Samstagskolumne Peter J. König 28.10.2017

 Peter J- König
Rechtsradikalismus darf niemals unterschätzt werden und gerade dann nicht wenn er im bürgerlichen Gewand daherkommt. 

Nationalismus ist in Europa die neue Gefahr, die immer weiter um sich greift. Während in Frankreich durch den fulminanten Wahlsieg Macrons Marine Le Pen und ihre rechtsextreme Partei Front national einen entschiedenen Dämpfer bekommen hat, was natürlich nicht heißt, dass die Nationalisten von der Bildfläche verschwunden sind, sie werden sich nur neu sortieren, so nehmen in Deutschland und Österreich die Extremrechten mächtig Fahrt auf. 

In Österreich hat der junge Populist der ÖVP und ehemalige Außenminister Sebastian Kurz, der vor knapp zwei Wochen die Parlamentswahlen gewonnen hat, einen starken Kurswechsel nach rechts unternommen. Sowohl beim Wahlkampf, als auch jetzt bei der Suche nach einer Regierungsmehrheit ist sein Focus nach rechtsaußen gerichtet, hat er doch vor der Wahl versucht, mit Themen wie Flüchtlinge, Islamismus, Überfremdung , sozialer Ausbeutung durch Asylbewerber und Ähnlichem, zumindest einen verbalen Gleichstand mit der rechtspopulistischen FPÖ des einstigen Rechtsradikalen Jörg Haider zu erreichen. 

Die Österreichische Volkspartei hat damit einen eindeutigen Rechtsruck von der Mitte nach rechts genommen. Kurz hat mit seiner Gruppe "Liste Sebastian Kurz- die neue Volkspartei" bei den Nationalratswahlen 2017 die meisten Stimmen bekommen und wurde daraufhin vom österreichischen Bundespräsident Alexander van der Bellen mit der Regierungsbildung beauftragt. Wunschpartner des jungen Kanzleranwärters ist die rechtsgerichtete FPÖ und es ist zu erwarten, dass es bald zu einer rechten Regierung in Österreich kommt. 

ÖVP und FPÖ dominieren das politische Spektrum, sie waren die beiden Parteien mit den größten Stimmenzuwächsen. So ist in Österreich das gelungen, was Macron in Frankreich verhindert hat, eine rechtsradikale Regierung mit Marine Le Pen als erste französische Präsidentin. Da sind solche Länder wie Ungarn, Polen und Tschechien schon ein Stück weiter. Hier haben sich die Rechten bereits fest in den nationalistischen Regierungen festgesetzt und angefangen, demokratische Grundsätze auszuhöhlen, sei es bei Orban in Ungarn die freie Presse, oder in Polen die unabhängigen obersten Gerichte, deren Richter zukünftig vom Ministerpräsident der führenden Rechtspartei ernannt werden sollten. 

Noch hat sich der polnische Präsident Andrzej Duda geweigert diese Justizreform zu unterzeichnen, aber die Rechtpopulisten um Jaroslaw Kaczynski, dem Bruder des abgestürzten ehemaligen polnischen Staatspräsident werden nicht locker lassen, ihr Ziel der Bevormundung des Obersten Gerichtshof zu erreichen. Damit beginnt der Zerfall der demokratischen Struktur in Polen, wenn die Unabhängigkeit der Justiz auf dem Spiel steht. Ebenso ist dies in Ungarn der Fall, wenn die unabhängige Presse unter Druck gesetzt und behindert wird, damit Orban mit Hilfe seiner regierungstreuen Organe die Wähler beeinflusst und eine objektive Information unterbindet. Wozu das führt, kann man in der Türkei beobachten, geradewegs in die Diktatur eines Despoten, eines Führers nach dem Bild von Recep Tayyip Erdogan. 

Um noch einmal auf Österreich zurückzukommen, da ist doch sehr fraglich, ob der 31.jährige Sebastian Kurz tatsächlich weiß, welchen Geist er aus der Flasche lässt, wenn er mit der rechtsradikalen FPÖ eine Regierungskoalition eingeht. Es ist doch eher ungewiss, ob er, getrieben vom Aufstiegswille und dem Drang zur Macht, tatsächlich weiß, welche Folgen ein solches Bündnis für Österreich und für die ganze EU hat. 

