Samstagskolumne Peter J. König 24.11.2012

Führt die Waffenruhe zwischen Israel und der palästinensischen Terrorgruppe Hamas zu einer friedlichen Lösung des Palästina-Konflikts oder dient sie allein dazu, um neu auf zu munitionieren, in Hinblick auf Hamas und um Ägypten eine noch wichtiger Rolle in der Region einzuräumen?

Die gute Nachricht vorweg, seit einigen Tagen, genauer gesagt, seit Mittwochabend ist es zu einer Waffenruhe zwischen Israel und dem militanten Arm der Hamas gekommen, die bisher auch ziemlich strikt eingehalten wurde. Interessant ist dabei, dass die notwendigen Verhandlungen nicht zwischen den beiden waffenführenden Parteien zustande kamen, sondern es waren die USA und Ägypten, die stellvertretend verhandelten, damit der tödliche Beschuss endlich eingestellt wird. Dies wirft natürlich eine Menge Fragen auf, die beantwortet werden müssen, um die aktuelle Situation zu verstehen, aber auch um zu verdeutlichen, welche Konsequenzen daraus erwachsen.

Fakt ist, dass Israel unmittelbar vor einer Bodenoffensive auf den Gazastreifen stand, mit verheerenden außenpolitischen Folgen in den unmittelbaren Nachbarländern, wie Ägypten, Jordanien, den Golfstaaten, aber auch Russland, China, ja sogar Indien und weiteren Staaten in Fernost. Zudem wäre es innenpolitisch für Netanjahu ein riskantes Unterfangen geworden, das er nur als "ultima ratio" unternommen hätte, denn die Meinung der israelischen Bevölkerung ist in dieser militärischen Aktion durchaus gespalten und Netanjahu will demnächst wiedergewählt werden. Um sein Ziel zu erreichen, muss er aber beiden Interessenslagern genügend Argumentationen liefern, ein schwieriges Unterfangen. Da kamen ihm die Amerikaner mit ihren höchsten Repräsentanten, denn nicht nur Hillary Clinton, die Außenministerin, sondern Barack Obama selbst schalteten sich in die Verhandlungen mit ein, gerade recht.

Verhandlungen zwischen Israel und der Hamas sind offiziell nicht möglich, eine politische Aufwertung dieser Terrorgruppe kann für Israel nicht in Frage kommen, es würde ihre gesamte Gaza-Politik der Vergangenheit in Frage stellen und zunichte machen. Außerdem würden die militanten, aggressiven Kräfte im Gaza gestärkt, was nicht im Sinne von Israel sein kann und auch nicht eine Friedenslösung näher bringen würde. Also musste Ägypten ins Spiel gebracht werden. Die Palästinenser sind massiv auf die ägyptische Unterstützung angewiesen, zumal auch viele Güter und Waffen über diese Schiene in den Gazastreifen transportiert werden, auch die Raketen, die nach Israel abgefeuert werden. Ohne Ägypten geht in diesem Konflikt überhaupt nichts. Deshalb auch die Frage, wie würde sich dieses Ägypten positionieren, nachdem die Moslembruderschaft die Macht im Land übernommen hat?

Letztendlich aber sind alle Machthaber in Ägypten von der entscheidenden Militärhilfe der USA, sowohl an Geld und Waffen abhängig, wollen sie eine einflussreiche Position im Nahen Osten einnehmen. Die Anzahl der Bevölkerung, gepaart mit dem amerikanischen Engagement lassen sie zur der Macht werden, die sowohl in Arabien, aber auch weit bis nach Afrika hinein, entscheidend mitbestimmt. Neben der Möglichkeit sich weiterhin üppige Unterstützung seitens der Amerikaner zu sichern, ergab sich hier für Mursi, dem neuen ägyptischen Präsident, eine wunderbare Gelegenheit auf großer außenpolitischer Bühne sich zu präsentieren, denn bisher wusste keiner, wie die Moslembruderschaft einzuschätzen ist, speziell in Hinblick auf Israel. 

Insofern ist die Waffenruhe, die ja auch in Kairo verkündet wurde, durchaus ein Erfolg, der nicht unwesentlich mit Hilfe des ägyptischen Präsidenten zustande gekommen ist. Dies wird die amerikanische Administration zum Nachdenken gebracht haben, ob Ägypten zukünftig nicht eine noch dominantere Rolle in der Region spielen soll. Die USA werden peu a peu ihre Präsenz im Nahen Osten verringern, ohne natürlich ihren Einfluss zu verlieren. Zudem muss gewährleistet sein, dass ein friedliches Nebeneinander der beiden Nachbarstaaten Israel und Ägypten weiterhin von Dauer und insgesamt die Sicherheit Israels gewährleistet ist. Hier könnte Ägypten eine wichtige Rolle einnehmen. Obama verlagert seine Aktivitäten in verstärktem Maße nach Südostasien, nicht zuletzt aus dem Grund, will er das Land energietechnisch weitgehend autark haben.

Die enormen Anstrengungen zur Förderung von Erdgas und Öl in heimischen Gefilden sind ein Beweis dazu, eine neueste Studie spricht von der Ölversorgung, allein aus eigenen Ölreserven innerhalb der nächsten zehn Jahre. Zwangsläufig nimmt dadurch die Präsenz in den arabischen Staaten ab, trotzdem muss eine starke Vertretungsmacht her. Während die USA die chinesische Herausforderung im Pazifik angenommen hat, sie wollen China nicht mehr alleine das Feld um den Einfluss der aufstrebenden Länder im Fernen Osten überlassen, suchen sie massiv nach verlässlichen Partnern die ihre Interessen im Nahen Osten vertreten können. Hier ist neben der Türkei Ägypten der nächste Ansprechpartner. 

