Samstagskolumne Peter J. König 25.01.2014

Krisen weltweit und kein Ende abzusehen.

Nachdem wir zuletzt uns mit der innenpolitischen Lage Deutschlands und der Bespitzelung durch die amerikanische NSA befasst haben, wird es höchste Zeit sich mit den außenpolitischen Krisen, sprich Bürgerkriegen und Aufständen an einigen Brennpunkten dieser Welt zu beschäftigen. Wer geglaubt hat, dass der Jahreswechsel eine gewisse Entspannung, gar einige Konflikte weniger gebracht hat, muss enttäuscht feststellen, dass dem nicht so ist, ganz im Gegenteil. 

Zu nennen ist da Syrien, wo es in Genf bei der Konferenz zu ersten Annäherungen gekommen ist und jetzt Frauen und Kinder die eingeschlossene Stadt Homs verlassen können. Über Monate haben die Menschen keine Lebensmittel und Medikamente bekommen. Ebenso sollen Hilfsgüter in die zerbombten Vororte von Damaskus gebracht werden können. In Ägypten herrscht Terror mit Bombenattentaten und blutigen Zusammenstößen im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen. Besonders in der Ukraine geht der Machtkampf zwischen Janukowitsch, dem Präsident und der Opposition, mit dem ehemaligen Boxweltmeister Vladimir Klitschko unverändert weiter und mittlerweile wohl in die entscheidende Phase. Vorausgegangen sind Gesetzesverschärfungen, um der Opposition das Recht auf Versammlungsfreiheit und Protestaktionen weitestgehend zu verbieten und mit drastischen Strafen zu belegen. Dies hatte die Radikalisierung der seit Monaten auf dem Majdan, dem Unabhängigkeitsplatz in Kiew ausharrenden Widerständler zur Folge. 

Um diese fast bürgerkriegsähnliche Situation zu verstehen, die meist jungen Menschen riskieren dabei Leib und Leben, nachdem es zuletzt auch zu mehreren Toten unter den Oppositionellen gekommen ist, muss man sich die politische Lage in der Ukraine einmal näher betrachten. Früher war das Land eine Teilrepublik der Sowjet-Union und unterstand damit automatisch dem Willen der Kreml-Herren. Nach dem Zerfall des sowjetischen Riesenreiches erklärte sich die Ukraine zwar für unabhängig, aber der Einfluss Moskaus war speziell im Osten des Landes durch die Russen gewaltig. Hier im Donezk-Becken befinden sich die Kohlengruben und Erz-Minen, die den Reichtum des Landes ausmachten. Zudem ist der überwiegende Bevölkerungsanteil russischer Abstammung, familiäre Bindungen nach Russland sind vielfältig. Aus diesem Umfeld stammt Janukowitsch, ebenfalls russischer Abstammung und ehemals ein führender Politapparatschik von Kremls-Gnaden. 

Wie in Russland auch haben einige dieser Parteifunktionäre nach der Unabhängigkeit sich der ehemals staatlichen Betriebe bemächtigt und sind zu Oligarchen mutiert, die sich Milliardenvermögen unter den Nagel gerissen haben. Janukowitsch wurde ihr politisches Aushängeschild, das die Interessen dieser Clique bei den ersten freien Wahlen und auch später vertreten hat. Ihn und seine Söhne hat dies ebenfalls in kürzester Zeit zu vielfachen Millionären gemacht. Die westlichen Landesteile der Ukraine sind überwiegend von Menschen bevölkert, deren Ethnien in den baltischen Staaten und in Polen zuhause sind. Dies ist per se schon immer Konfliktpotential gewesen, was sich aber durch die ungleiche Behandlung der beiden großen Landesteile bezüglich der staatlichen Unterstützung bei der Verteilung von Steuergeldern noch verstärkt hat. 

