Samstagskolumne Peter J. König 22.09.2012

Wie ist es möglich, dass ein Schund-Video die Menschen derart aufhetzt?

Eins vorweg, das Mohammed-Video als auch alle anderen auf Beleidigung und Verunglimpfung  ausgerichteten Schundwerke, die alleine dazu dienen sollen, religiöse Extremisten aufzustacheln, sie zu Ausschreitungen und Gewalttaten zu nötigen, hat überhaupt nichts mit dem friedlichen Demonstrationsrecht aller Menschen islamischen Glaubens zu tun, die zu Recht ihren Propheten gegen solche geschmacklosen und überaus primitiven Attacken verteidigen wollen, aber nochmals betont mit friedlichen Mitteln. Dabei sollten  diese Anhänger des Propheten Mohammed nicht alleine gelassen werden, denn jeder tolerante Mensch, der die Glaubensfreiheit achtet und damit auch die Werte der Religionen als besonderes Gut schätzt, kann nicht akzeptieren, dass durch billige Polemik diese religiöse Freiheit in den Dreck gezogen wird. Gemeinsam mit allen Menschen der unterschiedlichsten Religionen sollten wir eindeutige Zeichen setzen, dass wir so etwas nicht akzeptieren. Die mohammedanischen Gläubigen müssen wissen, dass sie nicht alleine sind, sie müssen spüren, dass  unser aller Respekt ihnen gilt. Dieses möchte ich grundsätzlich klar stellen.


Auf der anderen Seite sind da die schrecklichen Bilder von Hass, Gewalt und Tod von Menschen, die überhaupt nichts mit Glauben und Religion zu tun haben. Die berechtigten, anfangs oftmals friedlichen Proteste sind von Radikalen dazu benutzt worden, die Straße zu mobilisieren, Aufruhr zu stiften, um so ihren politischen Fanatismus  zu verbreiten. Dabei  ist es kein Zufall, dass zuerst amerikanische Botschaften angegriffen, sie zerstört wurden und vier amerikanische Diplomaten ums Leben kamen. Was hat dies alles noch mit der ungestörten Religionsausübung zu tun? Mittlerweile sind aber nicht mehr nur die Amerikaner betroffen, jetzt wird der Hass gegen die gesamte westliche Zivilisation geschürt.


Dabei soll suggeriert werden, als stünde die gesamte islamische Welt der westlichen Hemisphäre feindlich gegenüber. Dies ist das Wunschbild der radikalen Islamisten, mit dem Angriff auf das World- Trade-Center und dem Tod so vieler unschuldiger  Menschen  haben sie entscheidend zur Radikalisierung beigetragen. Doch dieses Bild der Unversöhnlichkeit  der Kulturen stimmt so nicht. Die weitaus überwiegende Mehrheit der islamischen Gläubigen, immerhin etwa 1.5 Milliarden  Menschen auf unserem Globus wollen mit Gewalt und Tod nichts zu tun haben, sie wollen ungestört ihre Religion ausüben, so wie sie dies auch anderen Gläubigen zubilligen.  Um nicht missverstanden zu werden, ich spreche von den Menschen, nicht von den Politikern in diesen islamischen Staaten und erst recht nicht von den Terroristen, die unter dem Deckmantel des Islam ihre Machtstrategien durchziehen wollen.


Syrien bietet dafür ein sehr aktuelles Beispiel. Ging es anfänglich darum, im Zuge des arabischen Frühlings Assad und seine Truppe loszuwerden, die Tyrannei und Vetternwirtschaft endlich abzuschütteln, nicht zuletzt um größere, individuelle Freiheiten und bessere Lebensbedingungen zu bekommen, so ist dieser Bürgerkrieg mittlerweile zu einem Schlachtfeld verkommen, wo nur noch machtstrategische Interessen eine Rolle spielen. Alle möglichen Terrorbanden haben sich zu beliebigen Mordaktionen eingefunden, Leidtragende sind die Zivilbevölkerung. Diese eingeschleusten, terroristischen Banden aus Libyen, Saudi-Arabien und Afghanistan begehen Massaker sowohl an den Aufständischen, als auch an gefangen genommenen syrischen Armeeangehörigen, um so den gegenseitigen Hass weiter zu schüren. Ihre große Stunde soll nach der Beendigung des Bürgerkrieges schlagen, wenn es darum geht eine neue Macht in diesem Land zu etablieren, bei der ethnischen Gemengelage per se ein fast unlösbares Problem. Hier glauben sie die Gunst der Stunde nutzen zu können und hier wollen sie ihre Basis aufbauen, um anschließend die Herrschaftshäuser am Persischen Golf hinweg zu fegen und am Ende am Ziel ihrer Strategien zu sein, die Herrschaft über das gesamte arabische Öl. Den Menschen in den islamischen Staaten wird von alle dem nichts erzählt, man lässt sie in dem Glauben, es gilt den Propheten Mohammed zu schützen.


