Samstagskolumne Peter J. König 12.01.2014

Mutter der Kompanie und Fußballer-Outing. Das Jahr 2014 fängt ja gut an.

Allmählich fängt sich das Jahr 2014 an einzurichten. Damit beginnen auch die politische Arbeit in Berlin und damit auch der Alltag für die große Koalition, die, wie man zur Kenntnis nehmen musste, nur noch als "Groko" bezeichnet wird. Ob das Regieren dadurch einfacher wird, scheint doch mehr als zweifelhaft, da wird auch die sprachliche Verniedlichung nichts helfen. Noch sind beide Seiten bemüht ein erstes positives Bild der neuen Regierung zu zeichnen. Deshalb ist es bis auf einige kurze Rempler zwischen CDU- und SPD- Ministern recht ruhig vonstattengegangen. Allein die CSU hat mit ihrer Debatte über die Armutszuwanderung aus Rumänien und Bulgarien, seit dem 1. Januar besteht uneingeschränkter Aufenthalt und keine Arbeitsbeschränkung zwischen den alten und neuen EU-Mitgliedsländern, versucht, sich so in das Bewusstsein an allen Stammtischen der Republik zu bringen. Zu groß scheint den Bayern die Gefahr zu sein, innerhalb der beiden Volksparteien bei der großen Koalition verloren zu gehen. 

Dagegen helfen wie immer populistische Kampfansagen, lauthals verkündet aus der Parteizentrale in München. Dabei wurde ein überaus schwarzes Bild, ein falsches noch dazu, von bedrohlicher Zuwanderung an Armutsflüchtlingen aus den beiden südosteuropäischen Ländern gemalt. Wie die Statistik nachweist, ist der Prozentsatz an Sozialempfängern aus den beiden Staaten prozentual signifikant unterdurchschnittlich zum Rest der anderen Mitgliedsländer der Europäischen Union. Außerdem wurde festgestellt, dass der allergrößte Teil der Menschen aus Rumänien und Bulgarien regulären Arbeitsverhältnissen bei uns nachgehen, hier in die Sozialsysteme einzahlen, Steuererträge leisten und oftmals gerade in diesen Branchen tätig sind, wo es an deutschen Arbeitskräften mangelt, so wie in der Pflege, in der Gastronomie oder auch im Reinigungsgewerbe. Alle diese Fakten außer Acht lassend, hat die CSU mit Parolen und Spots wie: "Wer getrügt, fliegt" versucht,  in der Bevölkerung Unmut hervor zu rufen, um sich dann als starke Kraft anzudienen, nach dem Motto: Die CSU sorgt dafür, dass unser Land nicht durch die Elendsimmigration ausgehöhlt wird.

Allein die Statistik zeigt deutlich, dass der rechtspopulistische Spuk mit der Realität überhaupt nicht übereinstimmt. Mit den Fakten nehmen es die Weißblauen halt nicht so genau, Hauptsache es rauscht wieder einmal in den Medien und Seehofer kann seinen Anhängern weismachen, wie wichtig sie in der Regierung sind. Alles wie gehabt! Wer hier die letzte Kolumne im alten Jahr gelesen hat, wird sich darin erinnern, dass von zwei potentiellen Nachfolgern der Kanzlerin seitens der CDU gesprochen wurde, einer Dame namens Ursula von der Leyen und Herrn Thomas de Maiziere, sie aktuell Verteidigungsministerin, er Innenminister. Obwohl erst wenige Wochen im Amt legt Frau von der Leyen ein derart atemloses Tempo an Profilsucht vor, dass es ihr Mitbewerber schwer haben wird mit ihr Schritt zu halten. Die PR.-Maschine von Frau Ministerin läuft wie geschmiert, sei es in der "Bild“ in den öffentlich-rechtlichen Fernsehkanälen oder aber auch bei den Tageszeitungen mit den klugen Köpfen.

 Binnen Wochenfrist scheint Frau von der Leyen aus der Bundeswehr eine "Wohlfühl- Armee" machen zu wollen, von der ihr Vorgänger im Amt anlässlich des "Großen Zapfenstreichs" im Zuge der Amtsübergabe noch von einer Bundeswehr in schwieriger Lage sprach. Ohne auf die einzelnen Problemfelder einzugehen, bleibt dem aufmerksamen Beobachter doch etwas die Spucke weg, zumal wenn man selbst einmal als Bürger in Uniform das Kasernenleben verinnerlichen durfte. Jetzt fehlt nur noch, dass der "U.v.D" (für alle Ungedienten, dies ist der Unteroffizier vom Dienst der für die Einhaltung des Tagesplans und der Disziplin zuständig ist), also wenn dieser "U.v.D." des Morgens den Kaffee auf die Stuben bringt, um die Soldaten bei Laune zu halten. Ursula von der Leyen, mittlerweile schon mit dem Spitznamen "Mutter der Truppe" versehen, hat es hervorragend geschafft in dem schwierigen Amt der Verteidigungsministerin, in dem schon so beliebte Politiker wie z.B. Georg Leber und andere gescheitert sind, eine erstaunlich dynamische Figur zu machen, bisher. 

