Samstagskolumne Peter J. König, 29. Oktober 2011

Stehen wir am Vorabend einer irgendwie gearteten Revolution?

Bevor wir uns noch einmal mit der Schuldenkrise und den Beschlüssen von dem Brüsseler Gipfel am letzten Mittwoch befassen, gilt es vorab jedoch sich mit einer höchstrichterlichen Entscheidung auseinanderzusetzen, die Anfang letzter Woche verkündet wurde und die endlich etwas Ordnendes in die Niederungen des Internets bringen könnte.

Der Bundesgerichtshof hat nämlich entschieden, der Anonymität im Netz gewisse Grenzen zu setzen, damit die Benutzer von "Phantasienamen" nicht wahllos Beleidigungen und falsche Anschuldigungen im Netz verbreiten können, ohne dass man ihnen auf die Spur kommen kann und sie zur Rechenschaft gezogen werden können. Die obersten Richter haben entschieden, dass im Falle einer anonymen Attacke, respektive Ehrabschneidung der Betroffene über den Betreiber der Plattform, eine Klärung mit dem Verursacher verlangen kann und wenn dieses nicht geschieht, die Löschung durch den Plattformbetreiber sofort durchzuführen ist.

Endlich sind erste Schritte möglich, um diesen Dummschwätzern, selbst ernannten Oberlehrern, Besserwissern und Lügenverbreitern hinterherzugehen, um ihr idiotisches Handeln zu unterbinden, da sie bislang glaubten über "Fake-Accounts" sich alles erlauben zu können, sie fühlten sich ja in ihrer selbst gewählten Anonymität sicher. Dabei haben die allermeisten dieser "Hirnis" deutlich gezeigt, wessen Geistes Kind sie sind und welches "Charakterschwein" in ihnen steckt. Wer oft im Netz unterwegs ist, weiß allzu genau, was ich damit meine.

Endlich kommt Transparenz ins Netz. Doch dies kann nur der Anfang sein, denn die Offenlegung der Personalien der Handelnden sollte jederzeit gewährleistet sein, denn in der virtuellen Welt gelten die gleichen Gesetze wie in der Realität. Der Tatbestand der Beleidigung oder Nötigung zum Beispiel muss genau so verfolgbar sein, muss genau so von einem Richter geahndet werden können, wie dies im realen Leben möglich ist.

Es kann nicht sein, das jemand sich hinter den Pseudonymen "Goodfellow", "Hei-No", "Dr. T. Beuthel" oder „Kunde“ etc. versteckt und meint, unerkannt Manipulationen und Beleidigungen jeglicher Art zu verbreiten. Diese Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist wirklich ein erster wichtiger Schritt, um der Vernunft und Klarheit im Internet wieder größere Möglichkeiten einzuräumen.


Jetzt aber zum Schuldenkrisengipfel:

Nach zehnstündigem Verhandlungsmarathon hat am Donnerstagmorgen kurz nach 4.00 Uhr in der Frühe unsere Bundeskanzlerin, noch erstaunlich frisch anzusehen, den Durchbruch bei dieser Krisenbewältigung verkündet und hat gleichzeitig damit gezeigt, dass ihr "standing" ungleich besser ist als das von "Klein-Sarko", denn ihm hat bei seiner Pressekonferenz die nötige Konzentration gefehlt, als er begrifflich den Euro mit dem Dollar verwechselt hat und er sich eigentlich in einem bedauernswerten Zustand zeigte, ganz konträr zu seinem üblichen staatsmännischen Habitus als „monsieur le president de la grande nation“. Verzeihen wir es ihm, denn er hat bestimmt nur in der Nacht zuvor, anstatt zu schlafen, sein neugeborenes Töchterchen bewundert.

Doch, was hat man in Brüssel jetzt erreicht? Ist der Euro nun wieder sicher? Ist Griechenland gerettet und verbleibt weiterhin im Euroverbund? Werden die Finanzmärkte jetzt Ruhe geben? Hört vielleicht sogar die Spekulation der Märkte gegen einige dramatisch überschuldete Länder im Währungsverbund auf?

Fragen über Fragen!

Also beschlossen wurde, dass der Eurorettungsschirm mittels des mittlerweile in aller Munde kursierenden Hebels auf über eine Billion Euro ausgeweitet (gehebelt) wird. Dies soll mithilfe von Anlegern geschehen, die ihr Geld bis zu 30% durch die früher festgelegten Einlagen der Euromitgliedsländer gesichert bekommen sollen. Das erste Ziel aus deutscher Sicht soll damit erreicht sein, nämlich keine Anhebung der Garantiesummen des Rettungsschirms. Es bleibt bei der von der großen Mehrheit des Bundestages beschlossenen Garantieleistung der Bundesrepublik Deutschland.

Weiterer Knackpunkt und eventuell entscheidend über Absturz oder Gelingen der Verhandlungen war die Haltung der Banken und Versicherungen, die bei der unumgänglichen Maßnahme eines Schuldenschnitts für Griechenland, um so dem Land überhaupt eine reelle Chance zu verleihen, wieder auf die Beine zu kommen, sprich sich wieder wirtschaftlich zu entwickeln und nicht um in den Schulden zu ertrinken, ein gewichtiges Wort mit zu reden hatten.

Da sich Griechenland bei den internationalen Staats- und Privatbanken durch ihre Staatsanleihen so hoch verschuldet hat, diese Schulden aber überhaupt nie mehr geordnet durch den griechischen Staatshaushalt zurückgezahlt werden können, blieb nur ein kräftiger Schuldenschnitt (hair- cut) übrig, wenn man das Land nicht in eine ungeordnete Insolvenz rauschen lassen wollte, ungeordnet deshalb, weil bislang die Abwicklung einer Staatsinsolvenz für die Staaten des Euro-Raumes nicht existiert.

Klar war allen Protagonisten, dass dann sofort der sogenannte Dominoeffekt eintreten wird, dass Länder wie Irland, Portugal, Spanien, Frankreich und Italien ebenfalls höchst gefährdet sind, dank ihrer extremen Staatsverschuldungen.

