Samstagskolumne Peter J. König, 29.11.2014

"In einem sind wir alle einig: Grenzen werden uns nicht trennen. Die Einheitlichkeit unseres deutschen Vaterlandes ist für uns alle ein Stück unseres Glaubens, unserer Liebe und Hoffnung." (Zitat: #Friedrich_Ebert, erster Reichtpräsident der Weimarer Republik)

Diese Woche könnte es noch spannend werden. Am Freitag, dem 5.Dezember soll es zum politischen Showdown in #Erfurt im Thüringer Landtag kommen. Alle Protagonisten haben sich positioniert. Die Koalitionsverhandlungen zwischen der Linken, den Grünen und der Thüringer SPD sind erfolgreich abgeschlossen worden. Das gemeinsame Regierungsprogramm wurde in einen Koalitionsvertrag gegossen, in dem die Linken zähneknirschend in der Präambel akzeptiert haben, dass die DDR ein Staat war, von dem Unrecht ausgegangen ist. Sei´s drum, der begriffliche Streit um die Definition: "Unrechtsstaat" hatte eh keine tiefere Bedeutung und wurde von den Linken nur deshalb mit intensiver Leidenschaft geführt, damit dieser Makelbegriff nicht die unentschlossenen Wähler verprellen sollte, die es vielleicht einmal mit der Linkspartei und Ramelow probieren wollen. So hat man sich in sophistische Erklärungsrituale geflüchtet und letztendlich akzeptiert, einen solchen Passus in den Vertrag aufzunehmen, dient er doch bestens dazu, damit den ungebrochenen Aufklärungswillen der Linken zu dokumentieren. 

Des Weiteren lassen sich jegliche Anfechtungen parieren, die immer wieder auf den unmittelbaren Zusammenhang mit der DDR-Staatspartei SED hinweisen. Über die Tatsache, dass die DDR ein Unrechtsstaat war, gibt es in der Sache nichts zu streiten. Nur ein notorischer Leugner der ostdeutschen Geschichte versteigt sich in Beschönigungsfloskeln, die aus dieser Diktatur eine deutsche demokratische Republik machen wollen, oder eben die regimetreuen Nutznießer mit Parteiausweis. Damit alles basisdemokratisch korrekt abläuft, haben alle Koalitionäre ihre Mitglieder befragt, ob ein solches Regierungsbündnis ihrem Willen entspricht. Das Abstimmungsergebnis zumindest bei der SPD hätte jedem Vergleich mit der DDR-Volkskammer standgehalten. 97% Zustimmung als Juniorpartner mit den Linken und eine Frischzellen- und Erneuerungskur unter der Leitung von Therapeut Ramelow ist doch schon gewaltig, zeigt aber auch wie extrem die altehrwürdige SPD in Thüringen ins Trudeln gekommen ist mit ihren knapp 10%. 

Ganz nach dem Motto von #Müntefering, dem ehemaligen Parteivorsitzenden der SPD: "Opposition ist Scheiße" wurde sich mit wehenden Fahnen den Linken angedient. Dafür gab es ordentliche Ministerposten, für die führenden Personen in der Partei ist dies nicht nur ein beachtlicher Karrieresprung, auch das Alter lässt sich so trefflich versüßen. Ob dies dann auch für die Menschen in Thüringen so sein wird, da darf man doch nach dem beschlossenen Regierungsprogramm berechtigte Zweifel haben. Noch ist es allerdings nicht soweit. Es ist für Freitag zur Wahl von Ramelow als Ministerpräsident zwar alles angerichtet, wenn da nicht die äußerst knappe Mehrheit der gemeinsamen Stimmen von Linke, SPD und Grüne wäre. Eine einzige Stimme aus dem Lager der angestrebten Koalition soll Ramelow die Wahl garantieren. Dies ist zweifellos heikel und spannend zugleich. 

Nicht, dass es nicht schon einige Koalitionen in den Länderparlamenten gegeben hätte, die mit der knappsten aller Mehrheiten durchaus erfolgreich eine Wahl und eine Legislatur überstanden hätten, dafür gibt es Beispiele genug. Aber da war auch die Wahl von Heide Simonis in Schleswig-Holstein, die sich Hoffnung auf eine Wiederwahl zur Ministerpräsidentin in Kiel machte, mit einer Zweistimmen-Mehrheit, und die nach dem dritten Wahlgang völlig verstört auf einen weiteren Wahlgang verzichtet hat, um nicht gänzlich demontiert zu werden. Sie hatte es bei allen vorherigen Wahlgängen nicht geschafft die notwendigen Abgeordetenstimmen aus ihrer Koalition zusammen zu bringen. Der eine oder andere Kollege aus der CDU oder F.D.P. hatte wohl noch mit ihr eine Rechnung offen und ließ Simonis im Regen stehen. Damit war das Koalitionsvorhaben geplatzt, Frau Simonis war als Ministerpräsidentin Geschichte und hat dann nur noch einmal Schlagzeilen in der RTL-Sendung: "Let´s Dance" gemacht, als sie versucht hat, den Tanzwettbewerb zu gewinnen, allerdings auch nur mit mäßigem Erfolg. 