Ob dieses alles aber so funktioniert, wird schon wieder in Zweifel gestellt, denn unmittelbar nach dem außenpolitischen Erfolg hat Mursi durch ein Sonderdekret am Donnerstag verfassungsmäßige Rechte von Gerichten und Verfassungsorganen außer Kraft gesetzt, um alle Macht auf sich zu vereinen. Die ägyptische Bevölkerung sieht daran ihre Revolution akut gefährdet und antwortet mit großen Protestaktionen, die wiederum mit starken Polizeikräften niedergeschlagen werden. Die aktuellen Vorgänge, von denen man noch nicht weiß, was sich daraus entwickeln wird, sehen die Amerikaner mit großer Sorge und Nachdenklichkeit, zumal manche sachkundigen Beobachter auch die Hinwendung zu einem islamischen Gottesstaat, a la Iran befürchten. Mehr denn je wäre jetzt die Rolle eines starken Europas gefragt.

Hier sollen nach Meinung der amerikanischen Strategen die Europäer in Zukunft mehr Verantwortung übernehmen und mit einer assoziierten Türkei habe man auch die besten Zugänge und Einflüsse in diese Region, so die Vorstellung der USA. Grundsätzlich ist diese Idee positiv zu bewerten, denn Europa hätte dann endlich wieder das Gewicht, das notwendig ist, um bei veränderter geostrategischer Lage, entscheidend mitzureden, den wirtschaftlichen Einfluss zumindest beizubehalten, um so sicher in die Zukunft zu gehen. Aber alle Theorie ist grau, die Wirklichkeit sieht anders aus. 

Europa scheint zerstrittener denn je, die großen Medien in unserem Land sprechen gar von einer Welle der Renationalisierung, was immer man sich auch darunter vorstellen mag. Wie immer geht es mal wieder ums Geld, diesmal um den europäischen Haushalt, über den sich die Regierungschefs am Freitag in Brüssel nicht einigen konnten. Hinter all dem Gezerre um Zuteilungsquoten steht aber in erster Linie die entscheidende Frage, wie viel Macht sollen die einzelnen Staaten an die EU abgeben und grundsätzlich, wie soll ein zukünftiges Europa aussehen? Wie immer pocht Großbritannien auf eine Sonderrolle, dieses grundsätzlich, zudem will Cameron, der britische Premier wiedergewählt werden und da kommt eine starke Oppositionsrolle gegenüber Brüssel in England immer gut an. Wenn er über einen Austritt aus der EU nachdenkt, dann ist das nur als ein untauglicher Erpressungsversuch zu werten, ebenso wie die Vorstellung der katalanischen Regionalregierung, die im Falle eines heutigen Wahlsieges, sich von Spanien abtrennen will, um einen eigenen Staat zu gründen. Brüssel hat ihnen aber schon mitgeteilt, dass sie in diesem Fall der EU nicht mehr angehören werden, auch nicht mehr der Währungsunion, es gibt also kein Bier mehr in Barcelona für den Euro. 

Meines Erachtens ist beides reiner Populismus, so kommen wir in Europa bestimmt nicht weiter. Im Falle Großbritanniens wäre ein Abspalten von Europa der pure wirtschaftliche Selbstmord, denn sie würden damit auch ihre letzten beiden lebenswichtigen Einnahmequellen verlieren. Der finanzpolitische Einfluss der Londoner City würde dramatisch verloren gehen, zumal sich diese Aktivitäten schon jetzt nach Singapur und Australien verlagern. Zudem würden die Milliardäre dieser Welt sich sehr wohl überlegen, ob Großbritannien auch zukünftig der Ort ist, wo sie sicher und gewinnbringend ihre Vermögen anlegen können, denn wegen “Harrods“ alleine kommen die Potentaten aus allen Kontinenten bestimmt nicht nach London, um die Immobilienpreise ins Astronomische zu treiben.

 Zurück zum Ausgangspunkt, zurück nach Palästina. Die Menschen, sowohl in Israel, als auch im Gazastreifen können erst einmal aufatmen, allmählich kommt wieder so etwas wie Normalität in ihr Leben zurück. Die Menschen beiderseits des Grenzzaunes können wieder ohne direkte Bedrohung auf die Straßen gehen und sich um ihre Alltäglichkeiten kümmern. Dennoch ist die Skepsis riesig, da die Waffenruhe ein sehr fragiles Gebilde ist und es keinerlei Garantien gibt. Deshalb wäre es so wichtig eine tragfähige, friedliche Lösung für den Nahen Osten zu schaffen, zumindest für den israelisch-palästinensischen Konflikt. Hinsichtlich der Lage in der gesamten arabischen Hemisphäre bin ich sehr pessimistisch, zu viele Unwägbarkeiten haben sich in den letzten Monaten dort aufgetan. 

Wenn eine Weltmacht wie die USA ihre geopolitischen Strategien verändert, so geht dieses nicht ohne größere Umwälzungen vonstatten, zumal die Amerikaner ihre eigentliche Herausforderung in Südost-Asien sehen und entsprechend reagieren. Ich darf noch einmal auf Henry Kissinger, den ehemaligen amerikanischen Außenminister und einer der wohl erfahrensten und informiertesten Politiker unserer Zeit zurückkommen, der in der Wahlnacht der Präsidentenwahl, auf die Zukunft angesprochen, sagte: Amerika kann nicht mehr alleine alle Konflikte in der Welt lösen, zukünftig sind auch andere Partner gefragt. In dieser Aussage liegt nicht nur die Prognose der Veränderung sondern auch das Angebot an möglichst viele Staaten bei der Suche nach einvernehmlichen Lösungen sich zu beteiligen. 

