Samstagskolumne Peter J. König, 21.1.2012

Rainer Langhans auf dem Weg zum Bundespräsidenten?

Am Donnerstagabend dieser Woche, Frau Illner hatte die Gemeinde Ihrer treuen Zuschauer gerade mit ihrem "Bleiben Sie heiter irgendwie" in die Nacht entlassen, als Markus Lanz die Gäste seiner gehobenen Werbesendung vorstellte.


Da jeder, der hier mittalkt sein neustes Buch promoten möchte oder wahlweise seinen neusten Film, schien alles wie gehabt dahin zu plätschern. Doch unter den anwesenden Selbstvermarktern war eine Person, die immer für eine Überraschung gut ist, wenn sie Bock darauf hat, die eigenen philosophischen Denkansätze dem erwartungsfreudigen Publikum darzulegen.


 Rainer Langhans
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Wie immer ganz in Weiß gekleidet, begann der Altkommunarde Rainer Langhans, völlig entspannt, die Fragen von Lanz zum amtierenden Bundespräsidenten Christian Wulff mit einem lakonischen „Der muss weg“ zu beantworten.


Langhans war sichtlich genervt und gelangweilt. Als Zuschauer ging es mir ebenso, bis der Moderator das letzte Paradepferd der 68er-Bewegung zu seiner Spende für die Piratenpartei befragte. Langhans hatte den Jungpolitikern der Internetgeneration 20 000 Euro gespendet, damit sie sich eine tragfähige Parteistruktur aufbauen können. Dies halte ich für eine interessante Meldung, zumal Rainer Langhans die Denke dieser neuen politischen Gruppierung nicht unähnlich seiner eigenen Philosophie ausmacht.

Liebesbeziehungen müssen aus der althergebrachten Zweierstruktur ausbrechen, Liebe muss alle Menschen umfassen. Für ihn ist gerade das Fokussieren auf einen Partner die Voraussetzung zu Hunger, Armut und Kriege in dieser Welt. Die Konstellation der Paarbildung gegen den Rest der Welt gilt es aufzubrechen, nur in einem allumfassenden Liebesgedanken wird man das Elend in dieser Welt bekämpfen können, gab der bekennende Frauenfreund zu bedenken.

Genau dieses würden die Piraten auf ihrer Plattform betreiben, Offenheit gegenüber jedermann, Transparenz im Denken und Handeln, nein zu Egoismen und die Kampfansage gegen jegliche Form grassierender Gier.

Hier sieht der praktizierende Asket eine Fülle von Gemeinsamkeiten. Anna Loos, die Schauspielerin und Sängerin konnte mit diesen Gesellschaftsentwürfen so gar nichts anfangen, zumal sie in ihrer Zweierbeziehung sich selbst verwirklicht sieht und mitnichten sich nur als Fortpflanzungsobjekt empfindet.

Vehement trat sie Langhans entgegen, woraufhin dieser nur meinte, sie habe es ja noch nicht versucht, um zu erfahren, dass erweiterte Liebesbeziehungen zu mehreren Menschen zeitgleich, ein großes Maß an Erfüllung und Glück bringen kann.

Wirklich interessant und spannend dieses Zwiegespräch, zumal zwei völlig unterschiedliche Temperamentsformen aufeinandertrafen, hier der in sich ruhende Yogajünger, dort die temperamentsstrotzende Anna Loos. Beide eint jedoch ihre intellektuelle Befähigung, so dass wirklich ein paar spannende Minuten zustande gekommen sind.

Langhans wusste gegen Ende dieser Gesprächssequenz noch damit zu überraschen, dass er mit den Piraten in Verhandlung zu einer Bundespräsidentenkandidatur steht.

Natürlich ist Langhans ein begnadeter Entertainer auf seine Weise, das hat er schon zuzeiten der "Kommune 1" in Berlin gezeigt. Auch weiß er genau, wie man die Aufmerksamkeit der Medien erhält. Er ist jedoch mitnichten ein Scharlatan. Seine Denkansätze mögen, zumal in der jetzigen Zeit, sehr utopisch klingen, doch sie sind nachdenkenswert, da die eine oder andere These durchaus Realitätscharakter hat, wenn er eine Grundrente für alle Menschen in unserem Land fordert.

Mit dieser Idee steht er nicht alleine da. Herr Werner der Gründer der DM-Marktkette und erfolgreicher Unternehmer und Philanthrop hat dies bereits vor einigen Jahren angemahnt. Wie erfolgreich es funktioniert, macht uns die Schweiz vor. Dort ist eine Grundrente seit vielen Jahren Realität. Übrigens könnte man auch von der Schweiz lernen, wie man ein vernünftiges Krankenversicherungswesen aufzieht, das bezahlbar ist und nicht die Menschen abzockt.

Ansonsten scheint die Idee Langhans zum Bundespräsidenten zu wählen verlockend, wenn man ihn mit dem amtierenden vergleicht, da bei seiner asketischen Lebensführung jegliche Art von Luxusgeschenken, von sich anbiedernden Zweckfreundschaften ins Leere laufen würden. Allerdings bewegt sich dieses Gedankenkonstrukt vermutlich im Reiche der Utopie und ist wohl auch nicht immer ernst gemeint, zumindest kann ich mir dies nicht vorstellen.

