Samstagskolumne Peter J. König 01.06.2019

Die digitale Transformation macht die Vereinigten Staaten von Europa erforderlich.

Rund um die Wahlen zum Europäischen Parlament ist es ganz deutlich geworden, wir sind mitten in der #Transformation und sehr viele Menschen haben es noch nicht begriffen, ja selbst führende Politikerinnen und Politiker nicht! 

#Transformation heißt in lateinischer Sprache = transformatio und leitet sich von transformare = umformen ab. Transformation findet in vielen Bereichen des Lebens statt, etwa durch die Betragsänderung einer Wechselspannung in der Elektrotechnik durch einen Transformator, oder die Transformation in der Betriebswirtschaft durch den Prozess der Veränderung in Unternehmen, die Transformation in der Genetik durch die Form der Übertragung von DNA auf eine Zelle, die Postkommunistische Systemtransformation seit 1989 oder die Transformation im Recht, etwa durch die Umsetzung von Völkerrecht in nationales Recht. In allen Bereichen findet eine laufende #Umformung=Transformation statt, die allenfalls von Sachkundigen erkannt und registriert wird.  

Doch auch auf gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und politischer Ebene gibt es zurzeit eine rasante Transformation, wie nur sehr selten in der Menschheitsgeschichte und ist im Bereich der Wirtschaft allenfalls mit dem Wandel der Agrar-Wirtschaft zum Maschinen-Zeitalter zu vergleichen, als aus dem Grundbesitzer ein Unternehmer geworden ist und aus dem Landarbeiter ein Fabrikarbeiter. Haben diese Prozesse einst noch viele Jahrzehnte beansprucht, so entwickeln sich die heutigen Transformations-Prozesse in einer rasanten Geschwindigkeit. Was gestern noch der aktuelle Stand der Entwicklung war, ist heute schon Makulatur. Auslöser dieser Entwicklungen sind primär neue Techniken, so wie z.B. die Kunst des Buchdrucks durch Johannes Gutenberg um 1450, die Erfindung der Eisenbahn (Dampflokomotive) von George Stephensen 1825 oder des Automobils durch Carl Benz 1885 und in der heutigen Zeit, die Entwicklung des Internets, also der weltweite Verbund von Rechnernetzwerken mit all seinen Möglichkeiten und Folgen. 

Durch die unglaublich schnelle Verbreitung des Internets ist es zu gravierenden Veränderungen in allen Lebensbereichen gekommen, eine geradezu exemplarische Transformation größten Ausmaßes. Haben die User zunächst sich weitestgehend nur mit dem Surfen (passiver Medienkonsum) begnügt und sich allenfalls auf den Social-Media Plattformen wie #Facebook, #Twitter und #Youtube eher privat artikuliert, so ist in zunehmenden Maß die Aktivität von Online-Journalismus festzustellen, der sich zu einer ernsthaften Konkurrenz zu den klassischen Medien von Presse, Funk und Fernsehen entwickelt. 

Und gerade die junge, netz-affine Generation erlangt ihr Wissen in allen Bereichen fast ausschließlich durch das Internet. Dass hier auch Fehlinformationen, sogenannte Fake-News, unterwegs sind, ist gerade in den letzten Jahren besonders deutlich geworden, nutzen doch viele politischen Akteure diese Möglichkeit der Falsch-Beeinflussung, um auf Ergebnisse in ihrem Sinn Einfluss zu nehmen, etwa bei Wahlen, wenn die russische Regierung bei Volksentscheiden im Westen die Wähler in eine bestimmte Richtung zu manipulieren versucht hat. 

Erkenntnisse dieser Art gibt es zu genüge, etwa bei den Präsidentschaftswahlen in den USA, wo immer noch nicht geklärt ist, wie eindeutig die Russen durch Fake-News Trump zum Wahlsieg verholfen haben. Einflussnahmen nach dem gleichen Muster wurden auch bei den letzten Bundestagswahlen und bei der soeben stattgefundenen Europawahl registriert. Doch dies nur so am Rande, denn als Nutzer im Netz ist Medienkompetenz gefragt, Medienkompetenz die weitaus anspruchsvoller und herausfordernder ist, als der Umgang mit den klassischen Medien.

