"Adieu mon president" und Ausblick auf andere wichtige Wahlentscheidungen.
Das wird es wohl gewesen sein, mit der Ära Sarkozy als "Monsieur le President de la Republique
francaise", denn bei der morgigen Stichwahl zwischen dem Amtsinhaber und seinem
Herausforderer hat Hollande mittlerweile einen prognostizierten Vorsprung von 6% an Wählerstimmen, nachdem der Kandidat der Liberalen eine
Wahlempfehlung für ihn an seine Wähler abgegeben hat. Zudem ist das Fernsehduell am letzten Mittwochabend nicht so verlaufen,
wie die meisten politischen Beobachter
es erwartet hätten.
Sarkozy, als glänzender Redner bekannt, wurde
zugetraut , den mäßigen Vorsprung, den sein Herausforderer bis dahin sich erarbeitet hatte, auf der großen Bühne des Fernsehens noch wett machen zu
können, ja sogar durch diese Veranstaltung im Endspurt noch einmal die Nase
vorne zu haben. Dafür ist er bekannt, wenn es an das ganz große Schauspiel
geht, dann läuft der kleine Franzose mit den ungarischen Wurzeln zur Höchstform
auf. Zudem hatte er als amtierender Präsident oft die Möglichkeit ,
mit allem Pomp und Pathos, den
ersten Mann der "Grande Nation" zu geben, und das hat er wahrlich nicht
schlecht gemacht. Dies war die Taktik von Sarkozy, er wollte den Sozialisten
mit dem Habitus eines unbezwingbaren Herrschers beeindrucken, der französische
Wähler sollte sehen, dass nur er der Geeignetste für das höchste Amt im Staate ist.
Damit
hatte er aber sein Gegenüber Hollande
maßgeblich unterschätzt, denn nach anfänglichen Unsicherheiten war
dieser gar nicht mehr beeindruckt, ganz im Gegenteil, denn nun wurde er seiner
Rolle als Herausforderer gerecht und attackierte seinerseits die Politik des
Amtsinhaber, was diesen wiederum in Rage geraten ließ, ein erstes Zeichen der
Verunsicherung. In der dreistündigen Fernsehschlacht schenkten die beiden Kontrahenten sich nichts, es war
ein Rededuell auf Augenhöhe mit dem etwas besseren Ende für Hollande, da man ihm ein solches "Standing" nicht
zugetraut hatte.
Auch nach diesem Fernsehauftritt sahen die Wahlforscher einen
gewissen Vorsprung für den Kandidaten der Sozialistischen Partei, ein Ziel, das
dieser unbedingt erreichen wollte, da er dadurch seine Favoritenrolle bis zum
Wahltag am morgigen Sonntag weiter inne haben konnte, für ihn eine optimale
Ausgangsbasis. Überraschenderweise kam jetzt noch die Wahlempfehlung aus dem
liberalen Lager, unzweifelhaft die gravierende Vorentscheidung. Sollte morgen
Abend der neue Präsident der alte sein, wäre es
für Sarkozy quasi wundersam, oder die Franzosen müssten über Nacht
mehrheitlich ihre Meinung geändert haben, aber daran glaubt in Frankreich niemand. Also "Au Revoir Monsieur et Madame Sarkozy", zum Abschied möchte ich Ihnen noch
sagen, dass ich immer beeindruckt war, wenn sie ihren Auftritt auf der großen
politischen oder privaten Bühne hatten,
ob alleine oder zu zweit, "Chapeau", dieses macht Ihnen so schnell keiner nach,
eine wirklich gelungene " Sarko-Show".