 Peter J. König

Samstagskolumne Peter J. König 17.11.2012

Seit zwei Tagen eskaliert die Situation in Palästina. Keiner kann zum jetzigen Zeitpunkt sagen, wohin sich die Entwicklung bewegt, womit die Welt, besonders aber der Vordere Orient, also die Staaten in Nahost rechnen müssen. Ein Krieg ist in unmittelbarer Nähe, Kriegshandlungen finden ja schon zwischen Israelis und Palästinensern statt. Handelte es sich bisher eher um einzelne Scharmützel, so haben wir es jetzt mit strategischen Aktionen auf beiden Seiten zu tun. Nach der Tötungsaktion des militärischen Führers der palästinensischen Terrorgruppe im Gaza-Streifen durch die israelische Luftwaffe, Mitte der Woche, kam es zu massiven Vergeltungsschlägen in Form von Hunderten von Raketenangriffen auf das israelische Kernland, nicht ausgenommen die Städte Jerusalem und Tel Aviv mit der größten Bevölkerungsdichte in Israel. 

Seit dem Krieg Anfang der 1990iger Jahre hatte es keinen Luftschutzalarm in der Metropole Tel Aviv mehr gegeben, am Donnerstag war es wieder soweit. Zwar wurde die Stadt nicht getroffen, so wie andere Ziele in Israel, mit beklagenswerten Toten in der Folge, aber für die quirlige Stadt am Meer handelte es sich eher um einen Glücksfall, denn angeblich soll eine Rakete über das Ziel hinaus, ins Mittelmeer gestürzt sein. Ein Treffer im Zentrum hätte furchtbare Folgen nach sich gezogen. Ganz Israel wurde in höchste Alarmbereitschaft versetzt, dazu gehört auch die Verlegung von massiven Panzereinheiten an die Grenze zu Gaza, die Mobilmachung von 30.000 Reservisten und der Einsatz von effizienteren Flugabwehrraketen, die die palästinensischen Flugmarschkörper vom Himmel holen sollen, bevor sie auf israelischem Gebiet einschlagen. 

Wer die Landkarte dieses Gebietes kennt, weiß, dass dazu nur sehr wenig Zeit bleibt, militärstrategisch schon immer das größte Problem von Israel, denn es gibt keine Pufferzonen, in denen Verteidigungslinien aufgebaut werden könnten. Deshalb wurden auch nie die Golanhöhen an der nördlichen Grenze nach der Eroberung im Syrisch-Israelischen Krieg an Syrien zurückgegeben, denn einen besseren topographischen Punkt als diese Anhöhen gibt es nicht, um tief in die angrenzenden Länder hinein zu schauen, jeder Bodenangriff wäre schon mit einem simplen Scherenfernrohr auszumachen. Die Radar- und Horchüberwachung ist von dieser Stelle aus optimal. 

Und doch ist sie tief verwurzelt im israelischen Volk, die Angst, sie könnten jederzeit von ihren Nachbarn überrannt und besiegt werden, sodass die Drohung wahr wird, ins Meer getrieben zu werden. 

Deshalb hat Israel immer alle Anstrengungen unternommen, um verteidigungsfähig zu sein. Dies gilt sowohl auf politischer Seite, als auch auf der militärischen. Dazu möchte ich nur zwei Beispiele nennen, die aber eng miteinander verknüpft sind, nämlich der israelische Geheimdienst Mossad, überall in der Welt als besonders effizient bekannt und das geheime Nuklearprogramm der Militärs, das offiziell nicht existiert, denn angeblich besitzt Israel keine Atomwaffen, aber allein die Spekulation darüber hat ausgereicht, so manche Angriffslust einiger selbsternannter Eroberer in der Theorie verharren zu lassen. 

Über viele Jahrzehnte ist es nicht gelungen, die Palästinafrage zu lösen. Aber was ist der Auslöser zu diesem, an Konflikten so reichen Szenarios? Diese Frage gilt es zu beantworten, denn ansonsten wird man keiner Seite in diesem Jahrhundertkonflikt gerecht. Sowohl Juden als auch Palästinenser haben aus der Geschichte ein nachvollziehbares Anrecht auf ihre Existenz in Palästina. Beide Volksstämme lebten über Jahrtausende in Koexistenz in diesem Gebiet, mal mehr und mal weniger friedlich, mal mehr und mal weniger dominant der eine und der andere. Noch zu Zeiten des Völkerbundes, also vor der Gründung der Vereinten Nationen 1948/49 in den zwanziger und dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts entschied man sich in der damaligen Völkergemeinschaft, um der weltweiten Verfolgung der Juden über Jahrhunderte endlich ein Ende zu bereiten, einen jüdischen Staat zu gründen, in dem alle „Heimkehrer“ sicher sind. 

