Samstagskolumne Peter J. König 23.08.2014

Warum gerade jetzt diese Anhäufung von Krisen und Gewalt und weshalb alles mit dieser extremen Brutalität?

Zur Zeit ist es kaum möglich in einer wöchentlich verfassten Kolumne dem Gang der weltpolitischen Ereignisse folgen zu können, so schnell schreiten die Ereignisse fort, so schnell werden Verhandlungsergebnisse über Bord geworfen, sozusagen nicht eingehalten oder verlogene Propaganda dazu benutzt, die Weltöffentlichkeit zu täuschen. Auch muss festgestellt werden, dass die Fülle von Krisen weltweit aktuell ein Ausmaß angenommen hat, das weit über das hinausgeht, was man eigentlich als den normalen Wahnsinn bezeichnet. Kriege, Aufstände, Putschs und Katastrophen gibt es immer auf der Welt. Die derzeitige ausufernde Fülle macht jedoch nachdenklich und führt zwangsläufig zu der Frage: Warum gerade jetzt diese Anhäufung von Krisen und Gewalt und weshalb alles mit dieser extremen Brutalität?

Damit man in etwa einen groben Überblick bekommt, was an Horror-Szenarien momentan auf unserem Planeten läuft, hier ein bestimmt nicht vollständiger Überblick. Im Licht der Öffentlichkeit stehen natürlich die besonderen Krisen, die nicht deshalb besonders sind, weil hier die größten kriegerischen Ereignisse, der größte Völkermord und Vertreibung stattfinden, nein, es ist der Tatsache geschuldet, dass die weltweiten Medien sich der Ereignisse annehmen und dadurch die Geschehnisse in das Bewusstsein einer breiten Öffentlichkeit rücken. Dass die mediale Zunft in der Regel auch gleichzeitig dazu benutzt wird, direkt oder indirekt Propaganda für die jeweiligen kriegerischen Parteien zu verbreiten, wird besonders bei dem Krieg in der Ostukraine sichtbar. Dazu braucht man nur die Berichte im russischen Fernsehen mit den Nachrichten in den westlichen Medien zu vergleichen.

Als halbwegs neutraler Beobachter ist es immens schwer, sich aus den unterschiedlichen Quellen ein einigermaßen objektives Bild zu machen. Letztendlich rückt keine Seite wirklich mit den Tatsachen heraus. Man sollte sich hüten, ohne berechtigte Zweifel der Berichterstattung nur einer Seite zu folgen, zumal oftmals noch viele nicht erwähnte Faktoren in jedem Konflikt eine große Rolle spielen. Eines muss dabei aber klar sein und dies ist schon seit Menschen-Gedenken so, Macht, Einfluss und Reichtum spielen dabei immer eine entscheidende Rolle. Da gibt es keine Ausnahme in der Geschichte der Menschheit, weder bei Landnahme, in Religionskriegen, bei der weltweiten Kolonialisierung durch einige wenige europäische Staaten oder aber bei den Auseinandersetzungen, die dem Wirtschaftsimperialismus in der heutigen Zeit dienen.

Aber nicht die Auseinandersetzungen im Licht der Öffentlichkeit sind die blutigsten, brutalsten und mörderischsten. Allein in Afrika finden zurzeit etwa ein Dutzend Kriege, Pogrome oder Genozide statt, von denen wir nichts oder kaum etwas erfahren. Dabei werden ganze Stämme, Volksgruppen und Glaubensvereinigungen ausgerottet. Das brutale Abschlachten der IS-Kämpfer im Nordirak ist nur deshalb in unser Bewusstsein gerückt, weil der Nahe Osten per se ein Pulverfass darstellt und seit mehreren Jahrzehnten blutigste Auseinandersetzungen dort stattfinden, die immer wieder Schlagzeilen machen. Dabei denke man an den Irak-Iran-Krieg, wo selbst Giftgas eingesetzt worden ist, die Kriege zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarstaaten, momentan scheint es sich auf den wieder aufgeflammten Krieg mit den Palästinensern zu beschränken, der jederzeit aber sich zu einem größeren Konflikt ausweiteten kann, besonders dann, wenn die islamistischen Gotteskrieger der IS weiter an territorialer Macht gewinnen. Schon heute sind sie die Terrorgruppe mit den größten finanziellen Möglichkeiten, ihr Kapital wird auf über eine Milliarde Dollar geschätzt und ihre Quellen sprudeln reichlich. 400 Millionen Dollar an Bargeld haben sie alleine durch die Eroberung der Staatsbank von Mosul im Nordirak erbeutet. Des Weiteren kommen Lösegeldzahlungen von westlichen Staatsbürgern hinzu, die ebenfalls in Millionenhöhe stattfinden. Hier reift ein islamistisches Terrorgebilde heran, das es in diesen Ausmaßen bisher nicht gegeben hat. 