Ab nächsten Montag beginnt dann eine neue, eine ganz andere
Show. Wie diese aussehen wird, kann man schon schemenhaft erahnen. Hollande
wird vieles in Frage stellen und Küsschen wird es für Frau Merkel erst einmal
nicht mehr geben. Eins ist jedoch gewiss, die enge Partnerschaft zwischen
unseren beiden Ländern wird bleiben, die Achse Paris-Berlin wird sich als
stabil erweisen, schon durch die Tatsache, dass beide Völker den Kern Europas
bilden, und aufeinander angewiesen sind, um eine positive Zukunft auf dem alten
Kontinent zu gewährleisten. Aber das
Entscheidende ist, dass sich die beiden Völker in den letzten Jahrzehnten lieb
gewonnen haben, mehr als die Politiker beider Länder uns gelegentlich zeigen
können. Dies alleine ist der Umstand der wirklich zählt. Über meine persönliche
Präferenz für dieses Land und seine liebenswerten Menschen brauche ich mich
hier nicht besonders zu äußern.
Neben der Präsidentenwahl in Frankreich stehen am morgigen
Sonntag aber noch weitere wichtige Wahlen in Europa, aber auch im heimischen
Schleswig-Holstein an. Blicken wir zunächst nach Griechenland, dort wird ein
neues Parlament gewählt, nachdem die kurzfristige Einheitsregierung, gebildet
aus allen großen Parteien, und zum Zweck des Durchpeitschens des von der EU
geforderten Sparpaketes, das die Voraussetzung
für weitere Milliardenkredite war, nun zum verabredeten Ende kommt und
Neuwahlen Platz macht. Hierbei geht es ziemlich turbulent zu, wie man hört,
alle erdenklichen Gruppierungen bewerben sich um die Gunst der Wähler,
besonders viele extreme, radikale Politideen, vorgetragen von zwielichtigen
Vertretern, zeigen unter welcher Zerrissenheit das Land momentan leidet. Das beginnt
bei Eurogegnern, die sofort, sowohl die Europäische Union, als auch den
Währungsverbund verlassen wollen, weg von Brüssel und Straßburg, zurück zur
Drachme, ohne Bevormundung von außen, bis hin zu einer naziähnlichen Vereinigung, die sich nicht
scheut, als billiges Abziehbild, sowohl sprachlich, als auch in ihrem
Erscheinungsbild marktschreierisch sich in Szene zu setzen. Dies kann den
meisten Griechen nicht gefallen, zu frisch sind die Erinnerungen der Alten noch,
was die Deutschen ihnen während des Zweiten Weltkrieges angetan haben.
Heute ist die Lage noch sehr undurchsichtig, es wird
vermutet, dass mehr als 40% aller Wähler sich für diese extremen Parteien
entscheiden werden, ein Bild der Verzweiflung,
und nicht unbedingt ein
positives Zeichen für die Erneuerung und
die Festigung des griechischen Staates. Da hilft es auch nicht, dass eine Ratingagentur ihre Bewertung für Griechenland um eine Stufe
höher gesetzt hat, ein zu durchsichtiges Zeichen von Bedeutungslosigkeit, da
das Land sich ja überhaupt nicht am internationalen Kapitalmarkt versorgt. Die
Lage ist für die Griechen weiterhin sehr dramatisch, zumal immer mehr illegale
Einwanderer das Land überschwemmen, ganze Stadtteile von Athen sind schon in
ihrer Hand. Auch dieser Umstand wird dazu beitragen, dass radikale
nationalistische Gruppierungen starken Zulauf bekommt, ein schlimmer Zustand.
Die morgigen Wahlen werden zeigen, welchen Weg Griechenland geht, ein wirklich
zielweisendes Ereignis.
In Schleswig-Holstein ist immer noch nicht eindeutig klar,
wer das Rennen machen wird. Dem Spitzenmann der SPD Torsten Albig werden zwar die größeren Chancen eingeräumt, aber sicher ist da noch
nichts, außer dass seine Möglichkeiten
zu einer Koalitionsbildung als besser eingeschätzt werden. Grüne und Piraten
wetteifern um den Platz der drittstärksten Fraktion, für die Grünen das Ende
einer Hochphase, das Ende von Claudia Roths himmelstürmenden Blütenträume. Ich
freue mich schon auf ihre Mimik der Zerknirschtheit, ein wahrlich gelungenes
Trauerspiel. Kubicki hat zum Sprung über die 5% Hürde angesetzt und wird wohl
sicher auf der erfolgreichen Seite landen. Wie aus Nordrhein-Westfalen zu hören
ist, sehen die Prognosen Lindner und seine F.D.P.- Mannschaft eine Woche vor
der dortigen Landtagswahl bei 6%, auch eine Basis für einen gelungenen
Hürdensprung. Wenn beide Wahlen erfolgreich bestritten sind, dann empfehle ich
beiden Politikern den raschen Sprung nach Berlin, ausmisten ist angesagt, dazu
bitte ich meine Kolumne von der letzten Woche zu lesen.
