Samstagskolumne Peter J. König 26.05.2012

Grass und Sarrazin eine sonderbare Konstellation.

Günter Grass kann es nicht lassen. Ähnlich wie Sarrazin zieht es ihn in die Öffentlichkeit. Beide sind beseelt von dem Gedanken, aufklärend, ja messianisch die Menschen wach zu rütteln, um sie dazu zu bewegen, sich politisch von vermeintlichen  Fehlentwicklungen abzuwenden, vielmehr noch gegen die herrschende Praxis in der deutschen und europäischen Politik anzukämpfen, die Akteure bei den nächsten Wahlen abzustrafen, um so wieder  Recht  und Ordnung zum Durchbruch zu verhelfen.

Während Grass die europäischen Völker, allen voran die Deutschen als schäbige Lumpen sieht, die nur darauf aus sind die Griechen, einst die Väter des demokratischen Wertedenkens, auszurauben, und sie dank ihrer wirtschaftlichen Potenz zu unmündigen Befehlsempfänger zu degradieren, vielmehr noch wie  nach dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf Griechenland, sie wie ein besiegtes, unterworfenes Volk zu behandeln, das zu einem funktionierenden Staatswesen erzogen werden muss, wenn man sich als Teil eines gemeinsamen Europa begreift,   will Sarrazin genau das Gegenteil ausgemacht haben, einen griechischen Staat, der nur darauf aus ist, viele Milliarden Euro auf betrügerische Weise von Resteuropa zu erschleichen, ohne jemals die Möglichkeit zu haben, eine realistische Rückzahlung einzuleiten, ganz im Gegenteil, eine solche sei von Anfang an nie geplant gewesen.

Was soll man von diesen beiden Theorien halten, wie sind diese Denkansätze  in Bezug auf die realen Abläufe zu bewerten?
So unterschiedlich die Thesen der beiden Herren daherkommen, jeder von ihnen sieht den Schuldigen auf der anderen Seite. Eines eint sie doch, nämlich der Versuch auf populistische Weise wieder einmal  Gesprächsthema Nummer eins in den deutschen und darüber hinaus auch internationalen Medien zu sein, siehe Grass durch sein letztes  Gedicht in USA und in Israel, wo Bundespräsident Gauck bei seinem ersten Besuch in diesem Land an Pfingstmontag bestimmt für die empfindlichen Gastgeber noch einiges klarstellen wird. Bei Sarrazin kommt noch hinzu, dass sich trefflich Geld mit solchen wissenschaftlich verbrämten Plattitüden verdienen lässt, denn welcher nationalbewusste Bürger möchte nicht gerne hören, wie man ausländische Schmarotzer aus der Eurozone  sich am besten vom Leib hält, wie man als fleißiger Deutscher, sich des räuberischen Gesindels aus dem Süden Europas entledigt.
Tatsache ist, dass wir Deutschen die eigentlichen Profiteure des gemeinsamen Währungsverbundes sind. Wir exportieren in einem viel größeren Maße Waren in die Eurozone, als wir aus diesen Ländern importieren und auch das frühere Währungsrisiko besteht nicht mehr. Im Falle Griechenlands sind es  noch ausgerechnet Waffenexporte die ein Großteil des Handels ausmachen,  bestimmt keine Waren, die der  griechische Normalbürger unbedingt  braucht. Bezahlt werden diese Militaria mit den Krediten aus dem Euro Topf,   aber nicht nur  diese Verpflichtungen werden so bedient, natürlich auch die  Zinssätze der privaten Gläubigerbanken von sechs bis sieben Prozent, die diese  für ein Prozent  in Billionenhöhe von der Europäischen Zentralbank zur Verfügung gestellt bekommen haben.