Finanziell stark, besonders gefährlich durch den Zulauf im Westen aufgewachsener, gut ausgebildeter junger Männer, die durchaus Karriere in den Führungsstrukturen der IS machen, können sie mit der terroristischen Ausbildung bei den sogenannten Gotteskriegern wieder in ihre westlichen Länder zurückkehren, um dort Terrorakte zu verüben. Experten sind sich einig, dass diese Gefahr ganz andere Dimensionen erreichen können, wie zu Zeiten von 9/11. Die USA rechnen mit neuen Anschlägen und die Europäer müssen jetzt auch davon ausgehen, nicht mehr glimpflich davon zu kommen. Nicht umsonst plant die Bundesrepublik Waffen an die Kurden zu liefern, denn man sieht die Gefahr, in der sich das autonome Kurdengebiet befindet, wo zusätzlich sich eine Million Flüchtlinge aufhalten. Welche Folgen die Waffenlieferungen haben werden, ist jetzt noch nicht abzusehen. Natürlich kann dieses Gerät später auch dazu benutzt werden, um damit einen unabhängigen Kurdenstaat im Nordirak zu erkämpfen. Natürlich können diese Waffen auch in die Hände von IS-Kämpfern gelangen, wenn sie die kurdischen Truppen besiegen sollten. Dies ist alles möglich, gewiss ist aber, wenn die Kurden nicht in etwa gleichwertig wie die IS ausgerüstet werden, sie verfügen über modernstes amerikanisches Gerät, dann wird es ein Blutbad nie gekannten Ausmaßes geben, das in erster Linie die Zivilbevölkerung trifft. Welcher westliche Politiker möchte hierfür die Verantwortung übernehmen?

Islamistische Terrorgruppen sind mittlerweile über einen großen Teil der Welt verstreut. Überall dort wo die islamische Religion zu finden ist, gibt es solche mörderische Aktivitäten: Dabei muss man sich hüten, beides in einen Topf zu werfen. 1,5 Milliarden Muslime auf dieser Welt haben nichts mit islamistischem Terror zu tun, obwohl in diesen Ländern in Ostasien, Afrika, Zentralasien und im Vorderen Orient die Keimzellen dieser Terrorgruppen zu finden sind. Explizit muss gesagt werden, dass der Islam diese Gewalt ablehnt und dies auch immer wieder durch ihre Kirchenführer verkündet wird. Die islamistische Auslegung des Korans wird von ihnen als nicht dem Glauben entsprechend verurteilt. Die Mordzüge des IS werden sowohl von Schiiten als Sunniten als das angeprangert, was es eigentlich ist, Eroberung von Macht und Reichtum unter dem Tarnmantel des islamischen Glaubens in pervertierter Form. Also wieder alles wie gehabt, und die Triebfedern sind wieder einmal die Gier und die Machtgelüste bestimmter Gruppierungen. Es scheint so, als würde die Menschheit in Jahrtausenden nichts dazulernen. 

Das eigentliche Problem ist dabei die Vernetzung dieser Terrorgruppen, die auf Grund der modernen Kommunikation ganz andere Möglichkeiten wie in früheren Jahrhunderten haben. Schon lange reicht der Arm der IS bis weit nach Afrika hinein. In Libyen sind sie auf dem Vormarsch ähnlich wie im Nordirak oder in Syrien. Gerade ist der internationale Flughafen von Tripolis in ihre Hände gefallen. Auch im Nordirak wurde von ihnen der größte Militärflughafen erobert mit einem enormen Potential an Kriegsgerät bis hin zu modernsten Kampfflugzeugen. Da werden ein paar Panzerfäuste und Flugabwehrraketen nicht mehr reichen, um die Gotteskrieger aufzuhalten. 

Zum Schluss sollte noch die Frage beantwortet werden, die anfangs gestellt worden ist: Warum dieser Anstieg an Konflikten und weshalb diese ungeheurere Brutalität dabei?

Der rapide Zuwachs der Kriege hat bestimmt etwas mit der veränderten Machtbalance auf der Welt zu tun. Vor dem Zerfall der UdSSR war die Welt in zwei Machtblöcke aufgeteilt, nämlich West und Ost. Dies hat sich zunächst nach 1989 verschoben, da mit den USA die einzige Weltmacht übrig geblieben ist. Zwar gab es auch danach Konflikte, die aber mehr in den Ländern stattfanden, die stark sozialistisch geprägt waren und wo die Amerikaner USA-freundliche Regierungen etablieren wollten, so in Chile oder auch in einigen Staaten in Mittelamerika. 

