Samstagskolumne Peter J. König 18.05.2013

Wahlkampf in Deutschland: Ein Zwischenruf.  Wie weit ist es eigentlich noch bis zur Bundestagswahl? 

Wenn man nach den Aktivitäten der einzelnen Parteien schaut und dann noch beobachtet, wie Neugruppierungen versuchen mit einem gewaltigen Medienaufwand in das Bewusstsein der Wähler vorzudringen, fühlt man sich in die Endphase des Wahlkampfs versetzt, als sei in vierzehn Tagen der Moment der Entscheidung anstehend. Dem ist nicht so, denn uns Wähler erwartet noch weitere drei Monate eine Dauerberieselung, die sich noch erheblich steigern wird in den letzten drei bis vier Wochen vor der Wahl, wenn im Fernsehen , Radio und in den überregionalen Zeitungen, mehr oder weniger inhaltslose Sprüche von medienwirksamen Herrschaften lauthals geklopft werden. 

Auf politische Aussagen wartet man dann allerdings vergebens, mit so etwas soll das Wahlvolk nicht belästigt werden. Dazu gibt es ja die umfangreichen Wahlprogramme, die eh keiner liest und wenn den Wahlkämpfern am Stand auf der Straße einmal sachkompetente Fragen gestellt werden, was auch nur äußerst selten passiert, gibt es bloß Gestammel und ratlose Gesichter bei den Parteienvertretern. Bestenfalls bekommt der interessierte Wahlbeobachter das entsprechende Wahlprogramm in die Hand gedrückt, wenn es gut läuft, meistens aber nur ein Werbegegenstand, in Form eines Kugelschreibers, Fähnchens oder wie bei der SPD eine rote Rose für die ersten zwanzig Damen, die sich dem Werben des jeweiligen Bundestagsabgeordneten nicht entziehen konnten. 

Neben den gewohnten Fragen: Wer wird stärkste Partei, ist die F.D.P. jetzt wirklich raus aus dem Bundestag oder hat sie sich wieder einmal gegen alle Prognosen selbst an den Haaren aus dem Sumpf gezogen, werden die Grünen genügend Stimmen erhalten, um mit der dahindümpelnden SPD doch noch eine regierungsfähige Mehrheit zu bekommen, ist Steinbrück nun ein Segen oder ein Fluch für die Sozialdemokraten, gibt es zur kommenden Bundestagswahl doch noch ein paar neue spannende Aspekte.

Als Partei hat sich vor wenigen Wochen die „Alternative für Deutschland“ konstituiert, eine Gruppierung rechtskonservativer Gesinnungsgenossen, die glauben Deutschland sei die Insel der Glückseligen, wenn man erst einmal die wirtschaftsschwachen Südländer losgeworden ist. Wer nun den Euro zukünftig behalten soll, ob überhaupt noch diese Gemeinschaftswährung existent ist, darüber waren sich diese kulturlosen Erbsenzähler auch noch nicht einig. Hauptsache der eigene Geldbeutel schwillt ständig und niemand kommt an die satten Gewinne heran, die der Euro Deutschland in den letzten Jahren beschert hat. Dabei ist dieses Denken einfach nur kurzsichtig, vor dem Hintergrund der Globalisierung und dem wirtschaftlichen Erstarken ganzer Hemisphären in anderen Regionen der Erde, aber ins besonders im Hinblick auf die europäische Angleichung im gesamtpolitischen Bereich, ohne die ein funktionierendes Europa nicht möglich ist. 