Überlegungen gab es viele, wo dies sein könnte, unter anderem auch auf fernöstlichen Archipelen. Die Juden selbst kannten nur ein Ziel, nämlich zurück an die Stelle ihrer Urväter, zurück nach Jerusalem, zurück zum Tempelberg. Dieses Gebiet war aber in den letzten Jahrhunderten von arabischen Stämmen vereinnahmt worden, ihre heiligen Stätten ebenso in Jerusalem gelegen, zeugen davon. Zum Anfang des zwanzigsten Jahrhundert hatten aber beide Völker dort keine hoheitlichen Rechte, denn Palästina war britisches Protektorat. Unter dieser Schutzmacht siedelten immer mehr Juden aus aller Herren Länder in dieses Gebiet um, sodass es, mit Billigung der Weltgemeinschaft zur Gründung des Staates Israel kam, weltweit anerkannt und massiv unterstützt von allen Juden weltweit, besonders aus den USA, wohin viele von ihnen aus Nazi-Deutschland und den osteuropäischen Staaten geflohen waren. 

Ohne diese Unterstützung hätte der junge Staat Israel keine sechs Monate überlebt und auch heute sind die Israelis mehr denn je auf die Macht der Vereinigten Staaten angewiesen. Wie stark Israel jeweils ist, zeigt sich auch immer, wie weit die Amerikaner bereit sind, die Aktivitäten der israelischen Regierung mit zu tragen. Zuletzt hat es gewisse Spannungen gegeben, zwischen Obama und Netanjahu, einen israelischen Angriff auf den Iran wollte der amerikanische Präsident nicht mittragen, jedenfalls jetzt noch nicht. Wie es im Frühjahr 2013 aussehen wird, wenn der Iran sein Atomprogramm in die Reichweite der Umsetzung gebracht haben wird, steht auf einem anderen Blatt. Wie wir feststellen müssen, ist  Nahost ein einziges Pulverfass. 

Dazu trägt natürlich auch noch der Bürgerkrieg in Syrien bei, der seine eigene Problematik birgt. Um ein objektives Bild zu zeichnen, wenn das überhaupt möglich ist, muss auch unbedingt die Situation des palästinensischen Volkes zur Sprache kommen. Nach der Staatsgründung Israels, natürlich gegen den Willen der palästinensischen Volksgruppe und hoffnungslos unterlegen im damaligen Machtpoker mangels potenter Fürsprecher, ist es in den zurückliegenden Jahrzehnten immer wieder zu Kriegen von außen und Aufständen und Terroraktionen von innen gekommen. Israel hat darauf mit einschneidenden Repressalien reagiert, die kriegerischen Auseinandersetzungen konnten sie erfolgreich bestehen, mit Hilfe massiver logistischer Unterstützung der westlichen Staaten, allen voran die USA, aber auch die BRD hat sich daran beteiligt, im Zuge der Sicherheitsgarantien für den Staat Israel, die Konrad Adenauer einst schon ausdrücklich abgegeben hat, in Hinblick auf unsere verbrecherische Vergangenheit den jüdischen Menschen gegenüber. 

Der Staat Israel hat alle Krisen überstanden, für das palästinensische Volk allerdings ist es eine nicht enden wollende Leidensgeschichte. Davon zeugen die verelendeten Flüchtlingslager in Jordanien, Syrien und Ägypten, immer wieder die Brutstätten von Terroraktionen weltweit, ich erinnere nur an das Drama der LH-Landshut in Mogadischu. 

Mit der Einrichtung des Gaza-Streifens glaubte die hohe Politik mit den Abkommen von Camp David Palästina befrieden zu können. Dies ist aber niemals gelungen, da speziell Syrien alle Vereinbarungen boykottierte und die palästinensischen Untergrundbewegungen, sowohl pekuniär als auch waffentechnisch massiv versorgt hat. Neben den Gebietsverlusten sind es in erster Linie die verheerenden wirtschaftlichen Bedingungen unter denen die palästinensische Bevölkerung zu leiden hat. Die Arbeitslosigkeit im Gaza-Streifen ist extrem, es gibt kaum  vernünftige Jobs vor Ort. Also bleibt allein die Möglichkeit in Israel etwas zu finden. Dies ist aber nur mit massiven Überprüfungen möglich, wenn überhaupt, da übergroße Skepsis seitens der israelischen Behörden besteht und das zu Recht, da immer wieder Selbstmordkommandos die Sicherheit der Menschen im Land erschüttert. Dann gibt es überhaupt keine Möglichkeit den Gaza-Streifen zu verlassen, da Israel alles abgeriegelt hat, selbst die Meerseite.

-------- Gerade während ich diese Zeilen schreibe, meldet mir mein Rechner, dass erneut eine Rakete ---------der Hamas auf Tel Aviv abgefeuert wurde, hoffentlich geht das gut! -----------

 Folge dieser Einschnürung ist totaler Versorgungsmangel, was natürlich die Lösung dieser dramatischen Lage mit friedlichen Mittel zusätzlich erschwert. Dies in etwa sind die Gründe, warum die Situation an diesem gefährlichen Punkt angekommen ist. Stündlich ist mit dem Einmarsch israelischer Truppen im Gaza zu rechnen. Die Bilanz bisher lautete; 40 Tote auf beiden Seiten und 350 Verletzte, zum Teil sehr schwer. Bei dem letzten Einmarsch der Israelis mussten etwa tausend Menschen ihr Leben lassen, fast nur Palästinenser. Zudem war das politische Umfeld in einigen arabischen Staaten noch völlig anders, der Einfluss der Moslembruderschaften auf die Politik bestand nicht. Dies hat sich jetzt geändert und mit Ägypten steht eine starke Militärmacht unter ihrem Kommando. Ob sie den Einmarsch in Gaza oder auch nur die massiven Vergeltungsschläge der israelischen Luftwaffe so einfach hinnehmen werden, bleibt noch abzuwarten. 

