Die Fußball Europameisterschaft, vielleicht bald ein nationales Ereignis der "Vereinigten Staaten von Europa" ?
Weil am gestrigen Freitag die Fußball Europameisterschaft
begonnen hat, die politischen Aspekte, speziell der Ukraine wurden hier ja
schon eindeutig im Vorfeld beleuchtet, wird der Fokus der großen Mehrheit der
Bevölkerungen sich auf die Spiele
konzentrieren. Dies ist auch durchaus
begrüßenswert, denn ein solches Kräftemessen der Länder
untereinander ist immer wieder spannend,
und wenn es dabei friedlich bleibt, ist es auch eine gute Gelegenheit, dass
sich Land und Leute näher kennen lernen, und da die aktuellen Ausrichter zwei Nationen sind, die noch bis vor nicht allzu langer Zeit hinter dem "Eisernen Vorhang" nur begrenzt die Aufmerksamkeit des gemeinen Urlaubers
geweckt hat, ist dies die beste Gelegenheit
von Mensch zu Mensch auf einander zuzugehen, um gesteigertes Interesse für unsere Nachbarn zu zeigen.
Gerade für Polen und die Ukraine sollten wir
Deutsche eine besondere Aufmerksamkeit entwickeln, denn da haben wir noch etwas
gut zu machen, da gilt es die besonders
perfiden Geschehnisse aus unserer, nicht allzu fernen Geschichte durch Verständnis und Mitgefühl zu ersetzen, um den Menschen in diesen
Ländern zu zeigen, dass das Bild des hässlichen Deutschen der Vergangenheit
angehört, dass die heutige Bundesrepublik von Menschen getragen wird, die ein
aufgeschlossenes, wirtschaftlich starkes, gemeinsames Europa präferieren, die
die jeweiligen kulturellen Wurzeln als Bereicherung empfinden, die aber auch
gerne nach fairem, sportlichem Wettkampf mit einer besonders guten
Platzierung die Nationen der Gastgeber verlassen wollen, vielleicht sogar
diesmal mit dem Siegespot. Jedenfalls sind mehr als 50% aller Deutschen von dieser Möglichkeit
überzeugt. So etwas bringt in besonderem Maße die nötige Spannung hervor, die
ein solches Großereignis erst so
richtig emotional auflädt. Dies ist der
Grund warum die Menschen den Fußball so lieben.
Bei aller Euphorie
sollten wir aber die Aufmerksamkeit für die aktuellen politischen
Geschehnisse, die um uns herum passieren, nicht aus den Augen verlieren. Bevor ich auf die einzelnen Punkte zu
sprechen komme, möchte ich eine Anmerkung machen, eine Beobachtung, die mir oftmals bei solchen Ereignissen wie
Fußball Welt- oder Europameisterschaften,
aber auch besonders bei Olympischen Spielen, die ja auch bald in London
stattfinden werden, aufgefallen sind. Im Zuge solcher Mammutveranstaltungen
sind die führenden Politiker aller
Staaten gerne geneigt, schnell einmal unpopuläre Entscheidungen ihrem Volk aufs
Auge zu drücken, in der Hoffnung, dass die Menschen paralysiert sind, ihre
ganze Aufmerksamkeit dem sportlichen Ereignis gilt, und die bitteren Pillen,
die sie zu schlucken haben, gar nicht erst zur Kenntnis nehmen. Diese Suppe
gilt es den Mächtigen zu versalzen,
Begeisterung ja, aber kein besoffenes Dahintaumeln, sollte unsere Mannschaft
auch noch so überzeugend spielen.
Vor allem anderen muss die andauernde Tragödie in Syrien
aufs Korn genommen werden. Schon wieder Massaker an der syrischen
Zivilbevölkerung, mit vielen grausam getöteten Kindern, und die
Weltgemeinschaft ist nicht in der Lage, dem Schlächter Assad das Handwerk zu
legen. Natürlich ist zu konstatieren, dass die Interessenslage in dieser Region
sehr diffizil ist, da die Begehrlichkeiten der Großmächte aufeinander prallen.
Wie immer sind es die Rohstoffe, die diese Gier auslösen. Öl, Erdgas, aber auch
die geostrategische Lage wecken das außerordentliche Interesse der
Kontrahenten, denn ohne diese Punkte würde man vielleicht überhaupt keine
Kenntnisse von diesen Mordaktionen erlangen, wie es schon so oft in
afrikanischen Ländern passiert ist, ohne das Interesse der
Weltöffentlichkeit auch nur im Geringsten
wachzurufen. Trotzdem muss jetzt schnellstens alles unternommen werden, um den Menschen vor
Ort zu helfen, gerade weil wir hier in der Lage sind, Ursache und Wirkung zu
erkennen. Empörend finde ich, dass in Berlin die bezahlten Claqueure des
Assad-Regimes auf die Straße gehen können, blutige Parolen dieser Menschenschinder lauthals
herausschreien, ohne dass sie von einem vieltausend stimmigen Chor vom Asphalt
gefegt werden, einem Chor der Mitmenschlichkeit , der nach dem Ende dieser
Diktatur ruft. Vielleicht würde ein solcher Sturm der Entrüstung weltweit
Mitstreiter finden und endlich menschliche Vernunft bei den politischen
Akteuren auslösen, ein Versuch ist es allemal wert.
