Samstagskolumne Peter J. König 14.07.2012

Syrien, immer wieder Syrien, aber auch ein anerkennender Blick hinüber nach Frankreich. 

Während die Franzosen heute ihren Nationalfeiertag  mit der  für uns Deutsche immer wieder erstaunlichen Hingabe und Ausgelassenheit feiern, müssen in Syrien unschuldige Menschen ihr Leben lassen, weil sie gewillt  sind, die grausame Diktatur, unter der sie schon seit Jahrzehnten leiden, endgültig  abzuschütteln. Das Massaker, das am letzten Donnerstag in dem Dorf  Tremseh nahe der syrischen Stadt Hama, einer der Hochburgen der Aufständischen,  eventuell bis zu 250 Menschenleben gefordert hat, ist seit Beginn der blutigen Unruhen die schlimmste Gräueltat,  die das syrische Volk  bisher erleiden musste. Diese  Aktionen haben  mittlerweile einen Grad der Verrohung erreicht,  der mitnichten den Massenmorden auf dem Balkan nachsteht. Bei dem Zerfall Jugoslawiens eskalierten die Tötungshandlungen derart, und dabei sind bei den einzelnen Mordaktionen oftmals  mehrere tausend Menschen hingeschlachtet worden, dass UNO-Truppen der einzige  Ausweg war, um diesem menschenverachtenden Treiben Einhalt zu gebieten. Leider hat der Einsatz der Blauhelme dort auch nicht immer das weitere Morden verhindern können. Zumindest scheint heute die Situation einigermaßen befriedet zu sein. Einige Scharmützel  flammen zwar immer noch   auf,  so dass man von einem friedlichen Balkan noch lange nicht sprechen kann.
In Syrien ist man noch weit davon entfernt eine solche UNO-Friedensmission auf die Beine zu stellen. Zumindest beginnt die Front der beiden Vetomächte im Sicherheitsrat zu bröckeln,  die bisher ein aktives Handeln, um welche Maßnahme es sich dabei auch immer handeln möge,  verhindert haben. Während China nach den Geschehnissen  am Donnerstag,  es soll wohl schwere Artillerie seitens der Regierungsmiliz gegen zivile Dorfbewohner eingesetzt worden sein, erklärt hat, sie würden sich den Maßnahmen Katalog einiger westlicher UNO-Mitglieder sehr genau anschauen und  sich vielleicht daran beteiligen, bleibt Russland als Vetomacht stur. Sie sehen keine aktive Handlungsmöglichkeit seitens der Weltgemeinschaft.  Allenfalls eine größere Zahl an UN-Beobachter und  Verhandlungen zwischen Assad und  den Aufständischen unter der Vermittlung von Kofi Annan ist für die russische Führung der Schlüssel zur Beendigung des Bürgerkrieges in diesem Land.
Alles dieses ist aber bereits gescheitert, wie selbst der immer positiv motivierte ehemalige Generalsekretär der UNO bedauernd zugeben musste. Bisher hat es Annan nicht geschafft, die Russen mit ins Boot zu holen.  Allzu groß  sind die strategischen Interessen dieser Supermacht hier im Vorderen Orient, zumal sie an Einfluss in den letzten Jahren deutlich verloren haben. Außerdem wollen sie verhindern, dass die USA in Syrien massiv Fuß fassen. Dies würde das Ende der russischen Flottenpräsenz im östlichen Mittelmeer bedeuten, da ihr jetziger Stützpunkt in einem solchen Fall sehr bald geräumt werden müsste. So etwas passt Putin überhaupt nicht in den Plan.  Er will demnächst machtstrategisch wieder mit den Amerikanern gleichziehen.  Also gibt es überhaupt keine militärische Intervention seitens der UNO.  Andere  Sanktionen, wie man sie bei Libyen beschlossen hatte, bevor man die militärische Karte zog,  stehen ebenfalls nicht zur Debatte.