Diese Länder würden, ähnlich wie Griechenland, dann an den Finanzmärkten Zinsen von bis zu 20% zahlen müssen, um frisches Geld zu erhalten, was wiederum die Verschuldung noch schneller in die Höhe treiben würde. Der Rettungsschirm soll diese extremen Zinsen ja auf ein erträgliches Niveau herunterfahren, ein Niveau, das in etwa zwischen 2-4% veranschlagt werden kann.

Für die gefährdeten Länder zusammen wäre allerdings kein Rettungsschirm groß genug gewesen, damit alle hätten darunter flüchten können.

Deshalb musste der Versuch unternommen werden, Griechenland zu retten und dies funktionierte nur dann, wenn man den Griechen einen großen Teil der Schulden erlässt.

Hier nun kommen die Banken ins Spiel. Sind sie dazu zu bewegen, auf große Teile zu verzichten? Wie hoch muss ein solcher Forderungsverzicht ausfallen, damit Griechenland die verbleibende Schuldenlast realistischerweise tragen kann?

Ich will es kurz machen. Merkel und Sarkozy sind in der Nacht persönlich zu den Verhandlungen mit den Bankenvertretern gegangen und haben ihnen ein Angebot gemacht, das sie wirklich nicht ablehnen konnten: 50% Forderungsverzicht, um dann die restlichen 50% mit 30% durch den Rettungsschirm zu sichern, war ihre alternativlose Forderung oder, der Totalausfall droht, anders übersetzt: Vogel friss oder stirb.

Am Donnerstag hat Josef Ackermann, der oberste Vertreter des internationalen Bankenverbandes, in einer ersten Stellungnahme sehr staatsmännisch von einer klugen zielführenden Entscheidung gesprochen, bei der sich die Bankenwelt sehr verantwortungsbewusst gezeigt hat, denn sie haben mit ihrer Entscheidung auf 50% der Forderungen zu verzichten, Wesentliches zur Krisenbewältigung beigetragen, so Ackermann.

Mir scheint, als hätte ich ein hintersinniges Lächeln über das Gesicht von Herrn Ackermann huschen sehen, als er dieses Statement abgab. Der alte Fuchs, welche Zugeständnisse hat er der Politik außerdem noch abgetrotzt, die in den Kommuniqués nicht öffentlich gemacht worden sind? Fakt ist, welche Beschlüsse auch gefasst werden, die Banken sind immer auf der Gewinnerseite.

Es wäre nicht die erste Zusatzvereinbarung, die bei solchen Verhandlungen die Bankenseite geschmeidiger werden lässt, um so der Politik die Möglichkeit zu geben, Erfolge zu verkünden.

"On verrat", wie der Franzose sagt, man wird sehen.

Des Weiteren müssen die Banken ihr Kernkapital auf 9% erhöhen, d.h., ihr Haftungskapital wird dadurch gestärkt, mit dem erwünschten Ziel, dass sie bei den nächsten größeren Forderungsausfällen nicht gleich wieder zu Wackeln anfangen und dann wie mehrfach geschehen, wieder vom Steuerzahler gerettet werden müssen. Somit soll der Anschein erweckt werden, als sollen sie demnächst ihre fehlgeschlagenen Zockereien selbst bezahlen. Diese Kapitalerhöhungen sollen sie sich über den Kapitalmarkt selbst besorgen, erst wenn das nicht möglich ist, kommen Nationalbanken zur Hilfe, wenn auch dieses scheitert, springt der Rettungsschirm ein.

Ich gebe zu, die Systematik der Beschlüsse könnte verwirrend sein, deshalb habe ich auch darauf verzichtet, alles noch mit den entsprechenden Zahlen zu unterlegen. Natürlich sind die Zahlen sehr wichtig, denn wir reden über Summen im Billionenbereich, Summen, die man sich eigentlich gar nicht mehr vorstellen kann.

Doch genau so wichtig ist es oder vielleicht sogar noch wichtiger, sich über den Sinn des Ganzen Gedanken zu machen. Dazu gehört natürlich auch die Frage: Wo bleibt eigentlich der gesamte "Bimbes", (Originalwort Helmut Kohl), der verbraten worden ist und wer ist der Nutznießer des Ganzen?

Was geschieht eigentlich hinter den Kulissen, ohne dass der gemolkene Steuerzahler, der geprellte Anleger überhaupt weiß, was mit seinen Steuergroschen oder seinem Ersparten geschieht?

Donnerstagabend bei dem Polit-Talk von Frau Illner im ZDF hat man je nach Interessenlage der einzelnen Diskutanten, die Beschlüsse von Brüssel, etwas zu erhellen versucht. Interessant fand ich dabei die Aktion eines Wirtschaftsjournalisten, der zu Versuchszwecken Griechenlandanleihen vor einigen Wochen gekauft hatte, um experimentell zu erfahren, was denn mit seinem Geld in Form der Anleihe geschieht. Wunder oh Wunder, kein Absturz, kein Totalverlust, nicht einmal Geldschwund, sondern eine Renditesteigerung von 16% innerhalb eines Zeitraumes von 4-6 Wochen registrierte der Journalist.

Da er nur einen relativ geringen Betrag von etwa 8 Tausend Euro eingesetzt hat, ist der Gewinn noch überschaubar, die Gewinnmarge allerdings weit über dem normalen, bei Tagesgeld gibt es vielleicht 1-2%. In den großen Zockerbuden, spricht Investmentbanken werden allerdings Milliarden eingesetzt und dann dämmert es dem Betrachter allmählich, wo diese Ulta-Rettungssummen abgeblieben sein können.

Alle diese Abläufe werden allmählich durchschaubar und deshalb wundere ich mich nicht, dass die Menschen weltweit, sich zusammentun, um diesen Entwicklungen Einhalt zu gebieten, um lautstarken Protest gegen diese Machenschaften auszuüben.

