Samstagskolumne Peter J. König, den 10.3.2012

Wulff hat abgezockt, nun beherrscht wieder die große Politik die Schlagzeilen.
Dieser Samstag  wartet nicht nur mit den ersten Frühlingsboten auf, nein er bringt auch hoffentlich die lang ersehnte Befreiung aus der unappetitlichen Phase der Ära Wulff mit all seinen degoutanten Nebenerscheinungen. Endlich können die Medien wieder durchatmen. Die Journalisten der schreibenden Zunft und die Fernsehmoderatoren dürfen sich wieder den Themen widmen, die wirklich von Bedeutung sind, die unmittelbare  Auswirkung auf die Menschen hierzulande, aber auch weltweit haben.
Zuletzt lag dieses Thema wie zäher Schleim über dem Land und mit dem Verklingen der letzten Töne des Musikcorps der Ehrenkompanie der Bundeswehr ist auch endgültig Schluss. Dabei muss ich den Mädels und Jungs vom Militär meine ganze Anerkennung aussprechen, denn mit dem Wissen in ihren Köpfen wird so mancher von ihnen auch so seine Probleme gehabt haben. Anzumerken war es ihnen aber jedenfalls nicht. Möge die Staatsanwaltschaft jetzt ihre Arbeit tun und das Boulevard anderem frischen Wild nachjagen, die Reviere bieten da unendliches.
Unser  ganzer  Augenmerk muss jetzt auf die Region im Nahen Osten gelenkt werden. Hier, und ich hatte es ja schon in früheren Kolumnen angerissen, finden zeitgleich mehrere Konflikte statt, die hoch brisant sind, weil äußerst explosiv, und die die Möglichkeit in sich tragen, einen Flächenbrand auszulösen. Demgemäß gestalteten sich im Laufe dieser Woche auch die politischen Aktivitäten sehr rege und finden auch am Wochenende statt, da sich unser Außenminister mit den Führern der Arabischen Liga, einer Vereinigung aller arabischen Staaten trifft, um diese zu bewegen, noch intensiver auf  Machthaber Assad in Syrien einzuwirken, um endlich das Abschlachten der syrischen Bevölkerung zu beenden, um der Demokratiebewegung eine Chance zu geben.
Diesem gleichen Ziel dient auch der Besuch von Kofi Annan, der als Sonderbotschafter der UNO in Damaskus eingetroffen ist. Die Erfolgsaussichten sind zur Zeit leider sehr gering, solange die militärische Macht der Junta so stark ist und die Aufständischen dem nichts entgegensetzen können. Seitens der Arabischen Liga denkt man über Waffenlieferungen an die Widerständler nach, um so den Druck auf Assad zu erhöhen. Dieses bedeutet aber auch noch mehr kriegerisches Potential in das Land zu befördern, mit unübersehbaren Folgen. Wie dieses ausgehen kann, hat man in den Wirren des Libanon gesehen, wo die Probleme ähnlich gelagert sind, wo bestimmte Stammesgruppen die Herrschaft des jeweiligen Landes mit aller Macht an sich gerissen haben. Im Libanon hatte dieser lang andauernde und  äußerst blutige Konflikt den Untergang  der wunderschönen, alten Stadt Beirut zur Folge, die einst sogar mit Paris verglichen wurde. Auch bis heute ist der Libanon noch ein instabiles Gebilde, das Land erholt sich nur sehr langsam von diesem mörderischen Bürgerkrieg.
Dieses  Schicksal versucht man den Syrern zu ersparen. Ob es gelingen wird, scheint  zur Zeit mehr als fraglich. Separationserscheinungen  allerorten im Nahen Osten, im Zuge der Arabellion. So erklärten sich die Stämme in der Cyrenaika, also im Osten von Libyen  für weitgehends  autonom, um mehr von ihren Ölvorkommen zu profitieren.
Aber zurück zu Syrien, bei allen Auseinandersetzungen der Volksgruppen untereinander, darf nicht vergessen werden, dass das  Interessenspotential der  Länder wie Russland und China ebenfalls eine wesentliche Rolle spielt. Amerikas Einfluss prallt unmittelbar auf die Landesgrenzen, mit den Anrainerstaaten  Saudi-Arabien und Israel, wenn wir den Libanon einmal strategisch  vernachlässigen. Das Land könnte Gefahr  laufen wieder einmal einer dieser hässlichen Plätze der Stellvertreterkriege zu werden, zumal auch die arabisch fundamentalistischen Befreiungsbewegungen in den Ölstaaten die Scheichs  gerne zum Teufel jagen würden. 