In Österreich, ähnlich wie in Deutschland, werden die Rechtextremen wieder hoffähig gemacht, mit der Folge eines stetig steigenden Nationalismus, einer fortschreitenden Abschottung, eines vermehrten Fremdenhasses und um sich greifende Intoleranz. Natürlich wird auch der Zusammenhalt der Europäischen Union immer mehr in Frage gestellt und anstatt einer inneren Reform, die tatsächlich wirklich notwendig ist, wird die Idee eines Vereinten Europas auf dem Altar des Nationalismus geopfert. 

Zudem scheint fraglich, ob Kurz die Geister die er rief auf Dauer beherrschen wird, oder ob er letztendlich ihr Opfer ist. Beispiele dieser Art gibt es gerade in Deutschland eindeutige, als vor 1933 die damalige Zentrums-Partei, ähnlich konservativ wie die ÖVP bei ihren Befürwortern, versucht hat mit den Nazis um Hitler und seiner NSDAP ein Bündnis zu schmieden, um die Mehrheit im Reichstag zu erlangen. Anfang 1933 war es dann soweit und was dann folgte sollte, ist hinlänglich bekannt. Und was den Nationalismus anbetrifft, da haben sowohl Deutsche als auch Österreicher eine gleiche, ganz eigene Affinität. Dies zeigt ja wohl die Geschichte des Dritten Reichs ganz deutlich, hier braucht keiner dem anderen den Spiegel vorzuhalten. Zu hoffen ist nur, dass der zukünftige österreichische Bundeskanzler Kurz genau weiß, was er tut und die Gefahr von der extremen rechten Seite sehr genau im Auge behält, ohne sie zu unterschätzen. 

Des Weiteren ist zu hoffen, dass er aus reinem Machtkalkül nicht den Weg des Viktor Orban geht, denn dieser war zunächst für seine liberalen Ansichten bekannt, bevor er im Strudel der Politik immer weiter nach rechts gerückt ist, Populist wurde, mit den bekannten Folgen. Rechtsradikalismus darf niemals unterschätzt werden und gerade dann nicht wenn er im bürgerlichen Gewand daherkommt. 

Seit der konstituierenden Sitzung des neuen Bundestages am letzten Dienstag, dem 24. Oktober hat sich auch bei uns in Deutschland die politische Landschaft radikal verändert. Zum ersten Mal seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland hat es eine rechtsradikale Partei geschafft, in den Bundestag einzuziehen. Wenn in anderen Ländern Europas dies auch schon seit einigen Jahren der Fall ist, etwa in Frankreich mit dem Front National, so ist dies doch auf Grund unserer Geschichte für uns ein nicht zu unterschätzender Sonderfall. 

Der Einzug der AfD in das Reichstagsgebäude weckt alles andere als gute Erinnerungen. Mögen mit Gauland und Weidel noch äußerlich bürgerlich konservative Politiker in der ersten Reihe im Bundestag Platz genommen haben, so wurde doch auffällig, wenn man sich jedoch die hinteren Reihen angesehen hat, welche Herren mit einer ganz speziellen Physionomie und ausrasierten Nacken dort versammelt waren. Pardon, auch ein Haarschnitt und eine bestimmte Mimik können Ausdruck einer ganz speziellen Gesinnung sein. Da ist es auch nicht verwunderlich, dass beim ersten Redner überhaupt seitens der AfD vor dem Bundestag der ehemalige Reichstagspräsident der Nazis Göring erwähnt worden ist. Wie geschmacklos und provozierend ist das denn, wenn die AfD versucht hat, die Verweigerung ihres ältesten Abgeordneten Glaser zum Alterspräsident mit Göring zu vergleichen, der sich diese Funktion angemaßt hat, obwohl er damals nicht der älteste gewählte Abgeordnete im Reichstag war. Glaser, tatsächlich der älteste gewählte Abgeordnete hatte dem Islam in Deutschland die Religionsfreiheit aberkennen wollen, worauf der Ältestenrat im Bundestag ihm die Alterspräsidentschaft mangels der nötigen Befürwortung des Grundgesetzes entzogen hat.