Noch ist dieses Aufbegehren in den allerersten Anfängen, wie man in Frau Illners Sendung durch die unausgegorenen Aussagen von zwei jungen Aktivisten dieser Bewegung feststellen konnte. Aber eins zeigt die neue Protestbewegung schon jetzt ganz deutlich, die Menschen haben die Schnauze voll von der Gier einer kleinen, privilegierten Minderheit, auf Kosten der großen Allgemeinheit und vielleicht ist es nur noch eine Frage der Zeit, wann sich die aufgestaute Wut in Gewalt entlädt.

Nicht umsonst bekommt die Piratenpartei nach neuesten Umfragen auf Anhieb einen Stimmenanteil von 10%, wenn am kommenden Sonntag gewählt werden würde. Dabei wissen die Wähler noch nicht einmal, wofür die „Piraten“ eigentlich stehen, sie wissen es ja selbst noch nicht einmal so ganz.

Festzustellen ist jedenfalls, dass das Lagebild sehr diffus ist und dass klare Konturen mitnichten zu erkennen sind. Dies muss sich schleunigst ändern.

Peter J. König

Samstagskolumne Peter. J. König, 22.10.2011

Die Gipfel häufen sich. Werden sie auch zum notwendigen Ergebnis führen?


Heute zu einem Thema, dass nicht nur die überschaubare europäische Landkarte berührt, sondern wirklich alle und ich meine damit die globale Bevölkerung angeht.


Wir stecken in einer großen Krise, die von mehreren kleineren Krisen begleitet wird. Doch was ist die große Krise, die die Menschen überall in der Welt verunsichert? Ist es die Staatsschuldenkrise, ist es eine erneute Wirtschaftskrise oder ist es vielleicht doch nur eine Eurokrise, weil einige Länder des Eurowährungsverbundes ihre Mitgliedschaft dazu benutzt haben, auch mal das ganz große Rad zu drehen, ihnen jedoch zwischendurch „die Spucke“ wegblieb, um bei nachlassender Wirtschaftsdynamik die Belastungen dauerhaft stemmen zu können.

Wir alle haben einen Eurogipfel an diesem Wochenende erwartet, der letztendlich Klärung bringen, der den Finanzmärkten wieder klare Perspektiven geben sollte, der damit auch der Realwirtschaft wieder neue Chancen bietet und damit Stabilität ins Gesamtgefüge bringt.


Jedoch weit gefehlt, am heutigen Samstag stehen wir vor einem großen Chaos, das zu entwirren fast unmöglich scheint. Der Gipfel, der zu einem Befreiungsschlag werden sollte, ist zu einem Gipfelchen mutiert, da Angela Merkel und Herr Sarkozy sich nicht darauf einigen können, ob der Eurorettungsschirm nur als Rückendeckung, quasi als Versicherung, wie die Bundeskanzlerin dieses Finanzinstrument präferiert, ausgelegt werden soll oder wie der französische Präsident es unbedingt haben möchte, in Form einer Bank installiert wird, mit der Möglichkeit, sich bei der Europäischen Zentralbank, über die Deckungssumme hinaus, weiteres Geld zu beschaffen.


Dieses soll in Form eines sogenannten Hebels stattfinden, die 711 Milliarden Euro dienen dabei zum zwanzigprozentigen Eigenkapitalbeitrag, um damit eine Summe von über 3 Billionen zu akquirieren. Diese unvorstellbare Summe würde dann einen fünffach größeren Rettungsschirm ausmachen.


Dieses hätte zwangsläufig zur Folge, dass auch das Risiko für den Steuerzahler massiv steigen würde, denn er müsste im Falle von größeren Ausfällen bei Rückzahlungen für diese Summen aufkommen. Schließlich hätte man sich ja nicht nur für den Umfang von 711 Milliarden verbürgt, sondern durch den Hebel zeichnet man auch für die Gesamtsumme von 3 Billionen verantwortlich.


Dies wäre eine massive Überbelastung für den Steuerzahler, also für die Bürger der einzelnen Länder, die für den Rettungsschirm sich in den entsprechenden Höhen verbürgt haben. Übrigens ist die Europäische Zentralbank (EZB) auch ein staatliches Instrument, das von dem europäischen Steuerzahler getragen wird.


Weshalb aber nun die Kontroverse zwischen Frankreich und Deutschland, sodass Monsieur Sarkozy selbst die Geburt seiner ersten Tochter hinten anstellen musste, um überraschenderweise zur Verabschiedung des EZB-Präsidenten Trichet nach Frankfurt zu fliegen, um dort mit Frau Merkel zu einem Verhandlungsergebnis zu kommen, das die französische Seite präferiert.


Dazu muss man wissen, dass die französischen Banken mit einem viel größeren Engagement von Staatsanleihen kriselnder Eurostaaten belastet sind und zwar nicht wie bei uns die staatlichen Banken, wie etwa die Landesbanken oder die KfW, sondern im Falle der französischen Institute handelt es sich durchweg um Privatbanken, die mit Geldern aus dem privaten Sektor arbeiten.


Im Falle eines Crashs würde so das Geld von Bürgern, Unternehmen, Versicherungsanstalten, Pensionskassen und sonstiger privatwirtschaftlicher Investoren betroffen sein. Frankreich würde brennen, der europäische Einigungsgedanke wäre geplatzt. Dies ist das Problem von „monsieur le president“.


Deshalb war er bei dem Gespräch in Frankfurt nicht einen Millimeter von seinem Standpunkt wegzubewegen.


Aber auch unsere Kanzlerin hat ein Problem in dieser Sache. Sie hat sich festgelegt, dass über die Summe hinaus die im Bundestag für den Rettungsschirm veranschlagt wurde, keinerlei weitere Erhöhung mehr stattfinden soll. Auch sind die Bundestagsabgeordneten nicht mehr bereit, sich kaltstellen zu lassen, in dem weitere Beschlüsse nur von dem Haushaltsausschuss genehmigt werden. Sie wollen das unbedingte Mitspracherecht bei diesem komplexen Thema.