Voraussetzung ist jedoch, dass sich die Gesellschaft überhaupt über die Transformation in das digitale Zeitalter im Klaren ist. Und hier hat gerade die #Europawahl ganz eindeutig gezeigt, dass die beiden klassischen Volksparteien CDU und SPD mit ihren führenden Repräsentanten und ihren Wahlkampfteams noch weit hinterherhinken. Augenscheinlich haben sie es nicht verstanden, die junge Generation adäquat über die neuen Medien zu erreichen. Auch war wohl nicht klar, dass der heutige #Online_Journalismus bei den jungen Wählern eine derartige Bedeutung erreicht hat, dass ihn zu ignorieren, geradezu vernichtende Folgen nach sich ziehen können. 

Hier zeigt sich eindeutig, dass nicht nur ein Großteil der deutschen Bevölkerung die Transformation in die digitale Zeit nicht verstanden hat oder sie fahrlässig ignoriert, nein auch das politische Führungspersonal, wie etwa die CDU-Vorsitzende #Kramp_Karrenbauer hat nicht vollständig registriert, was diese Transformation eigentlich bedeutet. In ihrer Ignoranz hat sie sich nach einem politischen Statement des Youtubers #Rezo, eigentlich einem Video-Aktivisten im Musikbereich, der wenige Tage vor der Europawahl in einem 55-minütigen Video-Clip sich mit der Frage beschäftigt hat, was eigentlich die Große Koalition und CDU und SPD als eigenständige Parteien in den letzten Regierungen gegen die dringendsten Probleme unserer Zeit unternommen haben, so etwa beim Klimawandel, dem Umweltschutz, dem Waffenexport, der internationalen Kriminalität, der Bildung, oder auch beim Auseinanderklaffen der Schere zwischen Arm und Reich, völlig sachunkundig gezeigt..

Kramp-Karrenbauer hat sich mehr als abfällig geäußert, weil Rezo den jungen You-Tube-Nutzern von der Wahl von #CDU und #SPD auf Grund der nicht eingehaltenen Wahlversprechen abriet sie zu wählen.. Die #AfD hat der Online-Journalist grundsätzlich abgelehnt. Speziell die CDU war wie geschockt, ob der Aussagen und Fragen von Rezo und noch mehr von der Medienpräsenz von über 12 Millionen Usern im Netz, was dann natürlich auch die klassischen Print-Medien auf den Plan gerufen haben. Das Video von Rezo hat so eine maximale Aufmerksamkeit erreicht, sowohl im klassischen Medienbereich, aber vor allem im Internet. Hier zeigt sich ganz deutlich, dass die Transformation im medialen Bereich sehr weit fortgeschritten ist. 

Die politischen Vorwürfe des Youtubers Rezo haben den CDU-Oberen überhaupt nicht geschmeckt, zumal sie nicht nur bestens argumentiert, sondern auch noch sehr medienwirksam im Stil der jungen Generation entspannt provokant vorgetragen wurden. Auch hier war Kramp-Karrenbauer absolut überfordert und hat mit einer völlig falschen Strategie reagiert. Sie ist unverzüglich in die Medien gegangen und hat als Antwort auf das Video tatsächlich eine Richtlinie für politische Aussagen im Netz gefordert, eine Verklausulierung für Zensur, eine Einschränkung der Meinungsfreiheit.

Auch jetzt war Kramp-Karrenbauer nicht bewusst, mit welcher Reaktion die Transformation aufwarten würde. Der Shit-Storm, ein lawinenartiges Auftreten von negativer Kritik im Netz, aber auch in den klassischen Medien war die Folge. Kramp-Karrenbauer hat eindeutig zwei gravierende Fehler gemacht, die ihr als CDU-Vorsitzende und womöglich zukünftige Nachfolgerin von Angela Merkel im Kanzleramt niemals hätte passieren dürfen. Inhaltlich hat sie sich in Gefahr begeben, dass ihre Aussagen als Meinungsunterdrückung verstanden werden könnten, ein Umstand der undemokratisch ist und politischer Selbstmord bedeutet. 

