Samstagskolumne 25.05.2019 Peter J. König - Sonderausgabe zur Europawahl am 26.05.2019 -

Geben wir den Rechtsradikalen, Neo-Nazis, Juden-Hassern, Rassisten und Despoten nicht die Chance, unser gemeinsames Europa zu zerstören, auch wenn dieses noch so sehr verwundbar ist. 

Am kommenden Sonntag, den 26.05.2019 ist es soweit. Die Wahl zum Europäischen Parlament steht an, von manchen als eine Schicksalswahl über stilisiert. Sprachlich doch etwas zu hoch gegriffen, ist es doch unzweifelhaft, dass die anstehende Europawahl von erheblicher Bedeutung ist und dies nicht nur in einer bestimmten Hinsicht zwischen #Nationalismus oder der Weiterentwicklung des #Europagedankens. 

Damit man sich einen gesicherten Überblick verschaffen kann, die überaus komplexen Zusammenhänge besser versteht, und so seine Wahlentscheidung überdenken oder gar festigen kann, hier nun ein tieferer Einblick in den Komplex "#Europawahl" mit allem was dazu gehört, von den geschichtlichen Anfängen nach dem Zweiten Weltkrieg, der politischen Annäherung durch die Gründungsmitglieder bei der Konstitution der Europäischen Union, der Erweiterung der EU, der gemeinsamen Währungsunion mit dem Euro, die daraus resultierende Skepsis gegenüber der gemeinsamen Währung mit der Folge der Gründung und Erstarkung rechtspopulistischer Parteien in vielen Ländern Europas, das Aufkommen eines verstärkten, bis dahin eher unterschwelligen Rechtsradikalismus, das Brexit-Debakel mit überbordender Wirkung auf weitere Länder der EU und schließlich der Zusammenschluss von rechtsnationalen Parteien in vielen europäischen Ländern, mit dem Ziel im Europäischen Parlament eine Drittel-Mehrheit zu erreichen und so womöglich das Parlament lahm zu legen. oder zumindest erheblich zu schwächen und ihm das politische Ziel der Rechtsradikalen aufzuzwingen. 

Dabei wird durchaus in Kauf genommen, wenn die politischen Vorgaben der #Rechtspopulisten nicht erreicht werden können, so wie beim #Brexit, dass sich ein Land nach dem anderen aus der EU verabschiedet, um schließlich die EU nach dem heutigen Bestand aufzulösen und so die politische Macht den einzelnen Staaten zurückzugeben.

Bei dieser Gemengelage dürfte sofort klar sein, dass sich Europa in die Zeit des 19. und 20. Jahrhundert zurück katapultiert, mit allen schlimmen Risiken, die diese zwei Jahrhunderte ausgemacht haben.

Doch kurz zur Einstimmung ein kleiner Rückblick, was diese zwei Jahrhunderte geprägt hat. Um es kurz zu sagen, hauptsächlich #Krieg, Krieg der einzelnen Staaten miteinander, angefangen vom Russisch-Schwedischen Krieg 1808-1809, der gleichzeitig auch ein Dänisch-Schwedischer Krieg war, über den Preußisch-Österreichischen Krieg 1866, dem Deutsch-Französischen Krieg 1871, bis hin zum Serbisch-Bulgarischen Krieg 1885-1886 und dem Türkisch-Griechischen Krieg 1897. Weltweit gab es allein im 19. Jahrhundert offiziell 134 Kriege oder Aufstände, davon in Europa mehr als 15 militärische Auseinandersetzungen.

Dies sollte sich nicht minder dramatisch im 20.Jahrhundert fortsetzen, mit 174 Kriegen auf der ganzen Welt und in Europa neben einer Fülle von Einzelkriegen mit den verheerenden 1. und 2. Weltkriegen, wobei mindestens 80 Millionen Menschen ihr Leben lassen mussten. 

Schon unmittelbar nach Ende des Zweiten Weltkrieges hat #Winston_Churchill, der britische Kriegs-Premier, die Bildung eines Vereinigten Europas gefordert, was Charles de Gaulle zunächst strikt ablehnte. Dennoch wurde am 18.April 1951 von den Ländern Bundesrepublik Deutschland, Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg und Holland der Vertrag über die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl unterzeichnen, kurz #Montanunion genannt, der allen Mitgliedsstaaten der Zugang zu Kohle und Stahl ermöglichte, ohne Zoll zu bezahlen. Dieser historische Vertag war der Vorläufer zur #Europäischen_Union. Bis dies soweit war, sollten noch viele Jahre vergehen, in denen es galt, unendliche Hürden zu überwinden. Aber der Anfang war gemacht, zu einer friedlichen Koexistenz, nach Jahrhunderten von verheerenden Kriegen vielen Millionen Toten, Leid und Elend. 

Über die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft(#EWG), zur Verhinderung militärischer Konflikte mit besseren wirtschaftlicher Verflechtungen, dem #Schengen_Abkommen im Jahre 1985, zur Beseitigung der Binnengrenzkontrollen und dem Fall des Eisernen Vorhangs mit der Auflösung des Ostblocks, kam es denn schließlich zur Gründung der #Europäischen_Union durch den Vertrag von Maastricht im Jahre 1992. 

