Samstagskolumne Peter J. König 17.10.2015

"Wir schämen uns für alle, die offen und klammheimlich dem Rechtsvandalismus und dem Rechtsradikalismus in Deutschland Beifall geben." Björn Engholm

Noch bis zur Mitte dieses Jahres schien es so, als sollte der rechtsradikale Spuk mit #Pegida und den Montags-Demonstrationen in Dresden ein Ende haben. Die Zahl derer, die sich die rechtsradikalen, Fremden – und Islam-feindlichen Parolen anhören wollten, war merklich zurückgegangen. "Wir sind das Volk" und "Lügenpresse" wurde lediglich noch von etwa tausend Ewig-Gestrigen skandiert, nachdem auch die Führung um #Lutz_Bachmann, dem Initiator von Pegida sich gegenseitig aufgerieben hatte. 

Mit der #AfD und anderen rechts-nationalen Gruppen sind zusätzlich weitere Rattenfänger auf der Szene erschienen, die um den 1.Platz in Sachen Hass-Parolen, Ausländer-Hass, Verleumdung und Nazitum gestritten haben. Nicht wenige Sachkundige glaubten, es sei vorbei mit den Montags-Spazierern, Dresden könne jetzt endlich zur Ruhe kommen und sich wieder auf das konzentrieren, was diese wunderbare Stadt an der Elbe eigentlich ausmacht, #Weltoffenheit, ein Magnet für Kultur, innovative Wissenschaft und florierende Wirtschaft. Es sollte vorbei sein mit dem angekratzten Image, das sich weit über Deutschlands Grenzen hinaus herum gesprochen hatte. Es kam jedoch anders. 

Mit Einsetzen der #Flüchtlingswelle und der rasant ansteigenden Zahl der Asyl-Bewerber bekam das unsägliche Pegida-Phänomen erneut ab September rasch neuen Zulauf. Während am Münchner Hauptbahnhof sich das freundliche Gesicht Deutschlands immer strahlender zeigte, als jemand der voller Empathie sich der Menschen in Not annimmt, begann die hässliche Fratze im Schatten der Helfer wieder intensiver Konturen zu bekommen. Und als hätte es eines solchen Flüchtlingsdramas bedurft, begann nicht nur die Zahl der extrem Rechtslastigen wieder sprunghaft hoch zu schnellen, die Reden und Parolen haben an Hass und #Fremdenfeindlichkeit zugenommen, wobei jetzt auch die führenden Politiker unseres Landes derart verbal attackiert und bespuckt wurden, dass es höchste Zeit wird, mit strafrechtlichen Mitteln dem ein Ende zu setzen. 

#Volksverhetzung, Aufforderung zu Straftaten, rassistische Verunglimpfung und Nazi-Parolen übelster Sorte, alles strafwürdig, es muss endlich Schluss sein damit. Dabei ist noch genauer darauf zu achten, diesen Leuten keine Plattform zu geben. Einige Kommentatoren in den Medien plädieren dafür, eine intensive Diskussion mit diesen vermeintlichen Durchschnittsbürgern, die sich jeden Montag in Dresden treffen, zu beginnen, da sie angeblich aus diffusen Ängsten um ihr eigenes wirtschaftliches Wohl diese Veranstaltungen besuchen. Mag ja sein, die Frage ist doch, muss man Hetz-und Hass-Parolen übelster Sorte nachrennen, um seine Sorgen anzuzeigen? 

Bestimmt nicht, zumal auf demokratischem Wege die einzig erfolgsversprechende Möglichkeit besteht, die Politik auf die Ängste und Sorgen aufmerksam zu machen. Aber wie wollen sie mit Menschen sprechen, die weder bereit sind ein offenes Gespräch zu führen, noch sich davon überzeugen lassen, was tatsächlich in unserem Land abgeht? Mit beharrlicher Starrsinnigkeit laufen sie den #Rattenfängern um Bachmann und seiner Pegida-Truppe, übrigens bestens ideologisch geschult, hinterher. Dabei entsteht so etwas wie Gruppen-Dynamik, man kennt sich, man fühlt sich wohl, ja sogar stark. Inhalte spielen keine Rolle mehr, ganz im Gegenteil, die Hass-Parolen grenzen sie von der normalen Bevölkerung ab, man hat das trügerische Gefühl, endlich ist man wer. 