Der Schritt zurück zu nationalstaatlichen Seperationsgedanken ist das Ende dieser Idee von einem selbstbewussten, wirtschaftlich starken Kontinent, dessen kulturelle Wurzeln schon immer ein Garant für weltpolitischen Erfolg war. Dabei meine ich nicht die Okkupationszüge in den vergangenen Jahrhunderten der unterschiedlichsten europäischen Völker, nein, ich denke dabei an den erwiesenen Erfindergeist aller Europäer, ob im Norden, Süden, Osten oder Westen dieses Kontinents. Wenn man sich die Argumente der Spitzenkandidaten der „AfD“ anhört, wobei schon sehr interessant ist, dass Wirtschaftstheoretiker mit Professorentitel den Ton angeben, dann fällt besonders auf, dass das kulturelle Moment keinerlei Bedeutung im Programm dieser Europanegierer hat. Vielleicht spielen derartige Überlegungen sowieso keine Rolle bei dieser Partei, vielleicht wollen einige Personen eher die Gunst der Stunde, sprich die Schwierigkeit der gemeinsamen europäischen Entwicklung, die Finanzkrise der Länder und Banken nutzen, um sich zu profilieren. 

Dabei soll der Unmut der Bevölkerung ihnen den Weg ebnen, um in den Bundestag einzuziehen. Vielleicht denkt man schon daran, das Zünglein an der Waage spielen zu können, denn wenn es den Piraten, trotz aller negativer Prognosen gelingen sollte, doch ins Parlament zu kommen, könnte man gewichtig auftreten, um eine Mehrheit mit den Schwarzen und den Gelben zu bilden. Dies wäre für den Parteivorsitzenden der „AfD“ Professor Bernd Lucke ein geradezu atemberaubender Aufstieg im politischen Geschäft, zumal er als ehemaliges CDU-Mitglied in diesen Reihen gewiss nicht fremdelt. 

Mit großem Interesse habe ich die Argumentation der Truppe vernommen, womit sie auf den Verzicht zum Antritt bei der Wahl zum Bayrischen Landtag verwiesen haben. Sie würden, so die “AfD“, mit Sicherheit ihre Chancen bei der Bundestagswahl schmälern, wenn sie in Bayern an der Fünf-Prozent-Klausel scheitern. Dies bedeutet, dass sie schon jetzt davon ausgehen, den Münchner Landtag im Maximilianeum mit Sicherheit nicht zu erreichen, was zur Folge hätte, für die Wahl in Berlin nicht mehr ernst genommen zu werden. Potentielle Wähler würden, da sie ebenfalls Chancenlosigkeit vermuten, ihr Kreuzchen, wie althergebracht, wieder bei den Schwarzen machen. Für eine solche politische Vorgehensweise fehlt jedes Verständnis, da dies nichts mit politischem Wettbewerb zu tun hat und zudem erkennen lässt, dass sich die „AfD“ eher als regionale Splitterpartei sieht. Deshalb ist es wahrscheinlich, dass diese Partei, die als ausgesprochener Bewahrer der deutschen Ökonomie aufgetreten ist, letztendlich als organisierter Interessensverband enden wird, zum Segen der europäischen Einigung. 

Ein Wort noch zu den Piraten. Nachdem sie gemerkt haben, dass alle Eitelkeiten und aller Zwist in der Parteiführung nur zum Untergang dieser bunten Truppe geführt haben, wollen sie noch auf den letzten Drücker das Ruder herumreißen. Ihr Parteitag am letzten Sonntag hat durchaus gezeigt, dass sie aus der Misere gelernt haben und sie jetzt bereit sind, das Stadium der Utopie und des Nonsens zu verlassen, um sich eher den konkreten Problemen der Gesellschaft anzunehmen. Wenn sie dieses konsequent weiterverfolgen, zumal mit einer jungen Dame als Geschäftsführerin der Partei, die als durchaus real politisch denkend und ziemlich informiert zu erleben war, im Gegensatz zu ihren Vorgängern, dann ist es noch nicht zu spät, um in den nächsten drei Monaten verlorenes Terrain wiederzugewinnen, dann sind die Chancen für einen Einzug in den Bundestag realistisch. Aber als langjähriger Beobachter dieses Geschäfts weiß ich, dass es keinerlei Garantien hierbei gibt. Die Gunst des Wählers ist unergründlich, aber noch unergründlicher ist, wann die nächste Krise, wann der nächste Skandal kommt, der diese Gunst in ein anderes Lager weht. 

 Peter J. König