In der Zwischenzeit geht das Morden des Diktators an der Zivilbevölkerung weiter. In westlichen Medien spricht er dreist von Terroristen, die von den Amerikanern gesteuert, sein Land destabilisieren sollen.   Mit solchen Massakern will man angeblich  seine Regierung international an den Pranger stellen.  Zynischer kann man die Vorgänge in Syrien nicht darstellen, wie es Assad vor einigen Tagen bei einem Interview mit  Jürgen Todenhöfer  für das deutsche Fernsehen gemacht hat. Die Beobachter der UN berichten nach der Rückkehr  von ganz anderen Vorgängen. Sowohl das syrische Militär, als auch Assad nahestehende Milizen, die von dem Regime mit schweren Waffen versorgt werden, massakrieren die Bevölkerung. Dabei legen sie durchaus auch persönlich Hand an, wenn gefoltert wird.  Kinder werden dabei nicht verschont.  Glaubt man einen vermeintlich Aufständischen erwischt zu haben, wird ihm die Kehle durchgeschnitten.  Dies alles ist durch glaubwürdige, internationale  Quellen belegt. Es handelt sich hierbei um keine Gräuelpropaganda der Regierungsgegner.  Die Feinde Assads werden mittlerweile waffentechnisch in großem Umfang von einigen arabischen Staaten unterstützt.  Dadurch wird der bürgerkriegsähnliche Charakter dieses Konflikts mächtig ausgeweitet.   
Bis vor wenigen Tagen war sich Assad der Gefolgschaft seiner Leute sicher. Er saß durch das Militär innenpolitisch fest im Sattel.  Mit Hilfe von Russland und China wurde bisher  zudem  die Macht nach außen gesichert.
Jetzt aber werden erste Risse deutlich. Der ranghöchste Diplomat Syriens, der Botschafter im Iran, hat sich in der letzten Woche von Assad losgesagt und sich der Exilopposition angeschlossen. Des Weiteren forderte er die  syrischen Streitkräfte auf,  gegen Assad zu kämpfen und seine Herrschaft zu beenden. Dies sind  völlig neue Töne in diesem Konflikt.  Nicht spurlos muss an diesem Blutsauger die Tatsache  vorbeigegangen sein, dass  der Diplomat auch noch ein langjähriger Freund der Familie Assad war.
Der Despot müsste eigentlich ein gesteigertes Interesse an den Abläufen der zuletzt stattgefundenen Revolutionen in der arabischen Welt haben. Allein schon aus dem Grund, um nicht den Absprung zu verpassen. Wenn es nämlich  heißt, rette sich wer kann,  wenn Assad also  mit seiner schönen Frau und seinen herzigen Kindern die Zeiten heil überstehen will, dann muss ihm klar sein, dass der Absprung des Botschaftspersonal immer der Anfang vom Ende war.  Die Herren Botschafter wissen genau, wenn es Zeit wird die Seiten zu wechseln, da besitzen sie eine untrügliche Witterung.
Also Assad, die Zeit ist reif, die Milliarden, die Du Deinem Volk geklaut hast, sicher auf den einschlägigen Depots weltweit  zu verbunkern. Es gibt ja noch genügend  Plätze auf dieser Welt, wo dies problemlos möglich ist. Je früher Du den Abgang machst, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese Menschen  ihr Leben behalten,  die durch Dein Klammern an die Despotie unschuldig  zu Tode kommen. Deshalb wiederhole ich hier, was ich schon in einer früheren Kolumne gesagt habe. Denk an Gaddafi, den libyschen Schicksalsgenossen.  Er hat auch nicht damit gerechnet, dass die Zeit gegen ihn war und er am Ende durch die Pfählung mit einer Eisenstange grausam zu Tode kam. Noch hast Du die Gelegenheit  Dir und Deiner Familie dieses Schicksal zu ersparen. Ob es allerdings gerecht ist, muss ich der Beurteilung des syrischen Volks überlassen. Ich persönlich plädiere für den Internationalen Gerichtshof in Den Haag.
Während ich mich mit diesen Zeilen  abmühe, wird bei unseren Freunden und Nachbarn jenseits   des Rheins just zu dieser Stunde diniert, getanzt und gelacht. Sie erfreuen sich der demokratischen Rechte, die sie anno 1789, beginnend mit dem Sturm auf die Bastille,  erkämpft haben. Dazu von dieser Stelle: Herzlichen Glückwunsch. Natürlich weiß ich, dass die Franzosen zu Hause  in ihrem Land und überall auf der Welt, wo sie sich gerade aufhalten, es prächtig verstehen diesen wichtigsten Feiertag, den das Land kennt, großartig zu feiern.
Den Syrern ist zu wünschen, dass sie in nicht allzu ferner Zukunft, die gleiche Freude haben werden, wenn sie den Tag der Befreiung von Unterdrückung und Tod begehen.  Vielleicht hilft  jetzt  ja  ein Blick nach Frankreich, um sie in ihrem Mut und in ihrer Überzeugung zu bestärken,  dass es sich lohnt,  sein Leben für die Freiheit zu riskieren. 
Peter J. König
   

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