In der letzten Woche hat die Bundesrepublik  mehrere Milliarden am internationalen Kreditmarkt aufgenommen zu dem sagenhaften Zinssatz von null Prozent, ein Traum für jeden Häuslebauer. Wenn man das weiß, versteht man auch, warum Frau Merkel sich so vehement gegen Eurobonds  stemmt. Diese würden für einen gemeinsamen, durchschnittlichen Zinssatz für alle Eurostaaten sorgen, ein gravierender Vorteil für die Hochzinszahler, ein entscheidender Nachteil für die starken, “gesunden“ Volkswirtschaften, also in erster Linie für Deutschland, da man nicht unerheblich auch noch für die Sicherung der Eurobonds verantwortlich wäre. Ein bekannter Banker hat zu diesem gemeinsamen Finanzierungsinstrument  letztens gesagt: man gibt ja auch seinem Nachbarn  nicht seine Kreditkarte ohne nicht bestimmen zu können, was er mit ihr letztendlich macht. In diesem Fall sind die Herren Banker mit einem Urteil schnell bei der Hand, genauso wie sie davon überzeugt waren, dass ihre milliardenhaften Spekulationsverluste schnell zu Lasten der Allgemeinbevölkerung umgebucht werden mussten, zwecks der Stabilität unseres Bankenwesens.
Bei allen finanztechnischen Problemen, die diese Währungsunion mit sich gebracht hat, der Fehler liegt im Konstrukt, da man verabsäumt hat, gleichzeitig eine politische Union zu schaffen, muss doch klar sein, dass die Zukunft nur in einem gemeinsamen Europa liegen kann, alleine schon wegen des Friedens der europäischen Völker untereinander.  Von der einzigen, gemeinsamen wirtschaftlichen Möglichkeit uns am Weltmarkt zu behaupten, habe ich schon vielmals gesprochen, nur ein Ignorant anerkennt diese Notwendigkeit nicht. Wenn aber klar ist, dass dieses vereinte Europa existenziell ist, muss man sich fragen, wie die Gewichtung der einzelnen Staaten untereinander sein muss?

Wir als dauerhafte Profiteure, während speziell die Südeuropäer dahin krebsen, dieses  geht  bestimmt nicht gut , zumal sie als Abnehmer sehr schnell ausfallen würden. Bleibt der Weltmarkt, der aber auch so eine Sache ist, da die Einflussmöglichkeiten weitaus geringer sind. Wer weiß schon, wie die politischen Verhältnisse in der weiteren Zukunft sich entwickeln werden, wer weiß schon, was mit den Produktionsstätten der deutschen Weltfirmen in den aufstrebenden Regionen dieser Erde  passieren wird?  Venezuela  war auch vor Chavez ein lukrativer  Standort für ausländische, wirtschaftliche Investitionen, ich selbst hatte mehrmals die Möglichkeit mich in diesem interessanten Land mit phantastischen Naturschauspielen umzusehen. Der politische Machtwechsel hat  die Eigentumsverhältnisse sehr schnell verändert, die Verstaatlichung  der Industrie ging auf Kosten der global agierenden Konzerne.
Für solche ungewollten Eventualitäten brauchen wir einen großen europäischen Binnenmarkt, den wir auch uneingeschränkt gemeinsam lenken können, ähnlich wie die USA, die ihre Wirtschaftskraft zu einem erheblichen Teil ihrem großen Binnenmarkt verdanken, weshalb auch alle Präsidenten ein besonderes Augenmerk auf seine Entwicklung haben.  
Soweit die Anmerkungen zu den Ideen des Herrn Sarrazin, der alle diese Fakten nicht sehen will, da sie sich nicht besonders gut verkaufen lassen, das Volk will anderes hören.
Herr Grass betreibt eine andere Verklärung,  ihm ist das Volk egal. Er schwebt in mythologischer Sphäre, inspiriert von Sokrates und anderen vorsokratischen Philosophen, durchaus die große europäische Wiegenkultur untrennbar mit einer europäischen Zukunft verbunden sehend. Seine Einschätzung zwischen dem heutigen Griechenland und seiner wirtschaftlichen Verflechtung  zum Rest von Europa ist absurd, wenn er nicht sehen will, dass die Griechen, oder zumindest  deren politischen Führer maßgeblich die jetzige Situation mit zu verantworten haben. Sie haben die falschen Daten geliefert, um in den Euroverbund zu kommen, um an die billigen, europäischen Subventionen zu gelangen, und das treuere Kriegsgerät haben sie selbst bestellt, weil sie sich mit ihren türkischen Nachbarn nicht vertragen, obwohl beide sich zu Europa zugehörig fühlen.
Ihr Mitgefühl  für die griechische Kultur in allen Ehren, lieber Herr Grass, aber sie sollten dabei nicht die Realität aus den Augen verlieren, und wenn ihr Gedicht der Versuch gewesen sein sollte sich bei der griechischen Bevölkerung einzuschmeicheln, dann war dies wohl ein untauglicher Versuch, denn auch in Griechenland kennt man ihre so lange verschwiegene Zugehörigkeit zur „SS“, und in Anbetracht der bestialischen Gräueltaten, die gerade diese Mordbuben dort verübt haben, wird man auf ihr Lobhudeln gerne verzichten. 
Peter J. König

    



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