In der zerfallenen Sowjet-Union fanden sich besonders in den Republiken Zentralasien starke Bestrebungen, den Islam in die Führungen, der nunmehr selbstständigen Staaten einzubinden. Zu Sowjet-Zeiten wurde dies mit eiserner Härte bekämpft, obwohl es auch da schon islamistische Aufstände gab, die durchaus kriegsähnlichen Charakter besaßen. Mit dem Fall des Schah von Persien begann eine neue Zeitrechnung. Zum ersten Mal wurde ein Staat von Mullahs beherrscht, der Islam diktierte die Staatsführung. Dies blieb nicht ohne Wirkung und ist bis heute nicht zu unterschätzen. Gerade China das Riesenreich im Osten, das sich anschickt zweite Supermacht zu werden, hat immer wieder mit islam-religiösen Aufständen in ihren Provinzen zu kämpfen. Der Machtwechsel im Iran hat aber auch gezeigt, dass Amerikas Gewicht und Einfluss weltweit geschwunden ist, denn ansonsten wäre der Schah nicht gefallen.

Dies hat zunächst den gemäßigten islamischen Kräften neuen Auftrieb gegeben und die Potentaten am Golf konnten mit massiver Militärhilfe seitens der Amerikaner rechnen, einen zweiten Iran sollte es nicht geben. Letztendlich dienen die Waffen, geliefert an die Scheichs und Emire nur einem Zweck, die eigene Bevölkerung in Schach zu halten, sollten sie mal auf die Idee kommen, nach ihrem Konsumrausch nach demokratischem Wandel zu fragen. Ansonsten haben die Menschen auf der ganzen Welt, gerade durch die modernen Kommunikationsmittel erfahren müssen, wie ungleich der Reichtum und die Lebensverhältnisse verteilt sind. Dass sie in den Entwicklungsländer von einigen Wenigen unterdrückt und ausgebeutet werden, mittlerweile von ihren eigenen Leuten, ist ihnen ebenfalls bewusst geworden. Die Folgen sind Aufruhr und Gewalt, wobei diese schon immer äußerst brachial und menschenverachtend war, wenn die Gier sich mit einer bestimmten Ideologie vereint hat. 

Hinzu kam in Afghanistan ein besonderer Steinzeit-Islamismus, der fortan Schule machen sollte und sich in der ganzen Islamischen Welt ausgebreitet hat, sehr zum Nachteil und dem Ansehen dieser Religion. Die Methoden, die dabei angewandt werden sind bekannt und angeblich durch die Scharia, der islamischen Gesetzgebung gedeckt. Steinigung und Handabhacken soll genauso dazu gehören, wie Köpfen oder sonstige Strafmaßnahmen. Selbst wenn solche Strafen, die uns an das finstere Mittelalter erinnern, Teil der Scharia sind, so ist das doch noch weit entfernt von den Methoden des willkürlichen Abschlachtens, des öffentlichen Köpfens eines amerikanischen Journalisten, allein zum Zweck der Propaganda und der Abschreckung. All dies geschieht im Namen Allahs, um wie schon so oft in der Geschichte der Menschheit so etwas Fragwürdiges wie erneut ein weltumspannendes Machtgefüge zu errichten. Davon hat die Welt aber ganz gehörig die Nase voll. 

Peter J. König

Samstagskolumne Peter J. König 16.08.2014

Politische Scheinheiligkeit, Verlogenheit, Brutalität, Machtgier und  schließlich Menschenverachtung.

Bevor wir erneut einen Blick auf die Krisen dieser Welt werfen, sollte doch einmal auf die Verkommenheit des politischen Geschäfts, an Hand der Geheimdiensttätigkeit in den unterschiedlichsten Ländern verwiesen werden. Anlass ist die Enthüllung am Wochenende, da publik wurde, dass der Bundesnachrichtendienst alles andere als unschuldig daherkommt. Dabei wurde bisher mit keinem Wort erwähnt, welche Rolle das Innenministerium oder gar das Kanzleramt dabei gespielt hat. Beide zuständigen Minister schweigen sich beharrlich aus. 

Doch worum geht es eigentlich? 

