Während die Franzosen heute ihren Nationalfeiertag mit der für uns Deutsche immer wieder erstaunlichen
Hingabe und Ausgelassenheit feiern, müssen in Syrien unschuldige Menschen ihr Leben
lassen, weil sie gewillt sind, die
grausame Diktatur, unter der sie schon seit Jahrzehnten leiden, endgültig abzuschütteln. Das Massaker, das am letzten
Donnerstag in dem Dorf Tremseh nahe der
syrischen Stadt Hama, einer der Hochburgen der Aufständischen, eventuell bis zu 250 Menschenleben gefordert
hat, ist seit Beginn der blutigen Unruhen die schlimmste Gräueltat, die das syrische Volk bisher erleiden musste. Diese Aktionen haben mittlerweile einen Grad der Verrohung
erreicht, der mitnichten den
Massenmorden auf dem Balkan nachsteht. Bei dem Zerfall Jugoslawiens eskalierten
die Tötungshandlungen derart, und dabei sind bei den einzelnen Mordaktionen oftmals
mehrere tausend Menschen hingeschlachtet
worden, dass UNO-Truppen der einzige Ausweg war, um diesem menschenverachtenden Treiben
Einhalt zu gebieten. Leider hat der Einsatz der Blauhelme dort auch nicht immer
das weitere Morden verhindern können. Zumindest scheint heute die Situation
einigermaßen befriedet zu sein. Einige Scharmützel flammen zwar immer noch auf, so dass man von einem friedlichen Balkan noch
lange nicht sprechen kann.
In Syrien ist man noch weit davon entfernt eine solche
UNO-Friedensmission auf die Beine zu stellen. Zumindest beginnt die Front der
beiden Vetomächte im Sicherheitsrat zu bröckeln, die bisher ein aktives Handeln, um welche Maßnahme
es sich dabei auch immer handeln möge, verhindert haben. Während China nach den
Geschehnissen am Donnerstag, es soll wohl schwere Artillerie seitens der Regierungsmiliz
gegen zivile Dorfbewohner eingesetzt worden sein, erklärt hat, sie würden sich
den Maßnahmen Katalog einiger westlicher UNO-Mitglieder sehr genau anschauen
und sich vielleicht daran beteiligen,
bleibt Russland als Vetomacht stur. Sie sehen keine aktive Handlungsmöglichkeit
seitens der Weltgemeinschaft. Allenfalls
eine größere Zahl an UN-Beobachter und Verhandlungen zwischen Assad und den Aufständischen unter der Vermittlung von
Kofi Annan ist für die russische Führung der Schlüssel zur Beendigung des
Bürgerkrieges in diesem Land.
Alles dieses ist aber bereits gescheitert, wie selbst der
immer positiv motivierte ehemalige Generalsekretär der UNO bedauernd zugeben musste.
Bisher hat es Annan nicht geschafft, die Russen mit ins Boot zu holen. Allzu groß sind die strategischen Interessen dieser
Supermacht hier im Vorderen Orient, zumal sie an Einfluss in den letzten Jahren
deutlich verloren haben. Außerdem wollen sie verhindern, dass die USA in Syrien
massiv Fuß fassen. Dies würde das Ende der russischen Flottenpräsenz im
östlichen Mittelmeer bedeuten, da ihr jetziger Stützpunkt in einem solchen Fall
sehr bald geräumt werden müsste. So etwas passt Putin überhaupt nicht in den
Plan. Er will demnächst machtstrategisch
wieder mit den Amerikanern gleichziehen. Also gibt es überhaupt keine militärische
Intervention seitens der UNO. Andere Sanktionen, wie man sie bei Libyen beschlossen
hatte, bevor man die militärische Karte zog, stehen ebenfalls nicht zur Debatte.
In der Zwischenzeit geht das Morden des Diktators an der
Zivilbevölkerung weiter. In westlichen Medien spricht er dreist von
Terroristen, die von den Amerikanern gesteuert, sein Land destabilisieren
sollen. Mit solchen Massakern will man angeblich seine Regierung international an den Pranger
stellen. Zynischer kann man die Vorgänge
in Syrien nicht darstellen, wie es Assad vor einigen Tagen bei einem Interview
mit Jürgen Todenhöfer für das deutsche Fernsehen gemacht hat. Die
Beobachter der UN berichten nach der Rückkehr von ganz anderen Vorgängen. Sowohl das syrische
Militär, als auch Assad nahestehende Milizen, die von dem Regime mit schweren
Waffen versorgt werden, massakrieren die Bevölkerung. Dabei legen sie durchaus
auch persönlich Hand an, wenn gefoltert wird. Kinder werden dabei nicht verschont. Glaubt man einen vermeintlich Aufständischen
erwischt zu haben, wird ihm die Kehle durchgeschnitten. Dies alles ist durch glaubwürdige,
internationale Quellen belegt. Es handelt
sich hierbei um keine Gräuelpropaganda der Regierungsgegner. Die Feinde Assads werden mittlerweile
waffentechnisch in großem Umfang von einigen arabischen Staaten unterstützt. Dadurch wird der bürgerkriegsähnliche
Charakter dieses Konflikts mächtig ausgeweitet.
