Samstagskolumne Peter J. König 13.12.2014

Demokratie ist untauglich, wenn die Politik nur von einigen wenigen Politikwissenschaftlern verstanden wird. 

Pegida, das Sammelbecken für allgemeinen Frust und Unzufriedenheit von einigen Tausenden von Bürgern zeigt gerade in Dresden, dass hierzulande nicht alles zum Besten steht, trotz guten Wirtschaftsdaten und sprudelnden Steuerquellen. 

Dabei ist sowohl der Begriff, der hinter diesem Kürzel steht: "Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes", als auch die Gruppe der Initiatoren völlig irrational und bedarf dringend einer Aufklärung. Um es gleich vorweg zu sagen, mittlerweile hat sich gezeigt, dass trotz Sprechverbot gegenüber den Medien, die den Menschen, die bei den Kundgebungen mitgemacht haben, auferlegt wurde, ein entsprechendes Maß an Bereitschaft notwendig ist, diese wirklich ernst zu nehmen. 

Dabei muss jedoch unterschieden werden, ob es sich hierbei um Rechtsradikale, Neonazis, politische Wirrköpfe oder verunsicherte Bürger aus der Mitte der Gesellschaft handelt. In Dresden ist die Zusammensetzung der Demonstranten vielfältig. Über das braune Gesindel, das sich lautstark mit Hassparolen gegen alles Fremde artikuliert, muss hier nicht großartig debattiert werden. 

Die Begrifflichkeit, unter der diese Veranstaltungen stattfinden, ist ebenso absurd, wie die Glaubwürdigkeit der Initiatoren, die hinter Pegida stehen. Eine Islamisierung Europas findet de facto nicht statt, nicht einmal eine vermeintliche Überfremdung und schon gar nicht in Sachsen, dem Bundesland mit der mit Abstand niedrigsten Quote von Menschen mit Migrationshintergrund. 

Sprecher und Hauptdrahtzieher dieser Kundgebungen ist eine Person namens Bachmann, der sich nach mehreren Verurteilungen der Haftstrafe entzog, indem er nach Südafrika geflohen ist. Von dort wurde er nach Deutschland ausgeliefert und er hat anschließend hier seine Strafe abgesessen. Mittlerweile betreibt er offiziell eine Werbeagentur in Dresden, von wo er mit einigen Freunden diese Montagsaufläufe organisiert. Dabei spricht er gezielt die Menschen an, die sich als Verlierer der Wiedervereinigung fühlen, als auch die Enttäuschten, die glauben, die Politik habe sie im Stich gelassen, indem ihr Wohlstand gefährdet sei, durch illegale Einwanderung und steigende Flüchtlingszahlen. 

Dass solche Rattenfänger wie Bachmann nicht nur das rechte Gesindel auf die Straße zieht, sondern auch Bürger, deren Interesse eher unpolitisch ist, viele haben mittlerweile die Teilnahme an Wahlen abgelehnt, muss alle Demokraten aufschrecken. Wenn man sich dabei die Transparente ansieht und anhört welchen Slogans von den Rednern applaudiert wird, kommt doch ein Bild zum Vorschein, das weit über Politikverdrossenheit hinausgeht. Hier wird mittlerweile vom krassen Versagen des demokratischen Staates gesprochen, da sich "die da oben" alles angeeignet haben, keinerlei Rücksicht mehr auf das Volk nehmen und Deutschland an das Großkapital verscherbelt. 

Deshalb würde man auch wie 1989 mit Montagsdemonstrationen in die Öffentlichkeit gehen, um zu zeigen, wer eigentlich das Volk ist, um sich so wieder Gehör zu verschaffen. Obwohl diese Vorwürfe absurd sind, muss die Politik diese Haltung ernst nehmen, schon um einer Radikalisierung vorzubeugen. Die Bundesrepublik mit der DDR zu vergleichen, ist per se Nonsens. Allein die Feststellung dieser Tatsache wird die Menschen, die ihre Ziele nach der Wende nicht umsetzen konnten, nicht überzeugen. Der Frust und die Niedergeschlagenheit muss ein Grad erreicht haben, der so groß ist, dass sie nicht bereit sind,  mit den Medien zu sprechen, da diese angeblich alle nur lügen.

Hier werden Parallelen mit der DDR gezogen, ebenso sind sie nicht Willens mit Andersdenkenden zu diskutieren. Bachmann und seine Pegida-Clique haben deshalb Schweigemärsche verordnet, zuweilen werden aber doch Rufe nach Putin laut, dem starken Mann in Russland, was noch mehr Befremden und Nachdenklichkeit hervorruft.

Was ist jetzt zu tun? Auf keinen Fall dürfen die Demonstranten weiterhin mit dem rechtsradikalen Einfluss der Pegida- Initiatoren allein gelassen werden. Dazu ist es notwendig, die wirklich verunsicherten Menschen ernst zu nehmen. Dies bedeutet, sie nicht gleich in die rechte Ecke zu stellen. Die Politik, sowohl in Sachsen als auch in der gesamten Bundesrepublik muss auf die verunsicherten Bürger zugehen, und zwar seitens aller demokratischen Parteien.

Das Schlimmste wäre jetzt ein hirnloses Politikergezänk. Es ist dringend notwendig eine Plattform zu schaffen, wo die Enttäuschten sich frei artikulieren können, und zwar ohne die Vormundschaft von Bachmann und Co. Ihnen wird zu verdeutlichen sein, dass sie sich nicht instrumentalisieren lassen dürfen. Es muss klar werden, dass die Ziele von Pegida nicht die gleichen wie die ihrigen sind. Weiterhin sollte es gemeinsame Diskussionsrunden geben, in denen sich die Politik den Fragen dieser Menschen stellt, nachdem sie zunächst bereit sind, zuzuhören welche Ängste und Bedenken diese Bürger umtreiben, so dass sie auch spüren, dass sie tatsächlich ernst genommen werden. Jetzt ist Basisarbeit gefragt, Sonntagsreden und abgehobene Podiumsdiskussionen à la Fernsehtalkshows der bestehenden Form können hier nichts mehr bewirken

Die Menschen wollen sich Gehör verschaffen und wenn dies in ihrem Sinne nicht möglich ist, stimmen sie mit den Füßen ab. Das ist dann die Stunde der Rattenfänger und wie so etwas endet, hat Deutschland schon einmal 1933 erlebt. In der heutigen Zeit, in der sich Politik überaus komplex darstellt und die Menschen auf der Straße die politischen Entscheidungen kaum nachvollziehen können, da die Materie immer schwieriger wird, ist es eminent wichtig, diese auch dem Bürger plausibel zu machen. Demokratie ist untauglich, wenn die Politik nur von einigen wenigen Politikwissenschaftlern verstanden wird. 

Die Folgen sehen wir schon deutlich an den Wahlbeteiligungen, wenn die Menschen es aufgegeben haben, Entscheidungen über ihre eigene Zukunft selbst mit zu bestimmen. Alles beginnt mit Nichtverstehen. Daraus erwächst mangelndes Interesse, dann folgt Protest und schließlich Chaos. 

Ein markantes Beispiel ist die Asyl- und Flüchtlingsfrage. Die Politik muss den Menschen erklären, warum wir Flüchtlinge aufnehmen, was bei den meisten durchaus auf großes Verständnis stößt. Aber noch viel wichtiger ist es dann zu sagen, wie alles bewerkstelligt werden soll, also wie viele Flüchtlinge kommen, wo sie untergebracht werden und wie sie am besten mit der Bevölkerung harmonieren können. Auch wollen die Menschen wissen, über welchen Zeitraum in etwa Flüchtlinge beherbergt werden sollen und was mit den Asylsuchenden passiert. Um es auf einen Nenner zu bringen, es müssen Perspektiven erarbeitet werden, sowohl für die Bevölkerung, als auch für die Schutzsuchenden, die für beide Seiten akzeptabel sind. Diese müssen von der Politik ausgiebig kommuniziert werden. Dazu gehört auch auf eine gewisse Opferbereitschaft hinzuweisen, ebenso den hier ankommenden Menschen neben zumutbaren Bedingungen auch ein gewisse Anpassungsfähigkeit zu vermitteln.

Wichtig ist die jeweiligen Ängste und Ressentiments abzubauen und Verständnis für den Anderen zu entwickeln. Dabei muss immer die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben. Dies umfasst die unterschiedlichsten Punkte. So darf z.B. eine Orts-Bevölkerung nicht mit zu großen Aufnahmezahlen überbelastet werden, Asylanten nicht über Jahre auf ihre Aufnahmeverfahren warten müssen, sondern binnen weniger Monate soll entschieden werden, ob sie Bleiberecht bekommen oder das Land wieder verlassen müssen. Dazu bedarf es mehr Personal, was wiederum Steuergeld kostet. 

Trotzdem wäre es vielleicht sinnvoll hier zu investieren, denn die Kosten für langjährige Aufenthalte sind allemal höher. Auch über die Frage von zwischenzeitlicher Arbeitserlaubnis muss diskutiert werden und zwar so, dass die einheimische Bevölkerung sich dadurch nicht behindert fühlt, sondern es als Unterstützung im Wirtschaftsprozess wahrnimmt. Und es gibt noch eine Menge weiterer Fragen, die die Menschen hierzulande bewegen. Darauf müssen wir alle gemeinsam Antworten finden, die Politik alleine ist damit überfordert. 

Wenn dies nicht gelingt, werden die Zahlen bei den Schweigemärschen an Montagen weiterhin steigen und dies nicht nur in Dresden. Aus einer dubiosen, politischen Randerscheinung namens Pegida wird ein echtes Demokratieproblem, denn die Menschen wollen ihre Meinung nicht mehr mit dem Stimmzettel kundtun, sondern mit Aufmärschen dem Staat Paroli bieten. Und dass dieses nicht gutgeht, haben gerade wir Deutschen schon des Öfteren erlebt. Deshalb kann die Devise nur heißen: Ängste ernstnehmen, zuhören, aufklären und Lösungen suchen, die besonders von den weniger Privilegierten verstanden werden.

Peter J. König

Samstagskolumne Peter J. König 06.12.2014


"Kultureller Pluralismus ist kein Hindernis, sondern Voraussetzung für eine demokratische Lebenswelt in Europa."  ( Zitat Prof. Dr. Claus Leggewie)

Seit einigen Wochen finden, erst in Dresden und mittlerweile in einigen weiteren deutschen Städten, ja selbst in Ostfriesland Montagsdemon- strationen statt, die von einer Bewegung Pegida initiiert werden und wobei sich mehrere tausend Bürger auf der Straße versammeln. 

Montagsdemonstrationen sind uns alle ein Begriff, haben sie doch den Anfang vom Ende der DDR eingeläutet, speziell in Leipzig und waren damit der Beginn der einzigen friedlichen Revolution, die jemals auf deutschem Boden stattgefunden hat. Deshalb ist der Begriff "Montagsdemonstration" ideell besetzt, assoziiert er doch automatisch damit die Geschehnisse von 1989 und damit das Aufbegehren gegen den Überwachungs- und Unterdrückungsstaat. 

Jetzt hat sich eine selbsternannte Bewegung namens Pegida-Bündnis, der Name leitet sich von der Abkürzung des hochtrabenden Mottos: Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes her, die Begrifflichkeit zu Eigen gemacht, um gegen Überfremdung und fortschreitende Islameinflüsse zu demonstrieren. Dabei bezeichnen sich diese Herrschaften als aus der Mitte der Gesellschaft kommend und verwahren sich strikt gegen die Vermutung rechtsradikal und nationalistisch zu sein. 

Dies mag ja in Bezug auf ihr äußeres Erscheinungsbild stimmen, was allerdings ihre Gesinnung an betrifft, also ideologisch, unterscheiden sie sich nicht von dem Gedankengut rechtsradikaler und neonazistischer Gruppierungen. Dabei werden hier ebenso die bekannten Vorurteile und Tatsachenfälschungen propagiert, die seit jeher von Rechtsaußen kommen: Ausländerschwemme, illegale Einwanderung zum Zweck die Sozialsysteme auszuhöhlen, Kriminalität, Anpassungsverweigerung und Unterwanderung der urdeutschen Bevölkerung bis hin zu der irren Vorstellung in Deutschland einen islamischen Staat errichten zu wollen. 

Abgesehen von der Tatsache, dass diese Unterstellungen keine reale Basis darstellen, zumindest auf die gesamte Bundesrepublik bezogen, einzelne Brennpunkte, wie in Berlin, Mannheim und dem Ruhrgebiet bilden da die Ausnahme und sind überhaupt nicht relevant für unseren Staat, zeigt die Bewegung, übrigens ein sehr belastetes Wort, bezeichneten sich einst die Nazis und ihre NSDAP ebenfalls als Bewegung, wessen Geistes Kind dahintersteckt. 

