Samstagskolumne Peter J. König, den 3. März 2012

Könnten die ökonomischen Verwerfungen, aber auch die Wut auf die politischen Akteure zu einer irgendwie gearteten Revolution in Europa führen?

Ein Aufatmen war sichtlich in Brüssel  zu  spüren. Die Regierungschefs der EU-Staaten hatten eine Schuldenbremse vereinbart und schon dominierte die Zuversicht wieder. Bei dem französischen Staatspräsidenten Sarkozy kam sogar Euphorie auf. Er sieht die Euro-Krise überwunden und kann sich damit seinen Franzosen als großer Krisenmanager für eine weitere Amtszeit im Elysee-Palast empfehlen. Zuvor war es gelungen, das zweite Hilfspaket über 130 Milliarden Euro für Griechenland versandfertig  zu machen. Eine Staatspleite ist fürs erste auf den letzten Drücker verhindert worden.

Aber ist Griechenland damit endgültig gerettet?

Ist gar der Eurowährungsverbund  wieder soweit stabilisiert, dass alle Spekulationsversuche seitens des freien Geldmarktes ins Leere laufen?

Mitnichten, nichts wurde stabilisiert. Es wurde lediglich etwas Zeit gewonnen, ein kleiner Aufschub sozusagen. Diese  unvorstellbaren  Milliardensummen werden Griechenland und ich meine damit den Menschen in diesem Land und ebenso der griechischen Wirtschaft,  überhaupt  nicht helfen, auch nur irgendein Problem zu lösen. Man muss  wissen, dass dieses Geld  nicht in diesem Land ankommt, sondern das es lediglich dazu dient, den Verpflichtungen die Griechenland gegenüber seinen Gläubigern hat, nachzukommen, um danach, gerettet vor dem sicheren Bankrott, die Maßnahmen einzuleiten, die auf lange Sicht das Land wieder wettbewerbsfähig und monetär unabhängig  machen sollen. Dazu dient auch der 70prozentige Schuldenschnitt mit den privaten Gläubigern. Darüber hinaus  wird  das Land noch Jahrzehnte  am Tropf der EU hängen müssen.

Welche verheerenden Aussichten für die Menschen vor Ort, zumal sich die Lebensbedingungen permanent verschlechtern. Die Wirtschaft schrumpft rasant, der Einzelhandel steht flächendeckend vor der Pleite, sichtbar durch die vielen verwaisten Geschäfte in den Einkaufsstraßen der Innenstädte, die Zahl der Obdachlosen wächst unaufhörlich. Wer das Schicksal dieser Menschen hautnah miterleben möchte, braucht nur nachts durch Athen zu gehen. Hier sieht man eine fortlaufend ansteigende Zahl von Personen, die kein zu Hause mehr haben und die versuchen, auf der Straße zu überleben.

Eine gefährliche Situation, nicht nur für die Menschen selbst, sondern auch für das Land,   für die Stabilität des Staates und letztendlich für die Demokratie Griechenlands. Hier ist Eile geboten. Noch belassen es die Bürger damit, fast täglich auf die Straße zu gehen, um mehr oder weniger friedlich zu demonstrieren, um auf  ihre großen Nöte aufmerksam zu machen, zumal die vom Parlament verordneten Sparmaßnahmen sie immer mehr unter  Druck setzen. Hier scheint die Grenze des Zumutbaren erreicht zu sein. Jeglicher weiterer Druck von der Regierung und seitens der EU könnte in einem Chaos enden. Wem sie das alles zu verdanken haben, zeigen die Schlagzeilen der großen Massenblätter im Land. Angela Merkel muss in Naziuniform als Sündenbock herhalten. Fakt ist jedoch, dass die wirtschaftlichen Probleme hausgemacht sind, zumal die reichen Familien ihr Vermögen längst außer Landes gebracht haben, etwa 200 Milliarden Euro, was die Wirtschaft  zusätzlich enorm belastet hat.