Die nächste Baustelle finden wir unmittelbar vor unserer
Haustüre. Zwar werden hier keine Menschen getötet, aber das Leid, das sich
daraus entwickelt, trifft die Menschen auch sehr hart. Spanien steht, wie man
hört, unmittelbar vor der Entscheidung,
sich des europäischen Rettungsschirms zu bedienen, um vielleicht bis zu 100 Milliarden Euro für ihre maroden
Banken auszuleihen, wahrlich kein Pappenstiel. Was wird daraus folgen? Auflagen der europäischen Geldgeber, um die
Sparzwänge noch weiter zu verstärken, mit den sichtbaren Folgen wie in
Griechenland, aber vielleicht auch mit den gleichen Ereignissen, wie sie uns
nach der dortigen Wahl nach dem 17. Juni erwarten? Dann kommt das europäische Schiff schon
mächtig ins Schlingern, Spanien ist ein anderes Kaliber wie Griechenland. Aber damit wäre es bei weitem noch nicht
getan, denn weitere Länder können folgen: Portugal, Irland, Italien vielleicht
auch Frankreich. Alle könnten potentielle Kandidaten für den Rettungsschirm
werden, doch wer rettet dann den Rettungsschirm?
Sagen sie bitte nicht, dass dieses als "Worst case
Szenario" eine rein theoretische Fiktion
darstellt. Fakt ist, dass in Brüssel eine hektische Betriebsamkeit herrscht, um
genau diesem Fall entgegen zu wirken. Mit Hochdruck wird nun daran gearbeitet,
was man Jahrzehnte lang versäumt hat, nämlich eine politische Union auf die
Beine zu stellen, eine Union, die allen monetären Aktivitäten der Vergangenheit
einen vernünftigen Sinn geben soll. Plötzlich
und unerwartet ist man in Berlin in der Lage parteiübergreifend eine Steuer auf
alle Finanzgeschäfte zu beschließen. Frau Merkel hat sich weiterer Denkverbote
entledigt, indem sie schon einmal über ein Europa der verschiedenen
Geschwindigkeiten philosophiert, was so viel heißen soll : die starken Partner
in Europa schließen sich auf bestimmten
Sachfeldern politisch zusammen, wie z.B. in der Wirtschafts- und Finanzpolitik,
mit einem gemeinsamen europäischen Minister. Diese Gruppe bildet den inneren
Kern der Gemeinschaft, quasi ein erster europäischer Bundesstaat, dem sich
sukzessive die anderen Europäer anschließen.
Bevor die USA zu dem Staatsgebilde wurden, das sie heute sind, haben sie sich
auf gleiche Weise zusammen gefunden, auch ein langer, oftmals blutiger Prozess. Auf den blutigen Prozess wollen und müssen
wir verzichten, auf den gemeinsamen europäischen Staat aber nicht, und seine
Notwendigkeit zeigt sich besonders in
solchen Krisen immer deutlicher. Also packen wir es an.
Wenn sie jetzt voller Entsetzen fragen, aber was wird dann
aus unseren nationalen Fußballmannschaften?
Wird zukünftig nur noch eine europäische Equipe aufgestellt, die dann
gegen Australien, die USA oder vielleicht
gegen Kuweit kickt, für sie eine entsetzliche Vorstellung, dann kann ich
sie beruhigen. In Großbritannien, dem Mutterland des Fußballs gibt es, obwohl eine Nation, auch drei
Nationalmannschaften, nämlich die englische, die schottische und die walisische, und wenn
es bei denen um die Qualifikation zur WM oder EM geht, wird sich weiß Gott
nichts geschenkt. Also kann die Devise der Zukunft durchaus lauten: Gemeinsam für eine bessere und sichere
Zukunft für uns alle in Europa, aber auf dem Fußballplatz wollen wir doch wissen, wessen Mentalität und
Spielwitz sich letztendlich durchsetzt, eine durchaus spannende Angelegenheit.
Peter J. König
P.S. Ähnlich wie bei der deutschen Einheit ist jetzt der
Zeitpunkt gekommen, wo wir Europäer handeln müssen. Auch bei dem Beitritt der
DDR zur Bundesrepublik Deutschland war
das Zeitfenster zu diesem Akt nur eine kurze Zeitspanne geöffnet, und es musste
gehandelt werden, was Kohl dann auch tat, sein wichtigster Beitrag für dieses
geschichtliche Ereignis. Einen ähnlichen Moment erleben wir jetzt, unter dem
Druck der Krise öffnet sich ein
begrenztes Zeitfenster, das uns ermöglicht, die Weichen für einen gemeinsamen,
europäischen Staat zu stellen, einer
Notwendigkeit, von der ich nimmermüde proklamiere, dass es unsere einzige Chance ist, unsere Bedeutung, unsere
Sicherheit, unseren Wohlstand und unsere Vielfalt auf Dauer zu behalten.
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