Die Lunte ist jedenfalls gelegt und entzündet, es wird höchste Zeit, dass seitens des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen erfolgreich gelöscht wird. Dazu gehört aber auch endlich eine Friedenslösung, die von allen Seiten akzeptiert wird, damit die Völker vor Ort friedlich miteinander leben können und nicht mehr damit rechnen müssen, als Staat vernichtet, wie bei den Israelis der Fall oder als Volk zu verelenden und zu verhungern, wie bei den Palästinensern. Dazu möchte ich noch kurz eine Studie erwähnen, die kürzlich erstellt, dargelegt hat, dass nach einer Befriedung der Region, dort die größten Wachstumschancen überhaupt möglich sind, aber ohne eine langfristige Friedenslösung immer ein riskantes Bedrohungspotential mit durchaus atomarem Ausgang bleiben wird. 

Dies darf nicht die Zukunft sein. 

Peter J. König

Samstagskolumne Peter J. König 10.11.2012

Außenpolitische Veränderung  in Obamas  zweiter  Amtszeit !

Der Hype um Obamas Wiederwahl hat sich allmählich gelegt, der Pulverdampf um die teuerste Medienschlacht, die je um das amerikanische Präsidentenamt stattgefunden hat, man spricht von etwa 6 Milliarden US-Dollar, hat sich verzogen und das Fazit für Obama bleibt, dass sich nichts für ihn geändert hat, zumindest was die Problemlage innerhalb und außerhalb der USA angeht. Trotzdem hat die Wahl deutlich gemacht, womit zukünftig in der amerikanischen Politik zu rechnen ist. 

Bei seiner Dankesrede in Chicago, unmittelbar nachdem Mitt Romney seine Niederlage akzeptiert hat, wurde der alte und neue Präsident deutlich, wohin die Reise in den nächsten vier Jahren gehen soll. Dabei gibt es außenpolitisch einige Punkte, die für uns Deutsche und für Gesamteuropa von elementarer Bedeutung sind. Zum einen ist da die Priorität Obamas für den pazifischen Raum, schon bei seinen nächsten Auslandsreisen in den nächsten Wochen wird er mehrere Länder in Südostasien besuchen und ebenfalls an der bald stattfindenden Südostasienkonferenz teilnehmen. 

Dies entspricht genau der neuen Gewichtung in der weltpolitischen Balance. Hier findet die große wirtschaftliche und politische Dynamik statt und hier will Obama präsent sein, um entscheidend mitzureden. Zum anderen wird es immer wichtiger, wie sich das Verhältnis zwischen Amerikanern und Chinesen entwickelt, da sich in China gerade ein Machtwechsel vollzieht, mit einem neuen Führungskader an der Spitze der allmächtigen Kommunistischen Partei. Es ist überhaupt nicht sicher, welchen Weg die chinesische Politik einschlagen wird, sowohl nach innen als auch nach außen. Da die Chinesen zurzeit größtenteils die amerikanischen Staatsanleihen finanzieren, will die Entwicklung Chinas aus amerikanischer Sicht genauestens beobachtet und begleitet sein, eine ganz wichtige Aufgabe für Obama.


Für uns Europäer hat eine weitere Aussage des Präsidenten ein noch viel größeres Gewicht als die pazifische Karte und doch muss man beide veränderten strategischen Ausrichtungen in einem engen Zusammenhang sehen. Obama hat angekündigt, er wolle sich weitgehend vom Öl des Nahen Ostens unabhängig machen. Die Folgen dieser Ankündigung werden den gesamten Bereich Arabiens und des Nahen und Mittleren Osten, aber auch Europa, ja die gesamte geostrategische Lage in der Welt verändern. Beginnen möchte ich aber erst einmal mit der binnenwirtschaftlichen Komponente dieser veränderten Denkstrategie für die Vereinigten Staaten. 

 Natürlich hat Obama diese Ankündigungen nicht ohne eine klare Perspektive gemacht. Dazu muss man wissen, dass die USA seit geraumer Zeit große Anstrengungen unternehmen neue Energiereserven in ihrem eigenen Land zu erschließen. Enorme Gasvorkommen werden mit Hilfe neuer Technologien, wie z.B. dem "wracking" einem komplizierten aber selbst in den USA nicht unumstrittenen Verfahren gefördert, so wie man gleichzeitig feststellen muss, dass die Industriequote, also die Neuansiedlung von industriellen Unternehmen im eigenen Land stetig zunimmt. 

 Einst hat man in großem Stil amerikanische Produktionsstätten ins Ausland verlagert, mit der Folge einer kontinentalen Verwüstung der Industrielandschaft, die eine Massenverarmung nach sich zog. Seit Obama an der Regierung ist, hat sich ein Wandel im industriellen Denken vollzogen, der Weg zur Möglichkeit weitgehend autark in der Energieversorgung zu werden , ist da nur ein logischer Schritt. Bei all diesen Aspekten halte ich es für völlig absurd den Status der Vereinigten Staaten als Supermacht abzuschreiben. Dieses sollten wir als Europäer neben der Tatsache unserer gemeinsamen Wurzeln nicht vergessen.

Was bedeutet nun aber diese Hinwendung zu dem eigenen Land geostrategisch für Europa und die nahöstliche Hemisphäre? 