Aber warum reagieren die Menschen überhaupt so spontan auf die Verhöhnung ihres Propheten mit antiamerikanischen Aktionen und  fokussieren ihren Zorn nicht ausschließlich auf die Hersteller solcher Widerlichkeiten?  Dazu gibt es viele Gründe, zwei wesentliche möchte ich hier nennen. Zum einen ist es in den Augen der islamischen Bevölkerungen nicht hinnehmbar, dass seitens des amerikanischen Staates  die Meinungsfreiheit  über die Unantastbarkeit  des Propheten gestellt wird, nach ihrem Verständnis muss die amerikanische Justiz sofort eingreifen, um strafrechtlich zu sanktionieren. Natürlich sieht die amerikanische Verfassung dies ganz anders, da für die Amerikaner die Meinungsfreiheit ein außerordentlich hohes Rechtsgut ist.  Ob allerdings dieses billige Schundwerk noch etwas mit Meinungsfreiheit zu tun hat, steht auf einem ganz anderen Blatt. In Deutschland werden sich Justizbehörden in den nächsten Tagen mit dieser Frage, aber auch mit der strafrechtlichen Tatsache, ob hier die Religion beleidigt wurde, befassen, wenn es darum geht, ob dieser Film öffentlich vorgeführt werden darf. Zudem muss festgestellt werden, ob dadurch Gewalttaten die Folge sein könnten, die es dann präventiv zu verhindern gilt, etwa durch ein Verbot einer solchen Aufführung. Diese Lösung mag ad hoc einfach sein, ist aber nach unserem Rechtsverständnis viel schwieriger. Unabhängig davon liegt die Brisanz der behördlichen Entscheidung auf der Straße und  führt zu allen gefährdeten Botschaften weltweit.


Nun aber zu dem zweiten Grund, warum der Massenprotest sich sofort gegen amerikanische Menschen und Einrichtungen entlädt. Speziell in der Ära Bush Junior haben sich die USA in den Augen der arabischen, aber auch in der islamischen Welt als Besatzer aufgespielt, die den Kampf gegen den Terror, speziell nach 9/11 dazu benutzt haben, um ihr machtstrategisches Ziel, die Sicherung der arabischen Ölreserven brachial durchzusetzen. Die Menschen in diesen Regionen fühlen sich ausgebeutet, ein Grund warum Terroristen immer wieder Rückzugsareale erhalten, siehe Jemen oder auch Nordpakistan. Mit diesen Erfahrungen in den Köpfen der meist verarmten Bevölkerungen, ist es ein Leichtes  seitens der politisch Radikalen, die Menschen aufzuwiegeln, um Aufruhr zu erzeugen, die jeweiligen Länder zu destabilisieren, um noch mehr Front gegen die USA zu machen. Auslöser zu alledem ist ein primitives Video, von dem man nicht weiß, ob es nicht genau zu diesem Zweck produziert worden ist, um die islamischen Bevölkerungen gegen die westliche Welt aufzuhetzen, um uns mit unseren eigenen demokratischen Mitteln zu schlagen. Solchen perfiden Plänen kann man nur mit den Mitteln des Rechtsstaates begegnen, dies gilt es auch bei uns in den nächsten Tagen zu beweisen.


Zum Schluss möchte ich noch ein anderes Phänomen ansprechen, von dem ich nicht weiß, was ich davon halten soll. Zum Ende der letzten Woche hat Apple sein neues Handy  auf den Markt gebracht. Dies ist ja nichts Ungewöhnliches, schließlich bringen auch die anderen Hersteller wie Samsung und Nokia in regelmäßiger Folge neue Geräte unter die mobilfunksüchtige Bevölkerung. Das größere Gruppen von Personen sich Tag und Nacht vor den sogenannten Apple-stores, klassisches Neudeutsch, einrichten, und das weltweit, ist jedermanns eigenes Bier, da normalerweise sich bei uns jeder den Ort aussuchen darf, wo er sich frierend die Nacht um die Ohren schlagen möchte, solange dies nicht unserer demokratischen Grundordnung  widersprich,  z.B. in Form von Eigentumsrechten, Öffentliches Ärgernis oder Brandschutzbestimmungen.

Ich  kann darin zwar überhaupt keinen Sinn erkennen, aber sei es drum. Es mangelt mir weiterhin  an entsprechendem Verständnis,  wenn ich sehe wie die ersten Erwerber eines solchen Apple-Telefons von der suchtgeplagten, nachdrängenden Menschentraube wie Popstars gefeiert werden, und diese auch noch das entsprechende Selbstbewusstsein dazu  entwickeln.  Also na gut, jedem Tierchen sein Pläsierchen sprach der Volksmund einst in der vorneudeutschen Zeit. Wozu mir aber jegliches Verständnis fehlt, ist die Tatsache, dass die großen Medien wie ARD oder FAZ dieser Petitesse besondere Aufmerksamkeit widmen, ARD in den Hauptnachrichten und FAZ in Form eines ganzseitigen Berichts. Geht es den Bollwerken unserer Medienlandschaft  mittlerweile so schlecht, dass sie für das kapitalstärkste Unternehmen in der Welt, nämlich Apple, Schleichwerbung betreiben müssen und zu welchen Konditionen, fragt sich der nachrichtenorientierte Betrachter oder ist der Wert einer solchen Information so immens, dass alle sonstigen Geschehnisse in dieser Welt hintenan stehen müssen. Sollte dies der Fall sein, muss ich ein ernsthaftes Problem mit meiner Wahrnehmung haben.

Peter J. König


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