#Vernunft, gegenseitiger #Respekt und die Realität haben dann keine Chance mehr. Deutschland durfte dies schon alles einmal erleben. Am Ende der #Weimarer_Republik hat es eine ähnliche Entwicklung gegeben, das Erstarken des National-Sozialismus und der offene Straßen-Kampf mit den Kommunisten. Dies wird so heute nicht mehr staatfinden, denn eine radikale Linke existiert in unserem Land nicht, bis auf ein paar Chaoten, die glauben links zu sein, aber in erster Linie Randale machen wollen. Deshalb ist das Bestreben der Rechtsradikalen direkt den demokratischen Staat anzugreifen, mit eben solchen Parolen wie #Hitler sie am Ende von Weimar voll Hass in die immer größer werdenden Parteiversammlungen geschleudert hat. Hass gegen die schwache Demokratie, Hass gegen die Liberalität, Hass gegen die Juden, Hass gegen die Rechte jedes Einzelnen. 

Warum merken die Menschen in Dresden nicht, dass sie von der Clique um Pegida nur an der Nase herum geführt werden, dass sie benutzt werden, weil die Neo-Nazis sich in den Kopf gesetzt haben, endlich wieder eine entscheidende Rolle in Deutschland zu spielen? Wenn die Leute auf den Montags-Aufmärschen glauben, dies geschieht alles zu ihrem Wohl, dann haben sie die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Es geht nicht um das "Wohl des Volkes, welch furchtbarer Begriff der Nazis, es geht um die Macht einer bestimmten Clique und hier soll der Anfang gemacht werden, es soll ausgetestet werden, ob Deutschland schon wieder reif ist für eine Attacke der extremen Rechten. 

Deutschland als das stärkste Land in Europa, sowohl zahlenmäßig als auch wirtschaftlich, da kommen bei den Rechten immer wieder Begehrlichkeiten auf. Sie wollen dominieren, nein beherrschen, sie wollen die uneingeschränkte Macht, zunächst hier und dann in ganz Europa, alles wie gehabt. Dabei ist ihnen jedes Mittel recht. Wie immer beginnt es mit Hetze und Verleumdung. Daraus entwickelt sich Gewalt, Gewalt gegen den Rechtsstaat und hauptsächlich Gewalt gegen Andersdenkende. Beispiele gibt es täglich, wobei festzustellen ist, dass die Intensität zunimmt. 

Nahezu jeder Tag wird eine Unterkunft abgefackelt, die zur Unterbringung von Asyl-Bewerbern dienen soll. Eine neue Qualität des rechten Terrors hat am Samstag die Messerattacke auf die Kandidatin für das Oberbürgermeisteramt in Köln erreicht. Damit ist eine Hemmschwelle überschritten worden, denn bei dem Täter handelt es sich nicht um jemand der geistig verwirrt war, wie etwa bei dem Angriff auf Wolfgang Schäuble, nein, es sind eindeutig rechtsradikale Motive, die diesen Mann geleitet haben, angestiftet von den Hassparolen, wie sie jeden Montag in Dresden herausgeschrien werden. 

Deshalb wird es höchste Zeit, dass die Demokratie sich wehrhaft zeigt. Aber wehrhaft ist bestimmt nicht, wenn bei Günther Jauch am Sonntag-Abend zur allerbesten Sendezeit, der AfD-Vorsitzende aus Thüringen Höcke eine Plattform erhält, auf der er nahezu unwidersprochen seine Nazi-Propaganda lauthals verkünden kann, und die Mitdiskutanten sich wie Statisten verhalten. Weder der Justiz-Minister Maas, noch der Saarländische Innenminister war in der Lage Paroli zu bieten, wollten sie nicht oder konnten sie nicht? 

Allein im Ansatz hat sich die ARD Journalistin Anja Reschke gegen den rechtsradikalen Mist des AfD Mannes zur Wehr gesetzt und hat versucht, ihm seine unwahren Behauptungen zu widerlegen. Mit Hilfe der beiden Politiker hätte das demokratische Bild wieder zu Recht gerückt werden können. Jauch selbst ist völlig überfordert gewesen, als Höcke eine Deutschland-Fahne hervorholte, um so seine demokratische Gesinnung unter Beweis zu stellen. Nichts als perfide Heuchelei und Verdummung der Zuschauer, es war ein Trauerspiel, mit dem die Anwesenden um Jauch noch nicht einmal verbal sich auseinander gesetzt haben. 