Intoleranz, das Schüren von Hass auf alles Andersartige, mangelnde Offenheit allem Fremden gegenüber und nicht zuletzt die Abkehr von Religionsfreiheit und Rassenhass, einem Übel dem 6 Millionen Juden allein in Europa während der Nazizeit zum Opfer gefallen sind. Natürlich stellt sich deshalb die Frage, warum gehen diese Bürger, die von sich behaupten, zur Mitte der Gesellschaft zu gehören, zu diesen Demonstrationen, von denen bisher nicht genau klar ist, wer dahinter steckt? 

Dass in Deutschland etwa 20-bis 25% der Bevölkerung latent rechtsradikal sind, ist durch viele Untersuchungen und Gutachten belegt worden. Meistens wird dieses öffentlich nicht wahrgenommen, da solche Personen in der Regel zu dem großen Heer der Nichtwähler gehören. Auch wird vermieden sich diesbezüglich zu erklären, da zumindest außerhalb des Freundeskreises man sich gerne verdeckt gibt. Weshalb also gerade jetzt und weshalb so offen? 

Einerseits sind es die kriegerischen Ereignisse im Nahen Osten, das Erstarken des IS mit seinen unmenschlichen Gräueltaten und seiner brutalen Präsenz in den digitalen Medien, aber ebenso das mediale Ausschlachten der jungen Salafisten, die von Deutschland aus in den syrischen Bürgerkrieg gezogen sind, die den Anlass geben, sich solchen fragwürdigen, populistischen Treffen anzuschließen. Des Weiteren ist es die permanente unterschwellige Angst, die Menschen, die nach Deutschland kommen, und wenn auch nur als Flüchtlinge, könnten den Wohlstand unseres Landes gefährden, die Arbeitsplätze wegnehmen und die sozialen Errungenschaften torpedieren. 

Ablehnung allem Fremden gegenüber spielt natürlich dabei auch eine große Rolle und es ist schon interessant, dass dort,  wo die wenigsten Menschen aus anderen Kulturen zu finden sind, diese Angst und Ablehnung am größten ist. Des Weiteren spielt eine Veränderung in der politischen Anschauung in vielen Ländern der EU eine Rolle, die Tendenz zu rechten, nationalistischen Parteien ist ganz offensichtlich. In Frankreich, in England, in Ungarn und einigen anderen EU-Ländern, auch in Deutschland haben rechtsgerichtete Parteien zurzeit Hochkonjunktur, man denke nur an die AfD hierzulande oder den "Front national" bei unseren Nachbarn in Frankreich. 

Der rechte Block im Europäischen Parlament war noch nie so stark, wie aktuell. Dies ist kein gutes Zeichen, weder für Europa noch für die Demokratie. Um noch einmal auf dieses obskure Bündnis von Pegida zurück zukommen, ist es notwendig sich den Anspruch vor Augen zu führen, der hinter diesem Sammelname steht. "Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes". Hochtrabender kann sich ein Haufen nationalistischer, fremdenfeindlicher Populisten nicht mehr bezeichnen, von denen Innenminister de Maizière sagt, dass sie von dubioser Herkunft und polizeilich im äußerst rechten Milieu aktenbekannt sind. 

Dies hat alles nichts mit Patriotismus, Europa oder gar mit einer Islamisierung des Abendlandes zu tun, wobei sich zwangsläufig die Frage stellt: Was ist eigentlich das Abendland? Staatspolitisch ist dieser Begriff der reinste Humbug. Selbst umgangssprachlich ist das Wort Abendland nicht geläufig, zumindest nicht klar definiert. In der geschichtlichen Literatur hat der Begriff Anwendung gefunden, um damit die Abgrenzung zum Morgenland hervorzuheben. Gerade jetzt zu Weihnachten kennen wir die Geschichte von den Heiligen Drei Königen, die aus dem Morgenland kamen um dem Christuskind zu huldigen. Gemeint sind die Regionen des Vorderen Orients und Nordafrikas, weil dort aus römischer Sicht im Osten die Sonne aufgegangen ist, während sie im Westen unterging, dementsprechend es dort Abend wurde, also sich das Abendland befand. 

Politisch gibt dieser Begriff überhaupt nichts her, er macht sich aber besonders gut, um enormen Eindruck zu schinden, ähnlich wie die Floskel vom Untergang des Abendlandes, worauf auch bewusst gezielt wird. Genauso verhält es sich mit dem Wort "Patriotische Europäer". 

Selbstverständlich gibt es Bürger in allen europäischen Staaten, die sich als überzeugte Befürworter der europäischen Einheit engagieren, der Schreiber dieser Zeilen zählt selbst dazu. Derartige Bekenntnisse sucht man aber bei den rechten Parteien in ganz Europa vergebens, ganz im Gegenteil, sie versuchen im Europäischen Parlament in Straßburg alles, um einen weiteren Zusammenschluss zu verhindern. Bei den Parteiversammlungen im eigenen Land wird unisono erklärt, dass ein gemeinsames Europa ja nur den Verlust der Existenz des eigenen Landes und der eigenen Kultur bedeuten würde, was mit aller Macht unterbunden werden muss. So viel zu patriotischen Europäern aus den ultra-rechten Lagern. 

Über die Islamisierung von Europa wurde bereits gesprochen. Dies ist nicht nur ein rechtsradikales Hirngespinst, sondern muss auch als Hetze gegen Andersgläubige, hier gegen den Islam gesehen werden, in der Hoffnung Menschen zu mobilisieren, die weder mit einem veränderten Weltbild, der Globalisierung noch mit einer wirtschaftlichen Veränderung klar kommen. Sie sehen tatsächlich den Untergang des Abendlandes, auch eine Floskel aus dem Nazivokabular, als man die "Rote" und die "Gelbe" Gefahr herauf beschwor. Gemeint aber ist der Verlust von wirtschaftlichem Wohlstand und sozialen Privilegien. 

Hier sollte man doch besser gegen die globalen Großkonzerne auf die Straße gehen, damit diese ihre Steuern in dem Land entrichten, in dem sie riesige Gewinne gemacht haben, um sie anschließend, leider legal in steuergünstige Oasen zu transferieren. Hier ist Protest tatsächlich angebracht. 

Peter J. König

Samstagskolumne Peter J. König, 29.11.2014

"In einem sind wir alle einig: Grenzen werden uns nicht trennen. Die Einheitlichkeit unseres deutschen Vaterlandes ist für uns alle ein Stück unseres Glaubens, unserer Liebe und Hoffnung." (Zitat: #Friedrich_Ebert, erster Reichtpräsident der Weimarer Republik)

Diese Woche könnte es noch spannend werden. Am Freitag, dem 5.Dezember soll es zum politischen Showdown in #Erfurt im Thüringer Landtag kommen. Alle Protagonisten haben sich positioniert. Die Koalitionsverhandlungen zwischen der Linken, den Grünen und der Thüringer SPD sind erfolgreich abgeschlossen worden. Das gemeinsame Regierungsprogramm wurde in einen Koalitionsvertrag gegossen, in dem die Linken zähneknirschend in der Präambel akzeptiert haben, dass die DDR ein Staat war, von dem Unrecht ausgegangen ist. Sei´s drum, der begriffliche Streit um die Definition: "Unrechtsstaat" hatte eh keine tiefere Bedeutung und wurde von den Linken nur deshalb mit intensiver Leidenschaft geführt, damit dieser Makelbegriff nicht die unentschlossenen Wähler verprellen sollte, die es vielleicht einmal mit der Linkspartei und Ramelow probieren wollen. So hat man sich in sophistische Erklärungsrituale geflüchtet und letztendlich akzeptiert, einen solchen Passus in den Vertrag aufzunehmen, dient er doch bestens dazu, damit den ungebrochenen Aufklärungswillen der Linken zu dokumentieren. 

Des Weiteren lassen sich jegliche Anfechtungen parieren, die immer wieder auf den unmittelbaren Zusammenhang mit der DDR-Staatspartei SED hinweisen. Über die Tatsache, dass die DDR ein Unrechtsstaat war, gibt es in der Sache nichts zu streiten. Nur ein notorischer Leugner der ostdeutschen Geschichte versteigt sich in Beschönigungsfloskeln, die aus dieser Diktatur eine deutsche demokratische Republik machen wollen, oder eben die regimetreuen Nutznießer mit Parteiausweis. Damit alles basisdemokratisch korrekt abläuft, haben alle Koalitionäre ihre Mitglieder befragt, ob ein solches Regierungsbündnis ihrem Willen entspricht. Das Abstimmungsergebnis zumindest bei der SPD hätte jedem Vergleich mit der DDR-Volkskammer standgehalten. 97% Zustimmung als Juniorpartner mit den Linken und eine Frischzellen- und Erneuerungskur unter der Leitung von Therapeut Ramelow ist doch schon gewaltig, zeigt aber auch wie extrem die altehrwürdige SPD in Thüringen ins Trudeln gekommen ist mit ihren knapp 10%. 

Ganz nach dem Motto von #Müntefering, dem ehemaligen Parteivorsitzenden der SPD: "Opposition ist Scheiße" wurde sich mit wehenden Fahnen den Linken angedient. Dafür gab es ordentliche Ministerposten, für die führenden Personen in der Partei ist dies nicht nur ein beachtlicher Karrieresprung, auch das Alter lässt sich so trefflich versüßen. Ob dies dann auch für die Menschen in Thüringen so sein wird, da darf man doch nach dem beschlossenen Regierungsprogramm berechtigte Zweifel haben. Noch ist es allerdings nicht soweit. Es ist für Freitag zur Wahl von Ramelow als Ministerpräsident zwar alles angerichtet, wenn da nicht die äußerst knappe Mehrheit der gemeinsamen Stimmen von Linke, SPD und Grüne wäre. Eine einzige Stimme aus dem Lager der angestrebten Koalition soll Ramelow die Wahl garantieren. Dies ist zweifellos heikel und spannend zugleich. 

Nicht, dass es nicht schon einige Koalitionen in den Länderparlamenten gegeben hätte, die mit der knappsten aller Mehrheiten durchaus erfolgreich eine Wahl und eine Legislatur überstanden hätten, dafür gibt es Beispiele genug. Aber da war auch die Wahl von Heide Simonis in Schleswig-Holstein, die sich Hoffnung auf eine Wiederwahl zur Ministerpräsidentin in Kiel machte, mit einer Zweistimmen-Mehrheit, und die nach dem dritten Wahlgang völlig verstört auf einen weiteren Wahlgang verzichtet hat, um nicht gänzlich demontiert zu werden. Sie hatte es bei allen vorherigen Wahlgängen nicht geschafft die notwendigen Abgeordetenstimmen aus ihrer Koalition zusammen zu bringen. Der eine oder andere Kollege aus der CDU oder F.D.P. hatte wohl noch mit ihr eine Rechnung offen und ließ Simonis im Regen stehen. Damit war das Koalitionsvorhaben geplatzt, Frau Simonis war als Ministerpräsidentin Geschichte und hat dann nur noch einmal Schlagzeilen in der RTL-Sendung: "Let´s Dance" gemacht, als sie versucht hat, den Tanzwettbewerb zu gewinnen, allerdings auch nur mit mäßigem Erfolg. 

Dies soll Bodo Ramelow nächsten Freitag natürlich nicht passieren. Wie man aus nahestehenden Kreisen hört, werden die wahlberechtigten Abgeordneten, speziell bei der SPD und den Grünen intensiv gecoacht. Die Geschäftsführung beider Parteien bemüht sich außerordentlich um das Wohlwollen der Entscheidungsträger, nichts darf bei der "Schicksalswahl" daneben gehen. Das Projekt der Erneuerung und die Überwindung des Stillstandes und der sozialen Kälte sollen hier in Thüringen ihren Anfang nehmen, so die verheißungsvollen Versprechen der siegessicheren Koalitionspartner. Hier in Erfurt soll sich die Blaupause für das große Ganze entwickeln, wie man in Berlin die Kanzlerin bei der nächsten Bundestagswahl zu Fall bringt. 

Wenn die Koalition in Thüringen zustande kommt und Stehvermögen beweist, dann können linke Träume durchaus Wirklichkeit werden, mutmaßen die Genossen. Nach einer längeren Phase der Erstarrung ist die CDU allmählich wieder aufgetaut. Innerparteiliche Machtkämpfe haben zu diesem Zustand geführt, wobei noch nicht abzusehen ist, ob Lieberknecht, die noch amtierende Ministerpräsidentin die Zügel noch in der Hand hält oder bereits Lenkhilfe erhält. Zur Wahl am Freitag will die CDU mit einem Gegenkandidaten antreten, soviel ist schon gewiss. Und hier beginnt es jetzt wirklich spannend zu werden.