Deshalb zurück aus der fröhlich bunten Gedankenwelt, zurück zu den harten Fakten des Alltags. Dieser ist geprägt von schlimmen Bildern aus Italien, genauer gesagt von dem schrecklichen Ereignis an der toskanischen Küste, als ein italienischer Gockel in Form eines Kapitäns eines Megakreuzfahrtschiffes zwecks "Bella Figura" diesen Riesendampfer mit fast 4000 Menschen an Bord auf die Felsen einer kleinen vorgelagerten Insel auflaufen ließ. Er hatte die vorgeschriebene Route verlassen, um in etwa 150 Metern Entfernung vor diesem Inselort unter voller Beleuchtung zu paradieren, damit sowohl den Bewohnern an Land als auch den Gästen auf dem Schiff ein Spektakel geboten wurde. Jegliches Risiko hat er dabei außer Acht gelassen, und zudem hatte er auf der Brücke charmante Damengesellschaft.


Die Folgen sind bekannt, mehrere Tote, eine Anzahl von Vermissten, eine Vielzahl von Verletzten und ein Heer von traumatisierten Passagieren, die um ihr Leben bangen mussten. Dazu kommt der Totalverlust eines Superschiffes, eine verunsicherte Kreuzfahrtbranche, die gerade blendende Zuwächse zu verzeichnen hatte und die alles bewegende Frage: Wie sicher sind eigentlich solche Riesenpötte wirklich, die entspannten Seeurlaub für kleines Geld versprechen.


Wenn man die Evakuierungsmaßnahmen im Internet sieht, kommen doch gewaltige Zweifel auf. Noch größer sind allerdings die Zweifel, ob der Ausbildung und Verantwortung dieser Schiffsbesatzung, speziell der Verantwortung der Offiziere auf der Brücke.


Wenn ein Kapitän für eine "Bella Figura" jegliches Sicherheitsdenken über Bord wirft, Vorgaben nicht einhält und dann noch als einer der ersten mit seinen Offizieren in ein Rettungsboot flüchtet, um sich in Sicherheit zu bringen und seine Passagiere sich selbst überlässt, dann ist es um die "christliche Seefahrt" schlimm bestellt. Man kann nur hoffen, dass dies ein Einzelfall war, die verheerende Tat eines italienischen Gockels, einem feigen noch dazu.


Besuchen wir zum Schluss noch die üblichen Problemfelder, die uns auch zukünftig noch lange beschäftigen werden, da entscheidendes noch immer auf sich warten lässt.

Der Schuldenschnitt in Griechenland scheint unmittelbar vor dem Abschluss zu stehen. Die Gläubiger werden etwa 70-75% Ihres Engagements abschreiben müssen, so verlautet es aus unterrichteten Kreisen. Dabei steht immer noch nicht fest, ob es tatsächlich so kommen wird, denn ein freiwilliger Verzicht wird keinen Ersatz durch entsprechend abgeschlossene Versicherungen bringen. Dies ist erst dann der Fall, wenn der Verlust durch Zahlungsunfähigkeit eintritt. Eine wirklich schwierige Entscheidung, da es um Hunderte von Milliarden Euro geht. Totalverlust oder Versicherungsersatz, das ist hier die Frage.

Ob danach der Euro gerettet ist, steht ebenfalls noch völlig in den Sternen, zumal die südeuropäischen Länder bei den Nordeuropäern immer mehr in der Kreide stehen, da die Bilanz der Ausgleichszahlungen zwischen den jeweiligen Staatsbanken für die Südschiene immer katastrophaler ausfällt. Hier sind weitere Forderungen zwischen 400- 500 Milliarden Euro aufgelaufen.

In diesem Zusammenhang hat sich während dieser Woche der Vorstandvorsitzende der Linde AG Herr Reitzle zu Wort gemeldet, indem er zu bedenken gab, dass er sich durchaus einen Austritt von Deutschland aus dem Euro-Verbund vorstellen könne, zumal wenn wir als einziger verbliebener Zahler in diesem Schuldenspiel übrigbleiben. Dies würde zwar eine Aufwertung der zurückgekehrten DM bedeuten, eine vorübergehende erhöhte Arbeitslosigkeit müsse hingenommen werden, aber die dann unternommenen Anstrengungen der Wirtschaft würden uns fit machen und auf lange Sicht eine weitaus größere Wettbewerbsfähigkeit erbringen. Dies würde am Weltmarkt einen nicht zu unterschätzenden Vorteil bedeuten, so dass unser Wohlstand langfristig besser gesichert sei als das jetzt der Fall ist. Dies ist eine durchaus interessante Sichtweise, allerdings scheint sie mir jedoch sehr riskant zu sein, zumal Herr Reitzle von Annahmen ausgeht, die bislang rein theoretischer Natur sind. Ob dies alles so umsetzbar ist, weiß zurzeit niemand.


Der Vorstandvorsitzende der Linde AG könnte sich diese Entwicklung auch gelassen ansehen, da sein Unternehmen doch mit mehr als 60% im weltweiten Ausland agiert. Zumindest meint Reitzle, solle sich die Bundesrepublik Deutschland nicht erpressen lassen.


Abschließend noch eine letzte Beobachtung des Barons auf der fliegenden Kanonenkugel. Sie ist tatsächlich, wie von mir in einer meiner vorhergehenden Kolumnen prognostiziert, diese Woche an der Staatskanzlei in München vorbeigeflogen und hat Herrn Seehofer wissen lassen, dass die Zeit der Reue noch nicht vorbei,dass eine Rückkehr ins politische Rampenlicht noch nicht möglich ist und dass es noch dauern wird, bis die Lichtgestalt wieder in vollem Glanz erstrahlt, sprach`s und rauschte davon, einen ergriffenen bayerischen Ministerpräsidenten zurücklassend, der Hoffnung für die weitere Zukunft versprach.

Peter J. König

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