Frankreich hat wieder
einmal gezeigt, welches ausgeprägte
Demokratieverständnis in diesem Land,
bei seinen Bürgern und besonders nach dem Wechsel von Sarkozy zu Hollande, in
der Regierung vorherrscht. Die französische Administration hat eindeutig ihren
Willen zum Ausdruck gebracht, dass sie mit dem Mangel an Demokratie und
fehlender Rechtsstaatlichkeit in der Ukraine nicht einverstanden ist. Deshalb
hat sie Janokowitsch, dem ukrainischen
Machthaber und seinen Spießgesellen klar ins Gesicht gesagt, dass sie bei
seiner Propagandashow, im Zuge der Fußball Europameisterschaft nicht gewillt ist, ihm auch noch den
Jubelperser zu spielen, dies will man anderen "lupenreinen" Staatsmännern und Frauen überlassen.
Hier hat die französische Regierung eine
klare Haltung eingenommen, wenn sie ankündigt, dass kein Minister des Kabinetts
Hollande zu diesem sportlichen Groß Ereignis in die Ukraine fahren wird, nach
Polen jedoch sehr gerne, da es nicht um die Herabwürdigung des Fußballs geht, dafür sind die Franzosen viel zu
leidenschaftliche Anhänger dieses Spiels, und in der Vergangenheit auch oftmals
sehr erfolgreich mit Europameister- und Weltmeistertitel nach Hause zurückgekehrt. Nein, es geht ihnen darum nicht nur Lippenbekenntnisse bezüglich der Einhaltung
der Menschenrechte abzulegen, sondern eindeutig zu zeigen, wie ernst es ihnen
damit ist, selbst wenn diese Maßnahmen ansonsten auf wenig Gegenliebe bei den anderen
europäischen Kollegen stößt.
Meines Erachtens muss man diese Entscheidung auch
im Zusammenhang mit der Erklärung des UEFA-Präsidenten dem Franzosen Michel
Platini sehen, einem der ganz Großen in diesem Sport, in einem Atemzug mit Pele
oder auch Beckenbauer zu nennen, der in seiner Stellung als oberster Funktionär
des europäischen Fußballverbandes sinngemäß gesagt hat, dass der Verband sich
um die sportlichen Belange kümmert, und die Politik den Politikern überlässt.
Selbstverständlich ist dieses Statement diskussionswürdig, denn Spitzensport in seiner heutigen Form, und
besonders bei solchen Großereignissen hat auch immer etwas mit Politik zu tun,
da können sich weder Verbände noch die Sportler selbst nicht einfach so
schleichen.
In diesem Zusammenhang muss ich jetzt einmal Philipp Lahm, den
Kapitän unserer aktuellen Nationalmannschaft loben, der eindeutig Stellung zu
diesen Menschenrechtsverletzungen bezogen hat, indem er sie öffentlich
anprangerte, und selbst die UEFA aufforderte das Gleiche zu tun. Platini hat
ihm darauf geantwortet, er brauche Lahms Kommentierung nicht, um seine Haltung
einzunehmen. Diese Art von
kleinkarierter Wadelbeißerei zeugt nicht
von Führungsstärke, und so musste die französische Regierung schon deshalb ihre klare Haltung zum Ausdruck
bringen, natürlich um die Rechtsstaatlichkeit einzufordern, aber auch um die
Äußerungen von Platini in ein akzeptables Licht
zu rücken, um so eine Strategie erkennen zu lassen, nach dem Motto, da
der Präsident ja klar politisch voran
marschiert ist, bleibt mir nur noch das sportliche Terrain für Erklärungen.
Sei es drum, jedenfalls
hat Wolfgang Niersbach, der neue
Präsident des Deutschen Fußball Bundes mehr Rückgrat bewiesen, seine Haltung
ist da eindeutig, kein Rumgerede bei dem Verhalten der Regierung
Janokowitsch, klare Trennung zwischen dem Ereignis und der Clique, die momentan
die Ukraine beherrscht.
Wünschenswert wäre es gewesen, wenn die demokratischen
Regierungen Europas sich schon
nicht zu einer Verlegung der Spiele aus der Ukraine in ein anderes Land
entscheiden können, doch zumindest sich mit einer gemeinsamen Haltung a la Frankreich
gezeigt hätten, nach dem Motto, in diesem Fall zeigen wir gemeinsam Flagge. Wenn es
Janokowitsch ernst meint, mit einer Annäherung an das restliche Europa, dann
muss er zuerst die demokratischen Spielregeln dieses Verbundes akzeptieren. Aber vielleicht geht es gar nicht diesem
Despoten um die Eingliederung nach Europa, vielleicht glaubt er unter dem
Schutz Putins das Land besser ausrauben zu können. Da sei er aber dringlich
gewarnt, denn wie man in der Vergangenheit gesehen hat, war so mancher Freund
Putins sehr bald sein ärgster Feind, mit lebenslanger Einweisung in den Gulag,
ohne auch nur einen Rubel seiner Beute sicher zu haben.