Im Zuge dieser Auseinandersetzungen kam es dann vor einigen Jahren zu der "Orangenen Revolution", die nicht nur eine westlich orientierte Regierung bei den folgenden Wahlen etablierte, sondern auch Frau Timoschenko, die damalige Oppositionsführerin an die Macht brachte. Nach erbitterten Auseinandersetzungen innerhalb des Regierungslager, wobei auch wieder Korruption eine entscheidende Rolle gespielt haben soll, aber auch die Unfähigkeit die Wirtschaft in Gang zu bringen, um den rasanten Anstieg der Massenarbeitslosigkeit zu stoppen, kam es bei den nächsten Wahlen erneut zu einem Machtwechsel und jetzt war Janukowitsch am Ruder. Dabei soll es gerade im Osten der Ukraine zu massiven Wahlfälschungen gekommen sein. Zudem hat Putin kräftig mitgeholfen, die Ukraine an den Rand der Zahlungsunfähigkeit zu treiben, einerseits weil er zu Timoschenkos Zeiten die Kosten für Öl- und Gasliegerungen drastisch erhöht, andererseits aber die Gebühren für die Durchleitung dieser Rohstoffe nach Westen über ukrainisches Hoheitsgebiet massiv gesenkt oder weitestgehend ausgeschaltet hat durch den Bau neuer Pipelines unter Umgehung der Ukraine. Energiepolitisch hängt das Land am Tropf von Russland. 

Wenn die Russen den Hahn zudrehen, was immer wieder einmal als Druckmittel eingesetzt wird, gehen in der Ukraine nicht nur die Lichter aus, die Wirtschaft bricht zusammen und die Menschen erfrieren in den eigenen vier Wänden, eine flächendeckende Versorgung ist nicht mehr möglich. Damit die Ukraine nicht erneut nach Westen in Richtung EU abdriftet, hat Janukowitsch mit Putin Geheimverträge abgeschlossen, um die Ukraine langfristig an Russland zu binden. Außerdem wurden die Öl- und Gaspreise gesenkt und das Land mit einem Milliardenkredit vor dem Bankrott gerettet. Anstehende Verträge mit der Europäischen Union zwecks Unterstützung und Annäherung wurden auf Eis gelegt, jegliche westliche Ausrichtung sollte unterbunden werden, denn die Ukraine als EU-Mitglied, gar als Nato-Partner wäre der Super Gau für Putin und seine Ansprüche Russland wieder zu einer Großmacht zu verhelfen. Wie weit die Ukraine unter Janukowitsch seine Rechtsstaatlichkeit eingebüßt hat, mit der es auch früher schon nicht besonders weit her war, um es einmal vorsichtig zu formulieren, hat der Schauprozess gegen Timoschenko gezeigt. Die ehemalige Präsidentin wurde ins Gefängnis gesteckt, weil sie angeblich den Russen zu viel für die Öllieferungen bezahlt hat und auch noch Schmiergeld dafür genommen haben soll. 

Bei den letzten Parlamentswahlen konnte sich Janukowitsch erneut eine hauchdünne Mehrheit sichern. Unabhängige Beobachter führen dies aber nur auf einen massiven Wahlbetrug zurück. Die parlamentarische Opposition wurde durch die Parteigründung von Vladimir Klitschko und einiger westlich orientierter Politiker verstärkt und haben es auf Anhieb ins Parlament geschafft. Ziel der gesamten Opposition ist es, Janukowitsch und seine kommunistische prorussische Partei abzulösen, um einen Kurswechsel in der Ukraine herbei zu führen. Besonders die Jugend in der ganzen Ukraine sieht keine Zukunft für sich und das Land als Anhängsel von Russland, es zieht sie in die Länder Westeuropas und sie möchten den Lebensstiel des Westens, aber auch die demokratischen Freiheiten haben. Somit war der Auslöser ihres aktiven Protestes und des Widerstands der Ausverkauf ihres Landes an Putin und sie begannen friedlich in Kiew auf dem Majdan zu protestieren. 

Mittlerweile hat es Straßenschlachten mit den Sicherheitsverbänden und Tote gegeben. Außerdem wurden einige Ministerien besetzt. Klitschko hatte dabei alle seine Kraft und Überredungskunst aufzubringen, damit es einigermaßen ruhig geblieben und zu keinem Blutbad gekommen ist. Um seine Haut, sprich sein Amt zu retten, hat Janukowitsch am Wochenende der Opposition den Posten des Regierungschefs und dessen Stellvertreter angeboten. Dies wurde jedoch strikt abgelehnt, denn die Forderungen sind mittlerweile unmissverständlich auf den Rücktritt des Präsidenten und seiner gesamten Regierung gerichtet. Die Chancen dazu stehen nicht schlecht, denn fast in der ganzen Ukraine wurden regionale Regierungsgebäude besetzt, Rathäuser zu oppositionellen Büros umfunktioniert, auch in den ehemals prorussischen Provinzen. 