Nach investigativer Recherche verschiedener publizistischer Organe hat sich herausgestellt, dass nicht nur die NSA gründlich Regierung und Bürger bei uns ausgespäht hat, nein unser BND war auch nicht untätig. So wurden zumindest einmal, wer glaubt wird selig, die Gespräche der früheren amerikanischen Außenministerin und baldigen demokratischen Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton und ihres Amtsnachfolgers John Carry abgehört. Außerdem wurde bekannt, dass die Türkei seit langem Ziel von bundesrepublikanischen Lauschangriffen ist. Diesbezüglich können wir uns noch auf die entsprechende Antwort von Neu-Präsident Erdogan gefasst machen.

Nach Bekanntwerden der umfassenden Aktivitäten der NSA in Deutschland klang die Antwort darauf seitens Kanzleramtsminister Profalla geradezu dümmlich und dilettantisch, als er vor der Presse mitteilte, er habe bei der NSA nachgefragt und die Auskunft erhalten, sie spioniere nicht in Deutschland und schon gar nicht in Berliner Regierungskreisen. Damit sollte die Angelegenheit vom Tisch sein, um ja nicht weitere Fragen auch zum deutschen Spionageverhalten beantworten zu müssen. Fast hätte es funktioniert, bis bekannt wurde, dass gar das Handy der Kanzlerin seitens der NSA abgehört wurde.

"Welche Zerknirschtheit, gar welche überschäumende Wut" seitens Angela Merkel, als sie Obama am Telefon bat, dies unter Freunden zu lassen, schließlich hatte er ihr einige Monate zuvor ja die höchste Freundschaftsmedaille überreicht, die die USA zu vergeben hat. Es wurde gar von der Abkühlung des Deutsch-Amerikanischen Verhältnisses gesprochen. Gleichzeitig haben die Unsrigen die jeweiligen amerikanischen Außenminister belauscht. Das ist doch alles sehr merkwürdig. Geht man davon aus, dass jede Seite von der anderen wusste was sie tat, dann war das öffentliche Getue eine Farce, die allein dazu diente uns Bürgern etwas vorzuspielen. Dann muss doch die Frage gestattet sein, wer wem wohl nähersteht, die Regierung dem Volk oder die Geheimdienste untereinander. 

Bei uns steht dazu irgendwo im Grundgesetz, dass die Geheimdienste einer parlamentarischen Kontrolle unterliegen, aber was noch interessanter ist, Koordinator aller Geheimdienste ist der Kanzleramtsminister, damit dieser der jeweiligen Kanzlerin oder dem amtierenden Kanzler unmittelbar Bericht erstatten kann. Damit eröffnet sich zwangsläufig die Frage: Was hat Angela Merkel gewusst oder was hätte sie wissen müssen, als sie sich nichts ahnend vor der deutschen Öffentlichkeit gab? Die weitere Frage ist: Was sind eigentlich die Freundschaftsbekundungen zu den Partnerländern wert, wenn man gleichzeitig die sogenannten Freunde ausspioniert? Dies gilt übrigens für alle Seiten, auch für Länder, die unter dem Begriff EU sich vertraglich mit uns gebunden haben. Jetzt aber genug von der politischen Scheinheiligkeit, wir wechseln jetzt zur politischen Verlogenheit, zur Brutalität, zur Machtgier und zur Menschenverachtung. 

Damit sind wir bei den zahlreichen Brandherden weltweit angekommen, deren Ausmaße ständig zunehmen. Ging es in der öffentlichen Wahrnehmung vor zwei Wochen noch hauptsächlich um den Gaza-Konflikt mit all seinem Leid und den vielen Toten, hier herrscht momentan Waffenruhe, von der man nicht weiß, wie lange sie hält, so stehen jetzt besonders die Massaker der IS (Islamischer Staat vormals ISIS) an der Bevölkerung im Nordirak im Focus, aber auch die Kriegshandlungen in der Ostukraine im Don Bass. Das Problem der islamistischen, selbsternannten Gotteskrieger, Steinmeier hat sie bei einem Besuch am Wochenende in Bagdad als islamistische Mörderbanden bezeichnen, ist schon lange keine innere Angelegenheit des Irak mehr. Die Brutalität, mit der diese marodierenden Gesellen durch den Nordirak, aber auch durch Syrien bis in den Libanon hinein unterwegs sind, ist nicht mehr zu übertreffen. Sie töten alles, was ihnen über den Weg läuft. Dabei nehmen sie weder Rücksicht auf Frauen und Kinder. Soldaten der regulären irakischen Armee werden grundsätzlich geköpft, und um Angst und Schrecken zu verbreiten, werden diese Hinrichtungen gefilmt und im Internet veröffentlicht. Die Wirkung ist entsprechend bei der gerade erst neu aufgestellten irakischen Armee.

