Samstagskolumne Peter J. König 12.10.2013

Sind die U.S.A am kommenden Mittwoch pleite?

Während die geistige Welt, zumindest die schreibende Zunft sich noch bis Sonntagabend auf der Frankfurter Buchmesse tummelt, dreht sich die Welt derweil weiter. Mögen in den Büchern noch so interessante Lösungsansätze für die Probleme auf unserem Globus angeboten werden, selten richtet sich die Realität nach solchen Vorgaben. 

In Syrien z. B. müssen immer noch Menschen sterben, und die Zahl von 100.000 Toten ist längst überschritten, es werden mittlerweile eher 120.000 bis 130.000 arme Seelen sein, die bei diesem mörderischen Bürgerkrieg ihr Leben lassen mussten. Ein Heer von mehreren Millionen Flüchtlingen irrt durch das Land oder ist in die benachbarten Staaten ausgewichen. Doch auch an der Grenze der Europäischen Union spielen sich mittlerweile Dramen ab, die schrecklicher nicht sein können. Immer mehr syrische Flüchtlinge versuchen auf verrotteten Booten den Weg über das Mittelmeer an die Küsten von Sizilien oder der vorgelagerten Insel Lampedusa zu finden, dem am südlichsten gelegenen Vorposten von Italien.

Hoffnungslos mit Menschen überladen, sind diese Gefährte wenig seetüchtig, Wasser und Verpflegung ist kaum vorhanden, und der nächste aufkommende Sturm bringt die Flüchtlinge in höchste Lebensgefahr. Wie viele solcher Boote schon abgesoffen sind weiß niemand, es gibt nur grobe Schätzungen, dabei geht man von Tausenden von Personen aus, die dabei umgekommen sind. Auch das sind die Folgen des Bürgerkrieges in Syrien und wir Europäer können nicht einfach wegschauen, wenn immer mehr Leichen an die Südküsten Italiens angeschwemmt werden.

Oftmals werden die Boote der Flüchtlinge von den italienischen Patrouillen- Schiffen hart attackiert, um sie zum Umkehren zu bewegen, nur wenige Seemeilen von dem rettenden Ufer. Während diese Zeilen geschrieben werden, haben sich neue Katastrophen ereignet. Erneut ist ein Boot mit über 200 Menschen gekentert. Dabei hat es mehr als 30 Ertrunkene gegeben, die von der italienischen Küstenwache geborgen worden sind. Etwa 200 Flüchtlinge wurden buchstäblich in letzter Minute aus dem Wasser gefischt, darunter auch ein zweijähriges Kind.

Wie Kenner der Situation berichten, ist der Flüchtlingsstrom jetzt so unmittelbar vor den Winterstürmen auf dem Mittelmeer besonders stark, viele versuchen noch die einzige Möglichkeit das EU-Gebiet zu erreichen, bevor über Winter gar nichts mehr geht, da die Boote der Schleuser bei höherem Seegang sofort kentern. Dies bedeutet aber nicht, dass sie bei ruhiger Wetterlage die Passage über das Mittelmeer besser schaffen, zu abgewrackt sind diese Vehikel. Deshalb weiß niemand wie viele Menschen tatsächlich ihr Leben auf See gelassen haben, es existiert nicht einmal eine Dunkelziffer. 

Tatsache ist, dass es so nicht weiter gehen kann. Tatsache ist es aber auch, dass es nicht die Ärmsten sind, die sich auf eine solche gefährliche Reise begeben. Die international agierenden und gut organisierten Schleuserbanden verlangen mehrere tausend Dollar für eine solche Passage, je nachdem aus welcher Region die Menschen kommen. Zurzeit versuchen viele sich aus den Staaten des südöstlichen Mittelmeers abzusetzen, also aus Libyen, Tunesien, Ägypten aber ins besonders aus Syrien. Der Strom aus der afrikanischen Sahelzone hält schon seit längerer Zeit an. 

Viele von ihnen die versucht haben über Ägypten und den Sinai über Land nach Norden zu kommen, haben ein besonders grausames Schicksal erleiden müssen. Der Sinai wird von radikalen islamistischen Terrorbanden zurzeit beherrscht und selbst die ägyptische Armee hat auf ihrem Hoheitsgebiet keine effektive Möglichkeit gegen diese vorzugehen. Die Flüchtlinge werden von diesen Terrorkommandos gefangen gehalten, um ihnen Lösegeld abzupressen. Ist dies nicht möglich, werden ihnen bei lebendigem Leib Organe entnommen, die über internationale Kanäle in westliche Länder verkauft werden. Wie viele dieser armen Kreaturen solche menschenverachtenden Torturen überleben, ist leicht vorstellbar. Nur einige wenige schaffen es in ein ägyptisches Militärhospital und auch dann sind die Überlebenschancen sehr gering.

