Samstagskolumne Peter J. König 19.01.2019

Die Zeit des Schweigens und des Nachdenkens ist nun vorbei! 

Nachdem das Jahr 2018 sich verabschiedet hat, nicht ohne merkliche Spuren zu hinterlassen, sowohl politisch als auch wirtschaftlich, beginnt 2019 mit einer sichtbaren Zeitenwende in Hinblick auf die sich abkühlende #Wirtschaft, einer merklich vergrößerte Unsicherheit in der nationalen und internationalen Politik und einer sich steigernden Verunsicherung innerhalb der Bevölkerung, die einhergeht mit nicht mehr zu verdrängenden #Zukunftsängsten. 

War die bundesdeutsche Wirtschaft noch in den ersten 3 Quartalen in 2018 auf Wachstumskurs mit über 2%, so hat sich im 4.Quartal doch eine merkliche Abkühlung eingestellt mit nur noch 1,5% Wachstum. Zudem sind die Auftragsbücher der meisten Firmen, gerade im Export-Bereich merklich dünner geworden und gerade in der Schlüssel-Industrie Automobil-Bau hat es gravierende Einbrüche gegeben. Dies hat natürlich etwas mit der Drohung des amerikanischen Präsident #Trump zu tun, der nicht nur auf Stahl und Aluminium hohe Einfuhrzölle in die USA veranlasst, sondern auch ganz speziell auf deutsche Autos eine spürbare Import-Tax angedroht hat. Hier näher ins Detail zu gehen, würde den Rahmen einer solchen Kolumne sprengen. Fakt ist jedoch, dass Trumps Androhungen gegenüber Europa und bereits festgesetzten Zölle gegenüber chinesischen Produkten weltweite Verunsicherung hervorgerufen haben. 

Noch sind die Auswirkungen hierzulande nicht zu spüren, die deutsche Wirtschaft hat glücklicherweise eine Reihe von hervorragenden Jahren hinter sich, in denen die Gewinne geradezu sprudelten, was sich auch äußerst positiv auf die steuerliche Situation hierzulande ausgewirkt hat. Noch nie waren die Steuereinnahmen in Deutschland derart hoch, die Marke wurde von Jahr zu Jahr übertroffen und Bund, die Länder und Gemeinden konnten aus dem Vollen schöpfen, neue Schulden mussten vom Bund nicht gemacht werden, zumal auch die alten Schulden von nahezu 2 Billionen Euro dank der minimalen Zinsen spürbare Zeichen der Entspannung gebracht haben. Aktuell beläuft sich die Verschuldung pro Kopf der Bevölkerung auf 23.268 Euro, Tendenz fallend, da eine Veränderung des Schuldenstandes insgesamt von 94 Euro pro Sekunde stattfindet. 

Doch wie lange noch? Hier sieht die Prognose nicht besonders rosig aus, wie auch Finanzminister Olaf Scholz zur Jahreswende offen eingestehen musste. Die Gründe liegen auf der Hand, so der bereits erwähnte Handels-Konflikt zwischen USA und China, die totale Verunsicherung durch den Brexit, also der Ausstieg des Vereinigten Königreiches aus der Europäischen Union, ob vertraglich geregelt oder noch schlimmer ohne eine vertragliche Vereinbarung der zukünftigen Beziehungen auf staatlicher und wirtschaftlicher Ebene, was für alle Beteiligten, ob UK oder EU ganz radikale Veränderungen (Zölle, Freizügigkeit, Arbeitserlaubnis) nach sich ziehen würden. 

Der wirtschaftliche Schaden ist auf jeden Fall enorm, sind doch gerade wir Deutschen in ganz engen Verknüpfungen mit der britischen Wirtschaft verbunden. Am 29. März soll Großbritannien die EU verlassen und zu diesem Zeitpunkt weiß noch niemand auf welche Weise dies geschehen wird, trotz zweijähriger Verhandlungen zwischen den Briten und der Europäischen Union. Vor wenigen Tagen hat das britische Unterhaus den Deal von Theresa May und den Europäern krachend abgelehnt, sie allerdings einen Tag später bei der anberaumten Vertrauensfrage doch im Amt des Premier-Ministers bestätigt. Gelinde gesagt, es herrscht Chaos zwischen UK und der EU und absolute Ratlosigkeit, wie ein geordneter Brexit noch zustande gebracht werden kann. 