Die AfD mit 12% im Landtag vertreten, hat bereits signalisiert, sie werde den Kandidaten der CDU wählen, falls es sich dabei nicht um Frau Lieberknecht handelt. Dies könnte natürlich weitere interessante Konstellationen aufwerfen, falls es darum geht bei den weiteren Wahlgängen mit einer einfachen Mehrheit den Ministerpräsident zu wählen, die vereinbarte Koalition aber nicht ihr gesamtes Stimmenpotential zusammen bekommt, die CDU und die AfD jedoch dem gegenüber eine Mehrheit erzielt. Ergebnis wäre ein CDU-Ministerpräsident mit Hilfe der AfD, mit denen die Christdemokraten ja vehement nichts zu tun haben wollen. In diesem Fall ist zu erwarten, dass die gewählte Person das Amt nicht annehmen wird, alles andere wäre ein politischer Selbstmord für die CDU und genau das benötigte Elixier zu einem Revival für die SPD. 

Doch was folgt dann? Neuwahlen natürlich, wo das ganze Gezerre wieder von vorne losgeht. Danach wird sich aber erst wirklich zeigen, in welche Richtung sich das Land Thüringen politisch entwickelt. Es ist zu mutmaßen, dass eine solche Pattsituation sich kaum wiederholt. Der Wähler wird sich eindeutiger positionieren, die Anzahl der Protestwähler wird geringer werden, was eindeutig zu Lasten der AfD gehen wird und es ist zu vermuten, dass die drei Koalitionsparteien mit Stimmenzuwächsen rechnen können. Die Stimmung im Land zeigt Wechselbereitschaft, zumindest bei einem nicht geringen Anteil der Bevölkerung, die jetzt sehen will, was die neuen Kräfte so zustande bringen. Zudem zeigen soziale Versprechungen immer Wirkung, zunächst in der Wahlkabine.

Ob dies sich dann auch bewahrheitet, steht auf einem anderen Blatt. Sollte es tatsächlich zu einer Neuwahl kommen, so ist den Schwarzen dringend geraten mit frischen, unbelasteten Kräften in die Schlacht zu ziehen, ansonsten können sie nur den Ergebnissen aus den letzten Wahlen nachtrauern. Dann hilft auch nicht mehr die Selbstkritik, warum man eigentlich so rüde mit der SPD in der letzten Koalition umgegangen ist? Diese aber sind jetzt bereits auf dem Weg zu neuen Ufern, denn wie bereits erwähnt, das große Ganze wartet in Berlin, Thüringen sollte ja nur die Generalprobe sein, nun allerdings mit der SPD an der Spitze, was man dann auch freimütig zugesteht. 

Peter J. König

Samstagskolumne Peter J. König 08.11.2014

"Geschichtsbewusstsein ist mehr als bloßes Wissen oder reines Interesse an der Geschichte umgreift Geschichtsbewußtsein den Zusammenhang von Vergangenheitsdeutung, Gegenwartsverständnis und Zukunftsperspektive" (Jeismann)

Der 9. November 1989 ist wahrhaft ein historischer Tag für Deutschland. Dass das Ereignis der Grenzöffnung zwischen Ost und West, einhergehend mit dem Mauerfall, dem Untergang der DDR und der deutschen Wiedervereinigung sich an diesem Wochenende zum 25. Mal jährt, ist Anlass genug sich ausgelassen zu freuen, aber gibt auch die Gelegenheit, sich alles noch einmal bewusst zu machen und über die Entwicklung der letzten 25 Jahre und über das Hier und Heute nachzudenken.

Berlin steht ganz im Zeichen der Festivität, über eine Million Besucher werden erwartet, buchstäblich aus der ganzen Welt und hauptsächlich von Menschen deren Schicksal mit diesem Datum verbunden ist. In Ost- und Westdeutschland hat doch jeder ab dem Schulzeitalter eine persönliche Erinnerung, was in den Tagen vor dem Mauerfall passierte, aber speziell an die Nacht, als Günter Schabowski, Politbüro-Mitglied und Sprecher dieses Führungsgremiums in jener legendären Pressekonferenz in Ost-Berlin verkündete, nämlich die Reisefreiheit für die Menschen aus der DDR, und wie er betonte:"Nach meiner Kenntnis gilt die Reisemöglichkeit sofort". 

Schabowski hat damit eine Lawine ins Rollen gebracht. Für die entsprechende Dynamik sorgte schon der Dampf im Kessel DDR, der sich durch die Öffnung des Eisernen Vorhangs in Ungarn, die ostdeutschen Flüchtlinge in der westdeutschen Botschaft in Prag, aber vor allen Dingen durch die Montagsdemonstrationen in Leipzig zu einem gefährlichen Überdruck entwickelt hatte. Wer konnte schon garantieren, dass es nicht erneut zum Eingreifen russischer Truppen gekommen wäre, wie einst am 17. Juni 1953, als russische Panzer den Aufstand der Menschen in der sowjetischen Zone, sichtbar in Ostberlin, Leipziger Straße mit Gewalt niederschlugen?

Heute wissen wir, dass die sowjetische Führung unter Gorbatschow im Zuge von Perestroika und Glasnost zuvor schon entschieden hatte, den osteuropäischen Staaten selbst es zu überlassen, welchen politischen Weg sie gehen wollten. Deshalb blieben diesmal die Panzer in den Kasernen. Dies war faktisch das Ende des Warschauer Paktes und leitete die Demokratisierung dieser Staaten ein, jeweils mit einer völlig unterschiedlichen Dynamik. Vor diesem Hintergrund war es der Führungsclique in Ostberlin klar, dass ihr Ende bevorstand. Deshalb hat die Stasi überall in ihren Dienststellen, und davon gab es sehr, sehr viele, versucht das erspitzelte Material, die Akten über die Toten an der Grenze und letztendlich sämtliche Unterlagen über ihr perfides Handeln zu vernichten. 

Wenn man weiß, dass in keinem Land der Welt es mehr Geheimdienstler gab als in der DDR, dann ist auch klar, dass diese Fülle von Papier in so kurzer Zeit einfach nicht zu vernichten war. Damit man überhaupt einen kleinen Überblick über die Zahl der Stasimitarbeiter bekommt, hier ein Vergleich der in etwa die verschiedenen Dimensionen in den unterschiedlichen Ländern aufzeigt. In der Sowjet-Union kam ein Mitarbeiter vom Geheimdienst auf 5000 Einwohner, im Dritten Reich einer auf 10000, in der Bundesrepublik Deutschland einer auf 50000 und in der DDR einer auf 150 Einwohner. 

Was dies bedeutete, hat dann auch die Wirklichkeit gezeigt, Bespitzelung überall und jederzeit und zwar auch dort, wo man es eigentlich nicht erwarten sollte. Nichts war vor der Stasi sicher, nicht die Familie, nicht der Freundeskreis und am Arbeitsplatz sowieso nicht. Die Methoden zur "Erkenntnisgewinnung", so der Sprachjargon der Stasi hat eine derart überbordende Fülle erreicht, dass nur weniger als die Hälfte ausgewertet werden konnte, die eigentliche Arbeit hat dann die Gauck-Behörde übernommen bei der Aufarbeitung des gesamten Stasi-Materials, und das hat Jahre gedauert. 

Mittlerweile sind 25 Jahre seit dem Mauerfall vergangen und bei aller Freude darüber und den spektakulären offiziellen Feierlichkeiten, die erfreulicherweise überwiegend den Charakter eines großen Miteinanders, anstatt staatstragender Couleur besitzen, ist das Wichtigste jedoch, sich noch einmal klar zu machen, was eigentlich an diesem Tag überwunden wurde, welche neue Zeitrechnung für die Menschen in Ostdeutschland , ja in ganz Deutschland angebrochen ist und welches Joch man mit dem Untergang der DDR abgeworfen hat. 

Deshalb sollte der 9. November neben aller Freude ganz besonders ein Tag des Erinnerns sein, eine Erinnerung an die politische, wirtschaftliche und menschenverachtende Entwicklung in der DDR, wo man doch einst angetreten war, einen Staat zu entwickeln, der mehr Gerechtigkeit, mehr soziale Gleichheit, mehr Humanität und mehr respektables Leben gewährleisten sollte. Entstanden ist eine Diktatur, die fast jede persönliche Freiheit eingeschränkt hat, ein Überwachungsstaat mit einer militärischen Ausrichtung, stärker als im Dritten Reich und geprägt durch die Verachtung seiner Bürger, die sie grundsätzlich wie Verbrecher behandelt haben, ihnen mit großem Misstrauen begegnet sind und wo kurzerhand jeder der nicht als linientreu erschien, mit erheblichen Repressalien belegt wurde. 

Das Land wurde von einer Nomenklatura beherrscht, die aus etwa 2 Millionen SED- Mitglieder bestand. Wahlen wurden manipuliert, Gesetze wurden dem Interesse dieser Nomenklatura angepasst, Erpressung seitens der staatlichen Organe stand auf der Tagesordnung, die Justiz war ein ausgesprochenes Machtinstrument, sie diente allein dem Erhalt des Systems. Wer zu dieser Zeit in der DDR gelebt hat, kein Mitläufer war und einen gesunden Menschenverstand besaß, wird nie mehr vergessen, was mit ihm dort passiert ist. Doch wie sieht dieses heute aus? 

Dazu gibt es gerade im Zuge der 25. Jahrfeier einige interessante, teilweise aber erschreckende Umfragen, die zeigen, in welchem unterschiedlichen Maß, je nach Alter und Erfahrungswert, die Bürger der neuen Bundesländer die Situation mittlerweile einschätzen. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass je jünger die Menschen sind, umso mehr scheint der Schrecken der DDR zu verblassen, oder bei Nichterleben nicht vorhanden zu sein. Dieses gipfelt darin, dass bei Umfragen in den höheren Klassen (11 und 12) in Gymnasien und Oberschulen die überwiegende Meinung herrscht, die DDR hätte nicht untergehen sollen, im Extrem man sich sogar die DDR zurück wünscht. Wie ist so etwas möglich? 

Was bekommen die jungen Menschen heutzutage in den höheren Schulen beigebracht und wer ist dafür verantwortlich? Oder liegt es vielleicht an dem mangelnden Geschichtsbewusstsein oder Desinteresse von der neuen Generation und was erzählen ihnen die Alten? Dass in der Wahrnehmung größerer Bevölkerungsgruppen in den neuen Bundesländern Befremdliches vorgeht, gerade im Hinblick auf die DDR-Vergangenheit, zeigt die erstarkte Position der Partei "Die Linke". Wenn sie noch vor Weihnachten den Ministerpräsident in Thüringen stellen sollte, dann ist dies ein klares Zeichen, dass Geschichte lieber vergessen oder verdrängt wird, um in Nostalgie und Wunschträume sich zu ergehen, anstatt sich über eindeutige Fakten zu informieren. "Die Linke" verfolgt Ziele wie sie einst ihre Vorgängerpartei SED in der DDR postuliert hat. Wer sich einmal die Mühe macht in das Wahlprogramm der Linken in Thüringen zur Landtagswahl hinein zu schauen, stellt frappierende Ähnlichkeiten mit dem SED-Programm in der alten DDR fest. 

Leider lesen ja die wenigsten Wähler solche Programme weder im Osten noch im Westen. Dies wissen alle Parteien und besonders Gregor Gysi, der seit Jahren es schafft, früher übrigens auch mit Oskar Lafontaine der Partei "Die Linke" ein Image nach außen zu verpassen, das einen neuen, gerechteren Sozialismus verspricht, der besonders die Menschen im Osten anzieht, die enttäuscht sind von ihrem Leben im wiedervereinigten Deutschland und für die die Wende vermeintlich nur Schlechtes gebracht hat. 

Da vergisst man auch leicht die Realität in der DDR oder sie wird nachträglich schön gemalt, je nach Grad der Enttäuschung. Die Wahlentscheidung für die Linken ist ein ziemlich exakter Gradmesser, wie groß der Anteil der Unzufriedenen bei der Bevölkerung in den jeweiligen östlichen Bundesländern ist. Im Gegensatz zur DDR hat heute jeder Bürger das Recht die Partei zu wählen, die ihm genehm ist. Dies gilt auch für "Die Linke". Trotzdem oder gerade deshalb muss man sich klarmachen, was drin ist in dem Paket des neuen freundlichen Sozialismus. Wunschträume helfen da wenig, sonst wird das Erwachen umso ernüchternder. 