Die Nähe der AfD zur NSDAP kommt nicht von ungefähr, versucht sie doch auf diese Weise den rechten Rand intensiv zu mobilisieren. Da kann man noch auf einiges gefasst sein. Man sollte sich nicht von der Biedermann-Manier ihres jetzigen Auftretens täuschen lassen. Die AfD hat die Tür zum Bundestag weit aufgerissen mit ihren 94 Abgeordneten, von denen zwei nicht der Faktion angehören wollen, und sie werden versuchen ihre Hoffähigkeit zu nutzen, weiter rechtsradikalen Boden in Deutschland gut zu machen. Dies steht außer Frage, ebenso, was sie mit der Macht veranstalten werden, sollten sie diese bestimmend in ihre Hände bekommen. Wir stehen an einem Scheideweg, dies sollte uns sehr bewusst sein. 

Noch sind die demokratischen Kräfte in der Lage durch eine kluge und umsichtige Politik die Rechtsradikalen wieder dorthin zu bringen, wo sie hingehören, nämlich weg von der politischen Bildfläche zurück in das nazihafte Sektierertum. Alle Demokraten in unserem Land müssen dabei behilflich sein, überall dort. wo man auf die Rechten trifft. Dass dieses nicht leicht sein wird, dürfte allen klar sein, zumal der Wind in Europa von Osten ein rechtsradikaler ist. Aber Macron hat es vorgemacht, man kann den Rechtsradikalismus stoppen, mit neuen Ideen, die wieder die Menschen im Mittelpunkt sehen und nicht die Bürokratie, ob im eigenen Land oder in den verknöcherten Strukturen der Brüsseler Behörden. 

Rechtsradikalismus wächst immer dort, wo die Menschen unzufrieden sind. Rechtsradikalismus ist nicht per se eine Anschauung, zumindest bei den allermeisten nicht. Sind die Menschen, wenn auch nur zu einem geringen Prozentsatz zu Recht unzufrieden und sie wenden sich von der gemäßigten Politik ab oder verweigern sich ganz generell und glauben ihr Heil bei den Rechtsradikalen zu finden, dann darf man eine solche Dynamik nicht unterschätzen. Sehr schnell finden sich größere Teile der Bevölkerung ein, die ebenfalls glauben ungerecht behandelt zu werden, was dann zusätzlich noch einen weit größeren Rechtsschub auslöst. Dabei muss eins klar sein, die Rechtsradikalen versuchen die Macht zu erzwingen, nicht um den vermeintlich Abgehängten und Zurückgelassenen bessere Bedingungen zu verschaffen, sie wollen die Macht um zu herrschen und um zu beherrschen. 

Die Mittel, die dabei angewandt werden, werden immer radikaler. Demokratie ist in ihren Augen überflüssiger Tand, es wird diktiert, was im Staat zu passieren hat. Um dies alles durchzusetzen, gehen sie alles andere als zimperlich mit den Menschen um. Überhaupt hat das Individuum und dessen Leben keine große Bedeutung mehr, der von den Rechten artikulierte "Volkswille" ist das Maß aller Dinge. Alles wie gehabt und man sollte nicht in den Irrglauben verfallen, es gäbe einen humanen Rechtsradikalismus. Dies wird zwar den Menschen erzählt, auch von der AfD, wenn sie behaupten sie haben allein das Wohl der einfachen Leute im Auge. Nein, sie wollen Macht, radikale Macht mit der sie unterdrücken, schikanieren und notfalls die Missfälligen einsperren können. 

Lassen wir uns nicht von dem kalten Lächeln einer Alice Weidel oder einer gespielten Freundlichkeit eines Alexander Gauland in die Irre führen. Sie sind Wölfe im Schafspelz, während das restliche Rudel sich um sie schart. Machen wir uns bewusst, dass wir von ihnen nichts Gutes zu erwarten haben. 

Erst wenn das klar ist, ist man auch bereit entschieden gegen sie aufzutreten. Noch ist genügend Zeit um die Rechten zu entlarven. Diese Pflicht haben alle demokratischen Parteien im Bundestag, ob aus der Mitte oder von Links, ob CDU, CSU, SPD, FDP, GRÜNE oder LINKE, sie alle müssen entschieden gegen die AfD auftreten und zeigen, dass sie der Propaganda kluge, menschliche Lösungen entgegensetzen können. Macht entmachtet sich selbst, wenn den Menschen bewusst wird, dass es nicht um ihr Wohl sondern allein um die Vormachtstellung ihnen gegenüber geht. Und je weniger Rückhalt die AfD aus der Bevölkerung erhält, umso schneller zerlegt sie sich selbst.

Peter J. König

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