Dieser weiß anscheinend nicht, wie man wirksam mit Demagogen umgehen muss. Wenn er schon solche Rechtsradikalen in seine Talk-Show einlädt, dann muss er dafür Sorge tragen, dass auch gestandene demokratische Politiker und Journalisten mit im Gespräch sind, die in der Lage sind Paroli zu bieten. Und es gibt durchaus wehrhafte Demokraten in Politik und bei den Medien, die auch das Zeug haben, einen solchen Scharlatan vor dem Publikum zu entlarven. 

Jauch ist müde, in wenigen Wochen gibt er diese Talk-Show ab, vielleicht ist das der Grund warum er so blass blieb. 

Kommen wir zum Schluss zu der aktuellen Schlüssel-Frage, die ja ursächlich für das Erstarken der Pegida in Dresden ist. Wie wird Deutschland mit der Flüchtlingswelle fertig, wie schaffen wir es auf menschenwürdige Art mit dem enormen Zustrom klar zu kommen? Fakt ist, es existiert zu diesem Zeitpunkt keine allumfassende Antwort, wer dies vorgibt täuscht, zumal noch überhaupt nicht klar ist, wie sich die Flüchtlingsfrage weiter entwickeln wird. 

Leider gibt es Grund zur Annahme, dass seit den Luftangriffen der Russen in Syrien sich neue Flüchtlinge aus dem Gebiet um die Stadt Aleppo auf den Weg machen. Die Türkei rechnet mit weiteren 300.000 Menschen, die auf der Flucht sind über die türkisch-syrische Grenze. Fakt ist aber auch, dass wir die Menschen in dieser lebensbedrohlichen Not nicht alleine lassen können

Mit "wir" meint der Schreiber dieser Zeilen bestimmt nicht wir in Deutschland allein. Dies ist in Anbetracht der schon bestehenden Flüchtlingszahlen in unserem Land und der noch zu erwartenden nicht mehr möglich. Möglich ist aber, dass 1. konsequent darauf geachtet wird, wann ein echter Asyl-Grund vorliegt, und nur für diese ist der Aufenthalt in der Europäischen Union möglich, alle anderen müssen an den EU-Außengrenzen erfahren, dass sie in ihre sicheren Herkunftsländer zurückkehren müssen. 2. Nicht nur die Durchführung der Verfahren von bereits sich hier befindlichen Asyl-Bewerbern muss erheblich beschleunigt werden, verbunden mit einer schnellen Rückführung bei Ablehnung. Ebenso wichtig ist, dass die Staaten in der EU sich insgesamt an der Flüchtlings-Problematik beteiligen und darüber hinaus weltweit. Humanitäre Hilfe ist nicht auf einzelne Staaten beschränkt, es ist ein Menschheits-Gebot. 3. Die Ursachen der Flucht müssen endlich wirksam angegangen werden. Die Großmächte müssen ihre geo-strategischen Interessen besser abstimmen, was zugegebenermaßen nicht einfach ist. 

Wie bereits gesagt, es gibt kein kurzfristiges Allheil-Mittel. Grenzen dicht machen und alle Ausländer raus, so wie es die Rechten fordern, ist national-sozialistisches Propaganda Gebrüll, das nach unserer Verfassung gar nicht möglich ist und nicht die Realität unserer Zeit widerspiegelt. 

Es gibt nur einen Weg, alle gemeinsam aus der aktuellen Situation, wobei klar sein muss, Mitmenschlichkeit gibt es nicht umsonst. Es sei nur dran erinnert, dass Deutschland vor nicht allzu langer Zeit selbstverschuldet in größter Not war und andere Staaten, wie die USA, Kanada, Australien und Neuseeland etwa haben massiv geholfen, dass wir schnell wieder auf die Beine gekommen sind. 

Und es waren die National-Sozialisten und ihre Millionen Anhänger und Mitläufer, die die schlimmste Apokalypse verursacht haben, die die Menschheit je erleben musste. Trotzdem wurde den Deutschen geholfen, und jetzt sollen unschuldige Flüchtlinge abgewiesen werden, das kann ja wohl nicht sein. Deshalb dürfen die rechten Rattenfänger keine noch so kleine Chance bekommen, damit sie nicht wieder Unheil und unsagbares Leid verursachen. Dieses Mal muss sich die Demokratie wehrhaft zeigen, mit all ihren Facetten, mit Überzeugungskraft, aber auch mit dem Strafgesetz-Buch, das genauso auf unserem demokratischen Grundgesetz fußt. 

Peter J. König

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