Mit Ramelow in Thüringen wird die Demokratie in Deutschland nicht untergehen. Allerdings werden sich dann sehr bald die sozialistischen wirtschaftlichen Eckpfeiler seines Programmes im Land bemerkbar machen. Und das wird nicht gut aussehen, trotz all seiner Beteuerungen. Interessant ist, dass schon zu SED-Zeiten theoretisch alles wunderbar funktioniert hat, sehr bald musste die DDR allerdings eine große Mauer um das Land bauen, damit die Bürger nicht die Flucht ergriffen haben. So weit wird es in Thüringen nicht kommen, denn heutzutage gibt es demokratische Möglichkeiten bei dann aufkommender Unzufriedenheit der Mehrheit der Bürger den erneuten sozialistischen Versuch zu beenden und zwar ebenfalls friedlich mit einem Stift bewaffnet auf dem Stimmzettel in der Wahlkabine bei der nächsten Landtagswahl. 

Ob es aber überhaupt so weit kommen wird, bleibt noch abzuwarten. Die Koalition zwischen Linken, der SPD und den Grünen hat exakt eine Stimme Mehrheit, ist also hauchdünn. Wenn bei der Wahl Ramelows zum Ministerpräsident im Thüringer Landtag nur ein Abgeordneter von der SPD oder den Grünen sich der Stimme enthält und dies sich in drei Wahlgängen wiederholt, kommt die Koalition nicht zustande, das sozialistische Abenteuer ist geplatzt. Noch ist alles offen. Nicht offen aber darf der Umgang der jungen Leute mit der jüngsten Geschichte bleiben, denn besonders ihre spezifischen Kenntnisse von der Vergangenheit entscheiden darüber, wie sie ihre Zukunft gestalten.

 Peter J. König

Samstagskolumne Peter J. König 01.11.2014

Stasi-Ballade: 

Menschlich fühl´ ich mich verbunden
mit den armen Stasi-Hunden,
die bei Schnee und Regengüssen
mühsam auf mich achten müssen,
die ein Mikrofon einbauten,
um zu hören all die lauten
Lieder, Witze, leisen Flüche
auf dem Klo und in der Küche,
Brüder von der Sicherheit,
Ihr allein kennt all mein Leid.
.......
...
Wolf Biermann

("Gegen den scharfen Kritiker der DDR-Parteidiktatur wurde 1965 ein totales Auftritts- und Publikationsverbot verhängt. 1976 wurde er ausgebürgert" (Wikipedia)
Stasi-Ballade: http://www.songtexte.com/songtext/wolf-biermann/die-stasi-ballade-7bfa2618.html

Zu einem äußerst interessanten Zeitpunkt, jetzt wo am 9. November der Fall der Mauer sich zum 25. Mal jährt, hat unser Bundespräsident Joachim Gauck sich zu der Partei "Die Linke" geäußert. In einem Interview mit der ARD hat er die Frage aufgeworfen, ob diese Partei mittlerweile den nötigen Abstand zu ihrer Vorgängerin zu DDR-Zeiten der SED hat, die das Unrechtssystem verantwortet, und ob "Die Linke" mittlerweile das berechtigte Vertrauen genießt, um in Thüringen die Regierung zu führen.

Im Hinblick auf seine eigene Vita, aber noch entscheidender aus der Sicht der Opfer (Mauertote, Stasi-Verfolgte oder allgemeine Repressalien der bürgerlichen Gesellschaft, nicht zu vergessen Justiz-Willkür) bestehen auch bei Gauck gewaltige Zweifel. Welch eine Entrüstung daraufhin im linken Spektrum, nicht nur bei der Linkspartei selbst, sondern auch bei den Linken in der SPD, angeführt durch Ralf Stegner, Vorsitzender der SPD in Schleswig-Holstein und Führungsmitglied der SPD-Spitze. Er, die Speerspitze aller Scharfmacher gegen alles was nicht stramm links ist, hat unisono mit den Führungskadern der Linkspartei den Bundespräsidenten kritisiert und ihm Parteinahme vorgeworfen, gar ihm unterstellt er wolle die Meinungsbildung innerhalb der thüringischen SPD beeinflussen, um so die angestrebte Koalition zwischen Linke, SPD und Grünen zumindest in Frage zu stellen.

Unabhängig davon, welche politischen Äußerungen dem Bundespräsidenten qua Amt zugebilligt werden und wie weit seine persönliche Meinung zu respektieren ist, enthält dieser Vorgang doch eine gewisse Ironie, denn es waren SPD und Grüne, die Gauck als kritischen Präsidenten für dieses Amt favorisiert haben. Nun äußert er sich zu einem Themenfeld, bei dem er selbst unmittelbar betroffen war, denn als evangelischer Pastor in der DDR stand er ebenfalls im Focus der Stasi und war Repressalien der Staatspartei SED ausgesetzt. Zu gerne hätten SPD und Grüne doch gesehen, wenn Gauck überwiegend in den eigenen rechten Reihen seine Kritik angesetzt hätte und nun dies.

Insgesamt ist zu sagen, dass Joachim Gauck sein Amt als Bundespräsident nicht nur sehr souverän und äußerst respektabel handhabt, er ist auch als Repräsentant der Bundesrepublik Deutschland im Ausland hoch angesehen. Überaus erfreulich ist, dass er sich selbst keinen Maulkorb verpasst hat und sehr eigenverantwortlich entscheidet, wozu er sich äußert und wo sein Amt es gebietet, Zurückhaltung zu üben. Hier steht er jetzt schon in einer Reihe mit Theodor Heuss, Richard von Weizsäcker und Roman Herzog, aber auch Gustav Heinemann, alles Glücksfälle in unserer Präsidentengeschichte.

Dass Joachim Gauck aus seiner unmittelbaren Erfahrung kritische Fragen stellt, zeigt doch eher, dass ihm die Angelegenheit wichtig ist, auch im Hinblick auf die Geschichte. Da scheut er auch nicht die Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht, denn dieses hat entschieden, dass er sich durchaus im Rahmen seiner Kompetenzen geäußert hat, als er die NPD als Spinner bezeichnete, und die Neo-Nazis vor das höchste Gericht gezogen waren. Diese vom Bundespräsidenten ausgelöste Diskussion zeigt bei näherer Analyse, dass die angestrebte Regierung in Thüringen mehr als ein waghalsiges Experiment darstellt. Zunächst hat sich offenbart, dass "Die Linke" alles andere als sattelfest ist, gerade in den Bedenken, die Gauck aufgeworfen hat.

Am Beispiel der Frage: War die DDR ein Unrechtsstaat, beginnen sich die Geister innerhalb dieser Partei zu scheiden, die Altkader wie Gysi und andere führende Genossinnen und Genossen können mit dieser Frage überhaupt nichts anfangen, während man in Thüringen seitens der dortigen Linkspartei bei den Sondierungsgesprächen sich geradezu verbogen hat, um dann doch noch ein Kompromisspapier zusammen zu zimmern, damit nicht schon damit eine weitere Verhandlung mit SPD und Grünen scheitert. Eindeutiges Distanzieren von den Machenschaften der SED sieht anders aus. Weshalb sollte in einem zukünftigen Koalitionsvertrag nicht ein klarer Passus zur SED-Vergangenheit stehen? 

Warum haben sich SPD und Grüne auf einen solch faulen Kompromiss eingelassen, der selbst der Grünen-Vorsitzenden Göring-Eckhart einer früheren DDR-Oppositionellen aus Thüringen Bauchschmerzen bereitet? Der Grund ist leicht durchschaubar. Man wollte nicht nur die Spitzenfunktionäre in Berlin nicht düpieren, sondern braucht auch die alten SED-Mitglieder in den neuen Bundesländern um dort politisch etwas zu bewirken, denn ohne diese sieht es nicht besonders rosig aus mit dem Linken-Fundament im Osten. Selten hat man seitens der Linken ein solches Rumgeeiere gehört wie von Frau Kipping der Vorsitzenden der Linken im ZDF zu den Fragen nach Gauck und einer klaren Aussage zur SED-Vergangenheit.

Der Auftritt von Frau Kipping war nicht nur an Peinlichkeit nicht mehr zu übertreffen, er zeigte auch, dass in ihrem Kopf ganz andere Gedanken Vorrang haben. Es geht um Macht, um die Erneuerung sozialistischen Gedankenguts und um die Tatsache die Option nicht nur in Thüringen zu verspielen, sondern auch um den Versuch in Berlin bei der nächsten Bundestagswahl zu reüssieren. Es ist unzweifelhaft, dass "die Linke" Morgenluft wittert, zunächst in Thüringen und dann in einer möglichen Bundesregierung. Dies ist der Grund, warum die Links-Kader Kreide gefressen haben, um mit an die Macht zu kommen versprechen sie alles und mimen die Bekehrten. Aufarbeitung der Vergangenheit bedeutet für die Linkspartei ein Wochendseminar hinter verschlossenen Türen unter Gleichgesinnten und anschließend eine lauwarme Erklärung vor der Presse: In der DDR war nicht alles gut, man hat auch Fehler gemacht. Ist es da ein Wunder, dass die Menschen, die unter dem DDR-Regime gelitten haben, skeptisch und sorgenvoll reagieren, meistens sogar ein Erstarken der SED-Nachfolgepartei mit einem Ministerpräsident aus deren Reihen ablehnen?

Da hilft auch der Hinweis nicht, dass Ramelow aus dem Westen kommt und eigentlich Gewerkschaftler sei. Diese argumentative Krücke kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich bei den Linken auch in Thüringen noch alte Stasimitarbeiter tummeln, auch bei den Abgeordneten im Landtag und sonstigen Parlamenten und bei vielen öffentlichen Ämtern in der Verwaltung, so wie dies auch in allen anderen neuen Bundesländern der Fall ist. Die SPD Thüringens hat sich bei einer Mitgliederbefragung eindeutig für Koalitionsverhandlungen mit der Linkspartei ausgesprochen. Dabei ist auffällig, dass gerade die älteren SPD-Mitglieder, die keine belastete Vergangenheit haben, sich aber dem SED-Regime beugen mussten, vehement eine solche Koalition ablehnten.

Es sind die Ewig-Gestrigen, die gemeinsam mit einer dominanten jungen Riege in der Partei das linkssozialistische Experiment wagen wollen. Dabei liegt ihnen nur scheinbar das Wohl der Menschen in Thüringen am Herzen, nein in erster Linie geht es ihnen um die Macht, nach 25 Jahren CDU-Herrschaft, wo sie sich mit der Rolle eines Wurmfortsatzes begnügen mussten, und dann noch sich ihre Anhängerschaft mehr als halbiert hat. Nicht umsonst ist es zum Wechsel an der SPD-Spitze in Thüringen gekommen, junge Kräfte mit einer großen Nähe zur Linken glauben nun, es wird Zeit den Sozialismus wieder aufleben zu lassen. Dass sie dabei nicht primär an die Gräueltaten zu DDR-Zeiten denken, ist durchaus glaubhaft.

Als Karl Marx "Das Kapital" schrieb, konnte er sich auch nicht vorstellen, dass Kommunisten in vielen Ländern Verbrechen an den Menschen begehen werden, indem sie sich auf die Thesen aus seinen Werken berufen. Die neue Riege aus Linken und SPD glaubt fest daran einen sauberen, reinen Sozialismus auf den Weg bringen zu können. Dazu brauchen sie die Macht, erst in Erfurt und dann in Berlin. Die Grünen handeln völlig blauäugig, wenn sie glauben die neue Links-Koalition werde in Thüringen mit Korruption und Vetternwirtschaft aufräumen. Da ist doch die Frage erlaubt, wie lange betreiben diese thüringischen Grünenpolitiker eigentlich schon Politik und wie sieht es mit ihrem Realitätssinn aus?

Fakt ist, wenn Ramelow an die Macht kommt, wird er tief in die sozialistische Kiste greifen, um Wohltaten unter das Volk zu streuen, die er aber nicht bezahlen kann. Erst kommen dann die Reserven dran, zudem wird maßgeblich über Schulden finanziert. Natürlich muss auch die Wirtschaft herhalten, in Form von höheren Landessteuern und Abgaben. Die Folge wird sein, dass Thüringen nicht mehr als Investitions-geeignetes Bundesland angesehen wird, nach und nach werden Betriebe verlagert und die Steuereinnahmen schrumpfen dadurch stetig. Und was unternimmt man dann als strammer Linker? Man erhöht erneut den Druck auf die Wirtschaft und erfindet neue Abgabenquellen und zwar da, wo etwas zu holen ist. Die Vermögenden haben sich eh schon zurückgezogen, jetzt wird der gehobene Mittelstand zur Kasse gebeten. Wie so etwas weitergeht, kann man in den Geschichtsbüchern über die Entwicklung der DDR nachlesen. Aber wer interessiert sich heute noch im Allgemeinen für vergangene Geschichtsabläufe? 