Zudem ist seitens der EU in Brüssel noch kein konkretes Papier erstellt worden, das aufzeigt, welche Maßnahmen zur großen Krisenrettung von den Gipfelteilnehmern beschlossen werden sollen. Die Folge wird sein, dass am Mittwoch kommender Woche ein erneuter Gipfel stattfinden wird, der endlich zu einer brauchbaren Lösung führen soll. Dazu wäre es aber unbedingt notwendig, dass sich die Hauptakteure, nämlich Deutschland und Frankreich auf ein gemeinsames Konzept des Rettungsschirmes einigen. Bei der soeben beschriebenen Ausgangslage ist dies wirklich ein chaotisches Unterfangen.


Über die Summen, die im Raum stehen, darf man gar nicht erst nachdenken, denn drei Billionen Euro sind etwa sechsmal der Gesamthaushalt eines Jahres der Bundesrepublik Deutschland, unvorstellbar und sehr riskant, selbst für ein so reiches Land wie das unsrige.


Allmählich erkennt man die Dimension der Krise und zu allem Überfluss geht auch noch die Zeitschiene dem Ende entgegen, denn aussitzen führt unweigerlich zum Crash, wie ich bereits in der letzten Kolumne angedeutet habe. Die Ratingagenturen liegen auf der Lauer. Amerika mahnt lauthals die Europäer, sie sollen endlich zu einer praktikablen Lösung kommen, denn Amerika selbst steckt bis zum Hals in Schulden und sie wissen auch nicht so recht, wie sie diese bekämpfen sollen. Eine gefährliche Melange. Irgendwie geht es jetzt ans Eingemachte und die wichtige europäische Idee steht auf dem Spiel.


Altbundeskanzler Helmut Schmidt hat es sich in seiner Rede zur Verabschiedung von Herrn Trichet in der Alten Oper zu Frankfurt deshalb, trotz seines hohen Alters von 92 Jahren, nicht nehmen lassen, der aktuellen Politik die Leviten zu lesen.


Im Laufe seiner Ausführungen in Rage gekommen, gipfeln seine Erkenntnisse darin, dass es keine Eurokrise gibt, sondern dass wir in einer Politikkrise stecken, dass die europäischen Politiker es bislang nicht geschafft haben, die Probleme gemeinsam zu lösen, was letztendlich bedeutet, dass unsere europäischen Politiker unfähig sind, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern. Dies ist wirklich eine schöne Aussicht für die Zukunft.


Zum Schluss möchte ich bei allen derzeitigen Krisen, doch noch etwas Positives übermitteln. Der Wein des neuen Jahrgangs 2011 soll nach Auskunft des Winzerverbandes ein ganz hervorragender Jahrgang werden. Da auch die Ernteerträge überdurchschnittlich sind, müssen zumindest die Winzer momentan nicht mit einer Krise leben. Ganz im Gegenteil, bei den vielen großen und kleinen Schwierigkeiten wird bestimmt die eine oder andere Flasche dieses edlen Getränkes bei den Betroffenen dazu führen, die gegenwärtige Trostlosigkeit für einige Stunden zu vergessen.

Peter J. König






































Samstagskolumne Peter J. König, 15.10.2011

Die intellektuelle Welt war zu Gast in Frankfurt.

Nun ist sie vorbei die größte Bücherschau der Welt, die Frankfurter Buchmesse. Im Jahreskalender der Stadt Frankfurt ein wirklicher Höhepunkt mit Ausstrahlung auf die ganze Welt hinaus.

Entsprechend war der Auftritt in der Stadt, nicht nur auf dem Messegelände selbst, sondern auch auf den Partys bei den ansässigen Verlagshäusern, wie S. Fischer, Frankfurter Verlagsanstalt, Suhrkamp und einigen anderen Verlagen. Bei der gehobenen Gastronomie, wohin die auswärtigen Verlage gerne ihre Autoren Prominenz jeglicher Art und auch die Pressevertreter gerne einladen, war Hochbetrieb.

Die angesehene FAZ lässt ihre Mitarbeiter die Geschehnisse rund um die Uhr begleiten, was diese wieder veranlasst, so manchen Stoßseufzer in ihre Reportagen oder Kolumnen einfließen zu lassen. Mitunter hat man den Eindruck, nach der Messe sei für diese Journalisten nicht nur eine überfällige Trinkpause notwendig, sondern sie würden auch gut daran tun, eine Woche lang die Täler des Odenwaldes zu durchstreifen, um so bei frischer kühler Luft die strapazierten Hirnwindungen durchzublasen, um sich auf diese Weise, von den geistigen Ergüssen eines Herrn Calmund, einer Katzenberger oder sonstiger, von plötzlichen Geistesblitzen getroffener Personen aus dem „Yellow Press“–Bereich, zu befreien. Ein wirklich harter Job bei der noblen Frankfurter Allgemeinen Zeitung, dem nur die besten Schreiberlinge des Landes gewachsen sind. Verständlich, dass die Auslese deshalb so gnadenlos ist.

Es gibt natürlich auch angenehme Events, über die es zu berichten gilt, so zum Beispiel die Einladung ins „Restaurant Druckwasserwerk“, wo der Spitzenkoch Alfons Schuhbeck aus seinem neuen Buch über Gewürze ein entsprechendes und damit höchst anschauliches Beispiel gibt, wie einzigartig Gewürze die Küche generell bereichern und wie speziell der Meister in Form eines gelungenen Menüs damit umzugehen weiß. Anschaulicher kann man Wissen nicht mehr demonstrieren.

Wenn man dann noch erfährt, dass ein weiterer Spitzenkoch, nämlich Nelson Müller, dieses Mal einmal anders, die Veranstaltung mit seiner musikalischen Spitzenband garniert hat, dann weiß man, dass es auch lichte Momente im Leben eines Zeitungsredakteurs gibt. Der Verlag Zabert Sandmann hat sich wirklich etwas Gelungenes einfallen lassen.

An diesem Beispiel wollte ich einmal kurz demonstrieren, was alles während der Messe hier los ist und was auch noch möglich ist, wenn meine Frau unverhofft und hochbeglückt plötzlich mit der Oberbürgermeisterin der Stadt Frankfurt Petra Roth amüsant plaudern kann, so wie auf der Einladungsparty beim S. Fischer-Verlag geschehen, wenn wir trotz allen Messestresses gestern Abend bei der Open Party 2011 im Literaturhaus endlich einmal wieder abrocken konnten, nicht ohne meine diversen Beobachtungen zu machen.