Es scheint nur noch eine Frage von Tagen zu sein, bis Janukowitsch aufgibt, zurücktritt und seine Millionen in Sicherheit bringt. Letztendlich wird es aber darauf ankommen, wie sich das Militär, die Polizei und die berüchtigten Truppen des Innenministeriums positionieren. Erst wenn sie sich neutral verhalten oder sich klar auf die Seite der Opposition stellen, wird nach dem Rücktritt Janukowitschs und nach Neuwahlen der Weg der Ukraine nach Europa frei sein. Dabei muss die EU aber auch bereit sein die Ukraine zu begleiten und zu unterstützen, denn mit Putin und Russland im Rücken wird dies noch schwer genug werden.

 Peter J. König

Samstagskolumne Peter J. König 18.01.2014

Illegales Abhören ist ein Straftatbestand in der Bundesrepublik, auch wenn dieser von Ausländern begangen wird. 

Die amerikanische Administration unter Präsident Obama ist nicht bereit ihren Informationsvorsprung in Sachen Spionage gegenüber dem Rest der Welt durch bilaterale Vereinbarungen zu begrenzen, was übersetzt heißt, die Amerikaner werden mit Hilfe der NSA weiterhin das Internet und sonstige Kommunikationsmittel ausspionieren, um so unendliche Datenvielfalt zu erlangen, die vermeintlich zum Kampf gegen den Terrorismus notwendig ist, so der amerikanische Präsident in einer Rede am letzten Freitag zur Aufgabenstellung der nationalen Sicherheitsbehörde NSA. 

Beschwichtigend folgten dann noch einige Sätze der Verharmlosung, nach denen weder amerikanische noch Bürger anderer Länder sich Sorgen machen müssten, abgehört und überwacht zu werden, alle Maßnahme würden alleine dem Antiterror gelten, eine flächendeckende Bespitzelung würde nicht stattfinden. Diese Aussage allein war schon recht befremdlich, um nicht zu sagen unglaubwürdig. Als Obama dann noch versicherte, dass dies alles überhaupt nichts mit Wirtschaftsspionage zu tun hat, wurde es makaber. Aber alles der Reihe nach.

Um die Deutschen zu beruhigen, wurde zeitnah am Freitagabend im "heute-journal" im ZDF ein Interview mit Barack Obama ausgestrahlt, das er zu der Thematik des Abhörens in der Bundesrepublik, dem leitenden ZDF-Journalisten Dr. Claus Kleber im Weißen Haus in Washington gegeben hat. Jedem langjährigen Beobachter der politischen Szene war sofort klar, was die amerikanische Regierung mit dieser "good-will"-Aktion vorhatte. Zunächst ist es völlig ungewöhnlich, dass der Präsident sich derart unmittelbar zu den Themen seiner Rede erklärt, und dies auch noch bei einem deutschen Fernsehsender, der normalerweise vielleicht einmal im Jahr ein Interview bekommt, allerdings nur zusammen mit zwei bis drei anderen europäischen Korrespondenten.

Zweifellos war das Kleber-Interview ungewöhnlich. In seiner Rede hatte Obama unmissverständlich klar gemacht, dass es internationale Verträge, die die Aktivität der NSA einschränkt nicht geben wird. Dies bedeutet, Spionage im großen Stil wird weiterhin fortgesetzt und wenn dabei das Handy der Bundeskanzlerin, der Minister, der Bundestagsabgeordneten oder sonstiger Geheimnisträger Aufschlüsse zu antiamerikanischen Aktivitäten geben sollten, ist die NSA dabei. Natürlich hat man sich in Washington Gedanken gemacht, wie man diese Sachlage verkauft, besonders den Verbündeten und besonders der stärksten Wirtschaftsmacht in Europa und dem engsten Partner im transatlantischen Bündnis. Zudem ist Obama klar, dass Angela Merkel sich doch massiv düpiert vorkommt und er etwas unternehmen muss, um wieder Boden gut zu machen, sprich Vertrauen wiederzugewinnen. Dabei kam man auf die Idee mit der deutschen Bevölkerung zu beginnen, deshalb das Interview im ZDF.