Heute gehören 28 Staaten der #EU an, wovon 19 Länder eine Wirtschafts- und Währungsunion bilden, mit der gemeinsamen Währung, dem #Euro. Schon von Beginn der Montanunion, bis heute war und ist der Zusammenschluss dieser vielen europäischen Staaten auf ein ganz besonderes Ziel gerichtet, auf den Frieden in Europa, auf das friedliche Miteinander und daraus resultierend, Wohlstand, Solidarität und wirtschaftliches Wachstum in allen Mitgliedsstaaten. 

Dass dieses nicht immer einfach war und auch nicht immer erfolgreich, gerade auf wirtschaftlicher Ebene, ist geradezu logisch, sind doch zu viele Mentalitäten, Entwicklungsstände in den einzelnen Ländern und divergierende Interessen unter einen Hut zu bringen. Und doch hat es irgendwie geklappt, meistens jedenfalls und der #Friede existiert zumindest in Mitteleuropa nun schon fast 75 Jahre, eine Zeitspanne, die es zuvor hier noch nie gegeben hat.

Diesen Frieden gilt es auf jeden Fall zu erhalten, und dafür muss alles unternommen werden. 

Tendenzen, wie sie in mehreren europäischen Staaten zuletzt aufgekommen sind, um den Zusammenhalt der Europäischen Union durch rechtspopulistische und rechtsradikale Einflussnahmen zu untergraben, oder die EU gar ganz abzuschaffen, wenn es den Rechtsextremen nicht gelingt, in ihrem Sinn aus der EU ein supranationalistisches Gebilde zu machen, wie es für die #AfD in Deutschland, #Lega Nord in Italien, #Front_National in Frankreich, und alle weiteren rechtsradikalen Parteien wie in Polen, Tschechien, Ungarn, Holland oder anderswo in Europa das Ziel ist, dies muss  mit aller Kraft verhindert werden. 

Und wo wäre diese Kraft am besten zu entwickeln, als ganz zwangsläufig bei den Wahlen, sei es auf Landes- oder Bundesebene oder bei der Wahl zum Europäischen Parlament am jetzigen Sonntag, dem 26.05.2019. Der #Rechtsextremismus macht sich seit einigen Jahren ganz gefährlich breit und die Zielsetzung ist eindeutig die Schwächung bis hin zur Abschaffung der Demokratie, so wie es gerade in der Türkei zu erleben ist, durch  das Eliminieren der freien Medien, Einschränkung der Meinungsfreiheit und Kontrolle der Justiz, indem nur willfährige Richter eingesetzt werden. Das Ergebnis ist Diktatur. 

Wir Deutschen haben diese Entwicklung von 1933 bis 1945 im "Dritten Reich" unter Hitler erleben müssen, die unsäglichen Folgen sind bekannt. Interessanterweise kopieren die rechtsradikalen Parteien in Europa exakt die Vorgehensweise, die die Nazis damals so perfekt beherrschten, um in der gleichen Weise sich ihrer Staaten zu bemächtigen. Demonstrative Beispiele sind besonders in Ungarn unter Orban oder in Polen durch den Vorsitzenden Jaroslaw Kaczynski der herrschenden PiS-Partei festzustellen, tatsächlich eine Machtergreifung nach dem Muster deutscher Alt-Nazis. 

Wenn man die Wahlprognosen zur jetzigen Europa-Wahl liest, kann einem im Bewusstsein der jüngsten europäischen Geschichte nur das kalte Grausen kommen, so als hätten die Menschen aus der Geschichte nichts gelernt. 1/3 aller Sitze im EU-Parlament werden für rechtsradikale Parteien prognostiziert, absolut eine Schande im Hinblick auf die Ziele und die Machenschaften dieser selbsternannten Heilsbringer für ihre Völker und ganz Europa. 

Welche Absichten hier im Verborgenen vorbereitet werden, hat ganz deutlich die jüngste Enthüllung in Österreich eindeutig belegt, wenn ein zukünftiger Vize-Kanzler #Strache von der #FPÖ noch bevor die Wahl zum österreichischen Parlament stattgefunden hat, schon mit vermeintlichen russischen Oligarchen-Nichten Vereinbarungen treffen möchte, um nach dem Erhalt der Macht, Regierungsaufträge z.B. im Autobahn- und Straßenbau gegen viele Millionen zur Wahlkampfhilfe an die Russen zu verschachern und selbst die größte Zeitung Österreichs, die Kronen-Zeitung, ein populistisches Blatt mit über 2 Millionen Abnehmern, den Kreml-nahen Interessenten lukrativ zu veräußern, um dadurch eigene Medienübermacht in Österreich zu etablieren. 

#Erdogan und #Orban haben in ihren Ländern nach dem gleichen Muster verfahren, so wie die Nazis unter Hitler es ihnen einst vorgemacht haben.

