit dem Wahlzettel kund zu tun.

Bereits die Europawahlen haben gezeigt, wie weit viele Bürger in den östlichen Bundesländern bereit sind zu gehen, um nicht nur ihren Protest zu artikulieren, sondern um tatsächlich bei den anstehenden Landtagswahlen im Herbst in Sachsen, Brandenburg und Thüringen ihren rechtsradikalen Gedanken Macht und Einfluss zu verschaffen durch eine mögliche AfD-geführte Landesregierung. Bereits der Einzug in den Bundestag hat gezeigt, wessen Geistes Kind diese Partei und ihre Repräsentanten sind, die Führung in einem Bundesland wäre in vielen Belangen eine Bedrohung unserer Demokratie mit nicht vorhersehbaren Folgen.

Doch was bedeutet dies alles und warum sind gerade viele ostdeutschen Mitbürger anfällig für die nationalistischen Parolen der AfD? 

Wie bereits erwähnt, liegt die Stärke dieser radikalen Partei bei der Zustimmung im Osten, wo sie nicht nur als Protest-Partei wahrgenommen, doch auch tatsächlich als Heilsbringer gesehen wird. Wobei man sich doch fragen muss, welches Heil eigentlich, das untergegangene Heil einer DDR vielleicht, so wie zu hören ist, dass man sich diesen Staatsapparat zurückwünscht, allerdings mit uneingeschränkter Reisefreiheit. Dies ist doch alles Nonsens und zeigt nicht die damalige Realität, sondern fußt auf geschminkter Nostalgie. 

Gerade die älteren Mitbürger haben durch die Ereignisse nach der Weimarer Republik, also 12 Jahre Hitler-Diktatur und kommunistischer SED-Herrschaft verlernt, was Demokratie eigentlich bedeutet, welchen Wert sie besitzt, aber auch wie anfällig sie ist. Diese Menschen waren gewöhnt, beherrscht zu werden, von einem Führer oder eine alles bestimmenden Partei. Hier sind sie gefolgt in dem Glauben die Starken und Mächtigen werden für sie schon das Beste richten. 

War aber leider nicht so, wie die Geschichte tatsächlich in beiden Fällen zeigt. Nun kam die Wende, #Helmut_Kohl brachte die D.-Mark und versprach blühende Landschaften, was man natürlich auch auf seine persönliche Situation bezog, was wiederum auch bei vielen nicht eintraf. Also jetzt wieder zurück zu den starken Männern von der AfD mit ihren Heilsversprechen, ihrem klaren Nationalismus, der Ausgrenzung gegenüber Fremden und Flüchtlingen und einer radikalen Polizei, die jegliche Kriminalität unterbindet, hauptsächlich aus dem Osten und von Asylbewerbern.

Der Kandidat der AfD in #Görlitz hat tatsächlich damit geworben nach seinem Sieg wieder eine Mauer an der nahen polnischen Grenze hochzuziehen, wie pervers ist das denn? Zudem will die AfD weismachen, dass unter ihrer Führung Deutschland die EU verlässt und damit wirtschaftlich besonders stark ist. Mit solchen Lügenmärchen werden viele ostdeutsche Bürger geködert, die Realität sieht anders aus, aber viele im Osten verstehen die Zusammenhänge nicht, übrigens auch nicht in den alten Bundesländern. 

Wie schlimm es mit rechtem Terror auch im Westen ist, wird gerade deutlich durch die Ermordung des Kasseler Regierungspräsident #Walter_Lübke, der auf seiner Terrasse sitzend, von dem Rechtsextremsten Stephan E. kaltblütig ermordet wurde. Stephan E. hatte intensive Kontakte in die rechte Szene, war aber die letzten Jahre zumindest dem Verfassungsschutz nicht mehr aufgefallen, obwohl er zusammen mit Mitgliedern des Neonazi-Netzwerkes #"Combat_18“und der Neonazi-Vereinigung "#Brigade_8" fotografiert worden war. 