Bis vor wenigen Tagen war sich Assad der Gefolgschaft seiner
Leute sicher. Er saß durch das Militär innenpolitisch fest im Sattel. Mit Hilfe von Russland und China wurde bisher zudem die Macht nach außen gesichert.
Jetzt aber werden erste Risse deutlich. Der ranghöchste
Diplomat Syriens, der Botschafter im Iran, hat sich in der letzten Woche von
Assad losgesagt und sich der Exilopposition angeschlossen. Des Weiteren forderte
er die syrischen Streitkräfte auf, gegen Assad zu kämpfen und seine Herrschaft zu
beenden. Dies sind völlig neue Töne in
diesem Konflikt. Nicht spurlos muss an
diesem Blutsauger die Tatsache vorbeigegangen
sein, dass der Diplomat auch noch ein
langjähriger Freund der Familie Assad war.
Der Despot müsste eigentlich ein gesteigertes Interesse an
den Abläufen der zuletzt stattgefundenen Revolutionen in der arabischen Welt haben.
Allein schon aus dem Grund, um nicht den Absprung zu verpassen. Wenn es nämlich
heißt, rette sich wer kann, wenn Assad also mit seiner schönen Frau und seinen herzigen
Kindern die Zeiten heil überstehen will, dann muss ihm klar sein, dass der Absprung
des Botschaftspersonal immer der Anfang vom Ende war. Die Herren Botschafter wissen genau, wenn es
Zeit wird die Seiten zu wechseln, da besitzen sie eine untrügliche Witterung.
Also Assad, die Zeit ist reif, die Milliarden, die Du Deinem
Volk geklaut hast, sicher auf den einschlägigen Depots weltweit zu verbunkern. Es gibt ja noch genügend Plätze auf dieser Welt, wo dies problemlos
möglich ist. Je früher Du den Abgang machst, umso größer ist die
Wahrscheinlichkeit, dass diese Menschen ihr Leben behalten, die durch Dein Klammern an die Despotie
unschuldig zu Tode kommen. Deshalb wiederhole
ich hier, was ich schon in einer früheren Kolumne gesagt habe. Denk an Gaddafi,
den libyschen Schicksalsgenossen. Er hat
auch nicht damit gerechnet, dass die Zeit gegen ihn war und er am Ende durch
die Pfählung mit einer Eisenstange grausam zu Tode kam. Noch hast Du die
Gelegenheit Dir und Deiner Familie
dieses Schicksal zu ersparen. Ob es allerdings gerecht ist, muss ich der
Beurteilung des syrischen Volks überlassen. Ich persönlich plädiere für den
Internationalen Gerichtshof in Den Haag.
Während ich mich mit diesen Zeilen abmühe, wird bei unseren Freunden und Nachbarn
jenseits des Rheins just zu dieser Stunde diniert, getanzt
und gelacht. Sie erfreuen sich der demokratischen Rechte, die sie anno 1789,
beginnend mit dem Sturm auf die Bastille, erkämpft haben. Dazu von dieser Stelle:
Herzlichen Glückwunsch. Natürlich weiß ich, dass die Franzosen zu Hause in ihrem Land und überall auf der Welt, wo sie
sich gerade aufhalten, es prächtig verstehen diesen wichtigsten Feiertag, den
das Land kennt, großartig zu feiern.
Den Syrern ist zu wünschen, dass sie in nicht allzu ferner
Zukunft, die gleiche Freude haben werden, wenn sie den Tag der Befreiung von
Unterdrückung und Tod begehen. Vielleicht
hilft jetzt ja ein
Blick nach Frankreich, um sie in ihrem Mut und in ihrer Überzeugung zu bestärken,
dass es sich lohnt, sein Leben für die Freiheit zu riskieren.
Peter J. König
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