Die Soldaten ergriffen beim Anmarsch der IS-Kämpfer nur noch die Flucht, dabei lassen sie ihre brandneue hochmoderne Ausrüstung zurück, die jetzt den Islamisten in die Hände gefallen ist. Hierbei handelt es sich nicht nur um Handfeuerwaffen, sondern die gesamte Palette an Kriegsgerät, bis hin zu schweren Panzern und Raketen haben diese Mörderbanden in die Finger bekommen. Damit sind sie weitaus besser ausgerüstet, als die Kurden im autonomen Kurdengebiet im nördlichen Irak. Dorthin aber haben sich hunderttausende christliche Gesiden geflüchtet, die wegen ihres Glaubens von den Islamisten umgebracht werden, wenn sie sich nicht sofort zum Islam bekennen. Des Weiteren sind natürlich auch die reichen Ölvorkommen auf kurdischem Autonomiegebiet das ausgemachte Ziel der IS. Anfänglich hatten die kurdischen Soldaten wenige Möglichkeiten sich gegen die Invasion mit modernsten Waffen zu wehren, ein Besetzung des Kurdengebietes schien unmittelbar bevor zu stehen. 

Ein Suizid von gewaltigem Ausmaß wäre die Folge gewesen, zumal ständig neue Flüchtlinge dort eintrafen. Allein die Versorgung all dieser Menschen ist fast unmöglich. Erst als sich Obama entschied durch Luftangriffe den rasanten Vormarsch der "Gotteskrieger" zu attackieren, konnte die kurdische Armee die Invasion stoppen und wieder Boden gut machen. Dabei gelang es ihnen auch den größten Staudamm im Irak wieder auf Ihre Seite zu bringen, besonders wichtig für die großflächige Stromversorgung, aber auch für die Sicherheit weiter Teile im Norden von Irak. Nicht nur einmal hat der IS gedroht den Damm zu sprengen, worauf riesige Flächen des Lands verwüstet wären und Hundertausende ihr Leben hätten lassen müssen. Steinmeier wurde bei seinem Besuch bei den Kurden dringend um Waffenlieferungen gebeten, ebenso wie Amerikaner, Engländer und Franzosen, bisher haben aber nur die Briten und die Franzosen Zusagen gemacht. 

Deutschland spendet humanitäre Hilfe und Logistik, also alle Arten von lebensnotwendigen Hilfsgütern und medizinischem Gerät. Bei aller Verzweiflung im Irak scheint doch sich hier mit dem neuen Ministerpräsident in Bagdad eine Wende vollziehen zu können. Um die erbitterte Feindschaft zwischen Sunniten und Schiiten einzudämmen, sollen in der künftigen Regierung alle großen Glaubensrichtungen und alle Regionen vertreten sein, um so auch einen vernünftigen wirtschaftlichen Ausgleich zu schaffen. Gleichzeitig verspricht man sich dadurch, dass die Unterstützung der IS durch bestimmte Volksgruppen beendet wird. Dies würde die Kampffähigkeit dieser Mordtruppen entscheidend schwächen, denn schon lange sind einige Unterstützer mit den Methoden der IS nicht einverstanden, sie sahen aber keine andere Möglichkeit wieder an einer irakischen Regierung beteiligt zu sein. Nicht nur für den Irak wäre dies nach Saddam Hussein, dem Irak-Krieg mit den Amerikanern und dem Terror der IS endlich eine Möglichkeit, speziell für die allgemeine Bevölkerung wieder ein normales Leben zu führen, ohne den Schrecken von der einen oder der anderen Seite.  Für die Stabilität im Vorderen Orient ist die Befriedung des Irak unabdingbar und der Kampf gegen einen gefährlichen Brandherd unmittelbar vor der Haustür Europas könnte mit neuem Schwung und einer besseren Aussicht angegangen werden.

Zum Schluss noch einige Sätze zu der Ostukraine. Für die dort lebenden Menschen ist es die Hölle, das hat mir noch gestern jemand bestätigt, dessen Familie dort lebt und von den Separatisten permanent bedroht wird. Dazu kommen die Angriffe der ukrainischen Armee, die versucht die Hochburgen der Belagerer zurück zu erobern. Die Menschen, die nicht rechtzeitig fliehen konnten, wie immer diejenigen denen das nötige Geld fehlt, müssen zwischen den Fronten ausharren und können jederzeit vom Artilleriebeschuss getroffen werden und dies von beiden Seiten. Das ist das Allerschlimmste. 

