Zum Schluss wollten alle Gauck, ausgenommen die Wendehälse.
Ist Joachim Gauck an dieser Stelle noch ein Thema, wo doch im Laufe der vergangenen Woche so unendlich Vieles durch die gesamte Medienlandschaft vergossen worden ist? Vorab nur einen Satz, bezugnehmend auf meine letzte Kolumne. Durch die bevorstehende Wahl dieses Kandidaten sind die besten Voraussetzungen gegeben, dass es wieder einmal passt, das Amt und der zukünftige Amtsträger. Von daher darf man gespannt sein, ob er ein ähnliches Wahlergebnis wie einst Richard von Weizäcker erreichen wird.
Sollten die Zahlen gravierend nach unten abweichen, ich darf erinnern, bei der ersten Wahl von Weizäckers hat er im ersten Wahlgang 80% erreicht, bei der Wiederwahl waren es 84,9%, ebenfalls gleich im ersten Wahlgang, dann erwartet uns eine Spekulationslawine, speziell im Hinblick auf die 2013 stattfindende Bundestagswahl.
Dies allein scheint mir das Spannende an der Wahl Joachim Gaucks zum Bundespräsidenten zu sein, also kein Zweifel am "ob", sondern gesteigertes Interesse am "wie".
Über die Nominierung des zukünftigen Staatsoberhauptes will ich nur so viel sagen: ein klassisches Beispiel für praktische Politik, getragen von Macht, Kalkül, Parteieninteresse, Durchsetzungsvermögen, Profilierungssucht und nicht zuletzt Wahltaktik, ach ja und irgendwie hat man auch noch die Umfragen bei den Bürgern mit in die Berechnungen mit aufgenommen, also die Zustimmung der Menschen zu dem, wie er sich selbst genannt hat, "Bürger Gauck".
Bei diesem Begriff meldet sich mein Erinnerungsvermögen zu Wort. Hat es da doch nicht die gleiche Begrifflichkeit im Zuge der französischen Revolution gegeben, als die Jakobiner den "Bürger Capet" unter die Guillotine legten? Dieser "Bürger Capet", der als Ludwig XVI. zuvor König von Frankreich war.
Zum Vergleich, wenn ein solcher bei aller Abweichung gestattet ist. Joachim Gauck war immer Bürger zeit seines Lebens, auch vor der friedlichen Revolution 1989. Er war Bürger der DDR, ausgestattet mit den Bürgerrechten dieses Staates, wenn diese auch nach den Vorstellungen unserer Demokratie stark eingeschränkt waren und in der DDR die Menschenrechte mannigfaltig verletzt worden sind, ohne dass man sich mit rechtsstaatlichen Mitteln hätte dagegen wehren können.
Zum Vergleich, wenn ein solcher bei aller Abweichung gestattet ist. Joachim Gauck war immer Bürger zeit seines Lebens, auch vor der friedlichen Revolution 1989. Er war Bürger der DDR, ausgestattet mit den Bürgerrechten dieses Staates, wenn diese auch nach den Vorstellungen unserer Demokratie stark eingeschränkt waren und in der DDR die Menschenrechte mannigfaltig verletzt worden sind, ohne dass man sich mit rechtsstaatlichen Mitteln hätte dagegen wehren können.
Durch die Wiedervereinigung wurde Gauck Bürger der Bundesrepublik Deutschland und ist jetzt auf dem Wege, das höchste Staatsamt dieses Landes zu erreichen. Obschon er dann der erste Mann im Staate ist, ausgestattet mit allen Privilegien, die dieses Amt inne hat, bleibt er doch stets ein Bürger der Bundesrepublik Deutschland, zwar ein besonders herausragender, aber immer durch die Bürgerechte geerdet und dem Grundgesetz gegenüber verpflichtet. Wie weit sein Vorgänger sich an die Gesetze gehalten hat, wird noch festzustellen sein.