Vergessen wir nicht, dass Frau von der Leyen ursprünglich das Amt des Außenministers anstrebte, was aber aus Koalitionsgründen nicht möglich war. Nach einigem Hin und Her wurde ihr dann die Verteidigung zugesprochen, wohl nicht ganz zum Missfallen des alten Ministers de Maiziere, der selbst mit erheblichem Imageverlust seine Amtszeit mit Ach und Krach überstanden hat, denken wir nur an die Drohnenaffaire und weitere Beschaffungsdebakel. Damit darf sich jetzt die neue Ministerin herumschlagen, zudem auch mit der zunehmenden Unzufriedenheit in der Truppe, die wiederum sich negativ auf die Anwerbung von neuen Soldaten für die Bundeswehr auswirkt. Die Zeiten der Wehrpflicht sind vorbei, heute konkurriert sie mit zivilen Wirtschaftsunternehmen um die Verpflichtung von geeignetem Personal. Dies gestaltet sich zunehmend schwieriger, da ist die Unzufriedenheit der Soldaten wenig hilfreich. All diesen Mängeln hat Ursula von der Leyen den Kampf angesagt, sehr werbewirksam und in der ihr eigenen liebenswürdigen Art. Es bleibt abzuwarten, wie erfolgreich sie das Amt führt, ohne dass sie von den alten Missständen überrollt wird. 

Sollte dies ihr einigermaßen gelingen, dann ist sie ganz nahe an ihr eigentliches Ziel herangerückt, sie könnte die Kanzlerin beerben, zumindest was den nächsten Bewerber aus den Reihen der CDU anbetrifft. Da ihr Ansehen in der Bevölkerung ja ohnehin groß ist, hätte sie damit auch eine reale Chance bei der nächsten Bundestagswahl ihren Konkurrenten von der SPD, Sigmar Gabriel hinter sich zu lassen, um dann endgültig das Ziel ihrer politischen Reise zu erreichen: Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland. Bis dahin allerdings ist es noch ein sehr weiter Weg, vollgepflastert mit erheblichen Fallstricken, wie gerade zuvor angedeutet wurde. Kein Amt in der Bundesrepublik Deutschland hat so viele Minister verschlissen wie das Ministerium der Verteidigung. Dagegen ist das Innenministerium von Herrn de Maiziere geradezu ein Hort der Ruhe, wo man bei besonnener Amtsführung sich durchaus auch bestens profilieren kann, wie die letzte Amtsinhaberin Frau Leutheusser von der F.D.P. bewiesen hat. 

Wollen wir aber nicht der Zukunft zu weit vorweg greifen, meistens kommt es ja sowieso anders als man es prognostiziert hat. Neben dem spürbaren Elan den Frau von der Leyen an den Tag legt, muss aber auch festgestellt werden, wie weit sich die bundesrepublikanische Gesellschaft verändert hat und sich zusehends weiter verändert. Dazu gehört nicht nur die neue Verteidigungsministerin, vor zwanzig Jahren unvorstellbar, Kindergrippen in Kasernen, demnächst vielleicht und jetzt noch das Outing eines vielfachen Nationalspielers im Profifußball, das für einige Tage das beherrschende Thema in ganz Deutschland war. Während die gesellschaftlichen Veränderungen, speziell im Hinblick auf die Chancengleichheit der Frau auf allen Gebieten in unserem Land zukunftsweisend und unumgänglich sind, so wie es auch im Grundgesetz verankert ist, scheint die Erklärung eines ehemaligen Fußballnationalspielers zu seiner sexuellen Präferenz medial vollkommen überzogen angenommen worden zu sein. 

Mittlerweile sollte es hierzulande im 21. Jahrhundert völlig egal sein, zu welchem Geschlecht sich die einzelne Person hingezogen fühlt. Dies ist ausschließlich seine oder ihre Privatangelegenheit. Wenn dies zum Anlass von Beleidigung und Diskriminierung wird, zeigt dies doch nur dass unsere Gesellschaft noch erhebliche Defizite aufweist. Ein kurzfristiger Medienhype hilft da überhaupt nicht bestehende Vorurteile zu überwinden, ganz im Gegenteil, er wird die Ewig- Gestrigen und Zurückgebliebenen auch in den Fußballstadien nur verstärkt dazu bewegen, ihre Schmährufe und Beschimpfungen weiterhin lauthals fortzusetzen. Aufklärung von klein auf tut Not, um dem Problem der Diskriminierung entgegen zu treten. Vergessen wir nicht, dass die Nazis Homosexuelle ins KZ gesteckt haben, um sie dann umzubringen. Es ist noch erst wenige Jahrzehnte her, dass durch die Strafrechtsreform der § 175 aus dem Strafgesetzbuch gestrichen worden ist, wo der Beischlaf von Männern unter Strafe gestellt war. Diese Zeiten sollten doch nun endgültig in unserer aufgeklärten Gesellschaft vorbei sein. Wünschenswert wäre ein Zustand, in dem öffentliche Erklärungen über sexuelle Präferenzen völlig überflüssig sind. Was wohl nie vorbei sein wird, ist das Geschrei des Pöbels, da hilft auch nicht das Outing aller homophilen Sportler, gleichgültig in welcher Sportart. 

 Peter J. König

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