 Bisher haben die Amerikaner alles unternommen, um ihren Einfluss in den Regionen Europas, Vorderasiens, Arabiens und im nördlichen Afrika geltend zu machen. Dies hat ursächlich mit den unterschiedlichen politischen und wirtschaftlichen Strategien zu tun, die sich in Ost und West durchgesetzt haben und in die entsprechende Blockbildung mündete. Jahrzehntelang bildete nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges der Eiserne Vorhang die Demarkationslinie, an deren westlicher Seite es auch immer wieder „Swing-States“ gab, sowie z.B. Ägypten, Syrien, Algerien, auch innerhalb Afrikas und Südostasiens, als da sind Vietnam, Kambodscha und Laos und weltweit einige mehr. Politik allein hat dabei nie die einzige Rolle gespielt, es ging auch immer um Ressourcen. 

 In Arabien und im Nahen Osten waren dies bekanntermaßen die riesigen Öl- und Gasvorkommen, ohne die die amerikanische Wirtschaft sich nicht in dem Maße hätte entfalten können. Dazu war massiver, politischer und wenn das nicht ausreichte der militärische Eingriff notwendig, Kriege in Afghanistan, dem Irak und Kuweit belegen diese These. Mit der Veränderung der Interessenslage wird sich auch das Engagement in der Region verändern. Dies bietet anderen politischen Kräften die Chance hier verstärkt Fuß zu fassen. Dabei sehe ich den Einfluss der Russen und Chinesen als weniger beunruhigend an, denn beide wollen nicht die Strukturen in den Ländern verändern, sie wollen wie die Amerikaner früher, ihren immer größer werdenden Energiehunger stillen. Unberechenbar ist allerdings das Einbrechen der Fundamentalisten in die Staaten der Öl Region, dies ist ihr wichtigstes strategisches Ziel. Wenn ihnen das gelingt, werden sie reihenweise fallen, die superreichen Potentaten am Golf, denn ohne die Hilfe der Großmächte werden sie von ihren Thronen gestürzt.

Was machen wir Europäer dann mit dieser Bedrohung an unserer südöstlichen Flanke, denn nur ein Ignorant kann glauben, dass diese fundamentalistische Expansion auf diese Staaten beschränkt bleibt?

 Jetzt zeigt sich das ganze Ausmaß unseres europäischen Dilemmas. Würden wir in der Lage sein, eine geschlossene Einheit zu bilden, gleichgültig in welcher Konstellation, ob als Vereinigtes Europa oder wie General de Gaulle es bezeichnet hat, als Europa der Vaterländer, um klar strukturiert, eine gemeinsame Position einzunehmen, um damit einen eigenen weltweit gewichtigen Faktor darzustellen, dann sollte es im Einklang mit den Großmächten durchaus möglich sein, unsere vitalen Interessen so unmittelbar an unseren Grenzen zu schützen. Von alledem sind wir aber meilenweit entfernt. Wir wissen überhaupt noch nicht ob wir als Europäer es überhaupt schaffen werden, eine Einheit zu bilden.

 Wie auch, wenn mitnichten klar ist, wer zu diesem Europa dazu gehören soll. Nach Lage der Dinge sind die Aussichten nicht erbaulich, und es wäre doch so wichtig zu unserer aller Existenzsicherung. Keiner kann uns garantieren, dass nach dem Scheitern der europäischen Idee, wir wenigstens noch als Disneyland für Inder, Chinesen, Brasilianer und sonst aller möglichen aufstrebenden Wirtschaftsnationen taugen. Uns muss klar sein, die Zeit rennt uns davon. Bisher war alles nur ein theoretisches Spiel, mit dem Wandel der amerikanischen Doktrin wird es ernst, bitterer Ernst.

 Nach dem Flug durch die globale außenpolitische Thematik nun zum Schluss noch ein erfrischender Blick auf eine parteipolitische Entscheidung vom letzten Freitag, als die Grünen ihre Führungskandidaten für den Bundestagswahlkampf 2013 bekannt gegeben haben. Hier sollte demonstriert werden, dass die strickenden Gründungsväter und emanzipierten Politmütter nichts an basispolitischer Frische verloren haben, ganz im Gegenteil, dass sie schwächelnden Politkindern in Form von Piratenverkleidung immer noch vormachen können, wie real existierende Demokratie wirklich funktioniert. 

 Zweidrittel der sechszigtausend Mitglieder der Grünen haben sich an dieser Wahl beteiligt und nach mehreren Regionalvorstellungen der Kandidaten ihre Entscheidung gefällt. Im Gegensatz zu allen anderen Parteien im Bundestag treten die Grünen in der Führungsposition als Tandem auf, vielleicht hätte sich die SPD besser ein Beispiel daran nehmen sollen und wäre gleich geschlossen als das bekannte Trio in die Wahlschlacht gezogen, Steinbrück wären bestimmt einige Enthüllungen erspart geblieben. Zurück zu den Grünen, Bewerber gab es genug für diese beiden Spitzenpositionen, denn neben altbewerten Kräften haben sich auch noch einige Politclowns gemeldet, durchaus erfrischend und gut fürs Image, damit man den Unterschied zu den Konservativen erkennt. Trittin schien gesetzt und wurde auch so mit den meisten Stimmen bestätigt. 