Zum Schluss komme ich
nicht umhin noch etwas zu den Ereignissen in der Ukraine zu sagen. Natürlich
ist es fatal, dass die Fußball-Europameisterschaft unter einer solchen Regierung
stattfindet, die die Menschenrechte mit
Füssen tritt, die nicht nur Frau Timoschenko, als ehemalige
Regierungschefin verfolgt und ins Gefängnis sperrt und ihr ihre humanitären
Rechte vorenthält, sondern dieses ebenso bei den meisten ehemaligen
Regierungsmitgliedern und vielen anderen
Oppositionellen genauso handhabt.
Die Ukraine ist verkommen zu einem
Unrechtsstaat, von Rechtsstaatlichkeit keine Spur mehr, obwohl alles nach der
orangenen Revolution so hoffnungsvoll aussah. Aus diesem Grund hatte man auch
die Europameisterschaft an die Ukraine mit vergeben, es sollte dem Land
internationale Anerkennung bringen, den
demokratischen Aufbruch fördern, und jetzt dieser politische Absturz in die Diktatur. Die Menschen vor Ort sind die
eigentlich Leidtragenden, ihnen muss geholfen werden, aber mit den angemessenen
Mitteln. Ein Boykott ist hier fehl am
Platz, es würde die Situation nicht ändern, es würde nur die Menschen treffen,
die sich so sehr auf die Fußballspiele gefreut haben, ja sie würden sich im
Stich gelassen fühlen von ihren europäischen Nachbarn, das kann es nicht sein.
Hier müssen andere Maßnahmen her, sei es durch die Außenpolitik, durch die
Wirtschaft oder durch permanente, verstärkte Medienpräsenz. Der ukrainischen Regierung muss klar gemacht
werden, dass sie ihr letztes Renommee verspielt, ihre Möglichkeit zur Anbindung
an Europa in weite Ferne rückt und finanziell durch die EU überhaupt nichts
mehr läuft. Natürlich spielt die Nähe zu Russland eine wichtige Rolle,
denn immerhin ist der jetzige Machthaber
ein Vasall von Putins Gnaden, und der will diesen Satellitenstaat nicht auch
noch an den Westen verlieren. Die Menschen müssen darunter leiden, denn dies
alles verbessert ihre Situation überhaupt nicht.
Die Ukraine ist ein durch den
Kommunismus herunter gekommenes Land, mit wunderbaren Menschen, die es nicht
verdient haben, in solch unwürdigen Verhältnissen zu leben, dass sich junge
Mädchen in Westeuropa und am Persischen Golf
prosituieren müssen, oder noch
schlimmer mit ihnen Menschenhandel getrieben wird. Also auf zur
Europameisterschaft in die Ukraine, das kritische Gespräch mit den
Regierungsvertretern gesucht, die Opposition verstärkt nach Europa eingeladen
und den Menschen vor Ort gezeigt, dass sie nicht alleine sind.
Sport war schon
immer eine gute Möglichkeit einen politischen Wandel einzuleiten. Der
Hungerstreik von Frau Timoschenko hat Wirkung gezeigt, ihre Resonanz in der EU
hat dazu geführt, dass sie von einem gemeinsamen ukrainisch-deutschen Ärzteteam
unter der Leitung des medizinischen Direktors der Berliner Charité nächste Woche
professionell behandelt wird, vielleicht ein erster kleiner Schritt für das
Land, aber bestimmt eine Erlösung von großen Schmerzen für Frau Timoschenko.
Peter J. König
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