Politik generell, politischer Stil speziell und Frau Merkel im Besonderen.
Die Woche nach der Wahl in NRW hat so deutlich wie selten gezeigt,
um welche Spezies Mensch es sich bei
Politikern handelt, zumal wenn sie sich schon einige Jahre an der Droge Macht
berauscht haben. Dann scheinen wohl alle
Dämme des zivilisierten Anstands zu brechen, es gilt allein die Losung: jedes Mittel ist auf jede Art Recht, solange es nur dem
Machterhalt dient, und man selbst keine Kratzer oder gar Beulen davon trägt.
Die Art und Weise wie die Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzende sich am Mittwochnachmittag ihres Zöglings
Norbert Röttgen entledigt hat, zeigt auf
der einen Seite, wie selbstherrlich Frau Merkel ihr
politisches Geschäft mittlerweile betreibt, sie diktiert das Geschehen ohne
Rücksicht auf ihre Partei und deren Landesverbände, mit einer gnadenlosen Härte, und dabei war es ihr völlig wurscht, ob die beiden Tage zuvor aus
ihrem unmittelbaren politischen Umfeld noch Zusicherungen für den Verbleib
ihres Umweltministers abgegeben worden sind, auf der anderen Seite sind dies
aber auch deutliche Erosionserscheinungen des Merkel’schen Machtapparates, getrieben von
der zunehmenden Angst des drohenden
Machtverlustes.
Nur so ist die blitzartige Aktion der Enthauptung ihres
einstigen Musterknaben zu deuten, dass
sie dabei nicht einmal mehr das Rückgrat
hatte, dies ihrem langjährigen Gefolgsmann selbst ins Gesicht zu sagen, ihm
zwecks Gesichtswahrung einen persönlichen
Rücktritt zu ermöglichen, wenn auch unter Umständen gepaart mit
mütterlichem Nachdruck, zeigt die
Verrohung der politischen Sitten in unserem Staat, zeigt aber auch, dass es
Zeit wird, dass die Kanzlerschaft von Frau Merkel dem Ende zu gehen sollte.
Unzweifelhaft sind
bei der Bundeskanzlerin Tendenzen zu erkennen, die sie einst unter Kohl miterleben
durfte, das Klammern an die Macht, unter
Inanspruchnahme aller lauteren- und unlauteren Mittel, ein
bedenklicher Zustand in einer Demokratie.
Die Gefahr besteht einfach darin, dass Frau Merkel den nötigen Abstand zur
Macht, die mit ihrem Amt verbunden ist, verloren hat, dass sie immer
mehr von der Vorstellung beseelt wird,
sie sei die Mächtige, sie als Person Angela Merkel entscheide über die
Angelegenheiten unseres Staates, und nicht die Person die gerade das Amt des Bundeskanzlers inne hat. So wie bei
Kohl glaubt sie, es gäbe keine Alternative
in absehbarer Zukunft für diesen
Posten und deshalb darf jedes Mittel Recht sein, um ihr diesen Platz zu
erhalten, selbstverständlich auch das "Abschlachten" von potentiellen Konkurrenten aus der eigenen
Partei, so wie in den vergangen Jahren erlebt, zum verheerenden Aderlass der
CDU, die komplett ausgedünnt ist, was ihre Führungsriege anbetrifft.
Es wird
Jahre dauern, bis eine neue Generation von fähigen, geeigneten und jüngeren
Nachwuchspolitikern bei den
Christdemokraten nachgewachsen ist, die in der Lage sind, sich politisch
durchzusetzen, um wieder die Führung in unserem Land zu übernehmen, wenn im nächsten
Herbst der Führungswechsel stattgefunden hat. Alle Indikatoren zeigen an, dass
uns eine Änderung der politischen Großwetterlage bevorsteht.
Die Menschen sind nicht mehr gewillt, sich dem
konservativen, neoliberalen Machtgebaren
zu unterwerfen, zumal wenn sie millionenfach nicht mehr von ihrer Arbeit leben
können, und staatlichen Unterhalt in Anspruch nehmen müssen, während eine kleine
Gruppe von geldgierigen Managern Billionen verzocken, um sie dann noch den Bürgern als
Staatsschulden aufzulasten. Hier haben die Konservativen versagt, sie sind den mächtigen Bankern
hinterher gehechelt, anstatt sie bei den ersten Auswüchsen an die Kandare zu
nehmen, und selbst nach den Rettungsaktionen hat sich nichts geändert, die
Gierhälse zocken fröhlich weiter.