Welche Rolle Putin dabei spielt, scheint ziemlich klar zu sein. Er will die Ukraine als seine Einflusssphäre nicht verlieren und setzt alles daran, die Besetzung der Ostukraine durch prorussische Separatisten nicht aufgeben zu müssen. Natürlich werden diese Besetzer, bei denen vermutet wird, dass es sich um tschetschenische Milizen handelt, vom russischen Militär sowohl mit Material, als auch mit Kampftruppen unterstützt. Da ist der Hilfskonvoi mit 250 LKW lediglich propagandistische Augenwischerei. Sie dient eher dem eigenen Volk Sand in die Augen zu streuen, damit die Folgen des Handelsembargos gegen westliche Staaten, die sich bald sehr deutlich auf die Versorgung der Menschen auswirken werden, nicht negativ auf Putins Image fallen. Noch scheint der Herr im Kreml seiner Sache sicher und er versucht mit allen möglichen hinterhältigen Tricks, aber auch mit Waffengewalt, seine Interessen durchzusetzen. 

Sein neuster Coup: er will den Import von westlichen Autos stoppen. Man kann nicht sicher sein, ob dies der vermögende Teil der Gesellschaft so einfach hinnehmen wird, wo sie doch so gerne Mercedes, BMW, Audi und Porsche fahren. 50% der polnischen Apfelernte wird nach Russland exportiert. Da dies aber zurzeit nicht möglich ist, haben die polnischen Bürger bis hin zur Regierung beschlossen ihre Äpfel im Land selbst zu konsumieren, um so der Landwirtschaft den finanziellen Schaden zu ersparen. Am Ende werden Putins Aktionen der russischen Bevölkerung am meisten schaden. Dann wird sich zeigen, wie sich der Konflikt um die Ostukraine auf Putins Macht und auf das Land selbst auswirken wird. Dass dabei ein demokratischeres Russland entsteht, ist doch mehr als zweifelhaft. Um noch einmal Steinmeier zu zitieren, möchte ich seine warnende Einschätzung hier wiederholen, wenn er sagt, dass ein militärischer Konflikt zwischen Russland und der Ukraine noch nie so wahrscheinlich war, wie es jetzt scheint. Für den Diplomaten Steinmeier war dies mehr als deutlich. Aber was dann? Dies zu beantworten ist hier nicht möglich, aber wie es den Familien vor Ort schon jetzt geht, da kennt man die Antwort genau. Sie sind gezeichnet von großem Leid und Schmerz, und wenn sie hier Verwandte haben, die keinerlei Kontaktmöglichkeiten zu ihren Familien in die besetzte Ostukraine besitzen, kommt noch die Verzweiflung und die Sorge hinzu, ob die Ihren überhaupt noch am Leben sind

Peter J. König

Samstagskolumne Peter J. König 02.08.2014

Friedlich ist anders. 

Mittlerweile sind einige Wochen vergangen, seitdem ich in meiner letzten Kolumne auf die verschiedenen Brandherde rund um den Globus aufmerksam gemacht habe, damit das Leid der dort betroffenen Menschen bei aller Hektik und Brutalität der heutigen Machtpolitik nicht restlos untergeht. 

Aber wie uns die letzten Tage zeigen, geht es noch schlimmer. Ausgelöst wurde der Angriff auf Gaza durch die Ermordung von drei israelischen Jugendlichen durch die Hamas. Diese militant-terroristische Gruppierung der Palästinenser verfügt über die Macht im Gazastreifen, einem Gebiet, begrenzt durch das Mittelmeer im Westen, durch ägyptisches Hoheitsgebiet im Süden und ansonsten eingemauert durch einen Demakationsstreifen von Israel. Auf diese Bluttat reagierten die Israelis nach einigen Tagen mit Luftangriffen, Mobilmachung und Einmarsch von Truppen mit schwerem Kriegsgerät. 

Dass daraufhin jüdische Siedler einen palästinensischen Jungen in einem Auto lebendig verbrannt haben, zeigt wieviel Hass sich mittlerweile auf beiden Seiten breit gemacht hat. Dies alles erinnert doch sehr an die letzten arabisch-israelischen Kriege. Um etwas mehr über die Hintergründe dieses nunmehr fast hundertjährigen Konflikts zu verstehen, muss man ein wenig in der Geschichte wühlen. Fast zeitgleich mit dem Ausbruch des ersten Weltkrieges, der exakt am 1. August 1914 begann, wurde unter britischem Protektorat in Palästina eine Sicherheitszone errichtet, um den über die ganze Welt verstreuten Juden eine neue Heimat zu bieten und zwar dort wo sie schon zu Zeiten des Alten Testaments zuhause waren, nachdem sie Ägypten verlassen hatten, wie in alten Schriften zu lesen ist. 