Hätte man im Weißen Haus aber vorher die Umfragen in Deutschland zur Abhöraffaire gelesen, wäre man wohl zu dem Ergebnis gekommen, dass dieses Interview überflüssig ist. Tatsächlich sind die Deutschen laut Umfrage von dieser Bespitzelung nur unwesentlich beunruhigt, denn dieses Problem taucht erst nachrangig auf einem Platz zwischen 10 und 20 auf der Skala der größten Belastungen auf. Jedenfalls erklärt uns Obama, dass wir überhaupt keine Bedenken, gar Ängste haben müssen, kein braver Bürger wird überwacht, keinerlei unrechtmäßige Daten werden gesammelt und Wirtschaftsspionage sei ja völlig ausgeschlossen, man wolle doch keine Wettbewerbsverzerrung. Alles sei legal, maßvoll und diene nur dem Schutz der befreundeten Staaten. Märchen können nicht schöner und vertrauenswürdiger klingen.

Belegte Beispiele über Wirtschaftsspionage auch im Zuge der Terrorbekämpfung gibt es genug. Da werden Angebote von international agierenden deutschen Firmen unterboten, weil die Daten zuvor ausspioniert wurden und amerikanische Unternehmen dementsprechend günstiger waren und danach den Zuschlag erhielten. Und dies ist nur ein Sektor auf dem Gebiet der wirtschaftlichen Verflechtungen, der durch die Überwachung in den Focus der Amerikaner geraten ist. Während die USA bedingt durch die technischen Voraussetzungen, die mit Abstand meisten Kommunikationsleitungen laufen über das Territorium der Vereinigten Staaten, in der Lage sind so gewaltige Datenmengen abzugreifen, muss China die andere Großmacht in Sachen Datenklau mit einer Armada von Hackern versuchen an wichtiges Datenmaterial heran zu kommen. Fachleute meinen, dass heutzutage die Spionage sich von den Verteidigungs- auf die Wirtschaftsministerien verlagert hat, denn dort werden zukünftig die Informationen gesammelt, die für die Auseinandersetzung der wichtigsten Industrienationen untereinander von elementarem Nutzen sind. 

Wer hier vorne liegt, ist auch bei der wirtschaftlichen Stärke oben auf. Der Krieg um die Vormachtstellung in der Welt hat sich von der Realität in die Syberwelt verlagert. Und dabei erklärt uns Obama, dass unsere Daten sicher sind und keiner von uns überwacht und bespitzelt wird. Aber wie gesagt, die Deutschen fühlen sich ja auch im Fall der Totalüberwachung nicht besonders belastet, der große Bruder wird´s schon richten. Spannend ist es zu erfahren, wie Angela Merkel, als Bundeskanzlerin, aber auch als Privatperson auf diese Fakten reagieren wird. 

Als Bürgerin kann sie ja alles gelassen hinnehmen, wenn es ihr nichts ausmacht, als Bundeskanzlerin der Bundesrepublik geht dies überhaupt nicht. Hier hat sie geschworen die Gesetze unseres Landes zu achten, Schaden von uns wenden und dem Wohl jedes einzelnen Bürgers zu dienen. Und jetzt beginnt die Sache spannend zu werden. Was wird unsere Regierung unternehmen, um unseren Staat und besonders unsere Bürger zu schützen?

Illegales Abhören ist ein Straftatbestand in der Bundesrepublik, auch wenn dieser von Ausländern begangen wird. 

Von Amts wegen müsste die Sache verfolgt werden, wenn ein Anfangsverdacht vorhanden ist. Dieser scheint hinreichend vorzuliegen, auch bei dem Abhören von Merkels Handy. Es wird vermutet, dass das Regierungsviertel in Berlin aus der amerikanischen und britischen Botschaft überwacht wird, also von Freunden und im Falle Londons auch noch von einem Mitglied der Europäischen Union. Jetzt ist guter Rat teuer! Sollen Ermittlungsverfahren gehen die USA und England eingeleitet werden, oder vielleicht gegen einzelne Personen, die in den Botschaften agieren?  Sollen diplomatische Sanktionen ausgesprochen werden, gar Ausweisungen? Wie wäre es mit Wirtschaftsboykott oder Reisebeschränkungen? Alles nutzlose Theorie mit der kein anstehendes Problem gelöst wird. 