Sollte man aber, wie heißt es so schön, ohne Vergangenheit keine Zukunft, soll heißen, wir müssen aus der Vergangenheit lernen, um die Zukunft positiv meistern zu können. Bisher geht es zunächst um Thüringen, insofern sind die Machtvorstellungen der Genossen faktisch noch begrenzt. Auch sind den hoheitlichen Rechten der Länder bestimmte Grenzen gesetzt. Dies sieht in Berlin schon ganz anders aus, obwohl die Mütter und Väter unseres Grundgesetzes durch ihre Erfahrungen aus dem Dritten Reich hohe Hürden bei der Machtverteilung in unserem Staat postuliert haben. Doch wie mit den Bedenken und Ängsten der Millionen von Geschädigten in der früheren DDR umgehen, jetzt 25 Jahre nachdem die Kerkermauern dieser DDR gefallen sind?

Die Antwort hat Bundespräsident Joachim Gauck in seinem Interview gegeben. Im Zuge einer sich anbahnenden Koalition unter der Führung der Linken gilt es die politischen Handlungen permanent zu hinterfragen, um zu erkennen, ob diese Linke tatsächlich das Vertrauen der ostdeutschen Bürger rechtfertigt, oder ob es nur ein erneuerter Versuch ist die bürgerliche Klasse zu überwinden.

Peter J. König

Samstagskolumne Peter J. König, 25.10.2014


"Ohne die Erinnerung können wir unsere Demokratie nicht retten." (Hildegard Hamm-Brücher)

Verkehrte Welt, jetzt wollen Hooligans und rechtsradikale Neo-Nazis das Abendland vor den Salafisten und Islamisten retten. Was am Wochenende unter den altehrwürdigen Türmen des Kölner Doms sich abgespielt hat, bestätigt erneut die These der schleichenden Instabilität in unserem Land, bestätigt aber auch, dass die Gewaltbereitschaft in Deutschland auf dem Vormarsch ist, mit einer bisher nicht gekannten Qualitätssteigerung an Organisation im radikalen rechten Spektrum. 5000 politisch motivierte und sonstige gewaltbereite Schläger standen in Köln auf dem Bahnhofsvorplatz und rund um den Dom etwa 1200 Polizisten gegenüber, um zunächst scheinbar friedlich gegen das Erstarken der Salafistenszene in Deutschland zu protestieren. 

Schon bald stellte sich aber heraus, dass diese genehmigte Demonstration nur ein Ziel hatte, Randale und Schlägerei mit der Polizei, um danach noch etwas die Kölner Innenstadt aufzumischen. Dies konnte Dank des Einsatzes von Wasserwerfern verhindert werden. Mehr als 50 Polizisten wurden verletzt, aber lediglich nur etwa ein Dutzend Gewaltbereite wurden festgenommen. Dies wirft Fragen auf, denn was war hier eigentlich geschehen? 

Zunächst darf festgestellt werden, dass die Zusammenrottung von Hooligans und Neo-Nazis es in dieser Form bisher nicht gegeben hat. Hooligans aus dem Fußball- Milieu haben sich je nach gefühlter Vereinszugehörigkeit untereinander verprügelt oder gemeinsam bei Länderspielen sich mit den Schlägertrupps des ausländischen Gegners befasst. Neo-Nazis haben ihre Lust an Gewalt politisch verbrämt, dabei hatte jeder sein eigenes Terrain, Überschneidungen waren nicht üblich. Nun auf einmal dieses. Die Demo gegen die öffentlichen Aktivitäten von Islamisten (Scharia-Polizei in Wuppertal z.B.) war von der rechten Szene organisiert worden. Diese Größenordnung konnten die Sicherheitsbehörden in etwa einschätzen und man hatte mit etwa 1000 Personen gerechnet. Insofern war der Einsatz von 1200 Beamten durchaus adäquat. 

Doch jetzt wird es unverständlich, denn dass die Organisatoren der Kölner Veranstaltung bereits im Vorfeld sich mit den deutschen Hooligans quer durch die Republik in Verbindung gesetzt haben, um sich per Internet zu verabreden, scheint dem wachen Auge der professionellen Ausspäher völlig entgangen zu sein. Auch hat der Sicherheitsdienst der Deutschen Bundesbahn nicht festgestellt, dass sich mehrere Tausend Hooligans aus verschiedenen Richtungen mit der Bahn auf Köln zu bewegen. Die Demonstration in Köln war bekannt, was haben die Überwacher der Bildschirme auf den einzelnen Bahnhöfen in der Republik gedacht, als sie die Schlägertrupps in die Züge nach Köln einsteigen sahen, doch nicht etwa, dass es zu einer Dombesichtigung geht? 

Bei den heutigen Überwachungssystemen konnten solche Aktivitäten eigentlich nicht unbemerkt bleiben. Hier scheint doch ein gehöriger Schlendrian im Vorfeld stattgefunden zu haben, denn man möchte ja nicht annehmen, dass für die Behörden ein Zusammengehen von Hooligans und Neo-Nazis einfach nicht vorstellbar war. Wie hätten eigentlich die Schlagzeilen am Montag danach ausgesehen, wenn diese Schlägertrupps massiv bewaffnetet gewesen wären: Straßenschlacht mit mehreren Toten in Köln oder Polizei wird von bewaffneten Banden in die Flucht geschlagen? Diese Sicherheitslücken müssen sofort geschlossen werden und mit aller Macht gilt es dieses Gewaltpotential schon im Keim zu ersticken, d.h. alle Aktivitäten dieser Art müssen sofort unterbunden werden, in den einzelnen Städten und da direkt vor Ort an den Bahnhöfen, zu einem Massenauflauf darf es nicht mehr kommen. Dies verlangt die Sicherheit der Bürger, aber auch die Sicherheit von Reisenden aus dem Ausland, denn in Köln sind solche Besucher unseres Landes attackiert worden, nur weil sie ein ausländisches Aussehen hatten. 

Wie verheerend ist doch unser Bild in der Weltpresse, wenn glatzköpfige Neo-Nazis sich an Menschen aus anderen Kulturen vergreifen? Dann macht das Bild vom hässlichen Deutschen schnell wieder die Runde und das eben erst erworbene Ansehen von deutscher Weltläufigkeit und Gastfreundschaft ist dahin. Dies sollten wir durch ein paar Tausend geisteskranke Psychopaten nicht zulassen. Hier besteht Handlungsbedarf, sowohl bei den Behörden als auch bei der Zivilbevölkerung, Hooligans und Neo-Nazis dürfen nicht die geringste Chance bekommen ihr perfides Spiel zu treiben. 

Wer nun glaubt, die Ereignisse in Köln seien eine einmalige Angelegenheit, der irrt. Schon werden neue Aufmärsche aus dem rechten Spektrum angekündigt in Hamburg und Dresden und es ist zu vermuten, dass dahinter ein System steckt. In der nächsten Zeit wird es weitere hässliche Auftritte der Ultrarechten bundesweit geben. Der Zusammenschluss zwischen Hooligans und Neo-Nazis ist auch ein politisches Signal an die bürgerliche Gesellschaft und zeigt erstaunliche Parallelen zur Weimarer Republik, als die Braunhemden (SA) versucht haben die Straße zu erobern und sich Schlägereien mit der Polizei und den Kommunisten lieferten. Es scheint mittlerweile untrüglich, dass die gewaltbereite rechte Szene sich vermehrt Chancen ausrechnen, politischen Druck auszuüben. Dies geschieht nicht zuletzt durch das Erstarken der AfD unter deren Deckmantel sich Neo-Nazis und sonstiges rechtes Gesindel verspricht, in Deutschland Boden gut zu machen. 

Ob Professor Lucke und Hans-Olaf Henkel wissen, welchen gefährlichen politischen Cocktail sie hier eigentlich anrühren? Es ist zu befürchten, dass dieses den Herren in ihrem momentanen Höhenrausch ganz gelegen kommt, ohne danach zu fragen, welche Büchse der Pandora dadurch erneut geöffnet wird. Deshalb ist es mehr als traurig, dass von den etablierten Parteien kaum Stellung bezogen wird, bis auf ein paar schnöde Bemerkungen in irgendwelchen Talk-Shows. Mittlerweile hat man eh den Eindruck Politik findet fast nur noch in diesen Quassel-Veranstaltungen statt, wo es darum geht den größten Moderator oder die lockerste Moderatorin zu geben, während es dem Politpersonal allein darauf ankommt, das Gesicht möglichst oft in die Kamera zu halten. 

Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass nach neuesten Umfragen die jungen Menschen immer mehr das Interesse an Politik verlieren, eine gefährliche Entwicklung, da sich der Einfluss von extrem rechts und links massiv verstärkt. Es wird Zeit, dass besonders die jungen Leute wieder erkennen, dass alles im Leben Politik ist und alles mit allem entsprechend zusammen hängt. Freiheit, Wohlstand, Selbstbestimmung und eine sichere, geordnete Zukunft ist ohne politisches Engagement nicht zu haben, sonst geht es uns bald wie in Ungarn, wo eine schleichende rechtsgerichtete Unterwanderung mit massiven freiheitlichen Einschränkungen, sowohl der Pressefreiheit, als auch der Freiheit im Internet kontinuierlich zunimmt. 

Politik ist kein Videospiel im Fernsehen sondern Basis unseres Gemeinwohls, an dem wir alle beteiligt sind. Deshalb sind wir alle gefordert, solchen Entwicklungen wie in Köln, aber auch jedem Rowdytum in der Fußballszene entschieden entgegen zu treten, besonders dann wenn dort eine verhängnisvolle Politisierung stattfindet, denn es gilt das Motto: Wehret den Anfängen

Zum Schluss noch eine persönliche Verwunderung über die Entwicklung in Thüringen. Lang hat es ja nicht gedauert, bis das kollektive Gedächtnis im Osten die Erinnerungen an die Geschehnisse in der DDR ad acta gelegt hat. Glaubt man wirklich, dass eine Regierung in Erfurt unter der Führung der Linken die Lebens-Wirtschafts-und Arbeitsverhältnisse in Thüringen entscheidend verbessert? Dies scheint doch mehr als unrealistisch zu sein, es sei denn man denkt, der Sozialismus der Linken würde auf wundersame Weise sich selbst finanzieren, ohne Rücksicht auf das wirtschaftliche Umfeld. Wie kann man nur die Erfolge der letzten 25 Jahre zugunsten eines erneuten sozialistischen Experiments in Frage stellen? Hat der aufblühende Wohlstand in Thüringen die Erinnerungen an die Vergangenheit derart massiv verdrängt? Und was hat die SPD und Grüne geritten, die Linken in den Sattel zu hieven? Es ist zu vermuten, dass sie schon bald die Quittung dafür erhalten werden, wenn das sozialistische Experiment nach hinten losgeht. Glaubt die Thüringer SPD tatsächlich unter einer linken Regierung an Profil zu gewinnen, wenn sie es schon nicht geschafft hat mit der CDU bei einer akzeptablen wirtschaftlichen Situation sich zu erholen? 

Dies wird nicht stattfinden, denn das Volk wird die Wohltaten den Linken zuschreiben, während alle notwendigen Sparmaßnahmen politisch der SPD zugerechnet werden, und die Grünen sich draus halten und ihre immerwährende grüne Gesinnung vor sich hertragen. Merkel wird es freuen, ob aber dies auf Dauer der Bundesrepublik gut tun wird, ist mehr als zweifelhaft. Die jungen Menschen haben auch deshalb das Interesse an Politik verloren, weil sie nicht mehr erkennen wofür die einzelnen Parteien eigentlich stehen. Wenn die Linken noch nicht einmal wissen, ob die DDR ein Unrechtsstaat war, trotz Schießbefehl, Einschränkung beim Zugang zu den Universitäten und Partei-abhängiger Justiz, dann ist zu vermuten, dass die Wendehälse demnächst wieder in ihren Urzustand zurück schnellen. In Thüringen wird sich zeigen, ob die Menschen sich das erneut gefallen lassen oder ob das linke Experiment nun endgültig auf dem Friedhof der Geschichte verschwindet, bevor die Granden in Berlin überlegen , einen erneuten Versuch zu wagen, dieses Mal aber auf großer Bühne. 