Schon beim Eintritt fühlte ich mich in meine Uni-Zeit vor etwa 40 Jahren versetzt, da eine lächelnde Studentin mir unbedingt einen Stempel mit zwei roten Herzen auf den Unterarm verpasst hat. Sofort ging mal wieder ein Türchen in meinem Kopf auf und die Mensa der Universität Mainz kehrte zurück, damals Veranstaltungsort für Semesterfeten. Ansonsten nichts Vergleichbares und nicht nur, weil das Literaturhaus auch ältere Semester anzieht, das haben die Uni-Feten der früheren Jahre auch vermocht, da so mancher Dozent oder Professor sich locker unter die Tanzwütigen gemischt hat, wobei den selektiven Augen dieser studierten Herren nichts entging und „Groupies“ auch schon zu dieser Zeit nach Idolen Ausschau hielten.

Nein, hier und heute, sprich gestern Abend, dominierten eindeutig die Vertreterinnen des weiblichen Geschlechtes, nicht nur in der Anzahl, sondern auch im Auftreten und besonders beim Bewegungsdrang. Sie haben das Parkett eindeutig für sich in Anspruch genommen, mit überwältigender Mehrheit, ähnlich werden sie Zug um Zug die führenden gesellschaftlichen Positionen für sich einnehmen, daran geht kein Weg vorbei, meine Herren.

Vielleicht ist das die Möglichkeit, unser marodes gesellschaftliches Gefüge wieder einigermaßen ins Lot zu bringen. Ein symptomatisches Bild: Die Männer stehen drum herum, mit der Bierflasche in der Hand, durchaus interessiert, aber initiativlos und diese Herren waren keineswegs nur im studentischen Alter. Kein Wunder, dass so manche weibliche Paarung nicht nur über Literatur geplaudert hat, sondern dass die Ambitionen sich sichtbar auf tiefere Lebensbereiche ausgedehnt haben.

Trotz aller Zeitenunterschiede, in einem Punkt ist es wie eh und je und wird es wohl auch immer bleiben: Wenn der DJ die Stones rocken lässt, dann geht die Post ab, altersübergreifend und intersexuell.

Ja, in diesen Messetagen ist Frankfurt, der geistige Nabel der Welt, der Buchwelt und jeder hat die einmalige Gelegenheit, sich zu informieren, Autoren von Weltrang zu hören, Lesungen finden aller Orten statt, und wenn man sich umtut, kann man auch durchaus interessante Partys besuchen, speziell zur Messezeit veranstaltet, auch ohne dass man einen Presseausweis als Türöffner vorweisen kann.

Jedoch es waren auch dunkle Schatten über der Messe auszumachen, alles noch nebulös, ohne dass es von irgendeiner Seite offizielle Erklärungen gibt. Fakt ist, dass neben dem gedruckten Buch, E-Books sich immer größerer Beliebtheit erfreuen. Daran hat der weltgrößte Versandhändler „Amazon“ keinen unwesentlichen Anteil, denn er hat mit „kindle“, dem digitalen Lesegerät eine Möglichkeit geschaffen, dem E-Book einen mächtigen „Push“ zu geben, was letztendlich dem gedruckten Buch den Garaus machen soll. Wie ich hörte, soll sich ein solches Gerät bei den Studenten großer Beliebtheit erfreuen.

Praktisch wird in der Zukunft jegliches Wissen, jegliche Literatur und alles Publizierte von einem solchen „Tablet“ abrufbar sein. Welch eine mächtige Konkurrenz für das gedruckte Wort. Ich denke dabei noch nicht einmal an die große Literatur, die wird es wohl immer in althergebrachter Form geben, schon deshalb, weil es dafür eine gesteigerte Sammelleidenschaft gibt und weil sie Atmosphäre pur vermittelt. Denken Sie an einen Raum mit gefüllten Buchregalen an den Wänden und einem gemütlichen Lesesessel oder noch besser mit einer Ottomane bestückt, oder stellen Sie sich das Ganze dann mit einem „E-Tablet“ oder einem Laptop vor, nicht wirklich alternativ.

Allein die Verbindung der bibliophilen Produkte mit dem digitalen Medium ist denkbar, also Laptopschreiben in der Bibliothek. :-)

Aber es gibt eine Sparte im Verlagswesen, die es wohl härter treffen wird. Das ist zum einen die Wissensliteratur, denn es stellt sich die Frage, ob ein Jurastudent wirklich noch ein gedrucktes Buch vom „BGB- Allgemeiner Teil“ benötigt, oder ob es nicht einfacher und auch billiger ist, den Inhalt sich digital zu besorgen, der auch noch auf den neuesten Stand der Rechtsprechung digitalisiert wurde, wo doch ein gedruckter Wälzer sich ziemlich bald einer Neuauflage unterziehen muss.

Zum anderen hört man hinter vorgehaltener Hand bei den kleinen Verlagen, dass sie existenziell bedroht sind, das sie gar nicht das Kapital besitzen, bekannte Autoren zu vermarkten oder jungen Autoren mit großen Werbe-Budgets zu hohen Auflagen zu verhelfen.

Zu alledem scheint Amazon dazu übergegangen zu sein, alle möglichen Autoren an sich zu binden, ihnen über „kindle“ eine Plattform zu geben und so den kleinen Verlagen auch noch die Autorengrundlage zu entziehen. Es scheint sich ein Wandel anzubahnen, wie in der gesamten Wirtschaft seit Jahren zu beobachten, nämlich die Konzentration weg von der Vielfalt, hin zu den alles vereinnahmenden Großstrukturen und dabei walzt das Geld alles platt.

Stellt sich die Frage, was wird aus diesen hochgebildeten Menschen, die in dieser weitverzweigten Branche tätig waren? Werden überhaupt noch z. B. Lektoren benötigt, die einen wichtigen Anteil beim Zustandekommen eines Buches leisten, wenn wie man hört, Amazon diesen Part den Autoren überlässt, sie selbst sich aber nur für die digitale Veröffentlichung zuständig fühlen. Amazon soll massive Offerten allen Autoren unterbreitet haben, unabhängig von ihrer jeweiligen Bedeutung und ihres Bekanntheitsgrades. Mir scheint, es findet momentan ein geballter Angriff auf breiter Front auf das gedruckte Buch statt.