Wie instabil das Gebilde Europäische Union aktuell ist, zeigt auch der ganze Wahnsinn des Brexits. Nach 3 Jahren Verhandlung zwischen der Regierung #May und der EU, einem hunderte von Seiten umfassenden Vertragswerk über den Austritt Großbritanniens aus der Gemeinschaft, war es dem britischen Parlament nicht möglich, diesen Austritts-Vertrag anzunehmen, weil Mays eigene Mitglieder bei den #Torries nicht bereit waren, May in der Sache ihre Stimme zu geben. Nach langem Hickhack ist die Premier-Ministerin seit diesem Freitag bereit in 14 Tagen vom Vorsitz der konservativen Partei Großbritanniens zurück zu treten, ebenfalls als Premier, hier allerdings ohne ein konkretes Datum zu nennen. Am Donnerstag haben die Briten also noch einmal gewählt, obwohl ihr Ziel es ist, die EU zu verlassen. Absurd!

Augenscheinlicher Wahlsieger ist der Rechtspopulist -Nigel_Ferage, der Haupt-Initiator für den Brexit, der sich aber seit über 10 Jahren als EU-Abgeordneter in Straßburg es sich wirtschaftlich und äußerst angenehm gut gehen lässt. Wie man hört sind Sitzungen und Anwesenheit im Parlament nicht sein Ding. Und jetzt kassiert er wieder prächtige Gelder der EU, um diese gleichzeitig zu bekämpfen. Welcher Irrsinn!

Die Rechtradikalen wollen die EU rechtlich kastrieren, ihr wesentliche Kompetenzen wegnehmen, um in ihren Ländern wieder die uneingeschränkte Macht zu besitzen. Allenfalls ein paar wirtschaftliche Gemeinsamkeiten sollen zukünftig nach ihren Vorstellungen noch in Brüssel und Straßburg entschieden werden. Von der großen europäischen Einheit und dem so wichtigen Friedensprojekt bleibt da nicht mehr viel übrig. 

Und um es ganz direkt zu sagen, wer glaubt schon daran, dass ein Haufen von Despoten auf Dauer friedlich miteinander auskommen kann? Da ist es nicht mehr lange her mit der Friedensgemeinschaft, der Solidarität und der gemeinsamen wirtschaftlichen Entwicklung, die doch gerade jetzt im Zuge der fortschreitenden Globalisierung so wichtig wäre.

Probleme gibt es genug, sei es in Europa oder auf dem ganzen Globus. Umweltschutz, Klimakatastrophe, Terrorismus, internationale Kriminalität sind nur einige Beispiele die wir nur gesamt-europäisch lösen können. Alle europäischen Länder einzeln sind gar nicht in der Lage sich mit Weltmächten wie den USA, China, demnächst auch Indien oder Brasilien wirtschaftlich messen zu können, hier hilft nur ein starkes gemeinsames Europa, um in der zukünftigen Welt noch eine Rolle zu spielen. Despotische, kleine Regionalfürsten haben hier überhaupt keine Bedeutung mehr.

Also machen wir es uns klar, gemeinsam sind wir als Europäer stark. Hierauf gilt es unsere ganze Kraft, Intelligenz und Erfahrung einzusetzen. Wobei auch zur Wahrheit gehört, dass es höchste Zeit ist die Europäische Union zu reformieren, sie den Bürgern verständlicher, transparenter und lebenswirklicher zu machen. Erscheinungen wie Brexit, Rechtsradikalismus, Fremdenfeindlichkeit und Ablehnung des Friedensprojekts europäische Wertegemeinschaft haben auch immer etwas mit Fehlentwicklungen innerhalb der Gemeinschaft zu tun. 

Deshalb aber alles über Bord zu werfen, in den verderblichen Nationalismus des 19. und 20. Jahrhunderts zu verfallen, ist der totale Schwachsinn, zudem rückwärtsgewandt und vernichtend für uns alle. Unser Weg kann nur ein gemeinsamer nach vorne sein, so schwer und mühsam er auch sein möge. Geben wir den Rechtsradikalen, Neo-Nazis, Juden-Hassern, Rassisten und Despoten nicht die Chance, unser gemeinsames Europa zu zerstören, auch wenn dieses noch so sehr verwundbar ist. 

Wir müssen es aus Liebe und Vernunft wollen, es schützen, klug und zukunftsweisend entwickeln, sodass auch nächste Generationen eine sichere Zukunft haben. Und der unmittelbar nächste Schritt in die richtige Richtung ist am Sonntag die Wahl zum Europäischen Parlament, wo es gilt die Parteien zu unterstützen, die einem gemeinsamen Europa eine Zukunft geben wollen. Die AfD gehört ebenso wenig dazu, wie alle anderen rechtradikalen Gruppierungen in Europa.

Zum Schluss möchte ich noch eine persönliche Erfahrung kurz anknüpfen: Als ich vor fast 50 Jahren als junger Student meine dreimonatige erste USA-Reise mit einer sechswöchigen Arbeit als Tabakpflücker auf einer kanadischen Tabakfarm in Ontario finanziert habe, gab ich zur Antwort auf die Frage, wo ich denn wohl herkomme, immer zunächst an, ich komme aus Europa, aus diesem Europa von dem Deutschland ein Teil ist. Schon damals hat mich dies ungemein inspiriert und niemals mehr losgelassen.

 Peter J. König

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