Peter J. König

Samstagskolumne Peter J. König 18.10.2014

"Die Zeit wird kommen, wo unsere Nachkommen sich wundern, da wir so offenbare Dinge nicht gewußt haben."Lucius Annaeus Seneca (4 v.Chr. - 65 n.Chr.)

Was wollen uns die Zeichen der Zeit sagen? Wie mit der Anhäufung von Katastrophen und von Menschenhand produzierten Gräueln umgehen, das ist die eigentliche Frage des Hier und Jetzt. Dass irgendwie die Dinge aus dem Ruder laufen, dürfte mittlerweile den meisten von uns klar geworden sein. Und dass dies nicht erst seit gestern passiert, ist auch überwiegend zur Kenntnis genommen worden. Dabei geht es nicht nur um die großen Trauerakte in der Welt, wie Religions-und Bürgerkriege, Okkupation von Fremdterritorien oder auch Unterdrückung von demokratischen Spielregeln und Ausrottung von ganzen Volksstämmen, nein eine schleichende Instabilität beginnt sich auch hierzulande breit zu machen, die für die Zukunft nichts Gutes verspricht Natürlich sind die Ereignisse per se nicht miteinander vergleichbar, wenn man auf der einen Seite die explosionsartige Ausbreitung von Ebola sieht, auf der anderen Seite die Radikalisierung der Streiks im bundesdeutschen Verkehrswesen miterleben darf. Und doch haben alle diese Geschehnisse die gemeinsamen Ursachen, die Grundübel der Menschheit: Gier, Machtbesessenheit, Größenwahn, Selbstüberschätzung, Ausbeutung und Unterdrückung.

Wie weit Ebola mittlerweile in das Bewusstsein der Weltöffentlichkeit vorgedrungen ist, ja sogar wie in den USA eine gewisse Panik ausgelöst hat, zeigt das aktuelle Beispiel des Kreuzfahrtschiffes, das von Texas aus eine Karibikreise angetreten hat. An Bord befand sich eine Mitarbeiterin des Krankenhauses von Houston, in dem ein UN-Mitarbeiter an Ebola gestorben ist und wo durch mangelnde Isolation und Dekontamination zwei Krankenschwestern sich mit dem Ebola-Virus infiziert haben. Da ein Kontakt dieser Personen untereinander nicht ausgeschlossen werden konnte, musste von weiteren Ansteckungsgefahren ausgegangen werden. Die Dame auf dem Schiff wurde in ihrer Kabine eingesperrt, das Kreuzfahrtschiff selbst bekam von den mexikanischen Behörden keine Genehmigung einen Hafen auf der Halbinsel Cozumel anzulaufen und fuhr daraufhin wieder zurück nach Texas, nicht ohne eine gewisse Panik an Bord.

In den USA herrscht eine spürbare Verunsicherung, da selbst die amerikanischen Gesundheitsbehörden zugaben, die Bedrohung durch Ebola nicht genügend Ernst genommen zu haben, um mit wirksamen Methoden sich gegen das Eindringen der Seuche zu wehren. Es ist schon mehr als fahrlässig, wenn die Gesundheitsbehörden dem klinischen Fachpersonal als Vorbereitung auf Ebola raten, sich einmal im Internet darüber schlau zu machen und ansonsten keinerlei Hilfe leisten. Zur Ehrenrettung der Amerikaner muss allerdings auch gesagt werden, dass sie neben Kuba das Land sind, die in Westafrika bisher die größte Hilfe geleistet haben. Über eins müssen wir uns alle klar sein und dies scheint mittlerweile auch in der hohen Politik in Berlin und bei der UNO in New York angekommen zu sein, Ebola ist kein regionales Problem und dies war es nie, wenn man dies auch in den führenden Wirtschaftsnationen bisher so sah. Ebola ist eine Seuche, die die gesamte Menschheit bedroht. Und um es vorweg zu sagen, es wird nicht die letzte Seuchenbedrohung sein, die zukünftig die Welt beschäftigen wird. Doch wo liegt der Grund, warum gerade dieser Ebola-Ausbruch so verheerende Ausmaße angenommen hat, im Gegensatz zu früheren Epidemien?

Es hat allein mit der Tatsache zu tun, dass diese früheren Ausbrüche in sehr abgelegenen und wenig besiedelten Gebieten stattgefunden haben, wo die Menschen relativ isoliert leben, ohne große Reise- und Wanderbewegungen. Dadurch hatte das Virus kaum Ausbreitungsmöglichkeiten und ist in der Folge wieder abgeebbt und verschwunden. Dieses Mal jedoch wurde es durch eine infizierte Person in ein Ballungszentrum in einem westafrikanischen Staat transportiert, wo es sofort sich explosionsartig ausgebreitet hat, ohne dass die Menschen sich der Gefahr bewusst geworden sind. Da unter den westafrikanischen Staaten ein äußerst reger Reiseaustausch stattfindet, die Menschen suchen ständig neue Arbeitsmöglichkeiten über die Grenzen hinweg, hatte das Virus ideale Ausbreitungsbedingungen. Dies sind die natürlichen Voraussetzungen und dies wird auch in Zukunft so stattfinden.

Worüber man jetzt aber unbedingt sprechen muss, sind die medizinische Versorgung, die hygienischen Bedingungen und die Gesundheits-politischen Möglichkeiten, die in diesen Ländern, ja in ganz Afrika herrschen. Wer einmal das Pech hatte, in einem dieser armen Länder in Afrika medizinisch notversorgt werden zu müssen, wird diesen Alptraum nie mehr los. Die Bedingungen sind derart katastrophal, dass natürlich auch dort die Ursache aber auch die Chance liegt, zukünftig positiver mit solchen lebensbedrohenden Ansteckungen umzugehen. Da ja bekanntlich alles mit allem zusammenhängt, wird es höchste Zeit die Kreisläufe zu unterbrechen, die für Epidemien wie Ebola und andere ursächlich sind.

Um die medizinische Versorgung, die Ausbildung von Ärzten und medizinischem Pflegepersonal, der Bau von Krankenhäusern und Krankenstationen flächendeckend auf einen Nenner zu bringen, der es erlaubt, sowohl die jeweiligen Bevölkerungen medizinisch adäquat zu versorgen, als auch präventiv präsent zu sein, bedarf es wirtschaftlicher Anstrengungen, die diese Staaten selbst nicht leisten können. Gründe weshalb gibt es viele, ein Hauptgrund jedoch ist, dass diese Staaten über Jahrhunderte von den Kolonialmächten früher und heute von den multi-nationalen Konzernen ausgebeutet werden. Den Rest erledigen noch korrupte Politiker, die aus den Industriestaaten gezeigt bekommen haben, wie Gier in großem Stil funktioniert. Da bleibt trotz reicher Rohstoffquellen und junger, dynamischer Bevölkerungen für Bildung, Infrastruktur und funktionierender flächendeckender medizinischer Versorgung nichts mehr übrig.

Solange sich Seuchen, Massensterben und Epidemien nur in diesen unterentwickelnden Ländern abgespielt haben, waren diese Katastrophen maximal eine Randnotiz in den Nachrichten wert. Dies hat sich jetzt schlagartig verändert. Auf einmal ist jetzt allen klar, dass Afrika kein ferner Kontinent mehr ist, übrigens auch nicht die Slums in Asien oder in Südamerika. Die weltweite Mobilität hat neue Tatsachen geschaffen. Man bedenke nur welche Transportkapazität einem Virus wie Ebola durch die Armutsbewegungen von Afrika nach Europa über das Mittelmeer zur Verfügung steht. Es ist eh ein Wunder, dass es bisher nicht schon längst zu Verseuchungen in Europa gekommen ist. Ziel um dieses zu verhindern kann aber nicht die Abschottung und die Isolation dieses Kontinentes sein, das würde sowieso nicht funktionieren. Ziel muss es sein, weltweit die Bedingungen zu verändern, die eine Seuche gar nicht erst entstehen lassen, oder sie sofort wirksam zu bekämpfen und einzudämmen, wie dies uns Gesundheitsminister Gröhe für unser Land zugesagt hat und wie es die anderen europäischen Staaten ebenfalls praktizieren.

Wie dringlich die Problematik mittlerweile ist, zeigt die Tatsache, dass die Vereinten Nationen sich mit der Aufstellung einer UN-Gesundheitstruppe befassen, die à la UN-Schutztruppe sofort weltweit einsetzbar ist, wenn der akute Notfall eintritt. Ansonsten ist es aber unbedingt notwendig, dass den Ärmsten der Armen geholfen wird, in ihren Ländern eine funktionierende medizinische Infrastruktur aufzubauen. Es muss klar sein, dass wir damit auch für unsere ureigene Gesundheit Vorsorge treffen, allein dieses müssen uns die Anstrengungen wert sein, die jetzt schnellstens von Nöten sind, um den Kampf gegen Ebola zu gewinnen.

Bleibt zum Schluss dieser Kolumne diese Seuche zu thematisieren, die unser Land bereits unmittelbar getroffen hat, mit akuter Ansteckungsgefahr und immer wiederkehrendem Krankheitspotential. Seit Monaten erlebt Deutschland eine Streikwelle nach der anderen und dies im Wechsel zwischen Piloten der Lufthansa und ihrer Tochtergesellschaft Germanwings, der Vereinigung Cockpit und der Gewerkschaft der Lokführer der DB. Mittlerweile kommt es alle paar Tage zu Streikaktionen der einen oder anderen Spartengewerkschaft. Die Auswirkung auf die Bevölkerung ist dadurch beträchtlich, der Schaden für die Unternehmen astronomisch. Unabhängig von dem verbrieften Streikrecht in unserem Land, muss doch einmal die Frage gestellt werden, ob die Art und die Häufigkeit dieser Streiks noch adäquat und somit zulässig sind.

Es geht bei dieser Fragestellung nicht um juristische Aufarbeitung, das sollen Obergerichte klären, es geht um die Frage der Verhältnismäßigkeit und dies in Hinsicht auf die Gesamtbevölkerung. Es kann grundsätzlich nicht angehen, dass eine Tarifauseinandersetzung zu einer Inhaftnahme einer ganzen Bevölkerung missbraucht wird und auf dem Rücken Millionen von Menschen, Luxusvergütungen aufrecht erhalten werden sollen, so im Fall der Lufthansapiloten oder eine Spartengewerkschaft mit einigen tausend Mitgliedern versucht ihren Herrschaftsbereich über die Lokführer hinaus auf das gesamte Zugpersonal auszudehnen. Die Lohnsteigerung von 5% hat die DB ja eh schon zugesagt, jetzt geht es einzig und allein darum, größte Gewerkschaft bei der Bahn zu werden, denn wenn das neue Gesetz von Frau Nahles unserer Arbeitsministerin erst einmal verabschiedet ist, das bestimmt, das immer nur die stärkste Gewerkschaft in einem Unternehmen beschließen kann, ob ein Streik durchgeführt wird, hat die Lokführergewerkschaft(GDL) schlechte Karten, da sie nicht die Mitglieder-stärkste Vereinigung ist, sich aber dem Votum einer anderen Gewerkschaft beugen müsste, die aber auf Grund des weniger spezialisierten Personals wie die Lokführer keinerlei ähnliche Druckmittel in den Händen hält.

Dies gefällt dem selbstgefälligen Boss der Lokführer überhaupt nicht, der so gerne Interviews gibt und gerne den starken Maxen mimt. Es kann doch nicht angehen, dass er auf der Suche nach neuen Mitgliedern die Mobilität eines ganzen Landes boykottiert und dies mittlerweile zum achten Mal und nächste Woche vermutlich mit einem neunten Streik. Es wird Zeit, dass sich die Bevölkerung massiv zu Wort meldet und solchen Machenschaften das Handwerk gelegt wird, die Politik kann sich nicht immer wegducken und nur Schönwetterparolen verkünden.

Ein Wort noch zu den Piloten, deren Endstufengehalt vor der Pension bis zu 250000.- Euro Jahresgehalt beträgt und die mit 55 aus dem Flugbetrieb ausscheiden, ihr Gehalt bis zum Renteneintritt von der Lufthansa weiter bezahlt bekommen und die sich jetzt weigern erst mit dem 61. Lebensjahr in den Ruhestand zu gehen. Dies ist ein Skandal, gerade im Hinblick auf die Konkurrenzfähigkeit von LH, die sowieso mehr als schwierig ist gegenüber den Fluglinien vom Golf und den immer mächtiger werdenden Billig-Carrier.