Tatsächlich müssen die Bürger unseres Landes durch die Regierung und die Justiz geschützt werden. In diesem Fall ist es aber dringend notwendig,  auf diplomatischer Ebene eine Lösung zu suchen. Ein angestrebtes "no-spy" – Abkommen zwischen den USA und der Bundesrepublik Deutschland scheint aktuell in der gewünschten Form nicht möglich, da die Amerikaner sich weigern, verbindliche Zusagen zu machen. Absichtserklärungen alleine sind aber nicht ausreichend, weil jederzeit Zuwiderhandlungen stattfinden können, ohne dass entsprechend reagiert werden kann. Solange aber keine rechtsverbindlichen Abkommen mit den Partnern existieren, ist es dringend geboten, alles zu unternehmen unsere Daten optimal zu schützen, gegen jedermann und alle Geheimdienste, die unterwegs sind, Daten abzufischen. 

Selbstschutz ist wohl das beste Mittel, um langfristig auf der sicheren Seite zu sein. In der privaten Wirtschaft ist dies schon lange das oberste Gebot, damit die Firmen datentechnisch nicht bestohlen werden. Übrigens ist dies der Wirtschaftszweig mit den größten Zuwächsen, der in der Zukunft immer wichtiger wird. Als Bundesrepublik Deutschland nach der Wiedervereinigung wird es jetzt auch Zeit, dass wir in Hinsicht auf unseren Selbstschutz die Initiative ergreifen, um uns unabhängig zu machen, um als gleichwertige Partner in der globalisierten Welt unsere Interessen zu sichern und nicht immer auf die USA schielen, ob sie uns vielleicht zur Hilfe kommen.

Je größer unsere Selbstständigkeit ist, umso eher werden Verträge auf Augenhöhe seitens der Amerikaner akzeptiert. Mit den Briten ist noch ein Wörtchen zu reden, denn langfristig müssen sie sich entscheiden, was sie wollen. Dabei geht es nicht zuletzt darum ein vollwertiges Mitglied in einem Vereinten Europa zu werden, oder isoliert in einem angelsächsischen Bündnis mit den USA die globale Zukunft zu schaffen. 

 Peter J. König

Samstagskolumne Peter J. König 12.01.2014

Mutter der Kompanie und Fußballer-Outing. Das Jahr 2014 fängt ja gut an.

Allmählich fängt sich das Jahr 2014 an einzurichten. Damit beginnen auch die politische Arbeit in Berlin und damit auch der Alltag für die große Koalition, die, wie man zur Kenntnis nehmen musste, nur noch als "Groko" bezeichnet wird. Ob das Regieren dadurch einfacher wird, scheint doch mehr als zweifelhaft, da wird auch die sprachliche Verniedlichung nichts helfen. Noch sind beide Seiten bemüht ein erstes positives Bild der neuen Regierung zu zeichnen. Deshalb ist es bis auf einige kurze Rempler zwischen CDU- und SPD- Ministern recht ruhig vonstattengegangen. Allein die CSU hat mit ihrer Debatte über die Armutszuwanderung aus Rumänien und Bulgarien, seit dem 1. Januar besteht uneingeschränkter Aufenthalt und keine Arbeitsbeschränkung zwischen den alten und neuen EU-Mitgliedsländern, versucht, sich so in das Bewusstsein an allen Stammtischen der Republik zu bringen. Zu groß scheint den Bayern die Gefahr zu sein, innerhalb der beiden Volksparteien bei der großen Koalition verloren zu gehen. 