Zudem hat die Ukraine genug
von der Bevormundung durch Russland, eine Sowjet-Union reicht ihnen für
allemal. Da es um die Menschen in der Ukraine geht, und nicht um ein paar
verbrecherische Halsabschneider, muss Europa mit seinem ganzen Gewicht
auftreten, da sollten auch die Parteizugehörigkeiten der einzelnen Regierungen keine Rolle spielen, besonders nicht zwischen
Frankreich und Deutschland, hier geht es um Fundamentales, hier ist eine
gemeinsame Haltung gefordert, die auch in eine gemeinsame Aktion mündet. Wie
einfach wäre es doch, auch in diesem Fall, ein gemeinsames europäisches Staatengebilde zu haben, mit einem Außenminister, der für uns
alle spricht, und der dann hundertprozentig nicht mehr Westerwelle heißt.
Wenn wir von der gemeinsamen, nicht vorhandenen Außenpolitik
uns auf das nicht vorhandene Feld der gemeinsamen Wirtschaftspolitik bewegen,
überwinden wir eine beträchtliche Fallhöhe, und zwar nach unten. Hier steht der
Europäischen Union, und speziell dem Währungsverbund eine unmittelbare Bedrohung
bevor. Griechenland wählt am 17. Juni eine neue Regierung, von der man nicht weiß,
ob sie nicht sofort aus der
Währungsunion austritt, mit unkalkulierbaren Folgen für die verbleibenden
Euroländer mit dem enormen Schuldenberg, mit der Krise der spanischen Banken,
die händeringend um frische Milliarden betteln, und das möglichst direkt von
der EZB, zu einem Zinssatz von 1%, ohne dass sich die spanische Zentralbank
dazwischen schaltet und auch noch einmal üppige Zinsen kassiert.
In den
letzten Tagen wurde bekannt, dass Anleger in großem Stil ihre Investitionen aus
Spanien abgezogen haben, man spricht von der gewaltigen Summe von über 100
Milliarden, welcher Aderlass für die spanische Wirtschaft. Da drängt sich doch die Frage auf: wann wird
Spanien die Eurozone verlassen wollen, oder sogar müssen, um wieder am
internationalen Wirtschaftsmarkt wettbewerbsfähig zu sein, aber mit welchen
Produkten? Der Bauboom in Spanien hat nicht nur hässliche Bauruinen an der Küste und in den Randgebieten
der spanischen Städte hinterlassen, nachdem die Blase geplatzt war, nein, sie
hinterlässt auch eine tiefe Verunsicherung bei den Menschen, besonders bei den
jungen Menschen, die gut ausgebildet, keine Zukunft für sich sehen, zumindest
nicht in ihrem Heimatland.
Und weiter geht es, wie sieht es mit Portugal aus, wie mit
Italien? Dies sind Fragen, die heute
noch keiner beantworten kann. Momentan können wir nur eine Frage beantworten,
und diese lautet: wie geht es Deutschland zurzeit? Antwort: Prächtig, zumindest
wirtschaftspolitisch gesehen, da zwar unsere Exporte in die südeuropäischen
Länder im ersten Quartal um 7 bis 8%
rückläufig waren, unsere Ausfuhr aber nach Asien und Amerika zwischen 10 und 20% zugelegt hat. Um ein Fazit
aus europäischer Sicht vorzunehmen,
vergrößert sich das Gefälle zwischen Deutschland und den meisten anderen
europäischen Staaten zusehends, mit der Folge eines immer stärker werdenden
Ungleichgewichts im Euroverbund. Was ist zu tun?
Leider komme ich nicht umhin
zu sagen, dass wir diese Gemengelage nur auf Dauer überwinden können, indem wir,
ähnlich wie in der Bundesrepublik, Ausgleichszahlungen zwischen den einzelnen Ländern
in der EU vereinbaren, was natürlich in einer politischen Union viel sinnvoller wäre, und den Menschen in den
unterschiedlichen Regionen auch dann viel besser zu vermitteln ist, denn wie
will man einem Geberland plausibel machen, dass es zwar ungeheure Summen
abdrücken muss, ohne jedoch einen
direkten Einfluss auf die Nehmerländer zu besitzen, ein Zustand, der sich ja
aktuell in der Griechenland-Krise darstellt, mit bekanntem, unsicherem Ausgang.
Trotzdem sind wir gezwungen, entsprechende
Transferleistungen zu tätigen, unsere gemeinsame Zukunft in Europa und in der
Welt hängt davon ab. Also, stellen wir uns jetzt darauf ein, wenn es auch
anfänglich weh tut. Langfristig dient es unserer eigenen Sicherheit und unserer
zu bewältigenden Zukunft, und wenn die, zugegebenermaßen, großen Anlaufschwierigkeiten
erst einmal überwunden sind, wenn die Vorurteile den Menschen gegenüber aus
anderen Regionen Europas, dem Bewusstsein gewichen ist, welche Fülle an humanem
Reichtum wir alle in diesem Projekt "Vereinigte
Staaten von Europa" eingesammelt haben, dann wird auch der letzte Euromuffel
sagen, es war gut so, dass wir es gemacht haben.
Peter J. König
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