Wenn man die Gehälter der LH-Piloten mit anderen europäischen Airlines vergleicht, liegen sie ganz an der Spitze der Tabelle. Zukünftig wird dies in dieser Größenordnung mit einer solchen sozialen Hängematte nicht mehr möglich sein, dafür haben sich die wirtschaftlichen Bedingungen im kommerziellen Luftverkehr grundsätzlich geändert. Ein archaisches Beharren auf alten, höchst luxuriösen Privilegien auf dem Rücken der Passagiere zeigt ein erstaunliches Maß an Egoismus und Gier und wird dem Vertrauen in die smarten Herren im Cockpit nicht besonders zuträglich sein. Man darf sich nicht wundern, wenn der Service bei der Lufthansa zukünftig immer schlechter werden wird, auch dadurch, dass die Piloten nach 55 weiterhin utopische Ruhegehälter beziehen. Und man darf sich dann auch nicht wundern, wenn die Passagiere speziell auf der lukrativen Langstrecke auf diese Airlines umbuchen, die ihren Kunden wirklich noch etwas zu bieten haben und bitte wundern Sie sich nicht, wenn demnächst auf Ihrem Flug nach Bangkok oder Singapur mit einer Airline vom Golf neben Ihnen ein Lufthansa- Pilot im Ruhestand sitzt, denn auch er will auf einen besonderen Service nicht verzichten.

Peter J. König


P.S. Die DDR schlägt zurück, zunächst demnächst in Thüringen, später dann in Berlin!

Samstagskolumne Peter J. König 04.10.2014

"Der verdorbene Charakter verdirbt auch die unverdorbene Politik." (Dr. phil. Manfred Hinrich,  deutscher Philosoph)
Bei allen Krisen rund um den Globus muss unbedingt darauf geachtet werden, dass die Geschehnisse hierzulande nicht unter den Mantel des Schweigens und des Vergessens geraten. Fast scheint es, dass unter der Glocke des Umfragehochs von Angela Merkel das Land in einen dauerhaften Schlummerzustand gelullt wird. Millionen von Bürgern haben ihr politisches Bewußtsein an die Kanzlerin abgetreten, die überwiegende Mehrzahl der Älteren sowieso, während die Jüngeren mit ihrem neuesten i-phone beschäftigt sind oder versuchen an den in-places eine "bella figura" zu machen.

Es regt sich kaum etwas gegen die zunehmende ganzheitliche Überwachung der Bürger, weil ja alle nichts zu verbergen haben, so der gleichlautende Tenor. Seitdem die große Koalition am Ruder ist, findet Opposition faktisch nicht mehr statt, es sei denn Gregor Gysi möchte noch einmal ins Fernsehen, um medienwirksam Lösungsvorschläge zu verkünden, die alles andere als realpolitisch umsetzbar sind.

Bei den Grünen versucht Claudia Roth verzweifelt,  die Deutschen auf das Schicksal der Kurden aufmerksam zu machen, selbst auf die Gefahr hin, ihre Akzeptanz bei der herrschenden türkischen Regierung vollständig zu verlieren. Aber konstruktive Regierungspolitik findet ebenfalls nicht statt. Zwar bemüht sich Frank-Walter Steinmeier den Flugrekord von Altaußenminister Dietrich Genscher zu brechen, die entsprechenden Resultate kann er aber leider nicht vorweisen. Weder in der Ostukraine noch in Syrien und im Irak sind Lösungsansätze zur Bewältigung der Krisen zu sehen. 

Dabei ist es schon sehr eigenartig, dass die Terrormiliz ISIS dabei ist, die kurdische Grenzstadt Kobane einzunehmen, obwohl die Amerikaner und Briten Luftangriffe gegen die Terroristen fliegen. In Libyen hat die amerikanische Air-Force gezeigt, dass sie in der Lage ist ganze Bataillone aus der Luft zu vernichten und zwar mit einer Präzision, die ihrem taktischen Geschick den Namen Nadelstichtaktik einbrachte und die sie stolz sein ließ. In Syrien hingegen werden seit über vier Wochen angeblich Angriffe geflogen. Und doch marschiert der IS unaufhaltsam weiter, bis an die türkisch-syrische Grenze und hinterlässt dabei ein grausames Blutbad bei der Zivilbevölkerung, das Ausmaße eines Genozid annimmt. 

Der letzte Widerstand wird von Frauen und Mütter organisiert, die sich nicht anders helfen können, als mit den Mitteln der Guerillataktik und der Selbsttötung durch Sprengstoffattacken zu versuchen, sich zu verteidigen. Während die Amerikaner Aufklärungsflüge betreiben, hat die Türkei ihre Panzer auf türkischer Seite auf den Anhöhen postiert, um seelenruhig zuzuschauen, wie die Kurden abgeschlachtet werden. Damit es noch einmal in Erinnerung gerufen wird, die Türkei ist unser Nato-Partner und seit Jahren bemüht, EU-Mitglied zu werden. 

Da muss es doch möglich sein Erdogan zu bewegen, seine Haltung gegenüber den Kurden zu überdenken und ihnen jetzt Hilfe zukommen zu lassen, auch mit militärischen Gütern, wenn dies der einzige Weg ist den IS zurück zu drängen. Auch ist es angebracht die Amerikaner zu fragen, warum sie Scheinangriffe auf die ISIS fliegen und dabei gelegentlich mal ein Panzer oder ein Lafetten-Fahrzeug getroffen wird? 

Mit Verlaub, da sind andere Interessen im Spiel, mit einem Einsatz zur Rettung der kurdischen Bevölkerung hat dies überhaut nichts zu tun. Hier ist die Bundesregierung gefragt, ihr ganzes politisches Gewicht in die Waagschale zu werfen, um endlich etwas zu bewegen. Des Weiteren steht die Frage im Raum, warum werden die Kurden im Irak mittlerweile mit Waffen und Gerät gegen den IS unterstützt, während man die Kurden in Syrien der Abschlachtung anheim fallen lässt? 

Es ist zu befürchten, dass die Antwort in der Türkei zu suchen ist. Aber wieder zurück zur Innenpolitik. Auch hier geht es um Absurditäten aus dem militärischen Bereich. Wenn man die Entwicklung der Bundeswehr im letzten Jahrzehnt verfolgt, darf festgestellt werden, dass nicht nur das Material größte Verschleißerscheinungen aufzuweisen hat, die Ausfallquote war auf der politischen Ebene mindestens genau so groß. Ein Verteidigungsminister nach dem anderen musste seinen Hut nehmen, pardon bekam den letzten Zapfenstreich geblasen, freiwillig oder unfreiwillig und fast immer hat es mit der Bundeswehr und der Beschaffung von Waffen oder Waffensysteme zu tun. Nur einer muss davon ausgenommen werden, Baron zu Guttenberg, er hatte es verabsäumt seine Doktorarbeit generalstabsmäßig schreiben zu lassen, ein schweres taktisches Versäumnis. 

Minister kamen und gingen, der desolate Zustand in der Truppe änderte sich nicht. Dies wird nun der Allzweckwaffe von Angela Merkel, der aktuellen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen zu einem Mühlstein, der ihr bleischwer um den Hals hängt. Schafft sie es die Bewältigung einigermaßen zu überstehen, trägt sie damit den Stab im Tornister, der ihr die höchste Befehlsgewalt einbringen kann, das Amt zur Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland und Nachfolgerin von Angela Merkel. Allmählich wird klar, welcher Dilettantismus und welche Schlampereien, ja man muss sogar sagen, welche Verfehlungen im Amt für Verteidigung über Jahrzehnte gelaufen sind. Nicht erst die jüngsten Vorkommnisse in der Truppe haben aufgedeckt, was Arges in der Bundeswehr gelaufen ist. Hier ein kurzer Überblick: neue Gewehre, die nicht zielgenau waren, gepanzerte Fahrzeuge ungeeignet für ihren Einsatz, Hubschrauber, die für ihre Aufgabenstellung nicht einsatzbereit waren, dazu nahezu flugunfähig, Euro-Fighter, deren Entwicklung dreimal soviel Geld gekostet hat wie geplant und dazu noch ein Drittel mehr Bestellungen über den errechneten Bedarf hinaus, damit man bei der Konzeption gegenüber den Nato-Partnern das Sagen hatte und abschließend hier, aber noch lange nicht auf der anstehenden Problemliste ein Transportflugzeug, dessen Auslieferung seit Jahren überfällig ist und von dem man nicht weiß, ob es jemals zum Einsatz kommt, im Schlepptau mit dem System der Flugdrohnen, das niemals im europäischen Luftraum eine Zulassung bekommen wird. Damit wurden Milliarden in den Sand gesetzt, über die Verteidigungsbereitschaft oder Auslandseinsätze gar nicht zu reden.

Dies sind nur die Schlagzeilen, die fast täglich aus dem Verteidigungsministerium nach außen dringen, bei der Kenntnis des ministeriellen Handelns stehen jedem Steuerzahler die Haare zu Berge. Die Juristen im Verteidigungsministerium waren bei den Abschlüssen mit den Rüstungsunternehmen in einer geradezu unverantwortlichen Weise zu Werke gegangen, wenn sie vorgefertigte Verträge aus dem Internet heruntergeladen haben, ohne dabei die Spezifika zu integrieren, die nun einmal bei einem solchen komplexen Geschäft notwendig und juristisch erforderlich sind. Die Fragen von Verzug, Nachbesserung, Teuerung bei der Entwicklung und schließlich Regressansprüche wurden entweder überhaupt nicht oder sehr mangelhaft fixiert. Wenn man berücksichtigt, wieviel Juristen das Ministerium selbst bevölkern, dazu noch eine Armada von Kanzleien, die ständig teurere Gutachten produzieren, die im Archiv verschwinden, damit dann anschließend die Vertragsformen aus dem Internet heruntergeladen werden, so als wollte man einen Gebrauchtwagen kaufen, dann versteht man die Welt nicht mehr, besonders nicht die bürokratische Welt dieses Ministeriums.

Auf der anderen Seite bei der Industrie sind hochprofessionelle Juristenstäbe am Werk. Man möchte ihr Feixen nicht hören, als sie den Sack zu diesen Verträgen zugemacht haben. Größer kann ein Schildbürgerstreich eigentlich nicht sein, wäre es nicht so fatal für den gemeinen Steuerbürger. Es wäre dringend notwendig alle diese Vorgänge der Öffentlichkeit zu Gehör zu bringen, denn wie weit hier Korruption im Spiel ist, sollte unbedingt geklärt werden. Da reicht kein Untersuchungsausschuss, da hilft nur die investigative Arbeit einer unabhängigen Staatsanwaltschaft, notfalls der Gang zum Richter. Hier kann Frau von der Leyen ihre Bewerbung für das mächtigste Staatsamt unserer Republik abgeben. Sollte sie es schaffen, diesen Sumpf aus Jahrzehnten trocken zu legen, ist ihr auch zuzutrauen, dass sie die Geschicke unseres Landes vernünftig meistert. Jedenfalls kann ihr dann keiner nachsagen, sie habe als frische Ministerin nicht mit Messer und Gabel essen können, so wie es Helmut Kohl einmal in einem Interview von seinem "Mädchen" Angela Merkel behauptet hat. 

Das solche und ähnliche Geschichten die Gemüter in Berlin mehr bewegen, als das politische Tagesgeschäft, zeigt deutlich den Verfall der politischen Klasse, wobei Herr Kohl schon lange sein Verfallsdatum überschritten hat, als Politiker schon seit Jahren und als Mensch, als er begann,  sich politisch zu betätigen. Zum Verfall der Sitten und der Glaubwürdigkeit hat er immer wieder einen nicht unerheblichen Teil dazu beigetragen. Die Interviewaufnahmen mit Kohl, die jetzt von Heribert Schwan, einem in Ungnade gefallenen Medienvertrauten in einem Buch veröffentlicht worden sind, zeigen nur allzu deutlich, wie Kohl als Mensch einzuschätzen ist. Deshalb wird es höchste Zeit, dass er medial verschwindet, denn mit seinen Veröffentlichungen wird dem Bürger nur noch deutlicher gemacht, politischer Anstand und Sitten waren die Sache des Kanzlers der Deutschen Einheit nicht.

Peter J. König

Samstagskolumne Peter J. König 27.09.2014

Die Apokalypse, wie Albrecht Dürer sie nicht schlimmer hätte darstellen können. 

Die Realität übertrifft bei weitem das Szenario, das der berühmteste Maler der deutschen Renaissance in seinen Bildern dargestellt hat.  Haben wir es bei ihm mit  der Fiktion des katastrophalen Endes der Welt zu tun, so  geht es jetzt um tatsächliche Vorgänge, wenn wir uns die Situation an der syrisch-türkischen Grenze betrachten. 