Noch zu Zeiten der römischen Besatzung im Altertum war Palästina jüdisches Kernland mit Jerusalem und seinem Tempel als Zentrum des religiösen Bewusstseins. Nach dem Zerfall des Römischen Reiches übernahmen arabische Herrscher die Macht in Palästina, deshalb bauten sie auch die Moscheen in Jerusalem unmittelbar neben den jüdischen Gebetsstätten. Und da dies alles noch zu wenig Konfliktpotential gebracht hat, wurden in der Zeit der Kreuzzüge auch noch christliche Kirchen und Klöster dort errichtet.

Alle drei großen Weltreligionen haben hier bedeutende Wurzeln, die sie niemals aufgeben würden. Tatsache ist aber auch, dass schon immer Menschen dieser drei Religionen in Palästina zusammen gelebt haben, mehr oder weniger friedlich. Bis zur Errichtung des britischen Protektorats hatten jedenfalls die Araber das Sagen. Mit der Zuwanderung der Juden aus aller Welt wurde die Situation zunehmend brisanter, zumal die Araber mehr und mehr verdrängt wurden und die Juden begannen, ihr Ziel einen jüdischen Staat zu errichten, mit aller Macht zu verfolgen und dabei durchaus militante Mittel einsetzten. 

1948 war es dann soweit, der Staat Israel wurde gegründet, seine internationale Anerkennung wurde von den westlichen Staaten befürwortet, wobei die USA mit ihrem bedeutenden Anteil an seiner jüdischen Bevölkerung über Jahrzehnte für die Existenz Israels Sorge getragen hat. Seit 1948 hat es immer wieder kriegerische Auseinandersetzungen zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarn gegeben. Für die Israelis ging es dabei auch immer um die Existenz ihres Staates, den die Araber zu gerne von der Landkarte gelöscht hätten. 

Dies ist das Trauma, das die israelische Politik und die Mehrheit der Bevölkerung seitdem umtreibt. Um die Vorgänge in Palästina zu verstehen, ist es unumgänglich dieses Bewusstsein bei allen Handlungen der israelischen Staats- und Militärführung mit ein zu beziehen. Da hat sich seit 1948 nichts geändert, obwohl es mittlerweile mit Staaten wie Jordanien und Ägypten, unmittelbare Nachbarn, durchaus eine friedliche Koexistenz gibt. Bei anderen Staaten in der Region ist dies nicht der Fall, wie z. B. Syrien, Iran und einige Golfpotentaten, die Israel lieber heute als morgen gerne ausradieren würden und dementsprechend Terrororganisationen wie die Hamas etwa mit Geld und militärischem Gerät, besonders aber mit Raketen ausrüsten. 

Doch zurück zur Gegenwart und damit zur Frage, warum die Israelis eine solche massive Offensive gegen Gaza-Stadt und den Gaza-Streifen eingeleitet haben, deren Auswirkung sich besonders auf die Zivilbevölkerung so verheerend niederschlägt. Israel erlebt seit Wochen einen Dauerbeschuss mit Raketen aus dem Gaza-Streifen und dabei geht es nicht mehr nur um Geschosse, die das Grenzgebiet berühren. Mittlerweile werden auch die Zentren in Jerusalem und Tel Aviv erreicht, mit der Folge, dass ständig Luftalarm herrscht und die Menschen in kürzester Zeit die Luftschutzräume aufsuchen müssen, wollen sie sich nicht tödlichen Gefahren aussetzen. 

Dass bisher nur relativ wenige Israelis umgekommen sind, ist der Tatsache geschuldet, dass etwa 90% der Raketen von der israelischen Luftabwehr abgeschossen werden. Dieses sieht auf dem Gebiet von Gaza völlig anders aus. Um die Hamas zu bewegen ihren Raketenbeschuss einzustellen, der überwiegend aus bewohnten Gebieten staatfindet, in unmittelbarer Nachbarschaft zu der Zivilbevölkerung, greift die israelische Luftwaffe diese mobilen Abschussrampen an. Bei gezieltem Raketenbeschuss gibt es seitens der israelischen Armee zuvor Aufrufe an die Bevölkerung das Gebiet zu verlassen. Leider wird dies nicht von allen Bewohnern wahrgenommen, zudem gibt es im gesamten Gaza-Streifen keine Schutzbunker, um sich in Sicherheit zu bringen.