Des Weiteren hat sie voreilig und emotional unkontrolliert agiert, ohne Beachtung der sachlichen Reaktion im neuen medialen Zeitalter, wiederum ein Beweis, nicht auf der Höhe der Transformation zu sein. Früher war ein solcher Fauxpas eine kurze Zeitungsnotiz, trotz der sehr brisanten politischen Aussage, heute jedoch entsteht ein Mediensturm, mit nicht mehr zu beherrschenden Folgen. Dies hätte Kramp-Karrenbauer bewusst sein müssen, es hätte ihr bewusst sein müssen, dass gerade der Journalismus insgesamt keinerlei Verbiegung der Meinungsfreiheit akzeptiert und darauf sofort attackiert. 

Eine solche strategische Entgleisung wäre Frau Merkel nie passiert, hat sie doch immer ganz nach dem Motto gehandelt, erst nachdenken und dann reden und sowieso nicht dabei sich zu weit aus dem Fenster hängen.

Für Frau Kamp-Karrenbauer ist diese Entgleisung zudem nicht die erste, die sie produziert hat, so etwa die abfällige Bemerkung über #Gender  (Menschen des dritten Geschlechts), die als eigene Geschlechtergruppe in Deutschland anerkannt sind, und die mittlerweile z.B. eigene Toiletten eingerichtet bekommen. Jedes Mal ist nach Kamp-Karrenbauers Fauxpas ein Shit-Storm im Netz entstanden, der sie veranlasst hat, zurück zu rudern. Da stellt sich doch die Frage ob die jetzige CDU-Vorsitzende eigentlich auch die richtige Kanzlerin sein würde? 

Hier bestehen doch ganz erhebliche Zweifel, zumal sie nicht auf der Höhe der Zeit zu sein scheint, wenn sie nicht einmal erkannt hat, was die Transformation im medialen Bereich eigentlich bedeutet.

Genauso wenig haben viele Menschen speziell in den ländlichen Gebieten nicht verstanden, welche Folgen die Transformation der Globalisierung nach sich ziehen. Auch hier spielt das Internet eine entscheidende Rolle. Der diesbezügliche technische Fortschritt und die weltweite Kommunikation hat es ermöglicht, dass Produktionen aus den klassischen Industrieländer in sogenannte #Schwellenländer verlagert werden konnten, um dort auf einer weitaus geringeren Lohnstufe zu produzieren. Klassisches Beispiel ist der wirtschaftliche Aufstieg Chinas, der sich immer mehr auch als Konkurrenz entpuppt hat, sodass ganze Branchen hierzulande nicht mehr wettbewerbsfähig waren und still gelegt wurden, etwa in der Solar-Technik. 

Dies hat Ängste erzeugt, ganz speziell im Osten unseres Landes, mit ein Grund, dass die AfD jetzt bei der Europawahl einen massiven Stimmenzuwachs verzeichnen konnte. Das Ende ist noch nicht gekommen, mit Sorge muss man den Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen im September und Oktober entgegen sehen. Hier kann es sein, dass wir mit einer ersten AfD-Landesregierung z.B. in Sachsen rechnen müssen. Auslöser ist auch hier die Verunsicherung, speziell der vermeintlich abgehängten Bürger, die Angst vor allem Fremden in Form von Migranten und Flüchtlingen haben, vor der Globalisierung und natürlich auch vor der europäischen Einheit, die ja vermeintlich Deutschland ruiniert. 

Diese Menschen haben von der digitalen Transformation nichts verstanden und von der Transformation an sich auch nichts. Sie fürchten sie vielmehr, weil Unbekanntes ja gleich Schlechtes ist. Die Chancen, die dabei auf der Hand liegen, etwa neue Märkte, Innovationen jeglicher Art, besonders im technischen Bereich, in der Medizin, durch künstliche Intelligenz, etwa autonomes Autofahren, und, und, und, alles dieses ist diesen Bürgern nicht bewusst, sie lassen sich allein von den vergifteten Parolen der Rechtsradikalen leiten, die Stillstand und eine Bunkermentalität propagieren.

Doch alles Rückwärtsgewandte hilft uns nicht weiter. Weiterentwicklung und Wandel ist und war schon immer der Weg des Fortschritts und dazu gehört nun einmal Transformation. Und je schneller und umfassender alle Menschen in Deutschland es begreifen, umso größer ist die Chance unser Land erfolgreich weiterhin in die Zukunft zu führen und zwar auf der Basis einer größeren und stärkeren Gemeinschaft, den zukünftigen Vereinigten Staaten von Europa.

 Peter J. König

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