 Spannend war der weibliche Part in diesem Führungsduo. Natürlich war Claudia Roth überzeugt, sie werde die Dame an Jürgen Trittins Seite sein, Frau Roth ist von allem überzeugt, was sie propagiert und dies nicht immer zur Freude der Beobachter. Dies müssen auch viele Parteimitglieder anders gesehen haben, denn mit 25% aller Stimmen hat sie nur den vierten Rang erreicht. Dritte wurde Frau Künast, aber eindeutig zur zweiten Doppelspitze wurde Frau Göring–Eckardt gewählt, die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages und engagierte Protestantin, für meine Begriffe eine gute Wahl. Mit diesen beiden Personen werden die Grünen sowohl bei der CDU als auch bei der SPD ordentlich abgrasen. Für Claudia Roth allerdings war es ein Desaster, weil sie bei dieser geringen Zustimmung sich fragen muss, ob sie am kommenden Wochenende überhaupt noch eine Chance hat für den gemeinsamen Parteivorsitz wiedergewählt zu werden. Zugegeben ich würde sie vermissen. Über Jahre hinaus eine fast unerträgliche Nervensäge, hat man sich im Laufe der Zeit mit ihrem Stil des Auftretens arrangiert, mit ihrer Argumentation habe ich allerdings auch heute noch so meine Schwierigkeiten. Nichts desto trotz, sie konnte einem schon ans Herz wachsen, die Grünen sollten sich genau überlegen, ob sie diesen bunten Vogel aufs Altenteil schicken. 

Peter J. König

Sonderkolumne zur Wahl von Barack Obama für die zweite Amtszeit 07.11.2012

Es war eine lange Nacht und eine spannende dazu. Nach anfänglichen Verunsicherungen hat sich Barack Obama doch recht deutlich von seinem Herausforderer Mitt Romney absetzen können. Ein kurzer Blick ins Net und jetzt um 16:36 Ortszeit Frankfurt/M. liegt die Stimmenverteilung der Wahlmänner wie folgt:

 Obama 303 
 Romney 206 

271 Stimmen waren notwendig um die Wahl zu gewinnen, wobei es bei den meisten Bundesstaaten schon im Voraus ziemlich klar ist, wie sie sich entscheiden werden, da es gewisse Hochburgen für die beiden Lager gibt, auf Grund langer Traditionen, wo innerhalb der Familien die politische Überzeugung von einer Generation auf die nächste übertragen wird. Hier einen Wechsel zu schaffen, kommt schon einer Sensation gleich. 

Daneben gibt es die sogenannten „Swing-States“, Bundesstaaten, von denen man im Voraus nie sagen kann, welcher Partei mit seinem Kandidaten die Stimmen zufallen werden. Hier ist entscheidend, wie sich die Bewerber präsentiert haben, wie sie bei den Wählern angekommen sind. Zu diesen Staaten gehören z.B. Ohio, Florida, North Carolina und einige andere mehr, etwa 7 bis 8 an der Zahl. Hierher fließt das mit Abstand meiste Geld, das in den Wahlkampf von beiden Seiten gepumpt wird. Viele Millionen Dollar werden in Fernsehspots, Wahlmannschaften und spektakuläre Wahlauftritte der Bewerber investiert, ganze Werbeschlachten werden in diesen “Swing-States“ geschlagen. 

Von Ohio sagt man, dass der Wahlkampf von Obama sich ohne Unterbrechung seit seiner ersten Wahl fortgesetzt hat. Gott sei Dank bleibt dies uns in Deutschland bisher erspart, ansonsten müsste man ernsthaft über Auswanderung nachdenken müssen. Jedenfalls hat es Barack Obama geschafft, ein zweites Mal zum Präsident gewählt worden zu sein. Für ihn persönlich ist das besonders wichtig, aber auch für die Vereinigten Staaten, denn er hat jetzt die Chance endlich doch noch seine großen Reformvorhaben, die das Land dringend braucht, umzusetzen. Ein entscheidender Grund, warum es mit seiner Wiederwahl so schwierig geworden ist, hat genau damit zu tun, dass er viele seiner Wahlversprechen nicht wahr gemacht hat. Er konnte nicht die Wirtschaft so maßgeblich wieder in Schwung bringen, dass sich die Arbeitslosigkeit entscheidend verringert hat, bei Präsidentschaftswahlen immer mit der wichtigste Faktor. Dass er verheerende Verhältnisse von seinem Vorgänger George W. Bush übernommen hat, zählt für die meisten Amerikaner nach vier Jahren nicht mehr, deshalb auch der Schlachtruf der Republikaner zu dieser Wahl in Anlehnung zu Obamas Slogan bei seiner ersten " yes, we can" , nun die Antwort " he cannot". Zudem war seine farbige Anhängerschaft, vier Jahre zuvor seine glühendsten Verehrer und die Basis seines Wahlerfolges maßlos enttäuscht, sie hatten große Chancen durch Obama erwartet, aber es hat sich nichts für sie verändert. Wie sich das bei der gestrigen Wahl auswirken würde, war zuvor unklar. 


Die große Euphorie ist bei dieser Bevölkerungsgruppe zwar dieses Mal nicht mehr ausgebrochen, aber sie haben Obama nicht im Stich gelassen. Sie haben ihm geglaubt, dass weitere vier Jahre notwendig sind, um die alten Versprechen einzulösen. Hier nun liegt der Punkt, ob Obama später als nur durchschnittlich bewertet wird oder ob er als großer Präsident in die Geschichte eingeht. Dieses hängt jetzt aber nicht allein von ihm ab. Wichtig ist, wie er sich gegen das Abgeordnetenhaus positionieren kann, da dort wohl die Republikaner weiterhin die Mehrheit haben werden und sie bei den meisten Gesetzesvorhaben mit eingebunden sind. Im Senat kann sich Barack Obama in der Regel auf seine Parteifreunde verlassen, da sie dort die Mehrheit repräsentieren. Im Gegensatz zu seiner ersten Amtszeit, er braucht nicht mehr auf seine Wiederwahl zu schielen, denn nach der zweiten Amtszeit ist gemäß der Verfassung Schluss, wird er jetzt kompromissbereiter verhandeln, er kann sich ganz auf seine großen Vorhaben konzentrieren. Gelingt es ihm allerdings nicht, sich mit den republikanischen Abgeordneten zu einigen, sollten also seine Reformvorhaben an diesem Haus scheitern, wird er als "lame duck", als lahme Ente seine zweite Amtszeit hinter sich bringen müssen, mit verheerenden Folgen für sein Image. 