Es wird spannend sein zu beobachten, wie das Verlagswesen darauf reagieren wird und ob sie es schaffen werden, mit neuen Strategien ihren Platz in dieser elementaren Kulturwelt zu behaupten. Ich jedenfalls wünsche es ihnen von Herzen.

Ab morgen hält uns dann wieder eine andere Welt in Atmen, dann rückt wieder die Sorge um die europäische Schuldenkrise in den Mittelpunkt. Hier schrillen die Alarmglocken schon ziemlich laut. Die Rating-Agenturen liegen auf der Lauer, wie sich die hohe Politik bei dem anstehenden G-20 Gipfel zu brauchbaren Lösungen in dieser Krise durchringen wird. Sollte dies nicht der Fall sein, dann ist das, was dann auf uns zukommt, gemessen an den dunklen Wolken über der Frankfurter Buchmesse, das pure Desaster.

Peter J. König

Samstagskolumne Peter J. König, 8.10.2011

Die Frankfurter Buchmesse, ein Ereignis, das keinen intellektuellen Menschen weltweit kalt lassen kann.

In der kommenden Woche ist es wieder soweit, die Frankfurter Buchmesse öffnet ihre Pforten. An keinem Punkt der Erde kommen so viele Bücher zusammen, sind so viele Verlage präsent, um ihre Neuerscheinungen vorzustellen, begegnet man so vielen Autoren, entweder zum Gespräch, oder aber zu Lesungen, werden so viele Geschäfte gemacht, mit der mehr oder weniger intellektuellen "Ware" Buch, sei es als Druckerzeugnisse oder aber auch mittlerweile in digitaler Form, trifft man so viele unterschiedliche Personen des öffentlichen Lebens, wie Politiker, Journalisten, Manager aus der Wirtschaft und nicht zu vergessen Popstars und Popsternchen. Alle wollen der Welt etwas mitteilen, alle wollen ins Rampenlicht der Medien und alle wollen von dem großen Kuchen ein Stück abhaben.

Wenn bis vor 10 Jahren die Messe, auch da schon überfüllt und auch da schon heiß geliebt, von der klassischen Klientel, überwiegend Herrschaften im reiferen Alter, die Damen in der Überzahl, gelegentlich den Gatten im Schlepptau, er eignet sich wunderbar das vielfältige Informationsmaterial zu tragen, oder aber Gruppen von jungen Mädchen, die während ihrer aktuellen gymnasialen Ausbildung besonders gerne ihrem germanistischen Lehrkörper lauschen, wenn also dieser Personenkreis in früheren Jahren das Messebild prägte, so hat es sich jetzt doch sichtbar gewandelt.

Natürlich sind die Treuen der Treuen die soeben beschriebenen klassischen Verehrer der Literatur noch immer in der Überzahl. Wobei das maskuline Geschlecht, einzeln oder in Gruppen irgendwie alle Profis sind, entweder als Verlagsmitarbeiter oder Hochschulabsolventen, die von Berufs wegen täglich mit Literatur zu tun haben, sei es als Deutschlehrer oder sei es als Hochschulprofessor. Die wahren Profis sind die Autoren. Ihnen gilt die gesamte Aufmerksamkeit.

Jedoch es sind neue, ganz andere Gruppen von Personen unter den Messebesuchern zu entdecken, jung, bunt und fantasievoll, meist heranwachsende junge Mädchen, verkleidet in Fantasiekostümen, die die Frankfurter Buchmesse als Bühne für ihre Selbstdarstellung entdeckt haben. Tatsächlich beleben diese Jugendlichen die Szene. Sie bringen frischen Wind und eine neue Lebendigkeit auf das Messegelände und vielleicht ist dies ja der Einstieg für eine lebenslange Lesekarriere.

Aber man kann noch eine andere, neue Gruppierung ausmachen, die es in früheren Jahren nicht gab. Es sind die Schaulustigen und Autogrammjäger, die heute die Buchmesse entdeckt haben, um ihren Idolen nahe zu sein. Bei keinem Verlagsstand ist so viel Auftrieb, wie bei den Autogrammstunden oder Buchvorstellungen von Fernsehstars wie Verona Pooth oder Pop-Titan Dieter Bohlen.

Vielleicht ist die Frankfurter Buchmesse der einzige Ort in Deutschland, wo Menschen von so unterschiedlichen Geisteshaltungen aufeinandertreffen, wo Menschen sich begegnen, die ansonsten nicht viel miteinander am Hut haben, deren Welten ziemlich auseinanderdriften. Dies ist für mich auch ein interessanter Aspekt von der Messe, denn man sieht schon am Erscheinungsbild der einzelnen Personen, wo die jeweilige Präferenz des Besuchers liegt, ob bei Bohlen oder bei Sloterdijk.

Für mich war die Buchmesse schon immer ein höchst willkommener Ort, um nicht nur die unendliche Vielzahl von Neuerscheinungen in Augenschein zu nehmen, genauso spannend habe ich es empfunden, die Menschen zu beobachten, wie sie sich in ihre Lieblingsmaterie hineinvertiefen und völlig entrückt den ganzen Messerummel um sich herum einfach nicht mehr wahrnehmen. Es ist ja auch wirklich spannend überall hinein zu schnüffeln, Bücher jeglicher Couleur anzuschauen und sich vielleicht einen kleinen Überblick über alles Neugedruckte zu verschaffen, ein Überblick, der in dieser Form nirgendwo sonst auf der Welt möglich ist.Hier findet jeder das Druckerzeugnis, was ihn besonders interessiert und dabei ist die Bandbreite unendlich.