So wächst der Druck täglich weiter auf die Bevölkerung und  in wenigen Monaten soll eine neue Regierung gewählt werden, da die Konsensregierung, die nur für die Lösung der aktuellen Krise gebildet worden ist, einer neu zu wählenden Führung weichen muss.   Natürlich stehen die Extremen links und rechts schon in den Startlöchern , um die Gunst der Stunde zu nutzen, um die Not und Verzweiflung  der Menschen  für ihre Machenschaften zu vereinnahmen, um ihr Süppchen zu kochen. Schon einmal ist Griechenland  Opfer eines Militärputsches  geworden, mit der Folge, dass die Menschen durch dieses verheerende, wirtschaftliche Desaster gerade heute dafür bezahlen müssen.

Aber auch eine Situation wie am Ende der Weimarer Republik ist durchaus vorstellbar, zumal auch die linken Parteien starken Zulauf erhalten haben. Immerhin rechnet man mit etwa einem Anteil von 40%, verteilt auf alle linken Gruppierungen, bei der demnächst  anstehenden Wahl. Welches  Gewaltpotential dort vorhanden ist,  kann man immer wieder bei Ausschreitungen feststellen.

Dem stehen die Rechten in nichts nach, da die Militärs immer noch verdeckt ihre Finger mit im Spiel haben. Eine gefährliche Melange, bestens geeignet den Nährboden für einen Bürgerkrieg abzugeben.

Und was dann vereintes Europa? Was dann vereinte Währungsunion? Was wird dann aus der Stabilität des Euro?

Des Weiteren, was wird dann aus den anderen Wackelkanditaten  im Euroverbund, aus Italien, aus Spanien, aus Portugal und, und, und?  Fragen über Fragen und keine letztendgültigen positiven Antworten.

Erschwerend kommt noch hinzu, dass in fast allen Ländern Europas das Ansehen der Politiker gegen null tendiert. Sie werden immer mehr als eine Nomenklatura angesehen, der es lediglich nur noch darum geht, für sich die Schäfchen ins Trockene zu bringen. Lediglich unsere Bundeskanzlerin macht da in den Augen der Bevölkerung eine Ausnahme. Letztendlich aber hat sie zu verantworten, dass eine solch charakterschwache Person wie Herrn Wulff ins Bundespräsidentenamt  gehoben worden ist, eine Person die die Ansicht der Menschen über den Berufspolitiker im Allgemeinen  und bei dem Ehepaar Wulff  im Besonderen aufs Abscheulichste bestätigt.

Dazu wäre mein Vorschlag, die lebenslange Apanage dieses Kurzzeitpräsidenten nicht mehr unter dem Begriff „Ehrensold“ zu führen, sondern hier würde sich das Wort „Abwrackprämie“  geradezu aufdrängen, denn mit Ehre haben die Vorgänge um Herrn Wulff weiß Gott nichts zu tun.

Natürlich weiß ich, als jemand der sich in seinem Leben  mit der Jurisprudenz befasst hat, dass gesetzliche Vorgaben eingehalten werden müssen.  Gesetze aber kann man ändern und wenn sie nicht mehr zeitgemäß sind oder wie im vorliegenden Fall unverhältnismäßig,  dann  wird es höchste Zeit, dass die zuständigen Organe, getragen durch eine breite Mehrheit, den veränderten Verhältnissen Rechnung  trägt. Nach einer eklatanten Fehlbesetzung,  die ja immer einmal vorkommen kann, wenn auch noch ein Schaden bis zu 20 Millionen Euro auf den Steuerzahler  zukommt, wie dies im Fall Wulff unter Umständen zutreffen kann, ist eine Veränderung unumgänglich. Ironischer Weise hatte er in einem Interview  vor Antritt seines Amtes genau diese Neugestaltung des Ehrensoldes gefordert. Jetzt kann er Taten sprechen lassen, aber ich bezweifle, dass ihn seine Frau in dieser Angelegenheit genauso tatkräftig unterstützen wird, wie bei der Suche nach den ach so guten Freunden.

Zum Schluss möchte ich, nicht ohne immer wieder an die geschundenen Menschen in Syrien zu erinnern, das  Augenmerk auf die morgen stattfindenden Präsidentenwahlen in Russland  lenken. Es wird zwar kein Erdrutsch geben, aber eine Überraschung ist allemal drin.

Peter J. König     
      

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