Dies soll Bodo Ramelow nächsten Freitag natürlich nicht passieren. Wie man aus nahestehenden Kreisen hört, werden die wahlberechtigten Abgeordneten, speziell bei der SPD und den Grünen intensiv gecoacht. Die Geschäftsführung beider Parteien bemüht sich außerordentlich um das Wohlwollen der Entscheidungsträger, nichts darf bei der "Schicksalswahl" daneben gehen. Das Projekt der Erneuerung und die Überwindung des Stillstandes und der sozialen Kälte sollen hier in Thüringen ihren Anfang nehmen, so die verheißungsvollen Versprechen der siegessicheren Koalitionspartner. Hier in Erfurt soll sich die Blaupause für das große Ganze entwickeln, wie man in Berlin die Kanzlerin bei der nächsten Bundestagswahl zu Fall bringt. 

Wenn die Koalition in Thüringen zustande kommt und Stehvermögen beweist, dann können linke Träume durchaus Wirklichkeit werden, mutmaßen die Genossen. Nach einer längeren Phase der Erstarrung ist die CDU allmählich wieder aufgetaut. Innerparteiliche Machtkämpfe haben zu diesem Zustand geführt, wobei noch nicht abzusehen ist, ob Lieberknecht, die noch amtierende Ministerpräsidentin die Zügel noch in der Hand hält oder bereits Lenkhilfe erhält. Zur Wahl am Freitag will die CDU mit einem Gegenkandidaten antreten, soviel ist schon gewiss. Und hier beginnt es jetzt wirklich spannend zu werden.

Die AfD mit 12% im Landtag vertreten, hat bereits signalisiert, sie werde den Kandidaten der CDU wählen, falls es sich dabei nicht um Frau Lieberknecht handelt. Dies könnte natürlich weitere interessante Konstellationen aufwerfen, falls es darum geht bei den weiteren Wahlgängen mit einer einfachen Mehrheit den Ministerpräsident zu wählen, die vereinbarte Koalition aber nicht ihr gesamtes Stimmenpotential zusammen bekommt, die CDU und die AfD jedoch dem gegenüber eine Mehrheit erzielt. Ergebnis wäre ein CDU-Ministerpräsident mit Hilfe der AfD, mit denen die Christdemokraten ja vehement nichts zu tun haben wollen. In diesem Fall ist zu erwarten, dass die gewählte Person das Amt nicht annehmen wird, alles andere wäre ein politischer Selbstmord für die CDU und genau das benötigte Elixier zu einem Revival für die SPD. 

Doch was folgt dann? Neuwahlen natürlich, wo das ganze Gezerre wieder von vorne losgeht. Danach wird sich aber erst wirklich zeigen, in welche Richtung sich das Land Thüringen politisch entwickelt. Es ist zu mutmaßen, dass eine solche Pattsituation sich kaum wiederholt. Der Wähler wird sich eindeutiger positionieren, die Anzahl der Protestwähler wird geringer werden, was eindeutig zu Lasten der AfD gehen wird und es ist zu vermuten, dass die drei Koalitionsparteien mit Stimmenzuwächsen rechnen können. Die Stimmung im Land zeigt Wechselbereitschaft, zumindest bei einem nicht geringen Anteil der Bevölkerung, die jetzt sehen will, was die neuen Kräfte so zustande bringen. Zudem zeigen soziale Versprechungen immer Wirkung, zunächst in der Wahlkabine.

Ob dies sich dann auch bewahrheitet, steht auf einem anderen Blatt. Sollte es tatsächlich zu einer Neuwahl kommen, so ist den Schwarzen dringend geraten mit frischen, unbelasteten Kräften in die Schlacht zu ziehen, ansonsten können sie nur den Ergebnissen aus den letzten Wahlen nachtrauern. Dann hilft auch nicht mehr die Selbstkritik, warum man eigentlich so rüde mit der SPD in der letzten Koalition umgegangen ist? Diese aber sind jetzt bereits auf dem Weg zu neuen Ufern, denn wie bereits erwähnt, das große Ganze wartet in Berlin, Thüringen sollte ja nur die Generalprobe sein, nun allerdings mit der SPD an der Spitze, was man dann auch freimütig zugesteht. 

Peter J. König

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