 So etwas ruft natürlich sofort die Amerikaner auf den Plan. Sie sehen ihre strategischen Positionen massiv gefährdet, da sie das Öl aus der Region für ihre wirtschaftlichen Aktivitäten unbedingt benötigen.  Es geht um ihren Wohlstand und da kennen sie überhaupt keinen Spaß, siehe Irak. Aber die Russen und Chinesen brauchen mittlerweile auch immer mehr Öl für ihren wachsenden Wohlstand und dieses macht auch diese beiden Großmächte in dieser Frage sehr agressiv. Wir sehen wie hier sich die Lage zuspitzt, auf welchem dünnen Eis die Situation in Syrien daherkommt, und um es klar zu formulieren, eine militärische Aktion wie zum Beispiel in Libyen seitens einiger Natostaaten, würde  einen militärischen Konflikt ungeahnten Ausmaßes nach sich ziehen, denn alle obengenannten Staaten würden aus eigenen Interessen  militärisch intervenieren, mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen. Dies haben die Vetomächte im Sicherheitsrat eindeutig zum Ausdruck gebracht. Über die Folgen möchte ich hier gar nicht nachdenken. Nicht umsonst  wird von allen Seiten betont, dass in Syrien nur eine politische Lösung in Frage kommen kann. 
Als ob dieses alles nicht schon genug Konfliktstoff wäre, lauert  wenige hundert  Kilometer weiter südlich eine noch viel größere Gefahr für den Frieden in Nahost, ja vielleicht sogar für den Weltfrieden. Der israelische Ministerpräsident Netanjahu war im Laufe der letzten Woche  in Washington bei Barak Obama um zu verhandeln, wie die amerikanische  Administration zu einem unmittelbar bevorstehenden  Militärschlag  seitens der Israelis gegen iranische Einrichtungen zum Bau einer Atombombe stehen würde.
Die Israelis befürchten und dies wohl zu Recht, dass der Iran in wenigen Monaten in Lage ist, eine funktionsfähige Atombombe zu bauen. Der jüdische Staat sieht sich dadurch in seiner Existenz  bedroht. Verbale  Vernichtungsattacken hat es zu genüge seitens Achmadineschad gegeben. Um einem tatsächlichen Atomangriff zuvor zu kommen, wollen die Israelis die Anlagen, die zum Bau dieser Massenvernichtungswaffen errichtet worden sind, mit Hilfe ihrer Luftwaffe zerstören.
Militärisch wären sie durchaus dazu in der Lage, aber sie wollen dies nicht ohne die Zustimmung der USA durchführen.  Also  versuchte  Netanjahu dem amerikanischen Präsidenten die Zustimmung  zu dieser  Aktion abzuringen, da  Obama  bis dato wenig Begeisterung für ein solches Vorgehen gezeigt hat. Aber auch nach der Visite hatte der Präsident seine Meinung nicht geändert, er ist überzeugt, dass immer noch eine politische Lösung möglich ist. Dies konnte der israelischen Seite nicht gefallen, worauf sie sich eine eigenmächtige Entscheidung in der Sache vorbehalten haben. Jetzt warten alle Beobachter auf den Fortlauf der Ereignisse, und ich habe gehört, dass  die Medien aus aller Welt schon Stellung beziehen, um für den Fall der Fälle vor Ort präsent zu sein, um hautnah berichten zu können.
Falls es jetzt wirklich zu einem Angriff der Israelis auf den Iran kommen sollte, wird es zu gewaltigen Erschütterungen auf der internationalen Bühne kommen. Es wird große  Anstrengungen seitens des Sicherheitsrats bedürfen, um die Luft aus dem Kessel zu lassen, damit diese Krise nicht eskaliert, damit keine unkontrollierbaren Vergeltungsaktionen stattfinden, von welcher Seite auch immer.  Dies alles wird Obama bedacht haben und er hat Netanjahu dazu gebracht, dass dieser gestern erklärt hat, ein unmittelbarer Angriff stünde nicht bevor, aber binnen weniger Monate sei damit zu rechnen. Also bleibt noch ein wenig Zeit die Iraner zu überzeugen, von ihrem Vorhaben abzulassen. Dabei wird seitens der iranischen Führung  immer erklärt, dass sie die Atomkraft nur zu friedlichen Zwecken nutzen wollen, möge das glauben wer will.
Es geht turbulent zu im Vorderen Orient, und wahrscheinlich ziemlich brisant. Klar ist jedenfalls, dass Krieg keinem dient, am wenigsten der Zivilbevölkerung vor Ort, sei es in Syrien, sei es in Israel oder aber auch im Iran. Jeder militärische Konflikt zieht außerdem auch unkalkulierbare wirtschaftliche Folgen nach sich, wir können jetzt schon  die Folgen des gesteigerten Bedrohungszenarios  bei unseren Tankstellen ablesen. Was würde uns das Benzin kosten, falls es  zu einem bewaffneten Konflikt im Nahen Osten kommen würde, wie würde unsere Wirtschaft reagieren und welche Folgen würde dies alles auf unsere Arbeitsplätze haben?
Bei all diesen Unsicherheiten bleibt allein die Hoffnung, dass die große  Politik einen kühlen Kopf  bewahrt.  
Peter J. König   
      

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