Viel Zeit ist nicht, um doch noch zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen. Dabei liegt die Crux im britischen Parlament, zu viele unterschiedliche Interessen haben sich verhärtet, sodass eine Mehrheit für welche Lösung auch immer mit der EU aktuell nur sehr schwer vorstellbar ist. Dabei sind die Europäer durchaus Theresa May sehr entgegen gekommen und würden dies auch noch immer in einem gewissen Rahmen tun, etwa durch Übergangslösungen bei der Nordirland-Frage, damit es nicht wieder zu einer blutigen Grenze zwischen dem EU-Land Irland und der britischen Provinz Nordirland kommt. 

Noch gut sind die Bilder im Gedächtnis von brutalen Kämpfen, Terroraktionen und blindem Hass zwischen den beiden Religionsgruppen, den Katholiken aus der Republik Irland und den Protestanten aus Nordirland (UK). Die Erschütterungen haben ganz besonders auch die Kapitale London getroffen, durch verheerende Bombenattentate auf die Londoner U-Bahn oder weitere Doppelstock-Busse. Eingedenk dieser jahrzehntelangen Erfahrungen stehen die Parteien im britischen Parlament vor einer Zerreißprobe, speziell die Vertreter aus Nordirland, einerseits den Willen der Mehrheit des britischen Volkes zu einem #Brexit umzusetzen, andererseits aber auch einen totalen Rückfall in blutige Jahrzehnte zu verhindern. 

Die EU verzichtet natürlich nicht komplett auf ihre hoheitlichen Rechte, wenn sie bei dem Austritt Großbritannien auf die Sicherung ihrer Ausgrenzen besteht, die ja dann die etwa 500 Kilometer lange Grenzlinie zwischen der Republik Irland (EU-Mitglied) und der britischen Provinz Nordirland bilden würde, mit allen Regularien, die es auch zwischen anderen EU-Staaten und Nicht-EU-Staaten gibt, also Personen- und Warenkontrollen, Zölle usw. Zudem würde der bisher rege Austausch über die bis dato grüne Grenze nahezu komplett zum Erliegen kommen und ein fairer Wettbewerb wäre nicht mehr möglich, allein schon durch die unterschiedlichen Währungen danach, Irland mit dem Euro und Nordirland mit dem schwachen Pfund, was natürlich eine Sogwirkung von Dienstleistungen, Handwerker und Handel nach Nordirland geben würde, da es dort einfach billiger sein würde. Das Nachsehen hätten grenznahe Unternehmen und Gewerbetreibende in der Republik #Irland. 

Bekanntlich ist ja ein wirtschaftlicher Niedergang der beste Treibsatz für Protest, Unruhen und schließlich blutige Auseinandersetzungen, die sich unzweifelhaft wieder in den Glaubenszugehörigkeiten spiegeln würden, also alles wie gehabt. Zwar hat der Brexit weitaus mehr Gründe, warum er von einer knappen Mehrheit der britischen Wähler befürwortet wurde, etwa die wirtschaftliche Souveränität bei bilateralen Handelsabkommen, also keine Bevormundung durch Brüssel in jeglichen Fragen der Wirtschaft, auch der Freizügigkeit etwa. London möchte autonom bestimmen, welche Menschen sie ins Land lassen wollen, speziell aus dem kontinentalen Europa, da hier bisher die Klauseln der uneingeschränkten europäischen Freizügigkeit gegolten haben. 

Dass Großbritannien dringend Arbeitskräfte primär aus Europa braucht, wollen selbst die eingefleischtesten Brexit-Befürworter nicht leugnen, etwa in der Landwirtschaft, im Gesundheitswesen(Ärzte, Krankenschwestern, Pflegepersonal), im IT- Bereich, im Finanzwesen im Finanz-Distrikt in Londons City und bei den Banken, aber UK möchte letztendlich selbst entscheiden wer kommen darf oder wer nicht. 