Den Anfang hat Frankreich gemacht. Der Wechsel des französischen
Staatspräsidenten bedeutet nicht nur ein Wechsel in der Person, es ist ein Wechsel in der politischen Anschauung, ein Wechsel von Konservativ
zu Sozialismus, ein Wechsel der in
erster Linie das Volk, sprich den kleinen Bürger im Auge hat, und nicht die
Interessen der Reichen und Schönen, einst die Entourage von Sarkozy. Dem
französischen Beispiel werden weitere europäische Staaten folgen. Entsprechende
Tendenzen sind schon in den Niederlanden zu sehen, der politische Wind hat sich
gedreht, von rechts nach links, und er wird noch viel stärker wehen, und so
manche konservative Regierung in den
europäischen Ländern aus dem Amt blasen. In Deutschland wird es bei der Bundestagswahl im nächsten Jahr soweit sein,
und der Grund ist in allen Ländern immer der gleiche. Die Menschen haben das
Vertrauen in konservative Politik verloren, bedingt durch die zunehmende
Verarmung in vielen Ländern, bei extrem hoher Arbeitslosigkeit von jungen
Menschen, die riesige Staatsverschuldung in allen europäischen Staaten, und die Konzentration von Kapital bei einigen
wenigen, während die Verelendung auch
bei uns weiter fortschreitet. Das werden die Menschen nicht mehr hinnehmen, sie
sind gewillt dagegen aufzustehen, der Aufstieg der Piratenpartei ist dafür ein erster
Beweis.
Das zumindest Horst Seehofer, der bayrische
Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende begreift, was die Stunde geschlagen
hat, wurde auch in der letzten Woche sehr deutlich, als er in ungemein
öffentlicher Fernsehschelte, zwar Herrn Röttgen genannt, aber die Kanzlerin gemeint hat, und
sie unmissverständlich als
führungsschwach bei dem "handling" der NRW-Wahl sah. Die Konservativen sind
hochgradig nervös, zumal auch noch die beiden auferstandenen Liberalen Kubicki
und Lindner erkennen lassen, dass sie durchaus Geschmack an einer
linksliberalen Verbrüderung haben
könnten, wie einst ihre altliberalen Ziehväter, Genscher und Baum, die es sich
nach vielen Jahren der Abstinenz nicht nehmen ließen, bei der NRW-Wahl wieder
für Lindner in den Wahlkampf zu ziehen,
mit Erfolg wie man erleben durfte. Speziell Genscher riecht besonders früh,
wohin sich der politische Wind dreht, und diesem folgt er dann zielsicher. Sein
politisches Vermächtnis wird sein, diesen Instinkt bei Lindner zu wecken, da er
in ihm die wichtigste politische Führungskraft der F.D.P. in der Zukunft sieht.
Und was sieht Lindner in der Zukunft?
Kurz und knapp, er sieht eine Koalition mit Rotgrün durch
die veränderten Bedingungen der Parteienlandschaft, sozusagen als Mehrheitsbeschaffer,
aber auch als Erneuerer der Liberalen, weg vom neoliberalen Gedankengut eines
Westerwelle, hin zum zeitgemäßen Linksliberalismus der kommenden Dekade.
Nun ja, und was rollt auf Frau Merkel noch so alles zu?
Aktuell trifft sie in "Camp David" auf dem G8-Gipfel die
Führer der wichtigsten Staaten der Welt, und da sind zumindest einige von ihnen mit der Politik der Kanzlerin nicht
einverstanden, was die Bewältigung der Staatsschuldenkrise
in Europa anbetrifft. Besonders Obama und Hollande werden der deutschen Lady
dringlich raten, neben ihrem Sparkurs unbedingt etwas für neue Investitionen in
Europa zuzulassen, sprich die europäischen Sparbeschlüsse aufzuweichen,
zumindest sie zu ergänzen. Dann wird
Angela Merkel erkennen, dass sie umzingelt ist von lauter Schuldenmachern, und
kein Sarkozy ist weit und breit in Sicht, der ihr das Gefühl gibt, mit diesen
Jungs werden wir gemeinsam locker fertig, denen werden wir schon zeigen, wo es
lang geht. Dann wird auch sie spüren, dass der Wind sich gedreht hat, und ihr jetzt
weitaus stärker als früher ins Gesicht bläst.
Peter J. König
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