Allein von mehr als hundertfünfzigtausend kurdischen Flüchtlingen, die in den letzten Wochen über diese Grenze zu ihren ethnischen Brüdern auf türkischem Gebiet geflüchtet sind, berichtet das UNO-Flüchtlingshilfswerk. Damit sind sie wenigstens in Sicherheit, wenn auch ohne irgendwelche Habe, nur mit dem, was sie am Leib tragen. Schlimmer geht es da den Menschen kurdischer Abstammung, die in mehreren grenznahen Städten auf syrischem Gebiet von den Mördermilizen des IS(Islamischer Staat) eingekesselt sind und jetzt jederzeit erwarten müssen, dass es zu einem Blutbad grausamsten Ausmaßes kommt. Eine Verteidigungsmöglichkeit gibt es für diese Menschen nicht. 

Der Bürgerkrieg gegen das Regime Assad hat den Kurden im nordwestlichen Teil von Syrien zwar erlaubt, sich der Herrschaft dieses Unterdrückers zu entledigen, aber zu welchem Preis? 

Mehr als zwanzig Terrorgruppen haben sich auf diesem Gebiet breit gemacht. Waren sie zunächst alle gemeinsam Assads Gegner und haben sie gegen sein Militär gekämpft, wurde nach der Befreiung vom Regime aus Damaskus sehr schnell deutlich, dass islamistische Terrorgruppen unter der Führung von IS keineswegs die Selbstverwaltung in Form eines autonomen Kurdengebets angestrebt haben, wie es ursprünglich einmal die gemäßigten Widerständler im kurdischen Lager angedacht hatten, sondern es geht einzig und allein darum, das Gebiet des irakisch-syrischen Kalifats territorial zu vergrößern. Dies geschieht mit der gleichen Brutalität wie im Nordirak, eine wirksame Gegenwehr ist momentan nicht in Sicht. Zu was der IS fähig ist, konnte man sehen, wie sie mit den Gesiden und Christen auf irakischem Gebiet umgegangen sind. Reihenweise wurden Tausende von Menschen geköpft, weil sie syrische Soldaten waren, oder aber sie sich nicht sofort zum Islam bekannt haben, gleichgültig ob es sich dabei um Frauen oder Kinder gehandelt hat. Diese Gräueltaten eilen auch jetzt diesen "Gotteskriegern" voraus, zumal diese Terrorbanden, bestens militärisch ausgerüstet, keinem Widerstand sich gegenüber sahen und in kurzer Zeit bis in die grenznahe Region Richtung Türkei vorrücken konnten. 

Die kurdischen Bewohner sind in panischer Angst geflohen, solange dies noch möglich war. Hundertausende sollen noch auf der Flucht sein und werden ebenfalls versuchen über die türkische Grenze zu kommen. Bei einigen grenznahen Städten sieht es allerdings verheerend aus. Diese sind von IS-Milizen umstellt und es muss unmittelbar mit Angriffen gerechnet werden. In jeder einzelnen Stadt und in jedem Dorf sollen IS-eigene Strukturen aufgebaut werden, brachial und kompromisslos, damit das Gebiet in ihrem Sinn unterworfen werden kann. Was dieses bedeutet, auch das kann man bei der Entwicklung im Irak ablesen. Es wird Blut fließen, unendlich viel Blut. Frauen und Mädchen werden vergewaltigt und verschleppt und dienen den Schlächtern als sexuelle Verfügungsmasse, mit kaum einer Überlebenschance. Die Grausamkeit macht vor nichts halt, auch nicht vor kleinen Kindern. 

In dieser Situation reicht es auch nicht mehr, wenn die Amerikaner, gemeinsam mit über 40 Staaten aus aller Welt übereingekommen sind, gegen den IS zu kämpfen. Zu diesem Verband gehören auch zum ersten Mal Staaten aus der Golf-Region, wie Saudi-Arabien, Jordanien, Oman, Quatar, Kuwait und die Vereinigte Emirate, wo bei einigen bisher nicht klar ist, wie weit sie den IS finanziell unterstützt haben. Bei der explosionsartigen Ausbreitung dieses selbsternannten Kalifats sehen die Herrscher verstärkt ihre eigene Existenz bedroht, und dies gilt für ihre gesamten Familien und ihren Hofstaat, denn diese sind in erster Linie im Visier der Islamisten. Selbst der Iran sieht sich genötigt, zwar nicht mit den Amerikanern, aber ebenfalls gegen IS vorzugehen. 

Es ist die Ideologie, die in den islamischen Staaten gefürchtet wird, die aber nichts mit der islamischen Religion zu tun hat. Immer deutlicher wird klar, worauf die Ausbreitung des IS zielt. Unter ihrem pseudo-religiösen Deckmantel geht es darum ein weltweites Machtgebilde zu errichten, dessen kultureller Ursprung im frühen Mittelalter zu suchen ist, deren Gesetze von der Scharia, dem Verhaltens-und Straf- Kodex der islamischen Religion bestimmt sein soll, mit Auslegungsformen, die mehr als archaisch anmuten. Seriöse, anerkannte Islamgelehrte überall in der Welt lehnen eine solche Auslegung des Korans grundsätzlich ab. 

Wenn man von der westlichen, demokratischen Wertegesellschaft ausgeht, ist bei aller Kritik und Skepsis, was diese Kulturform angeht, doch uneingeschränkt festzustellen, dass die Anwendung der Scharia, übrigens gerade im reichsten Staat der Welt, dem Sultanat Brunei wieder eingeführt, der totalen Barbarei gleichkommt. Die Epochen, dass man Leute gesteinigt, Frauen als Menschen zweiter Klasse in totaler Abhängigkeit vom Willen des Mannes betrachtet hat, sind gottlob zumindest gesetzestechnisch bei uns vorbei. 

Völlig absurd ist der Gedanke, dass ein "Islamistischer Gotteskrieger", sollte er bei den Kämpfen in Syrien oder im Irak von einer kurdischen Soldatin getötet werden, damit seinen Zugang zum Paradies verwirkt hat. So finster kann überhaupt kein Mittelalter sein, als dass eine derartige Glaubensauslegung Bestandteil des realistischen Seins ist. Und doch sollen solche Religionsmuster die Basis eines weltumspannenden Kalifats werden. Über die Auflistung weitere Grausamkeiten und menschenverachtende Brutalität darf hier verzichtet werden, zumal sich immer mehr heraus kristallisiert, worum es dem IS tatsächlich geht. Das eigentliche Ziel heißt Öl, einmal wieder Öl und damit Macht und Reichtum. Dies ist im Sultanat Brunei so, ebenso wie in vielen ostasiatischen Regionen, wo große derartige Vorkommen sind, und natürlich auch im Nahen Osten. Wer die Ölvorkommen beherrscht, der hat die nötige Macht, um Herrschaftsansprüche zu zementieren. Nichts wird deutlicher in unserer modernen Welt, dokumentiert durch die großen Konzerne, die Potentaten, ja selbst die demokratischen Staaten, nicht zu vergessen die Pseudokommunisten und die selbsternannten Zaren, auf welchem Saft sich die Macht begründet und wie sich das Leben höchst luxuriös gestalten lässt. Mit Glauben und Gottesfürchtigkeit hat dies aber alles überhaupt nichts zu tun. 

Auch spielt das Paradies, wo es auch sein mag, dabei überhaupt keine Rolle, allenfalls das irdische in Form von unvorstellbarem Luxus. Es geht um Dominanz und diese nimmt ständig zu. Aktuell ist der IS gerade dabei Libyen zu unterwerfen. Gemeinsam mit anderen Terrorgruppen, ganz nach dem syrischen Muster sind mittlerweile große Teile des Landes unter ihrer Herrschaft, auch die Hauptstadt Tripolis. 

Ganz im Osten in der Stadt Tobruk hat sich das einst nach Gaddafi frei gewählte Parlament zurückgezogen, muss aber jederzeit damit rechnen von dem IS angegriffen zu werden. Näher sind die islamistischen Gotteskrieger den Grenzen der EU bisher noch nicht gekommen, obwohl sie unmittelbar an der türkisch-syrischen Grenze stehen. Es ist zu erwarten, dass Präsident Erdogan alles unternehmen wird, ein Einsickern des IS in sein Land zu verhindern. Mittlerweile scheint auch ihm klar zu sein, dass die Probleme mit der PKK (kurdische Freiheitskämpfer auf beiden Seiten der Grenze mit Syrien) das kleinere Übel im Hinblick auf den Vormarsch des IS bedeutet und er nicht sicher sein kann, welche Folgen deren Ausdehnung unmittelbar auf die Türkei haben wird. 

Wenn solche Radikalisierungen selbst bei uns auf fruchtbaren Boden fallen, sind sie in der islamischen Türkei weitaus effektiver einzupflanzen. Es ist zu vermuten, dass Libyen als Sprungbrett für die Infiltration nach Europa genutzt wird. Wer will kontrollieren, wieviel IS-Kämpfer bei den Flüchtlingsströmen, die täglich über das Mittelmeer nach Süditalien hinüber schwappen, als Verfolgte getarnt, sich auf den Weg machen, den IS-Terror nach Europa hinein zu tragen, und zwar weitaus professioneller wie es die Salafisten hierzulande heute tun, oder einst die Schläferzellen von Al Kaida zuwege gebracht haben? 

Das Phänomen IS ist deshalb so problematisch, weil kein Staat der Welt mit Sicherheit davon ausgehen kann, davor verschont zu bleiben, oder gar die Problematik in den Griff zu bekommen. Australien ein Land in dem eine solche Radikalität kaum zu erwarten war, ist vor wenigen Tagen erschüttert aufgewacht, als man in der letzten Minute einen brutalen Terroranschlag verhindern konnte, da ein Konvertit, ein zum islamischen Glauben gewechselter junger Mann, europäischer Abstammung sich anschickte auf der Straße willkürlich ein Opfer zu enthaupten. Es ist schon bezeichnend, dass unter Obamas Führung eine Koalition von Staaten zusammen kommt, deren Interessen völlig unterschiedlich sind, und die sich zuvor sogar bekriegt haben. Es ist auch kein Zufall, dass der Iran erklärt hat, er werde dieser Gemeinschaft zwar nicht beitreten, aber doch konstruktiv mit ihr zusammenarbeiten. 

Alle Regierungen weltweit sind sehr verunsichert, es sei denn, sie bekennen sich gleich zu den Zielen des IS. Ob ihnen das jedoch hilft, ist mehr als zweifelhaft. Russland hält sich in dieser Frage ziemlich bedeckt, obwohl es auch hier große islamische Bevölkerungsteile gibt. Schon zur Zeit der Sowjet-Union gab es immer wieder Aufstände in islamischen Teilstaaten, die aber mit äußerster Gewalt unterdrückt wurden, man muss nur an Tschetschenien denken. Terrorakte hat es deshalb genug gegeben, ob in der Moskauer U-Bahn, in russischen Schulen, selbst bei Theatervorstellungen. Und doch sind beide Phänomene völlig unterschiedlich gelagert. Ging es in Russland darum, territorial begrenzt, ethnische und religiöse Eigenständigkeit zu erlangen, geht es jetzt um so etwas Diffuses wie Weltherrschaft unter archaisch, islamistischen Zwängen, mit äußerster Brutalität verwirklicht. 

Ob diese Ideologie jemals breitgefächert fruchtet und einen Sturm auslöst, der alle bisherigen Revolutionen auf der Welt in den Schatten stellt, ist momentan noch nicht absehbar. Absehbar ist aber, dass mit militärischen Lösungen allein dieses Feuer nicht mehr gelöscht werden kann. Mag auch die Allianz die Kampfgruppen des IS vernichtend schlagen, der ideologische Funke wird sich danach in den Köpfen von Millionen von Menschen weiter vermehren. Und wie man bei den jungen Menschen, die aus Deutschland sich dem IS angeschlossen haben feststellen kann, bedarf es ganz anderer Maßnahmen, um die Radikalisierung zu stoppen und dies weltweit. 

Die jungen Menschen brauchen vernünftige wirtschaftliche Bedingungen, eine gescheite Ausbildung und erkennbare Perspektiven, um sich selbst zu verwirklichen. Dann erkennen sie schnell, dass sie nur der Spielball (Kanonenfutter) von machthungrigen, gierigen, brutalen Egomanen sind, die keine Achtung vor dem Leben haben, am wenigsten vor dem ihrigen.

 Peter J. König