Dagegen helfen wie immer populistische Kampfansagen, lauthals verkündet aus der Parteizentrale in München. Dabei wurde ein überaus schwarzes Bild, ein falsches noch dazu, von bedrohlicher Zuwanderung an Armutsflüchtlingen aus den beiden südosteuropäischen Ländern gemalt. Wie die Statistik nachweist, ist der Prozentsatz an Sozialempfängern aus den beiden Staaten prozentual signifikant unterdurchschnittlich zum Rest der anderen Mitgliedsländer der Europäischen Union. Außerdem wurde festgestellt, dass der allergrößte Teil der Menschen aus Rumänien und Bulgarien regulären Arbeitsverhältnissen bei uns nachgehen, hier in die Sozialsysteme einzahlen, Steuererträge leisten und oftmals gerade in diesen Branchen tätig sind, wo es an deutschen Arbeitskräften mangelt, so wie in der Pflege, in der Gastronomie oder auch im Reinigungsgewerbe. Alle diese Fakten außer Acht lassend, hat die CSU mit Parolen und Spots wie: "Wer getrügt, fliegt" versucht,  in der Bevölkerung Unmut hervor zu rufen, um sich dann als starke Kraft anzudienen, nach dem Motto: Die CSU sorgt dafür, dass unser Land nicht durch die Elendsimmigration ausgehöhlt wird.

Allein die Statistik zeigt deutlich, dass der rechtspopulistische Spuk mit der Realität überhaupt nicht übereinstimmt. Mit den Fakten nehmen es die Weißblauen halt nicht so genau, Hauptsache es rauscht wieder einmal in den Medien und Seehofer kann seinen Anhängern weismachen, wie wichtig sie in der Regierung sind. Alles wie gehabt! Wer hier die letzte Kolumne im alten Jahr gelesen hat, wird sich darin erinnern, dass von zwei potentiellen Nachfolgern der Kanzlerin seitens der CDU gesprochen wurde, einer Dame namens Ursula von der Leyen und Herrn Thomas de Maiziere, sie aktuell Verteidigungsministerin, er Innenminister. Obwohl erst wenige Wochen im Amt legt Frau von der Leyen ein derart atemloses Tempo an Profilsucht vor, dass es ihr Mitbewerber schwer haben wird mit ihr Schritt zu halten. Die PR.-Maschine von Frau Ministerin läuft wie geschmiert, sei es in der "Bild“ in den öffentlich-rechtlichen Fernsehkanälen oder aber auch bei den Tageszeitungen mit den klugen Köpfen.

 Binnen Wochenfrist scheint Frau von der Leyen aus der Bundeswehr eine "Wohlfühl- Armee" machen zu wollen, von der ihr Vorgänger im Amt anlässlich des "Großen Zapfenstreichs" im Zuge der Amtsübergabe noch von einer Bundeswehr in schwieriger Lage sprach. Ohne auf die einzelnen Problemfelder einzugehen, bleibt dem aufmerksamen Beobachter doch etwas die Spucke weg, zumal wenn man selbst einmal als Bürger in Uniform das Kasernenleben verinnerlichen durfte. Jetzt fehlt nur noch, dass der "U.v.D" (für alle Ungedienten, dies ist der Unteroffizier vom Dienst der für die Einhaltung des Tagesplans und der Disziplin zuständig ist), also wenn dieser "U.v.D." des Morgens den Kaffee auf die Stuben bringt, um die Soldaten bei Laune zu halten. Ursula von der Leyen, mittlerweile schon mit dem Spitznamen "Mutter der Truppe" versehen, hat es hervorragend geschafft in dem schwierigen Amt der Verteidigungsministerin, in dem schon so beliebte Politiker wie z.B. Georg Leber und andere gescheitert sind, eine erstaunlich dynamische Figur zu machen, bisher. 

Vergessen wir nicht, dass Frau von der Leyen ursprünglich das Amt des Außenministers anstrebte, was aber aus Koalitionsgründen nicht möglich war. Nach einigem Hin und Her wurde ihr dann die Verteidigung zugesprochen, wohl nicht ganz zum Missfallen des alten Ministers de Maiziere, der selbst mit erheblichem Imageverlust seine Amtszeit mit Ach und Krach überstanden hat, denken wir nur an die Drohnenaffaire und weitere Beschaffungsdebakel. Damit darf sich jetzt die neue Ministerin herumschlagen, zudem auch mit der zunehmenden Unzufriedenheit in der Truppe, die wiederum sich negativ auf die Anwerbung von neuen Soldaten für die Bundeswehr auswirkt. Die Zeiten der Wehrpflicht sind vorbei, heute konkurriert sie mit zivilen Wirtschaftsunternehmen um die Verpflichtung von geeignetem Personal. Dies gestaltet sich zunehmend schwieriger, da ist die Unzufriedenheit der Soldaten wenig hilfreich. All diesen Mängeln hat Ursula von der Leyen den Kampf angesagt, sehr werbewirksam und in der ihr eigenen liebenswürdigen Art. Es bleibt abzuwarten, wie erfolgreich sie das Amt führt, ohne dass sie von den alten Missständen überrollt wird. 