Die internationale Staatengemeinschaft weiß um all dieser Vorgänge, ist aber nicht bereit, irgendetwas zu tun, damit sich die Zustände verbessern, weder bei den Bootsflüchtlingen noch bei den Grausamkeiten auf dem Sinai. Der einzige, kleine Lichtblick ist die Verleihung des Friedensnobelpreises an die Organisation zum Aufspüren von Giftgas für ihre Arbeit aktuell in Syrien. Diese Auszeichnung könnte dazu führen, dass die Staaten im UN-Sicherheitsrat mit gesteigertem Interesse sich nicht nur der Giftgasattacken vor Ort annehmen, sondern es könnte ein Umdenken in der gesamten Syrienpolitik einleiten. Assads Stunden müssen gezählt sein, aber die Folgen können auch nicht in einem irgendwie gearteten islamischen Gottesstaat enden, à la Afghanistan, wie zu Zeiten der Taliban- Herrschaft dort. Weder die Russen noch die Amerikaner sollten daran keinerlei Interesse haben. 

Für die Menschen in Syrien muss eine Lösung her, sonst werden wie weiterhin fast täglich mit den Horrormeldungen konfrontiert: Neues Massaker an Hunderten von Menschen in christlichen Dörfern, sunnitischen Stadtteilen oder an schiitischen Familien begangen! Fest steht, die Menschen in Syrien warten dringend auf eine Antwort seitens der Völkergemeinschaft, sonst bleibt ihnen keine andere Wahl als zu flüchten, auch wenn es auf überfüllten Rostkähnen über das Mittelmeer ist.

Ein anderes, nicht minder drängendes Problem rollt aus den USA auf die gesamte Weltwirtschaft zu. Wenn es bis zum Dienstag kommender Woche, also dem 15.10. 24 Uhr Ortszeit Washington nicht zu einer Einigung zwischen Kongress und Senat über die Anhebung der Schuldenobergrenze des amerikanischen Haushalts gekommen ist, sind die USA zahlungsunfähig. Dies wird einen kapitalen Einbruch der Weltwirtschaft zur Folge haben. Die Gründe, warum dies so ist, habe ich in einer meiner letzten Kolumnen schon dargelegt: 

Es geht um die Blockadehaltung der Republikaner, die mit der Ablehnung des Haushaltsgesetzes die Gesundheitspolitik von Obama zu torpedieren suchen. Deshalb wurden schon eineinhalb Millionen amerikanische Staatsbedienstete ohne Bezüge zwangsbeurlaubt. Der Schaden wird nach neuesten Schätzungen auf über 300 Millionen US-Dollar täglich geschätzt, trotz der Einsparungen durch die nicht geleisteten Bezüge. Dieser Schaden ist aber nicht vergleichbar mit den Folgen, die bei einer Staatsinsolvenz drohen. Schon werden Stimmen in China laut, die die USA als unsicheren Schuldner einstufen. Dabei muss man wissen, dass China den USA Kredite in einer Höhe von über eine Billion US-Dollar eingeräumt hat. Die Chinesen sind der größte Gläubiger der USA.

Bisher galten diese Gelder als sicher angelegt. Mit diesem Geld haben die Amerikaner billige Waren bei den Chinesen eingekauft und somit auch die hohen Wachstumsraten in der chinesischen Volkswirtschaft ermöglicht. Im Zuge dieser Turbulenzen um den amerikanischen Haushalt, aber noch mehr um den drohenden Bankrott der USA denkt man in der chinesischen Führung darüber nach, die Kapitalreserven bei der amerikanischen Notenbank zu verringern und sie besser gestreut, woanders anzulegen. Hinter vorgehaltener Hand sehen die Chinesen die USA bereits als kapitalistisches Auslaufmodell und sie werden nicht müde zu erklären, dass damit auch die Demokratie am Ende sein wird. Sie wollen ihrer Bevölkerung weismachen, dass der parteigelenkte Staatsapparat die bessere Zukunftsperspektive ist. Da wartet noch eine spannende Zukunft auf den politischen Beobachter, ganz zu schweigen auf die chinesische Gesellschaft, die ihrerseits auf immer größere Freiheiten drängt.

Zunächst beschäftigen uns aber die nächsten beiden Tage, die sehr wichtig für uns alle werden können. Sollte die Schuldenobergrenze in dieser Zeit nicht angehoben werden, wird es am Mittwoch zu einem Einbruch der weltweiten Börsen kommen. Der US-Dollar wird einen massiven Einbruch erleben, im Gegenzug werden der Euro und der Yen drastisch steigen. Folge werden große Probleme in der Exportwirtschaft sein. Um es kurz und direkt zu sagen, die Weltwirtschaft kommt ins Stocken und wie so etwas aussieht, haben wir erst kürzlich 2008 und 2009 erlebt. Dann ist sie in einem weit größeren Maße wieder da, die Finanzkrise, die Bankenkrise und die Schuldenkrise. Viele Experten haben ein solches Szenario schon lange vorausgesagt. Dass bei einer Verschuldung dieses Ausmaßes, wie sie in fast allen Ländern der westlichen Welt besteht, eine drastische Reaktion entstehen wird, muss allen klar sein. Deshalb wird selbst bei einer Einigung und der Anhebung der Schuldenobergrenze das Problem zwar noch einmal vertagt, behoben  ist die Tatsache, dass man über seine Verhältnisse gelebt hat, aber noch lange nicht. Hier müssen ganz andere Maßnahmen ergriffen werden, soll es zukünftig nicht zu einem Totalcrash kommen.

Peter J. König

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