Regierungspräsident Walter Lübke stand schon vor Jahren auf einer Liste des NSU (Nationalsozialistischer Untergrund), zu dem auch Mundlos, Böhnhardt und Schäpe gehörten. Auf dieser Liste wurden 10000 Namen und Objekte geführt, die dem NSU ein Dorn im Auge waren, die es galt zu bekämpfen, wobei Mord nicht ausgeschlossen war. 


Eines dieser Mordopfer ist nun der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübke geworden, ein herausragender Repräsentant des Staates. Bei früheren Mordopfern des NSU hat es sich überwiegend um private Personen gehandelt, was in der Sache überhaupt keinen Unterschied bedeutet. Der Unterschied liegt einfach drin, dass plötzlich eine hektische Aktivität entstanden ist bei der Suche nach dem oder den Tätern. Politik, Medien, Justiz, Polizei und die Öffentlichkeit zeigten jetzt ein sich überschlagendes Interesse, was bei der früheren Mordserie von Mundlos und Böhnhardt nicht der Fall war. 

Plötzlich beginnt eine Betriebsamkeit sich intensiv mit der rechten Szene zu befassen, wobei sich schon jetzt heraus gestellt hat, dass der Terror von rechts eine vielfache Dimension besessen hat, als man es der Bevölkerung weiß machen wollte. Und plötzlich wird auch klar, dass der Terror von rechts mindestens so gefährlich ist wie linker Terror und weit mehr als islamistische Bedrohung. Es ist davon auszugehen, dass der rechte Terror eine Dimension besitzt, die durchaus die Gefährlichkeit der damaligen RAF hat, zumal sie wie diese zur Ermordung staatlicher Repräsentanten bereit ist. 

Jetzt ist die Staatsführung hellwach, geht es doch um die eigenen Leute und man weiß nicht wen es als Nächsten trifft. Plötzlich wird von Netzwerken gesprochen, Netzwerke größten Ausmaßes und dazu noch in Verbindung mit der #AfD, die sich gerade anschickt den Osten zu übernehmen. 

Dies alles hätte verhindert werden können, wenn die staatlichen Behörden sich schon vor vielen Jahren um die rechte Terrorszene intensiv gekümmert hätten. Anzeichen gab es genug und nicht nur die Oktoberfest-Morde 1980.

Um es noch einmal auf den Punkt zu bringen, fest steht, dass wir in Deutschland nicht nur eine gefährliche Gewaltszene von rechts haben, die natürlich auch gespeist wird von der blühenden Rechtsradikalität, dem Fremdenhass und dem sich immer mehr öffentlich artikulierenden Neo-Nazitum, eben auch wie durch eine Partei wie die #AfD. 



Mittlerweile ist es schick geworden rechts zu sein und dies auch offen zu zeigen. Wenn von der hessischen Polizei offen erklärt wird, dass viele Beamte der rechten Szene nahe stehen, wenn davon gesprochen wird, dass in der Bundeswehr Neonazis offen ihr Unwesen treiben, wenn eine Frankfurter Anwältin aus der Frankfurter Polizei wegen Fremdenhass mit E.-Mails bedroht wird, dann wird es höchste Zeit, dass grundsätzlich etwas unternommen wird und zwar radikal gegen rechts, mit allen Mitteln die unser Rechtsstaat zur Verfügung hat, Kosten dürfen dabei keine Rolle spielen. 

Oder wollen wir erst warten, bis der rechte Terror staatlich sanktioniert ist, als staatliches Handeln wie bei den Nazis unter Hitler? 


Die geeignete Partei steht mit der AfD dazu ja schon in den Startlöchern. Wir müssen mobil machen gegen rechts, täglich und überall und bei den Wahlen im September und Oktober in Sachsen, Brandenburg und Thüringen bietet sich eine ganz besondere Gelegenheit dem rechten Hass-Gedankengut aktiv entgegen zu wirken, denn mit dem Eindampfen der AfD schwindet auch der Rechtspopulismus und damit auch die Unterstützung rechter Terror-Netzwerke. 

Den Unbelehrbaren muss zugleich das Handwerk gelegt werden. Morde ob von rechts oder links aus purem Hass sind für einen demokratischen Staat nicht hinnehmbar. Kurz gesagt, es ist etwas mächtig faul in unserem Staat! 

Peter J. König

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