Für die #EU ist es natürlich keine Option, dass Großbritannien auf der einen Seite außerhalb der Gemeinschaft eigene Entscheidungen treffen kann, sich also nicht an die europäischen Verträge halten muss, auf der anderen Seite aber alle Vorteile aus dem europäischen Binnenmarkt für sich in Anspruch nimmt. Dies wäre garantiert das Ende der Europäischen Gemeinschaft, denn sofort würde jedes Mitglied sich ausschließlich nur noch nach den Vorteilen richten, ohne Verpflichtung für die gesamte Gemeinschaft. Welcher Rückfall in die Vergangenheit und dies unter dem derzeitigen Aspekt der Nationalisierung in vielen europäischen Staaten. Krieg wäre wieder vorprogrammiert, all die Kriege des 19. Und 20. Jahrhunderts. 

Man darf bitte nicht vergessen, dass der europäische Gedanke in erster Linie ein Friedensgedanke ist und erst danach ein Wirtschaftsprojekt. Dies scheinen die Befürworter des Brexit vergessen zu haben, zu sehr haben die Initiatoren gerade bei der einfachen Bevölkerung vergangene Empire-Träume wieder neu entfacht. Dabei wurde völlig unterschlagen, dass UK Europa braucht, und umgekehrt Europa UK, um in der globalisierten Welt überhaupt noch eine Rolle zu spielen. Zugegeben, die Situation mit dem Brexit ist überaus komplex, aber es muss eine vernünftige Lösung her, die der gesamten europäischen Idee gerecht wird, die keine neuen Gräben zieht, getragen von einem vernünftigen "do ut des", und nicht einzelnen Staaten Sonderrechte einräumen, die andere Mitglieder nicht haben oder sie sogar belasten. 

Hier müssen die Premier-Ministerin Theresa May ihre Torries und das Parlament mit der Labour-Partei endlich einen Konsens finden, der sich sowohl an den wirtschaftlichen Realitäten orientiert, die Brisanz zwischen Irland und Nordirland im Auge hat und eine praktikable Lösung mit der EU ermöglicht. Dazu wird es höchste Zeit, die Tage sind gezählt bis ein "ungeordneter" Brexit eintritt, den selbst die meisten Briten und die Abgeordneten im Unterhaus nicht wollen, der aber durch die Ignoranz, Sturheit und die Selbstüberschätzung der britischen Politik einfach Realität wird, mit all seinen unkalkulierbaren und gefährlichen Risiken. 

Noch bleiben ein paar Wochen bis zum 29. März, dem Zeitpunkt des Austritts, dessen zeitliche Vorgaben in den Europäischen Verträgen festgelegt worden sind. Aber Brüssel hat bereits signalisiert, dass sowohl ein "Brexit vom Brexit" möglich ist, also dass Großbritannien seinen Austritt widerruft und weiterhin in der EU bleibt, was in Kontinental-Europa sowieso präferiert wird, oder vielleicht ein zweites Referendum um Europa in UK durchgeführt wird, was gerade die jüngeren Generationen dann hoffen mit "stay" zu gewinnen, also in Europa, sprich in der EU weiterhin Mitglied zu sein.

Damit nicht auch noch der Zeitdruck die politische Situation erschwert, wurde seitens Brüssel auch noch die Möglichkeit einer zeitlichen Verlängerung um einige Monate ins Spiel gebracht, in der Hoffnung, dass London sich besinnt und zu einem politischen Pragmatismus zurückkehrt. Sicher ist zurzeit allerdings nichts und auf dem Kontinent wird bangend und sehnsüchtig darauf gewartet, dass die Briten endlich nicht nur sagen, was sie nicht wollen, sondern bekunden. worum es ihnen letztendlich wirklich geht. "Rosinenpicken" ist dabei allerdings nicht möglich. 

 Peter J. König

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