Dies ist weder ihm noch dem amerikanischen Volk zu wünschen, zumal die Menschen das parteipolitische Geschachere Leid sind, sie wollen, dass gemeinsam die längste Wirtschaftskrise der letzten hundert Jahre in den USA überwunden wird. Nach dem erbitterten Wahlkampf, und hier wird mit ganz anderen Bandagen gekämpft wie bei uns, da Verleugnungen und falsche Anschuldigungen an der Tagesordnung sind (bei Obama etwa 30% und bei Romney etwa 40% aller TV-Spots), ist es schwer genug für die Parteien wieder aufeinander zuzugehen. Erschwerend kommt noch hinzu, dass die Republikaner zunehmend von Tea-Party-Anhängern unterwandert worden sind, Leute, die keinen Realsinn für Politik entwickeln, sondern Eigenbrötler, die Fundamentalisten gleich, auf ihrer verqueren Meinung beharren. 

In diesem Punkt hat sich die amerikanische Politik entscheidend verändert, mit der Folge, dass Kompromisse kaum mehr zustande kommen, obwohl das Wohl der Menschen davon abhängt, zumal die Bürger sich nichts sehnlicher wünschen. Kritische Beobachter in den USA sehen in dieser Entwicklung eine bedeutende Krise, die es dringend zu lösen gilt. Dies in etwa ist die Situation, in der Barack Obama seine zweite Amtszeit in Angriff nehmen wird. Zwar hat Mitt Romney versprochen, und das tun alle Wahlverlierer unmittelbar nach dem Votum des amerikanischen Volkes, sie würden alles für den Zusammenhalt der Nation unternehmen und sich geschlossen hinter den Präsidenten stellen, aber erfahrungsgemäß sind diese Versprechen nicht von großer Dauer, denn die nächste Wahl wirft schon wieder ihre Schatten voraus, siehe Ohio, dem Bundesstaat wo der Wahlkampf niemals schläft. 

Wenn Obama trotz all dieser Widrigkeiten doch die wesentlichen Reformvorhaben in der kommenden Legislatur durchboxen wird, dann hat er bewiesen, dass er ein bedeutender Präsident ist, die überwiegende Mehrheit der Amerikaner wird ihn dafür lieben. Er wird zwar nie solche Zustimmungszahlen wie in unserem Land erreichen, wo nach Umfragen über 90% der Deutschen ihn zum amerikanischen Präsident haben möchten, doch da spielen politische Überlegungen eher eine untergeordnete Rolle, hier kommt zweifellos seine charismatische Persönlichkeit voll auf ihre Kosten. Die Erwartungen an Obama sind weiter enorm, es ist ihm zu wünschen, dass er das nötige „Fortune“ entwickelt, denn noch immer verkörpert er den amerikanischen Traum, aus einfachen, ja schwierigen Verhältnissen als erster Afroamerikaner an die Spitze der Vereinigten Staaten zu gelangen, eh ein historisches Moment. 

Amerika braucht mehr denn je einen solchen charismatischen Führer, zumal die weltpolitische Bedeutung und die wirtschaftliche Überlegenheit ins Wanken geraten sind, nicht unbedingt eine Stärkung des nationalen Bewusstseins. Wie Henry Kissinger, der frühere amerikanische Außenminister in einem Fernsehinterview im Zuge der gestrigen Wahlnacht zu bedenken gab: eine lange Periode amerikanischer Dominanz ist im Abflauen begriffen, Amerika kann im Alleingang nicht mehr sämtliche Probleme der Weltpolitik lösen, jetzt heißt es weitere Partnerschaften einzugehen, aber Amerika ist immer noch eine sehr bedeutende Weltmacht und dies wird sich auch nicht ändern, so Kissinger. 

Obama wird allen Ehrgeiz aufbieten seine hochgesteckten Ziele zu erreichen. Dabei wird er sehr tatkräftig von seiner Ehefrau Michelle unterstützt, wie man während seiner ganzen politischen Karriere feststellen konnte. Seine ehemalige Konkurrentin und spätere Weggefährtin als Außenministerin, Hillary Clinton wird eine zweite Amtszeit nicht mehr mit ihm gehen, sie wird aus dem Amt ausscheiden. Gerade diese beiden Persönlichkeiten, Hillary und Barack haben nach der Wahl vor vier Jahren gezeigt, dass man nach einem harten Wahlkampf doch wieder gemeinsam sich für das Land einsetzen kann, dies werden ihnen die Amerikaner nicht vergessen. Ebenfalls nicht vergessen haben die Bürger, dass Hillary Clintons Mann Bill erst in seiner zweiten Amtszeit als Präsident, die notwendigen Reformen durchsetzen konnte, die zu einem bedeutenden wirtschaftlichen Aufschwung geführt, damit der Haushalt saniert wurde und die Amerikaner, aber auch die Weltwirtschaft insgesamt sehr gute Zeiten erlebt haben. Auch Barack Obama wird sich sehr genau daran erinnern und versuchen es Bill Clinton gleich zu tun. 

 Peter J. König