Die Folgen sind entsprechend: Weit über Tausend Tote sind auf Seiten der Palästinenser zu betrauern, oftmals auch kleine Kinder. Trotzdem geht der Beschuss der Hamas auf Israel weiter, ihnen kommt dieses Szenario sehr gelegen, denn es schürt den Hass der palästinensischen Zivilbevölkerung auf die Israelis und festigt zudem ihre Stellung in Gaza und bringt ihnen außerdem weiteren Zulauf, auch für Terrorkommandos, die dann auf israelischem Gebiet Selbstmordattacken verüben. Dazu wurden in den letzten Jahren unzählige Tunnel von Gaza unter dem hermetischen Grenzstreifen gegraben, die beste Möglichkeit, um auf israelisches Gebiet zu gelangen. 

Mit der Bodenoffensive hat die israelische Armee versucht das Tunnelnetz auszuschalten, dabei wurden auch zahlreiche Häuser gesprengt. Hierbei kam es ebenfalls immer wieder zu Toten. Diese Aktion dürfte bald abgeschlossen sein und danach verspricht sich die israelische Regierung einen besseren Schutz für ihre Bevölkerung. 

Solange die Hamas aber Raketen auf Israel abfeuert, wird die Antwort der Israelis nicht lange auf sich warten lassen. Leider ist dann auch immer wieder mit getöteten Zivilisten zu rechnen. Nicht nur aus humanitären Gründen ist die Situation vor Ort katastrophal, sowohl in Israel als auch in Gaza. Das Leiden der Menschen ist enorm, sie sind traumatisiert und besonders die Kinder sind den Belastungen nicht gewachsen. Gaza-Stadt gleicht einem Trümmerfeld, ähnlich wie Berlin nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Menschen haben ihre Existenzen verloren und damit ihre Zukunft. 

Schon vor der Offensive der Israelis waren die Verhältnisse dort nicht besonders einfach. Mangelnder Wohnraum, keine Arbeit, keine vernünftigen Schulen, mangelhafte Versorgung, keine Bewegungsfreiheit durch die abgeriegelten Grenzen und keinerlei Perspektive machen aus Gaza ein andauerndes, hochexplosives Pulverfass. Dass es sich hierbei weltweit um den am engsten besiedelten Raum handelt, macht die Perspektive nur schlimmer. Politisch stellt die Eskalation des Gaza-Konflikts ein unübersehbares Armutszeugnis der internationalen Diplomatie da. Wie viele Camp David Treffen haben es eigentlich schon gegeben? 

Friedensnobelpreisträger, die für ihre Bemühungen um den Frieden in Palästina geehrt worden sind, gibt es auch genügend. Hat es etwa geholfen? Nein, die Situation ist wie eh und je miserabel, Menschen sterben auf beiden Seiten und die Lage ist wie seit Jahrzehnten instabil. Wenn man dazu noch bedenkt, dass in unmittelbarer Nachbarschaft in Syrien und dem Irak islamistische Gotteskrieger namens Isis mit unvorstellbarer Brutalität versuchen ein Groß-Kalifat zu errichten, mit ständig wachsendem Geländegewinn, die nur allzu gerne der Hamas behilflich wären, Israel zu vernichten, dann versteht man auch warum die Israelis sehr nervös und sehr radikal agieren.

Momentan gibt es keine Macht auf dieser Welt, die den Staat Israel politisch wirksam schützen kann, folglich müssen sie es selbst tun. Die Amerikaner unter Obama ziehen sich aus der Region des Vorderen Orients zurück. Dies weckt Begehrlichkeiten bei den unterschiedlichsten Gruppierungen. Europa ist unfähig gemeinsam das machtpolitische Vakuum zu füllen, es gelingt ihnen noch nicht einmal einen stabilen Waffenstillstand zwischen Israel und der Hamas zu verhandeln. Und doch muss schnellstens eine Lösung her, bevor die Entwicklung aus dem Irak und Syrien den ganzen Vorderen Orient mitreißt. Diese sollte eine Zwei-Staaten-Lösung sein, also neben Israel ein zweiter Staat Palästina. Grundsätzlich ist dies außerordentlich schwierig, denn nach internationalem Recht gilt es hier eine Menge von Problemen zu überwinden. Dies zu erläutern, bedürfte es einer weiteren Kolumne.

Vergessen wir nicht, dass Israel über Atomwaffen verfügt, die sie einsetzen werden, bevor der Staat Israel zugrunde geht. So weit darf es nicht kommen. Vielleicht aber gibt es zuvor eine Alternative, denn auch die Golfstaaten mit ihren Herrscherhäusern werden von den islamistischen Terroristen bedroht. Hier könnte es zu neuen Allianzen kommen. Eine Zusammenarbeit auf militärischem Gebiet mit den Juden ist den Scheichs und Emire vom Persischen Golf vermutlich allemal lieber, als die Aussicht von islamistischen Gotteskriegern geköpft zu werden. 

Peter J. König