Wie sie meinen Ausführungen entnehmen können, bin ich ein großer Liebhaber der Frankfurter Buchmesse, zuallererst aber, weil ich jegliche Art von Büchern liebe, sie sind etwas Erhabenes, sie kommunizieren mit dem jeweiligen Leser, sprechen seine Fantasie an, ermuntern zum Nachdenken, fordern Zustimmung oder Widerspruch heraus, vermitteln natürlich unendliches Wissen, das demjenigen, der es zu nutzen weiß, in allen Lebenslagen weiterhilft und schafft eine eigenartige Intimität, die je nach Inhalt entzückt, berauscht oder vielleicht große Wehmut aufkommen lässt.

Wunderschöne Bildbände entführen den Betrachter an die exotischsten Orte unseres Globus, wertvolle Kunstbände offerieren die Möglichkeit alle Werke großer Künstler sich näher zu bringen, fördern die Lust alles auch einmal im Original zu sehen und damit dokumentiert das Buch insgesamt zu welchen außerordentlichen Leistungen der geistige Mensch befähigt ist. Natürlich will ich hier auch nicht verschweigen, welche Kraft von dem gedruckten Wort ausgehen kann, sowohl Kraft im positiven mitmenschlichen Sinne, aber auch die Kraft des Bösen, ich nenne nur „Mein Kampf“ von Adolf Hitler“ und die daraus resultierenden Ereignisse, die größte von Menschen initiierte Katastrophe auf diesem Erdball.


Doch lassen Sie mich lieber noch ein wenig die positiven Seiten dieses magischen Erzeugnisses beschreiben. Wir haben das große Glück über Jahrzehnte alle Arten von Büchern zu sammeln und so einen umfangreichen Fundus zusammengetragen zu haben. An dieser Stelle möchte ich einen Interviewausschnitt von Karl #Lagerfeld erwähnen, auch einem ganz großen Liebhaber des Buches, seine Bibliothek soll über 200 000 Bände umfassen, er zitierte einen Philosophen, der sinngemäß gesagt haben soll, mit jedem Buch, das man bekommt, sollte man auch die Zeit erhalten, es in Ruhe zu lesen, um es verarbeiten zu können.

Was mich besonders fasziniert ist die Tatsache, dass Bücher in meinem Kopf miteinander kommunizieren können. Mein Blick fällt auf einen Bildband, vielleicht über die wunderschönen Buchten von Rio de Janeiro und sofort öffnet sich ein Türchen in meinem Kopf und die Fotografien aus diesem Bildband ziehen an meinem geistigen Auge vorbei, ergänzen sich mit selbst erlebten Bildern und führen hin zu einem anderen sich automatisch öffnenden Türchen, nämlich einem weiteren Bildband von Hongkong, wiederum zusammen mit eigenem Erleben und der Abwägung, bei welchen Bildern  wohl die größte Begeisterung entsteht. Auslöser zu allem war allein der kurze Blick auf ein ganz bestimmtes Buch und so gibt es unendlich viele Bilder im Kopf, die darauf warten in Erinnerung gebracht zu werden, stets erneut ausgelöst durch den Blick auf Gedrucktes. Gedanken und Ideen werden entsprechend auf die gleiche Weise erzeugt.

Jetzt werden Sie sagen, alles dieses kann man auch durch das Internet oder sonstige elektronische Medien erleben. Natürlich schaffen alle diese Kommunikationsmittel auch Inspiration und Wissensvermittlung, tatsächlich viel schneller und digital vernetzt, aber welche Entspannung und Freude erzeugt eine gedruckte Lektüre in Form eines Buches, wenn man sich in Ruhe mit ihm zurückziehen kann und seinen Gedanken freien Lauf lässt.

Die Frankfurter Buchmesse findet vom 12. bis zum 16. Oktober statt. Wenn Sie die Gelegenheit haben, sie zu besuchen, sollten Sie diese Chance nutzen. Vielleicht entdecken Sie ja dabei eine ganz neue Welt für sich.

Peter J. König

Samstagskolumne Peter J. König, 1.10.2011

"Nichts Neues aus Berlin?"

Nach der historischen Rede des Papstes Benedikt XVI. in der vorletzten Woche soll es am letzten Donnerstag schon wieder zu einem historischen Ereignis im Bundestag gekommen sein, so einige Kommentatoren. Was ist passiert?

Zur Abstimmung stand die Befürwortung des deutschen Garantierahmens für den Eurorettungsfonds von 123 Milliarden auf 211 Milliarden Euro. Abgesehen davon, dass es sich mittlerweile um eine aberwitzige Summe handelt, der gesamte sogenannte Rettungsschirm bewegt sich auf einem Niveau von über 700 Milliarden Euro und weitere Erhöhungen sind schon wieder ins Auge gefasst, ist man sich innerhalb der Regierungsparteien nicht mehr einig, ob dieses alles noch einen Sinn macht oder ob am Ende ein finanzielles Desaster droht. Auch herrscht Uneinigkeit zwischen der Anschauung der Bundesregierung und einigen ausgewiesenen Fachleuten, dazu gehören auch die sogenannten Wirtschaftsweisen, Wirtschaftsprofessoren, die die Bundesregierung in Wirtschaftsfragen beraten und mit ihren Instituten die wirtschaftliche Lage der Bundesrepublik Deutschland analysieren.

Diese Uneinigkeit besteht u.a. darin, ob es nützt, überschuldete Länder der Eurozone mit immer mehr Darlehen zu füttern oder ob es nicht besser wäre, durch einen Schuldenschnitt also durch einen Erlass der Staatsschulden vielleicht in Höhe der Hälfte, diese Länder in die Solvenz zurückzuführen, damit sie sich dann erneut am internationalen Kapitalmarkt zu einem bezahlbaren Zinssatz kapitalisieren können.

Natürlich kann man sich fragen, was gehen uns eigentlich die Schulden von Griechenland an? Antworten findet man an jedem Stammtisch hierzulande: nämlich uns geht es nichts an und außerdem haben diese Länder mit ihrem Geld gehaust, über ihre Verhältnisse gelebt, es sich gut gehen lassen, die Daten zum Eintritt in die Währungsunion gefälscht, wie z.B. bei dem Beitritt Griechenlands und sie wollen sich jetzt auf Kosten von Deutschland sanieren und das „Dolce far niente“ lustig weitertreiben. Der Schluss dieser Stammtischanalyse gipfelt darin diese Länder einfach wieder vor die Türe zu setzen, also sie aus der Währungsunion zu verbannen. So einfach und effizient ist Politik, bei Bier und gestandenen Meinungsmachern.