Demgegenüber war Ludwig von Bourbon niemals ein Bürger. Er wurde als Mitglied des französischen Hochadels geboren. Er starb als Ludwig der XVI. von Frankreich, auch wenn man ihm zur Hinrichtung ein Schild mit der Aufschrift "Bürger Capet" um den Hals gehangen hat. Wie wir sehen, ist der Bürgerbegriff bei diesen beiden Herren absolut nicht deckungsgleich, zumal die Persönlichkeiten sehr weit auseinander liegen, sich quasi gegenüberstehen.
In Frankreich der Aristokrat, der keinerlei politische Veränderung wünschte und nur den Machterhalt des feudalen Systems im Sinne hatte, nach dem Motto "L`etat c`est moi ".
In Deutschland der evangelische Pfarrer, Bürgerrechtler, engagierter Verfechter des Freiheitsbegriffes, ausgestattet mit der besonderen Befähigung mit allen Bürgern zu sprechen, ob sie es wollen oder nicht. Ludwig der XVI. hat nie mit einem Bürger gesprochen, wenn überhaupt, dann mit einem Untertan, so seine Denkweise. Joachim Gauck hat den Unrechtsstaat namens DDR überwunden. Auch dank seiner Mithilfe gelang es den Menschen dieses System abzuschütteln. Danach hat er sich an exponierter Stelle, als Leiter der Behörde zur Aufklärung der Stasiverbrechen mit seiner ganzen Kraft für die verfolgten Menschen in der DDR eingebracht.
Natürlich gab ihm dieses Engagement nicht nur Freunde. Wir werden es im Zuge der Bundespräsidentenwahl erleben. Als intellektueller Kopf wird er auch als Präsident nicht alle zu Freunden haben, besonders in den Reihen der aktiven Politiker wird es Aversionen geben, wenn er Bürgerechte einfordert, die der aktuellen Politik nicht besonders genehm sind. Doch genau solche Köpfe braucht das Land, nicht nur in den Fernsehdiskussionen oder Zeitungskolumnen, wahlweise Internetforen, sondern in den ersten Reihen unseres Staates. Erst dann ist es um die Freiheit und Demokratie vernünftig bestellt.
Streitbare Geister braucht das Land und nicht flachgeschliffene Machtstrategen, deren Reflexionsreflexe auf null geschaltet worden sind.
Lassen Sie mich noch etwas sagen zu der bis ins Lächerliche gesteigerten Erklärungs- und Forderungsliste um den Kandidaten durch die Medien. Innerhalb von wenigen Tagen wurde aus diesem nachdenklichen, durchaus warmherzigen und aufrechten Menschen ein undefinierbares Fabelwesen gemacht, mit bösen und guten Absichten, je nach dem Standpunkt des Betrachters.
Zudem waren sich die einzelnen Gruppierungen im Voraus zu 100% sicher, wie dieser Bundespräsident agieren wird, wie seine vermeintliche Kaltherzigkeit, seine vermeintliche konservative, dem Kapital verpflichtete Grundhaltung dem einfachen Bürger schaden wird.
Dem kann ich nur Folgendes entgegenhalten: Geben wir Herrn Gauck eine unvoreingenommene Chance, sich in seinem zukünftigen Amt zu beweisen. Er hat allemal das Zeug, ein erfolgreicher, geachteter Präsident zu werden und er hat selbstverständlich das Recht, im Amt zu zeigen, was er wirklich drauf hat.
Vorverurteilungen, zumal wenn sie falsch sind, degradieren nur denjenigen, der verurteilt.
Also lassen wir den Präsidenten unvoreingenommen gewähren. Wenn ihm die Weisheit und das Glück hold sind, wird es unser aller Schaden nicht sein.
Eines jedoch kann ich schon jetzt mit aller Sicherheit sagen, das Schicksal des "Bürger Gauck" und des "Bürgers Capet" wird nicht in annähernder Weise ähnlich sein. Den "Bürger Capet" erwartete das Fallbeil, den "Bürger Gauck" erwartet eine weitere Bundespräsidentenwahl, so Gott will, aber auch das kann durchaus nervenzerreißend sein.