Sollte dies ihr einigermaßen gelingen, dann ist sie ganz nahe an ihr eigentliches Ziel herangerückt, sie könnte die Kanzlerin beerben, zumindest was den nächsten Bewerber aus den Reihen der CDU anbetrifft. Da ihr Ansehen in der Bevölkerung ja ohnehin groß ist, hätte sie damit auch eine reale Chance bei der nächsten Bundestagswahl ihren Konkurrenten von der SPD, Sigmar Gabriel hinter sich zu lassen, um dann endgültig das Ziel ihrer politischen Reise zu erreichen: Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland. Bis dahin allerdings ist es noch ein sehr weiter Weg, vollgepflastert mit erheblichen Fallstricken, wie gerade zuvor angedeutet wurde. Kein Amt in der Bundesrepublik Deutschland hat so viele Minister verschlissen wie das Ministerium der Verteidigung. Dagegen ist das Innenministerium von Herrn de Maiziere geradezu ein Hort der Ruhe, wo man bei besonnener Amtsführung sich durchaus auch bestens profilieren kann, wie die letzte Amtsinhaberin Frau Leutheusser von der F.D.P. bewiesen hat. 

Wollen wir aber nicht der Zukunft zu weit vorweg greifen, meistens kommt es ja sowieso anders als man es prognostiziert hat. Neben dem spürbaren Elan den Frau von der Leyen an den Tag legt, muss aber auch festgestellt werden, wie weit sich die bundesrepublikanische Gesellschaft verändert hat und sich zusehends weiter verändert. Dazu gehört nicht nur die neue Verteidigungsministerin, vor zwanzig Jahren unvorstellbar, Kindergrippen in Kasernen, demnächst vielleicht und jetzt noch das Outing eines vielfachen Nationalspielers im Profifußball, das für einige Tage das beherrschende Thema in ganz Deutschland war. Während die gesellschaftlichen Veränderungen, speziell im Hinblick auf die Chancengleichheit der Frau auf allen Gebieten in unserem Land zukunftsweisend und unumgänglich sind, so wie es auch im Grundgesetz verankert ist, scheint die Erklärung eines ehemaligen Fußballnationalspielers zu seiner sexuellen Präferenz medial vollkommen überzogen angenommen worden zu sein. 

Mittlerweile sollte es hierzulande im 21. Jahrhundert völlig egal sein, zu welchem Geschlecht sich die einzelne Person hingezogen fühlt. Dies ist ausschließlich seine oder ihre Privatangelegenheit. Wenn dies zum Anlass von Beleidigung und Diskriminierung wird, zeigt dies doch nur dass unsere Gesellschaft noch erhebliche Defizite aufweist. Ein kurzfristiger Medienhype hilft da überhaupt nicht bestehende Vorurteile zu überwinden, ganz im Gegenteil, er wird die Ewig- Gestrigen und Zurückgebliebenen auch in den Fußballstadien nur verstärkt dazu bewegen, ihre Schmährufe und Beschimpfungen weiterhin lauthals fortzusetzen. Aufklärung von klein auf tut Not, um dem Problem der Diskriminierung entgegen zu treten. Vergessen wir nicht, dass die Nazis Homosexuelle ins KZ gesteckt haben, um sie dann umzubringen. Es ist noch erst wenige Jahrzehnte her, dass durch die Strafrechtsreform der § 175 aus dem Strafgesetzbuch gestrichen worden ist, wo der Beischlaf von Männern unter Strafe gestellt war. Diese Zeiten sollten doch nun endgültig in unserer aufgeklärten Gesellschaft vorbei sein. Wünschenswert wäre ein Zustand, in dem öffentliche Erklärungen über sexuelle Präferenzen völlig überflüssig sind. Was wohl nie vorbei sein wird, ist das Geschrei des Pöbels, da hilft auch nicht das Outing aller homophilen Sportler, gleichgültig in welcher Sportart. 

 Peter J. König