Dazu möchte ich jetzt keine Stellung nehmen, jedoch möchte ich ausdrücklich darauf hinweisen, dass bei den gewählten Volksvertretern durchaus unterschiedliche Bewertungsszenarien vorhanden sind und dass sowohl in der CDU, wie auch in der FDP, die beide ja gerade die Halbzeit ihrer Regierungsverantwortung hinter sich gebracht haben, ob gut oder mehr schlecht als recht, dies liegt im Auge des jeweiligen Betrachters.
Tatsache ist, dass die zu bewältigende Problematik ungemein komplex und schwierig ist, Erfahrungswerte mit einer derartigen Währungsunion in Europa nicht vorhanden sind, deshalb es keinen Königsweg gibt oder niemand ihn zumindest bislang kennt und unserer aller Zukunft damit auf dem Spiel steht, ob Europa sich in einem gemeinsamem Verbund die Stärke organisieren kann, die notwendig ist im globalen Wettbewerb zu bestehen.

Alle diese und noch viele andere diesen Themenkomplex betreffenden Fragen haben eine wichtige Rolle bei dieser Bundestagsdebatte gespielt. Dazu hat die Opposition diese Abstimmung zu einer Vertrauensfrage über die Kanzlerin hochstilisiert, also zu der Frage, ob die Mehrheit des Parlaments noch Vertrauen in die Politik von Frau Merkel hat. Dies soll dadurch dokumentiert werden, ob mehr als die Hälfte der Abgeordneten dem Vorschlag der Bundesregierung zustimmen.

Dieser Vorgang alleine wäre doch natürlich noch keine historische Stunde im Bundestag, denn Vertrauensabstimmungen hat es immer wieder in der Geschichte des Deutschen Parlamentes gegeben, man erinnere sich nur an den Abgang von Helmut Schmidt,als die FDP unter Genscher dem Kanzler die Zustimmung verweigert hat, um anschließend mit Helmut Kohl in eine neue schwarz-gelbe Koalition einzutreten.

Nein, aber was ist passiert, was diesen Parlamentsentscheid so ungewöhnlich hätte machen können? Im Vorfeld sind hitzige Debatten entstanden und bekannte Politikerpersönlichkeiten gaben eindeutig zu verstehen, dass sie bei dieser Abstimmung nicht der Kanzlerin folgen wollen und sich nicht nur der Stimme enthalten werden, nein, sie lehnen die Erweiterung dieses Rettungsschirmpaketes grundsätzlich ab, weil sie glauben, dass diese Schuldenkrise mit noch höheren Verschuldungen nicht zu lösen ist und das Problem auf die kommenden Generationen verschoben wird und diese damit weit über Gebühr belastet werden.

Als aufmerksamer Beobachter der Politik muss ich sagen, dass ich selten, wenn überhaupt, eine derartig kontroverse Debatte innerhalb der beiden Regierungslager also der CDU und der FDP erlebt habe. Allenfalls aus der SPD hört man gelegentlich lautes Murren von Abweichlern, sehr zum Ärger der entsetzten Parteivorsitzenden.

Je größer die Anzahl der Neinsager wurde, umso mehr Spannung lag über dem Regierungsviertel in Berlin. Hektisch wurde innerhalb der betroffenen Parteien Überzeugungsarbeit geleistet. Offen wurde bei den Medien über eine Kanzlerdämmerung spekuliert, also doch ein Donnerstag mit historischem Ausgang.

Der Fraktionsvorsitzenden der Union, Herr Kauder wiegelte wie immer gelassen ab, alles kein Drama, die Parteiführung habe alles im Griff, die gute Überzeugungsarbeit werde die verirrten Schäfchen schon wieder zur Herde zurückbringen und außerdem stimme ja die SPD und die Grünen auch für dieses notwendige Maßnahmenpaket, wodurch letztendlich eine satte Mehrheit für die Kanzlerin sich abzeichnen würde.

Die Abstimmung hat dann tatsächlich eine Mehrheit für den Regierungsvorschlag gebracht. Frau Merkel hat auch 4 Stimmen über den Durst, sprich 4 Stimmen über die Kanzlermehrheit erhalten. Die Regierung ist erfolgreich und durchaus handlungsfähig, wie aus dem Regierungslager vollmundig zu hören war, das Übliche also.

Einzig wirklich bemerkenswert an dieser Debatte war, dass Herr Lammert, der Bundestagspräsident auch Abweichler zu Wort kommen ließ, durchaus unüblich, aber wirklich im Sinne unseres demokratischen Parlamentes.

Wo liegt aber nun die historische Dimension dieses Tages tatsächlich?

Für mich könnte dieser Aspekt in zwei gegensätzlichen Komponenten liegen. Entweder gelingt es mit diesem milliardenschweren Rettungsschirm, Zug um Zug, eine neue Ära in der europäischen Union einzuläuten, indem man Kriterien schafft, die die Länder Europas enger zusammenführt, sie zu einer einheitlichen Wirtschafts- und Finanzpolitik bringt, bindende Überwachungsmechanismen akzeptieren lässt und somit auch eine sinnvolle gegenseitige Hilfe in schwierigen Situationen zustande bringt, also einen großen Schritt auf ein Staatsgebilde namens „Vereintes Europa“ zugehen lässt.

Es kann jedoch auch der Beginn sein und dies wäre der Fall, wenn man die Punkte der ersten Alternative außer Acht lassen würde, der Beginn der Zersetzung des europäischen Gedankens, der Beginn von Misstrauen der Staaten untereinander.

Dies wollen natürlich alle Parlamentarier im Bundestag nicht, denn das Geschichtsbewusstsein unserer Volksvertreten weiß allzu genau, welche Eruptionen dieser Zustand in Europa in der Vergangenheit hervorgebracht hat.

Peter J. König