Während das politische Berlin ganz im Fokus der Bundespräsidentenwahl eingefangen war, wurde in Brüssel weiter an der tragischsten Baustelle unserer monetären Systems gearbeitet, der Eurokrise. Irgendwie treten die Protagonisten auf der Stelle, kein Erfolg ist in Sicht. Griechenland wird zwar sein neues Rettungspaket von 130 Milliarden Euro erhalten, aber und so viel scheint jetzt schon festzustehen: es reicht immer noch nicht. Leise denkt Herr Schäuble bereits über ein drittes Rettungspaket nach, obschon jetzt auch der Schuldenschnitt von mehr als 50% zustande gekommen ist, nachdem die Griechen noch größere Sparanstrengungen im Parlament verabschiedet haben.
Wovon aber sollen die Menschen noch leben, wenn die Wirtschaft immer weniger produziert, wenn die Menschen keine Arbeitsplätze mehr haben, wenn auch die Renten nicht mehr ausreichen, um überhaupt noch existieren zu können? Natürlich müssen überflüssige Ausgaben eingespart werden, was jedoch ist in diesem Fall überflüssig?
Überflüssig scheint mir aktuell das korrupte und ineffiziente Staatswesen Griechenlands zu sein. Hier muss die Veränderung einsetzen und zwar schnell. Effektive Verwaltungen müssen her, frei von Bestechungen und getragen von Rechtsstaatlichkeit. Dazu gehören Steuerbehörden, die ihren Namen verdienen, Verwaltungsorgane, die umgehend die Bürger in die Lage versetzen, erforderliche Genehmigungen zu erhalten, ohne dass Geld in die Taschen von Beamten fließt.
Wer vernünftige und wirksame Verwaltungsgesetze beschließt, der braucht auch keinen aufgeblähten Beamtenapparat. Wenn dann noch ein investitionsgünstiges Steuerkonzept vorliegt, sollte es mit dem Teufel zugehen, dass nicht nur die Milliarden des griechischen Geldadels zurück in ihr Heimatland fließen, auch viele Unternehmen aus der gesamten Wirtschaftswelt würden sich erneut in diesem Land engagieren. Griechenland braucht dann keine Subventionen mehr, es wäre ein solventer Handelspartner im globalisierten Wirtschaftsverbund und die Menschen würden wieder gerne in ihrem wunderbaren, sonnenverwöhnten Land leben. Dies alles scheint jedoch derzeit unendlich weit weg zu sein, da die ehemalige Militärdiktatur immer noch einen langen Schatten über das Land wirft. Hier liegen die Ursachen für das akute Dilemma.
Hier in den späten 1960ern und frühen 1970er Jahren haben die reichen Familien sich alles in die Taschen gesteckt, um bis heute das Land auszubeuten und nicht zuletzt auch die Subventionen der EU zu kassieren. Will Griechenland überleben und zwar als Land in der Europäischen Union und im Euro-Währungsverbund, muss es auf völlig neue Füße gestellt werden. Die Menschen sind bereit hierzu, sie müssen nur die entsprechenden Strukturen erhalten.
Hier in den späten 1960ern und frühen 1970er Jahren haben die reichen Familien sich alles in die Taschen gesteckt, um bis heute das Land auszubeuten und nicht zuletzt auch die Subventionen der EU zu kassieren. Will Griechenland überleben und zwar als Land in der Europäischen Union und im Euro-Währungsverbund, muss es auf völlig neue Füße gestellt werden. Die Menschen sind bereit hierzu, sie müssen nur die entsprechenden Strukturen erhalten.
Zum Schluss ein weiterer Hilferuf für Syrien. Das Land versinkt im Bürgerkrieg. Die Menschen werden zu Tausenden umgebracht. Die letzte Hoffnung liegt nun bei Kofi Annan, dem charismatischen, ehemaligen Generalsekretär der UNO. Er wurde als Sonderbotschafter der Vereinten Nationen in das Land entsandt. Alle Hoffnungen ruhen auf seiner Erfahrung und auf seinem Gespür und Verhandlungserfolg bei aussichtslosen Konflikten. Ihm ist zu wünschen, dass er ein befriedigendes Ergebnis erzielt, er ist die letzte Hoffnung für die geschundenen Menschen dieses Landes am Rande des östlichen Mittelmeeres.
Peter J. König
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